Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung des zuständigen Gerichts. Gemeinsam nächsthöheres Gericht. Örtliche Zuständigkeit. Beteiligungsfähige Personenvereinigung. Erbengemeinschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit durch das gemeinsam nächsthöhere Gericht liegen vor, wenn eine gemeinsame örtliche Zuständigkeit weder nach den §§ 57 bis 57b SGG noch nach einer anderen gesetzlichen Zuständigkeitsbestimmung gegeben ist (§ 58 Abs 1 Nr 5 SGG).

2. Das SGG enthält keine Regelung des Gerichtsstandes für den Fall, dass eine nach § 70 Nr 2 SGG beteiligungsfähige Personenvereinigung klagt, sofern diese – wie eine Erbengemeinschaft – keinen eigenen Sitz hat.

3. § 58 Abs 1 Nr 5 SGG ist anwendbar, wenn mindestens zwei Gerichte als örtlich zuständige Gerichte in Betracht kommen, was der Fall ist, wenn für die Mitglieder der Erbengemeinschaft die örtliche Zuständigkeit unterschiedlicher Gerichte in Betracht kommt.

 

Normenkette

SGG § 58 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2, § 70 Nr. 2; BGB § 2032

 

Verfahrensgang

SG Heilbronn (Entscheidung vom 05.03.2021; Aktenzeichen S 16 BA 227/21)

 

Tenor

Das Sozialgericht Mannheim wird zum zuständigen Gericht bestimmt.

 

Gründe

Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit durch das gemeinsam nächsthöhere Gericht liegen vor, weil eine gemeinsame örtliche Zuständigkeit weder nach den §§ 57 bis 57b SGG noch nach einer anderen gesetzlichen Zuständigkeitsbestimmung gegeben ist (§ 58 Abs 1 Nr 5 SGG). Die klagende Erbengemeinschaft (§ 2032 BGB) ist als nicht rechtsfähige Personenvereinigung (BGH vom 11.9.2002 - XII ZR 187/00 - juris RdNr 11 ff mwN; BGH vom 28.4.2014 - BLw 2/13 - juris RdNr 16; Gergen in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl 2020, § 2032 RdNr 19) iS von § 70 Nr 2 SGG fähig, am sozialgerichtlichen Verfahren beteiligt zu sein (BSG vom 1.8.1958 - 1 S 3/58 - SozR Nr 8 zu § 70 SGG = juris RdNr 2; BSG vom 25.2.2010 - B 10 LW 2/09 R - SozR 4-5868 § 1 Nr 8 RdNr 10; Straßfeld in Roos/Wahrendorf/Müller, BeckOGK SGG, § 70 RdNr 32, Stand 1.1.2021). Das SGG enthält aber keine Regelung des Gerichtsstandes für den Fall, dass eine nach § 70 Nr 2 SGG beteiligungsfähige Personenvereinigung klagt, sofern diese - wie eine Erbengemeinschaft - keinen eigenen Sitz hat.

§ 58 Abs 1 Nr 5 SGG ist anwendbar, wenn mindestens zwei Gerichte als örtlich zuständige Gerichte in Betracht kommen (BSG vom 1.8.1958 - 1 S 3/58 - SozR Nr 8 zu § 70 SGG = juris RdNr 2). Dies ist hier der Fall: Wendet man § 57 Abs 1 Satz 1 SGG auf die der Klägerin angehörenden Einzelpersonen an, wäre hinsichtlich der in S (Rhein-Neckar-Kreis) wohnenden Miterben das Sozialgericht Mannheim (§ 1 AGSGG Baden-Württemberg) und hinsichtlich der in M (Landkreis Garmisch-Partenkirchen, Regierungsbezirk Oberbayern) wohnenden Miterbin das Sozialgericht München (Art 1 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AGSGG Bayern) örtlich zuständig. Daher ist das BSG als nächsthöheres gemeinschaftlich übergeordnetes Gericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen (§ 58 Abs 2 SGG), weil Sozialgerichte verschiedener Landessozialgerichtsbezirke örtlich zuständig sind.

Zum örtlich zuständigen Gericht bestimmt der Senat das Sozialgericht Mannheim, weil dies das örtlich zuständige Gericht für den Miterben ist, der die Erbengemeinschaft im vorliegenden Verfahren vertritt und in deren Vertretung er die Klage erhoben hat.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14470785

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