Verfahrensgang

LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 25.04.2017; Aktenzeichen L 4 KR 176/15)

SG Osnabrück (Entscheidung vom 25.03.2015; Aktenzeichen S 42 KR 1767/13 WA)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. April 2017 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit begehrt der im Mai 1972 geborene Kläger die Feststellung, dass er vom 1.9.2005 bis 31.5.2009 als Student pflichtversichertes Mitglied der Beklagten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) war.

Nach eigenen Angaben hat der Kläger die Realschule im Juni 1989 verlassen. Nach einer nicht abgeschlossenen Ausbildung und diversen Tätigkeiten hat er von April 1992 bis März 1996 einen freiwilligen vierjährigen Wehrdienst geleistet. Danach hat er nach eigenen Angaben eine Ausbildung zum Sozialassistenten abgeschlossen. Kurz vor Vollendung des 30. Lebensjahres besuchte er ab Februar 2002 ein Abendgymnasium, das er im Juli 2005 mit der Fachhochschulreife verließ. Zum 1.9.2005 nahm er im Alter von 33 Jahren ein Fachhochschulstudium (Wirtschaftsrecht) auf. Die Beklagte lehnte die Feststellung einer Versicherungspflicht als Student in der GKV ab. Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben (SG Urteil vom 25.3.2015; LSG Urteil vom 25.4.2017). Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.

II

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 25.4.2017 ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18 = Juris RdNr 9).

1. Der Kläger beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 6.8.2017 ausschließlich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 RK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Der Kläger wirft auf Seite 3 der Beschwerdebegründung die Frage auf,

"ob der Pflichtversicherungsstatus in der Krankenversicherung der Studenten sich danach richtet, ob die Aufnahme des Studiums, sofern sie nach Vollendung des 30. Lebensjahres erfolgt, unverzüglich nach Erlangung der Hochschulzugangsberechtigung auf dem zweiten Bildungsweg erfolgt oder darauf, ob der Studierende die Hochschulzugangsberechtigung auf dem zweiten Bildungsweg schnellstmöglich erlangt hat."

Geklärt werden solle, ob "insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs" einen eigenen Ausnahmetatbestand bilde oder dieser ausschließlich mit sonstigen persönlichen Gründen zu lesen sei, ob also allein die Tatsache, dass die Hochschulzugangsberechtigung nicht zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat und auf dem zweiten Bildungsweg erworben wurde, alleine ausreichend sei, um eine Versicherungspflicht als Student zu begründen. Die Frage sei höchstrichterlich nicht geklärt. Früheren Urteilen des BSG (Hinweis auf BSG Urteil vom 30.9.1992 - 12 RK 40/91 - BSGE 71, 150 = SozR 3-2500 § 5 Nr 4; BSG Urteil vom 15.10.2014 - B 12 KR 17/12 R - BSGE 117, 117 = SozR 4-2500 § 5 Nr 24) hätten jeweils nur Sachverhalte zugrunde gelegen, in denen die Hochschulreife bereits früh erworben worden sei, ihr Fehlen also nicht Hinderungsgrund für die späte Aufnahme eines Studiums gewesen sei.

a) Es kann offenbleiben, ob die Beschwerdebegründung die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) nicht erfüllt, weil der Kläger keine abstraktgenerelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN) formuliert. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - Juris RdNr 11 mwN).

b) Jedenfalls legt der Kläger die Klärungsbedürftigkeit seiner Frage nicht ausreichend dar. Er befasst sich nicht hinreichend mit der Rechtslage in § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V, der Gesetzessystematik und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BSG, auf die das LSG bereits hingewiesen hat. Insbesondere im Hinblick auf das Urteil des Senats vom 30.9.1992 (12 RK 40/91 - BSGE 71, 150 = SozR 3-2500 § 5 Nr 4) hätte Anlass zu einer vertieften Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung bestanden. Der Kläger beschränkt sich insoweit darauf, auf Unterschiede hinsichtlich des Zeitpunkts der Erlangung der Hochschulreife hinzuweisen. Er unterlässt aber Ausführungen, inwieweit aus der Entscheidung Rückschlüsse auch auf den vorliegenden Sachverhalt gezogen werden können. Auch unterlässt er die gebotene Darlegung, inwieweit die von ihm offenbar präferierte Ausweitung der Versicherungspflicht weit über die Vollendung des 30. Lebensjahres hinaus mit Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung in § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V (vgl hierzu ausführlich BSG Urteil vom 15.10.2014 - B 12 KR 17/12 R - BSGE 117, 117 = SozR 4-2500 § 5 Nr 24 RdNr 20 mwN) noch vereinbar ist. Schließlich führt er ohne Begründung aus, es sei "nicht ersichtlich", warum derjenige, dem die formale Qualifikation zum Besuch einer Hochschule fehle, schlechter gestellt werden solle als derjenige, der zwar formal die Qualifikation erlangt habe, dessen Leistungen - im Sinne des Numerus Clausus - allerdings nicht ausreichen würden, um einen Studienplatz zugeteilt zu bekommen.

c) Schließlich ist die Nichtzulassungsbeschwerde auch deshalb als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger keine Ausführungen zur Klärungsfähigkeit seiner in den Raum gestellten Frage macht. Der Kläger ist in der Beschwerdebegründung der naheliegenden Frage nicht nachgegangen, inwieweit überhaupt der gesamte Zeitraum, für den er die Feststellung einer Versicherungspflicht als Student begehrt, anerkennenswerten Hinderungszeiträumen entsprochen hat. Auch im Übrigen unterlässt er Ausführungen zum Vorliegen von Hinderungszeiträumen und insbesondere zur Bewertung des Zeitraums bis zum Beginn des Abendgymnasiums kurz vor Vollendung des 30. Lebensjahrs als anerkennenswerten Hinderungszeitraum.

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11669425

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