Verfahrensgang
SG Leipzig (Entscheidung vom 26.01.2015; Aktenzeichen S 22 R 1239/11) |
Sächsisches LSG (Urteil vom 03.09.2019; Aktenzeichen L 4 R 184/15) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 3. September 2019 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Mit Urteil vom 3.9.2019 hat das Sächsische LSG einen Anspruch des Klägers auf einen Zuschuss zur Krankenversicherung für Beiträge verneint, die ihm von seiner österreichischen Alterspension abgezogen werden.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
II
Die Beschwerde des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG den von ihm ausschließlich geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht hinreichend dargelegt.
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist. Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (stRspr; zB BSG Beschluss vom 19.10.2011 - B 13 R 241/11 B - SozR 4-4200 § 25 Nr 1 RdNr 9 mwN; vgl auch BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7; jüngst BSG Beschluss vom 29.6.2018 - B 13 R 9/16 B - juris RdNr 12).
Der Kläger ist der Auffassung, bislang habe sich "kein Obergericht hinsichtlich des § 106 SGB VI eingehend mit der Frage befasst, ob hier eine Auslegung gegen den Wortlaut der Norm möglich ist". Insbesondere habe das BSG bei seinen bisherigen Entscheidungen zu dieser Frage unberücksichtigt gelassen, dass Grundrechte Abwehrrechte gegen den Staat seien, die nicht als Abwehrrechte gegen Ansprüche des Bürgers missbraucht werden dürften. Eine Auslegung gegen den Wortlaut einer Norm sei jedenfalls dann unzulässig, wenn diesem ein Leistungsrecht des Bürgers zu entnehmen sei. Zuvor legt der Kläger ausführlich dar, wie § 106 SGB VI auch in Anwendung europarechtlicher Grundsätze seiner Auffassung nach auszulegen sei, und kommt zu dem Schluss, dass seine Aufwendungen für die Krankenversicherung bei der Wiener Gebietskrankenkasse alle Voraussetzungen für das Entstehen eines Zuschussanspruchs nach § 106 Abs 1 Satz 1 SGB VI erfüllen. Der Anspruch entfalle auch nicht nach § 106 Abs 1 Satz 2 SGB VI, weil die Leistungen der Wiener Gebietskrankenkasse in Deutschland durch die Deutsche Angestellten Krankenkasse zu ihren Lasten erbracht werden, die der deutschen Versicherungsaufsicht unterliege.
Es kann dahinstehen, ob der Kläger damit eine hinreichend konkrete Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht aufgeworfen und in den folgenden Ausführungen den vom Revisionsgericht erwarteten klärenden Schritt ausreichend konkret dargelegt hat, oder ob er vielmehr im Kern nur eine Frage zur Rechtsanwendung im Einzelfall gestellt hat. Jedenfalls hat er - die Qualität als Rechtsfrage unterstellt - die Klärungsbedürftigkeit bzw Klärungsfähigkeit dieser Frage nicht den nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG diesbezüglich geltenden Anforderungen genügend dargelegt.
Der Kläger verfehlt die Anforderung an die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Fragen schon deshalb, weil er in der Beschwerdebegründung vom 12.12.2019 den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht genügend darstellt. Zwar führt er ua aus, dass er in L. lebe, Doktor der Rechte sei und von 1977 bis 1986 in Österreich versicherungspflichtig beschäftigt war. Zudem beziehe er seit 2005 eine Regelaltersrente vom beklagten deutschen Rentenversicherungsträger und sei seit 2007 nur bei der Wiener Gebietskrankenkasse versichert. Jedoch versäumt es der Kläger dazustellen, welche dieser Tatsachen das LSG in der angegriffenen Entscheidung festgestellt (vgl § 163 SGG) hat, sodass sie der angestrebten Revisionsentscheidung zugrunde gelegt werden könnten. Insbesondere fehlt eine zumindest gedrängte Darstellung der Feststellungen zu seinen Versicherungsverhältnissen im In- und Ausland, vornehmlich auch zur Frage des Bestehens einer Pflichtversicherung bei der Wiener Gebietskrankenkasse und deren Status im österreichischen Krankenversicherungssystem.
Die Wiedergabe des der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts ist jedoch Mindestvoraussetzung für eine Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde, weil es dem Revisionsgericht andernfalls unmöglich ist, sich - wie erforderlich - ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein aufgrund des Vortrags des Beschwerdeführers ein Bild über den Streitgegenstand und rechtliche wie tatsächliche Streitpunkte zu machen (BSG Beschluss vom 21.6.1999 - B 7 AL 228/98 B - juris RdNr 7 ff; BSG Beschluss vom 3.11.1999 - B 7 AL 152/99 B - juris RdNr 3; BSG Beschluss vom 29.8.2003 - B 8 KN 7/03 B - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 26.6.2006 - B 13 R 153/06 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 23.7.2007 - B 13/4 R 381/06 B - juris RdNr 7). Gerade der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung verlangt die Wiedergabe des streiterheblichen Sachverhalts, weil insbesondere die Klärungsfähigkeit einer aufgeworfenen Rechtsfrage ohne Umschreibung des Streitgegenstands und des Sachverhalts nicht beurteilt werden kann (BSG Beschluss vom 21.6.1999 - B 7 AL 228/98 B - juris RdNr 10 f mwN; BSG Beschluss vom 23.7.2007 - B 13/4 R 381/06 B - juris RdNr 8).
Dass der Kläger das Berufungsurteil inhaltlich für unrichtig hält, kann dagegen nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14366260 |