Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 30.05.2017; Aktenzeichen L 2 R 1533/16) |
SG Karlsruhe (Entscheidung vom 17.03.2016; Aktenzeichen S 8 R 1090/14) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. Mai 2017 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
Das LSG Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 30.5.2017 den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer bereits ab 1.6.2013 - bzw über die bereits zeitlich befristet anerkannte Rente wegen voller Erwerbsminderung hinaus - abgelehnt.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf Verfahrensmängel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG; das LSG habe seine Aufklärungspflicht nach § 103 SGG bzw seine Hinweispflicht nach § 106 Abs 1 SGG verletzt.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
Zur formgerechten Bezeichnung eines Verfahrensfehlers müssen die tatsächlichen Umstände, welche den geltend gemachten Verfahrensverstoß begründen sollen, substantiiert und schlüssig dargelegt und darüber hinaus muss aufgezeigt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl Senatsbeschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4; BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 4). Dabei ist zu beachten, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG gestützt werden kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG) und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 3 SGG).
Ein - wie hier - in der Berufungsinstanz durch einen Rechtsanwalt vertretener Beteiligter kann nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr, vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Nach Sinn und Zweck des § 160 Abs 2 Nr 3 letzter Teils SGG soll die Übergehung von Beweisanträgen die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung durch den Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass der Beteiligte die Sachaufklärungspflicht des Gerichts nicht als erfüllt ansieht. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn - wie hier - ein LSG von der durch § 153 Abs 4 S 1 SGG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch macht, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen. In einem solchen Fall muss der Beteiligte, der schriftsätzlich gestellte Beweisanträge aufrechterhalten oder neue Beweisanträge stellen will, nach Zugang der Anhörungsmitteilung und innerhalb der vom LSG gesetzten Frist diesem ausdrücklich die Aufrechterhaltung dieser Anträge mitteilen oder neue förmliche Beweisanträge stellen (vgl BSG Beschluss vom 6.6.2001 - B 2 U 117/01 B - Juris RdNr 2; BSG Beschluss vom 18.12.2000 - B 2 U 336/00 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 52; Senatsbeschluss vom 27.12.2011 - B 13 R 253/11 B - Juris RdNr 7).
In der Beschwerdebegründung hat die Klägerin jedoch lediglich erklärt, dass sie in ihrem Schriftsatz zur Berufungsbegründung vom 21.12.2016 auf einen verschlechterten Gesundheitszustand hingewiesen und ihre behandelnden Ärzte mitgeteilt habe. Sie hat jedoch nicht - wie erforderlich - dargelegt, dass sie nach Erhalt des Anhörungsschreibens iS des § 153 Abs 4 S 2 SGG einen förmlichen Beweisantrag ausdrücklich wiederholt oder neue Beweisanträge gestellt hat.
Soweit die Klägerin geltend macht, dass sich das LSG aufgrund ihrer Angaben zu weiterer Sachaufklärung hätte gedrängt sehen müssen, genügt dies allein nicht, um die in § 160 Abs 2 Nr 3 SGG aufgestellten Voraussetzungen einer Verletzung des § 103 SGG schlüssig darzustellen.
Mit der Rüge, das LSG hätte sie auf einen ggf nicht ausreichenden Vortrag hinweisen müssen, kann das Erfordernis eines Beweisantrags nicht umgangen werden. Ein rechtskundig vertretener Beteiligter muss bereits einer einfachen Anhörungsmitteilung nach § 153 Abs 4 S 2 SGG entnehmen, dass das LSG keine weitere Sachaufklärung mehr beabsichtigt und es etwaige schriftsätzlich gestellte Beweisanträge lediglich als Beweisanregungen, nicht aber als förmliche Beweisanträge iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ansieht (vgl BSG Beschluss vom 6.6.2001 - B 2 U 117/01 B - Juris RdNr 2; BSG Beschluss vom 18.12.2000 - B 2 U 336/00 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 52; Senatsbeschluss vom 27.12.2011 - B 13 R 253/11 B - Juris RdNr 7). Eine Verpflichtung des Gerichts, sich in der Anhörungsmitteilung inhaltlich mit dem Vorbringen der Klägerin auseinanderzusetzen, besteht nicht (vgl Senatsbeschluss vom 8.3.2016 - B 13 R 317/15 B - Juris RdNr 4).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11261227 |