Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Februar 2000 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde ist nicht zulässig, denn der allein geltend gemachte Zulassungsgrund grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ist nicht iS des § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dargelegt.
Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat sich auf die Merkmale dieses Zulassungsgrundes zu beziehen. Danach ist auszuführen, daß die angestrebte Revisionsentscheidung geeignet ist, die Rechtseinheit zu erhalten oder die Rechtsfortbildung zu fördern. In diesem Sinne ist die Klärungsbedürftigkeit von Rechtsfragen im Allgemeininteresse – dh über den entschiedenen Einzelfall hinaus – nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre und die Klärungsfähigkeit nach den Gegebenheiten des hier zu beurteilenden Falles darzulegen (stRspr: BSG SozR 1500 § 160a Nr 7; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 19; BVerwG NJW 1993, 2825 f). Diese Anforderungen gelten auch, wenn verfassungsrechtliche Bedenken geäußert werden oder die Verfassungswidrigkeit eines Rechtssatzes geltend gemacht wird (BSGE 40, 158, 160 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 23). In der Regel ist eine Rechtsfrage nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie vom Revisionsgericht bereits geklärt ist. Allerdings kommt eine Klärungsbedürftigkeit in Betracht, wenn der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (BSG SozR 1500 § 160a Nr 13).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Dazu ist klarzustellen, daß hier § 239 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) rechtlicher Ausgangspunkt für die Darlegung klärungsbedürftiger Rechtsfragen ist. Soweit die Klägerin die Frage der Beweislast verfassungsrechtlich für bedenklich hält, übersieht sie, daß das Landessozialgericht (LSG) nicht nach Beweislastregeln entschieden hat. Zur Frage des Umfangs der Amtsermittlungspflicht hat sich das Bundessozialgericht (BSG) auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ausführlich geäußert (BSGE 81, 259, 266 = SozR 3-4100 § 128 Nr 5 ≪Berufsfreiheit und Verhältnismäßigkeit≫; Beschluß vom 15. Februar 2000 – B 11 AL 179/99 B – ≪Gleichheitssatz≫). Hinweise der Beschwerdebegründung auf abweichende Meinungen im Schrifttum sind nicht geeignet, die Klärungsbedürftigkeit entschiedener Rechtsfragen erneut zu begründen, soweit das BSG sie aaO erwogen und – auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten – nicht für überzeugend erachtet bzw widerlegt hat. Die Beschwerdebegründung macht nicht deutlich, inwiefern der Aufsatz von Kreßel NZS 1999, 17 f in der angeführten Rechtsprechung des BSG nicht berücksichtigte Argumente enthielte. Hätte sich die Beschwerdebegründung – wie zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit erforderlich – mit der vorliegenden Rechtsprechung des BSG auseinandergesetzt, wäre deutlich geworden, daß aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. Januar 1990 (BVerfGE 81, 156, 188 f = SozR 3-4100 § 128 Nr 1), das sich gerade nicht auf die nach § 239 Satz 1 AFG zu behandelnden bestandskräftigen Erstattungsbescheide bezieht, besondere Regelungen für die Amtsermittlungspflicht, die im übrigen auf Beweisregeln für Verwaltung und Tatsachengerichte hinausliefen, nicht herzuleiten sind. Die „besonderen Vorkehrungen”, die das BVerfG aaO zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes fordert, hat der Gesetzgeber im übrigen in § 128 Abs 1 Satz 2 AFG (idF vom 18. Dezember 1992, BGBl I 2044) getroffen, in dem er die Feststellung von Tatsachen, die anderweitige Ansprüche des Arbeitslosen auf Sozialleistungen rechtfertigen, von Amts wegen fordert. Sonstige Umstände, die der Erstattungspflicht entgegenstehen können, sind nur beachtlich, wenn sie „der Arbeitgeber darlegt und nachweist”. Da die Beweiswürdigung durch das Tatsachengericht den Umfang der Ermittlungen bestimmt, läßt die Beschwerdebegründung auch nicht erkennen, inwiefern das Revisionsgericht den Umfang erforderlicher Ermittlungen klären könnte. Die bloße Wiederholung der dahingehenden Rechtsansicht von Kreßel NZS 1999, 17 ff ist nicht geeignet, erneut die Klärungsbedürftigkeit zu begründen. Anderweitige Bedenken gegen die Rechtsprechung des BSG zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, daß Verletzungen der Amtsaufklärungspflicht des LSG als Zulassungsgrund nur im Rahmen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG in Betracht kämen.
Im übrigen läßt sich die Klärungsbedürftigkeit nicht mit bloßen Bedenken oder Behauptungen darlegen, vielmehr ist substantielle Argumentation (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 23) und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26) gefordert, die die Beschwerdebegründung vermissen läßt. Gerade zu den geschichtlichen und sachlichen Zusammenhängen, in welchen die Übergangsvorschrift des § 239 AFG zu sehen ist, hat sich das BSG in dem Beschluß vom 15. Februar 2000 – B 11 AL 179/99 B – eingehend geäußert. Die Klägerin zeigt demgegenüber neue substantielle verfassungsrechtliche Gesichtspunkte nicht auf. Anscheinend wird diese Rechtsprechung des BSG auch allgemein angenommen, denn die Klägerin ist ersichtlich die einzige, die zu Fragen des Anwendungsbereichs der Übergangsvorschrift noch Prozesse führt. Im Hinblick darauf und den zeitlichen Abstand zum Inkrafttreten des § 239 AFG idF des Art 1 Nr 9 des Gesetzes vom 21. Juni 1991 am 1. Juli 1991 (BGBl I 1306) ist nicht dargetan, inwiefern den verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin noch eine Klärungsbedürftigkeit im Allgemeininteresse zukommen könnte.
Soweit die Beschwerdebegründung die Zahlung unter Vorbehalt als Widerspruch gegen den Erstattungsbescheid gewürdigt wissen will, ist weder die Klärungsbedürftigkeit dieser einen Einzelfall betreffenden Frage im Allgemeininteresse noch die Klärungsfähigkeit durch eine Entscheidung des Revisionsgerichts dargelegt (vgl dazu: BSGE 75, 92, 96 = SozR 3-4100 § 141b Nr 10 mwN). Gerade auch im Hinblick auf die Formerfordernisse des § 84 Abs 1 SGG hätte die Beschwerdebegründung darlegen müssen, inwiefern die angegriffene Würdigung durch das LSG eine im Allgemeininteresse zu klärende Rechtsfrage aufwirft. Die Beschwerdebegründung macht auch nicht deutlich, inwiefern die Entscheidung des LSG von dieser Würdigung abhängt.
Da ihre Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt, ist die Beschwerde entsprechend § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen