Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. Oktober 2019 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Kosten des Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 51 143,21 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Im Streit steht der von der Klägerin gegen den beklagten RV-Träger als Drittschuldnerin geltend gemachte Anspruch auf Zahlung weiterer rund 51 000 Euro aus einem - von dem Beigeladenen an die Klägerin zur Deckung ihrer Honorarforderung abgetretenen - Altersrentenanspruch.
Der Beigeladene schloss mit der Klägerin eine Abtretungsvereinbarung mit folgendem Inhalt: "Zur Absicherung sämtlicher gegenwärtiger und künftiger Honorarforderungen der Kanzlei … (Anm. Klägerin) aus der Mandatsbeziehung mit Herrn … (Anm. Versicherter und Beigeladener) tritt Herr ... (Anm. Versicherter und Beigeladener) hiermit sämtliche gegenwärtigen und künftigen Ansprüche gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund (beklagter RV-Träger und Drittschuldnerin) auf Zahlung von Altersrente bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente an die Kanzlei … (Klägerin) ab, soweit gesetzlich zulässig." Die dem Beigeladenen von dem beklagten RV-Träger alsdann bewilligte Regelaltersrente betrug ab dem 1.11.2013 zunächst 1923,25 Euro netto. Der RV-Träger teilte der Klägerin im Dezember 2013 sodann mit, pfänd- und abtretbar sei hiervon ein Betrag von 240,83 Euro. Dieser Betrag wurde mit steigendem Rentenzahlbetrag angepasst.
Die Klägerin wandte sich gegen die Höhe des vom beklagten RV-Träger an sie zur Auszahlung gebrachten Betrags. Sie machte geltend, der an sie abgetretene Teil der Rentenleistung müsse höher ausfallen, weil die Altersrente aufgrund von § 850e ZPO mit der dem Beigeladenen gezahlten Betriebsrente der Firma A zusammenzurechnen sei. Dies sei auch durch einen Zusammenrechnungsbeschluss, den ein Pfändungsgläubiger des Beigeladenen beim AG Landshut als Insolvenzgericht erwirkt habe (Beschluss vom 2.9.2008), angeordnet worden. Der beklagte RV-Träger hielt an seiner Drittschuldnererklärung aus Dezember 2013 fest. Eine Zusammenrechnung der Altersrentenbeträge mit denen der Betriebsrente sei der Abtretungsvereinbarung nicht zu entnehmen. Die von der Klägerin erhobene Klage mit dem eingangs benannten Prozessziel hat das SG abgewiesen (Urteil vom 2.6.2017). Das LSG hat die Berufung hiergegen zurückgewiesen. Im Wesentlichen hat es sich darauf gestützt, dass die Abtretungsvereinbarung nach ihrem Wortlaut keine ausdrückliche Regelung dazu enthalte, ob für die Ermittlung der gesetzlich zulässigen Abtretung eine Zusammenrechnung mit weiteren Einkünften des Beigeladenen erfolgen solle. Voraussetzung der Zusammenrechnung sei, dass sich aus der Vereinbarung das Einverständnis des Sozialleistungsberechtigten mit der Zusammenrechnung ergebe. Der Inhalt des mit der Abtretungsvereinbarung Gewollten könne zwar nach der Rechtsprechung von BGH und BSG durch Auslegung eben dieser ermittelt werden. Die Abtretungsvereinbarung enthalte im vorliegenden Fall insoweit jedoch keinen Hinweis auf dieses Einverständnis. Dafür, dass die Möglichkeit der Zusammenrechnung auch nur erwogen worden sei, fehle es an jeglichen Anhaltspunkten. Auch sonstige Erklärungen des Beigeladenen lägen dem beklagten RV-Träger als Drittschuldner nicht vor. Der Beschluss des AG stelle keine Erklärung des Beigeladenen dar (Urteil vom 10.10.2019).
Das LSG hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde an das BSG und macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
II
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Klägerin hat in der Beschwerdebegründung vom 17.3.2020 den von ihr einzig geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht hinreichend iS des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargelegt.
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist. Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (stRspr; zB BSG Beschluss vom 19.10.2011 - B 13 R 241/11 B - SozR 4-4200 § 25 Nr 1 RdNr 9 mwN; vgl auch BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7; jüngst BSG Beschluss vom 22.9.2020 - B 13 R 45/20 B - juris RdNr 5).
Die Klägerin misst der Frage grundsätzliche Bedeutung zu,
"Kann im Falle des Fehlens einer ausdrücklichen Regelung in einer Vereinbarung über die Abtretung von Rentenversicherungsleistungen dazu, ob für die Ermittlung des gesetzlich zulässigen Abtretungsanteils, d.h. des pfändbaren Teils, von Rentenleistungen eine Zusammenrechnung mit weiteren Einkünften nach § 850e Nr 2a ZPO zu erfolgen hat, eine erforderliche Einwilligung in eine Zusammenrechnung mit weiteren Einkünften (§ 850e Nr 2a ZPO) ausschließlich als ausdrückliche Erklärung des Abtretenden erfolgen?".
Es kann dahinstehen, ob die Klägerin damit eine hinreichend konkrete Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht aufgeworfen und in den folgenden Ausführungen den vom Revisionsgericht erwarteten klärenden Schritt ausreichend konkret dargelegt hat, oder ob sie vielmehr im Kern insgesamt oder zum Teil eine Frage zur Rechtsanwendung im Einzelfall gestellt hat. Jedenfalls hat sie - die Qualität als Rechtsfrage unterstellt - deren Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit nicht den nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG diesbezüglich geltenden Anforderungen genügend dargelegt.
Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17; BSG Beschluss vom 8.2.2017 - B 13 R 294/16 B - juris RdNr 4). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen Fragenbereich noch keine Entscheidung vorliege oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet sei (Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN).
Die Klägerin bringt vor, der BGH habe entschieden, ob eine Zusammenrechnung gewollt gewesen sei, sei durch Auslegung der Abtretungsvereinbarung zu ermitteln (BGH Beschluss vom 31.10.2003 - IXa ZB 194/03 - juris RdNr 5; BGH Urteil vom 19.5.2009 - IX ZR 37/06 - juris RdNr 11 ff). Das BSG habe befunden, § 850e Nr 2a ZPO sei bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens im Rahmen des § 53 Abs 3 SGB I zu berücksichtigen, wenn der Leistungsempfänger in die Zusammenrechnung der abgetretenen Sozialleistung eingewilligt habe (BSG Urteil vom 9.4.1987 - 5b RJ 4/86 - BSGE 61, 274 = SozR 1200 § 53 Nr 7 - juris RdNr 16 ff). Inwieweit dies durch eine ausdrückliche Erklärung zu erfolgen habe, wie in der Rechtsfrage unterstellt, wird in der letztbenannten Entscheidung nicht befunden. Insoweit hat das BSG, in Übereinstimmung mit der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des BGH, allerdings ausgeführt, dass der Wille des Zedenten durch die Auslegung der Abtretungsvereinbarung zu ermitteln sei (BSG Urteil vom 23.5.1995 - 13 RJ 43/93 - SozR 3-1200 § 53 Nr 7 - juris RdNr 77 ff). Dass die Rechtsprechung des BSG damit eine Antwort auf die formulierte Frage der Klägerin offenlasse, erschließt sich aus ihren Darlegungen nicht. Sie rügt letztlich vielmehr, das LSG habe die Rechtsprechung des BSG zur "Einwilligung" unzutreffend ausgelegt und angewandt. Ein vermeintlicher Fehler des Berufungsgerichts in der Rechtsanwendung begründet jedoch keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Behauptung, dass es sich nicht um eine Rüge eines Rechtsanwendungsfehlers handele, geht insoweit fehl. Denn der rechtliche Bedeutungsgehalt gerade der von der Klägerin hier unterstellten "konkludenten" Einwilligung des Zedenten ist durch die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung als erforderlich angesehene Auslegung der Erklärung zu ermitteln.
Die Klägerin bleibt aber auch hinreichende Darlegungen zur Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage schuldig. Denn das BSG hat den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung auf der Tatsachengrundlage der Vorinstanz zu beurteilen, deren Feststellungen es nach § 163 SGG binden. Nur auf dieser Grundlage kann das Revisionsgericht beurteilen, ob eine Rechtsfrage überhaupt klärungsfähig (entscheidungserheblich) ist (vgl BSG Beschluss vom 6.4.2020 - B 10 EG 17/19 B - juris RdNr 6 mwN). Dies hat die Klägerin nicht aufgezeigt.
Das Berufungsgericht hat nach den Ausführungen der Klägerin festgestellt, die Abtretungsvereinbarung vom 7.8.2007 enthalte keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass der Beigeladene im Rentenfall noch über weitere Einkünfte zur Alters- und Invaliditätsversicherung verfügen werde. Auch ergebe sich ein ausdrückliches Einverständnis des Beigeladenen mit der Zusammenrechnung weder aus der Abtretungsvereinbarung selbst noch aus einer anderen dem beklagten RV-Träger bekannten Erklärung. Diese Feststellungen hat die Klägerin nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen. Damit kommt es auf die Antwort der formulierten Rechtsfrage - nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG - in einem Revisionsverfahren nicht an. Hiervon scheint auch die Klägerin selbst auszugehen, denn sie führt nur aus, die Abtretungserklärung sei wegen des Zusatzes "… soweit gesetzlich zulässig" anders, dh in dem Sinne auszulegen, dass nach dem Willen der Beteiligten auch § 850e Nr 2a ZPO zur Anwendung kommen sollte. Damit stellt sie jedoch allein ihre eigene rechtliche Würdigung derjenigen des LSG gegenüber und nimmt eine eigene Auslegung des Textes der Vereinbarung vor. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang vorbringt, das Ergebnis der vom LSG vorgenommenen Auslegung sei unzutreffend, ist Ansatzpunkt der Begründung nicht, ob es einer ausdrücklichen Einwilligung des Zedenten in die Zusammenrechnung bedarf, sondern ob die nicht ausdrücklich erklärte Einwilligung des Beigeladenen konkludent erklärt worden ist. Dies hat das LSG jedoch nach den Darlegungen der Klägerin verneint. Dass es dabei den vom BSG formulierten Maßstab verkannt hat, wie die Klägerin meint, erfordert keine Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage.
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14456153 |