Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall. Übergangsgeld. Rechtliches Gehör
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall vermag die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu begründen.
2. Übergangsgeld ist akzessorischer Natur und setzt den tatsächlichen Erhalt von (Haupt-)Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben voraus.
3. Das Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen; es schützt aber nicht davor, dass Vorbringen eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt bleibt; ebenso wenig bietet es Schutz davor, dass das Gericht die Ansicht eines Beteiligten nicht teilt.
Normenkette
SGG §§ 62, 96 Abs. 1, § 99 Nrn. 1, 3, §§ 103, 109, 114 Abs. 2 S. 1, §§ 123, 128 Abs. 1 S. 1, § 160 Abs. 2, § 160a Abs. 2 S. 3, Abs. 4 S. 1, § 169 Sätze 2-3; HeilprG § 1 Abs. 1; SGB VI § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 21; SGB IX § 33 Abs. 3 Nr. 4, § 37 Abs. 1 Nr. 1, § 51 Abs. 1-4, § 53 Abs. 1, § 71 Abs. 1; GG Art. 20 Abs. 3, Art. 103 Abs. 1
Verfahrensgang
SG Berlin (Entscheidung vom 27.09.2019; Aktenzeichen S 85 R 3242/15) |
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 06.05.2022; Aktenzeichen L 33 R 750/19) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. Mai 2022 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt über den 1.4.2015 hinaus die Gewährung von Übergangsgeld sowie weiterer Leistungen im Zusammenhang mit einer absolvierten Leistung zur beruflichen Teilhabe.
Die Beklagte bewilligte der 1970 geborenen Klägerin in Umsetzung eines Anerkenntnisses Leistungen zur beruflichen Teilnahme in Form einer "Weiterbildung" zur Heilpraktikerin an der S-Schule in B (Bescheid vom 31.1.2013). Die Beklagte bewilligte außerdem "für die Dauer der mit Bescheid vom 31.3.2013 gewährten Leistungen" bzw "für den Zeitraum [der] Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben" Übergangsgeld in Höhe von zunächst 60,96 Euro kalendertäglich sowie Leistungen zur Deckung der Kosten für eine von der Klägerin in B angemietete Wohnung iHv max 500 Euro monatlich (Bescheid vom 8.3.2013; Bescheid vom 18.4.2013; Bescheid vom 18.3.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.4.2013). Die Klägerin begann die schulische Ausbildung am 8.4.2013 und beendete sie nach Mitteilung der S-Schule am 1.4.2015. Zur Kenntnisüberprüfung durch das Gesundheitsamt nach § 2 Abs 1 Buchst i Erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) (im Folgenden: 1. HeilprGDV) trat die Klägerin am 16.3.2016 (schriftliche Prüfung) und 8.6.2016 (mündliche Prüfung) an. Im Anschluss wurde ihr die Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung unter Führung der Berufsbezeichnung "Heilpraktikerin" erteilt.
Bereits im April 2015 hatte die Klägerin die Weiterzahlung des Übergangsgelds sowie des Mietzuschusses bis zur Kenntnisüberprüfung beantragt. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 6.5.2015; Widerspruchsbescheid vom 23.6.2015). Die Klägerin hat dagegen Klage vor dem SG Berlin erhoben. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte den bereits am 16.6.2015 vorsorglich gestellten Antrag der Klägerin auf Anschlussübergangsgeld abgelehnt (Bescheid vom 6.7.2015). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 27.9.2019). Die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das LSG mit Urteil vom 6.5.2022 zurückgewiesen. Streitgegenstand der Klage sei, wie bereits das SG zutreffend befunden habe, allein der Bescheid vom 6.5.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.6.2015. Die Klägerin könne für die Zeit ab dem 2.4.2015 weder Übergangsgeld noch die Zahlung eines Mietzuschusses verlangen. Die begehrten Leistungen würden als akzessorische Nebenleistungen zu den Teilhabeleistungen gewährt. Letztere seien der Klägerin lediglich bis zum 1.4.2015 bewilligt worden, wie eine Auslegung des Bewilligungsbescheids vom 31.1.2013 ergebe.
Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung Beschwerde zum BSG eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 29.9.2022 begründet hat.
II. 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abgeleiteten Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und des Verfahrensmangels.
a) Wird eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend gemacht, ist eine durch den Rechtsstreit aufgeworfene abstrakte Rechtsfrage zu benennen sowie ihre abstrakte Klärungsbedürftigkeit, ihre konkrete Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Revisionsentscheidung (sog Breitenwirkung) darzutun (stRspr; zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN). Zur Darlegung der Klärungsfähigkeit ist unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG bzw des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorzubringen, dass die aufgeworfene Frage noch nicht entschieden worden ist und sich den schon vorliegenden Entscheidungen auch keine ausreichenden Anhaltspunkte zu ihrer Beantwortung entnehmen lassen (vgl zB BSG Beschluss vom 6.4.2021 - B 5 RE 16/20 B - juris RdNr 6 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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Die Klägerin formuliert als Rechtsfrage: |
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"ob ein Antrag auf Übergangsgeld für eine LTA mit Ausbildung zum/zur Heilpraktiker/in nach erfolgreichem Abschluss der schulischen Ausbildung im Anschluss an die bewilligte Leistungszeit von 24 Monaten bis zum mündlichen Heilpraktikerprüfung gemäß § 1 Abs. 1 HeilprG noch unter die Anspruchsvoraussetzungen der Erstbewilligung nach §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 21 SGB VI der Fassung ab 24.4.2006 i.V.m. §§ 33 Abs. 3 Nr. 4, 37 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX fallen (dann stets Begrenzung des Leistungszeitraums auf die bewilligten 24 Monate als - bereits erreichtes - Teilhabeziel und damit Leistungsausschluss für die Zeit nach Ausbildungsende), oder ob der Antrag für die Zeit ab Ende der schulischen Ausbildung bis zur mündlichen Heilpraktikerprüfung unter die Prüfung der Tatbestandsmerkmale nach §§ 37 Abs. 1, 51 Abs. 1-4 SGB IX a.F. (§§ 53 Abs. 1, 71 Abs. 1 ff SGB IX n.F.) (Weiterzahlungsantrag) fällt (dann wäre eine längere Leistungszeit als 24 Monate nach Maßgabe dieser Vorschriften von dem erkennenden Gericht zu prüfen und möglich)." |
Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin damit eine abstrakte Rechtsfrage zur Auslegung revisibler (Bundes-)Normen aufwirft, an der das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen könnte (vgl dazu BSG Beschluss vom 2.3.2015 - B 12 KR 60/14 B - juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 22.4.2020 - B 5 R 266/19 B - juris RdNr 5, jeweils mwN). Die Frage zielt eher darauf ab zu überprüfen, ob die Klägerin im konkreten Einzelfall Leistungen über den 1.4.2015 hinaus beanspruchen konnte. Eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall vermag die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache indes nicht zu begründen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 15.6.2022 - B 5 R 56/22 B - juris RdNr 6 mwN).
Will man dem Gesamtvorbringen eine Frage zur Auslegung des Begriffs "besondere Umstände" iS von § 37 Abs 2 SGB IX aF entnehmen, legt die Klägerin jedenfalls deren Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dar. Sie geht in keiner Weise auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zur ausnahmsweisen Förderung einer länger als zwei Jahre dauernden beruflichen Teilhabeleistung ein (vgl zB noch zu § 567 Abs 3 Satz 2 RVO BSG Urteil vom 28.1.1993 - 2 RU 10/92 - BSGE 72, 77 = SozR 3-2200 § 567 Nr 2, juris RdNr 15). Sie behauptet auch nicht, dass es an einschlägigen Entscheidungen speziell zu § 37 Abs 1 SGB IX aF fehle. Ebenso wenig wäre die Klärungsbedürftigkeit dargetan, falls die Klägerin geklärt wissen will, ob nach Beendigung der geförderten Maßnahme Übergangsgeld aus § 37 Abs 1 SGB IX aF beansprucht werden kann. In diesem Fall wäre darauf einzugehen gewesen, dass Übergangsgeld nach der Rechtsprechung des BSG akzessorischer Natur ist und den tatsächlichen Erhalt von (Haupt-)Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben voraussetzt (vgl zB BSG Urteil vom 6.9.2017 - B 13 R 20/14 R - BSGE 124, 98 = SozR 4-3250 § 48 Nr 1, RdNr 27). Hieran fehlt es. Die Klägerin kann die gebotene Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht durch die allgemeine Erwägung ersetzen, entscheidend sei "die Substanz der Argumente", die sie in diesem Zusammenhang offensichtlich vermisst.
b) Auch Verfahrensfehler hat die Klägerin nicht hinreichend bezeichnet. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensfehler (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Auch den sich daraus ergebenden Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
aa) Mit dem Vorbringen, das LSG habe die Bindung an Gesetz und Recht (Art 20 Abs 3 GG) nicht beachtet, indem es die geförderte Maßnahme unzutreffend als Weiterbildung und nicht als Ausbildung aufgefasst habe, wendet die Klägerin sich gegen die inhaltliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Damit lässt sich eine Revisionszulassung nicht erreichen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 10.6.2022 - B 5 R 49/22 B - juris RdNr 10 mwN). Gleiches gilt für das Vorbringen, das LSG habe sich nicht mit § 37 Abs 1 SGB IX aF befasst, der bei Vorliegen besonderer Umstände eine Förderung über 24 Monate hinaus ermögliche.
bb) Soweit die Klägerin die vermeintlich fehlende Berücksichtigung ihres Vortrags zu §§ 37, 51 SGB IX aF zudem als Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG; § 62 SGG) rügt, hat sie einen solchen Verfahrensmangel nicht anforderungsgerecht bezeichnet. Das Verfahrensgrundrecht verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Es schützt aber nicht davor, dass Vorbringen eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt bleibt. Ebenso wenig bietet es Schutz davor, dass das Gericht die Ansicht eines Beteiligten nicht teilt (vgl BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 27.5.2016 - 1 BvR 1890/15 - SozR 4-1100 Art 103 Nr 4 RdNr 14 mwN; BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 19.8.2016 - 1 BvR 1283/13 - juris RdNr 9). Das LSG hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass die begehrten Leistungen schon wegen der Beendigung der geförderten Maßnahme nicht über den 1.4.2015 hinaus beansprucht werden konnten. Auf diese Rechtsposition des LSG geht die Beschwerde nicht ein.
cc) Ein Verfahrensmangel ist nicht schlüssig aufgezeigt, indem die Klägerin geltend macht, das LSG habe ihr Begehren und damit den Streitgegenstand (§ 123 SGG) verkannt. Die Darlegung eines Verfahrensmangels, der in der Verkennung des Rechtsmittel- bzw Streitgegenstands liegt, erfordert die lückenlose Darlegung des Verfahrensgangs unter Auslegung der den Rechtsmittel- bzw Streitgegenstand bestimmenden Entscheidungen und Erklärungen sowie die sorgfältige Auseinandersetzung mit dem Regelungsgehalt der angegriffenen Verwaltungsentscheidungen, dem Klagebegehren, der Entscheidung 1. Instanz und dem Berufungsbegehren (vgl zB BSG Beschluss vom 8.5.2019 - B 14 AS 86/18 B - juris RdNr 5 mwN). Diesen Anforderungen wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht.
Soweit die Klägerin vorträgt, das LSG habe einen Anspruch für den Zeitraum vom 2.4.2015 bis zum 7.6.2016 geprüft, sie habe aber "eigentlich" Leistungen für die Zeit vom 1.4.2015 bis zum 8.6.2016 beansprucht, ist eine Verkennung des Streitgegenstands in zeitlicher Hinsicht nicht schlüssig aufgezeigt. Es bleibt unklar, inwiefern die durchgehend anwaltlich vertretene Klägerin im Verfahren einen abweichenden Leistungszeitraum geltend gemacht haben könnte, wenn sie in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG, wie sie selbst vorträgt, Leistungen für den Zeitraum vom 2.4.2015 bis zum 7.6.2016 beantragt hat.
Ebenso wenig wird eine Verkennung des Streitgegenstands in sachlicher Hinsicht anforderungsgerecht aufgezeigt, indem die Klägerin unter ausführlicher Darlegung ihrer Rechtsauffassung vorträgt, das LSG hätte den Bescheid vom 6.7.2015 gemäß § 96 Abs 1 SGG in das Verfahren einbeziehen, zumindest gemäß § 99 Nr 1 bzw Nr 3 SGG von einem umfassenden Klageantrag ausgehen müssen. Sie setzt sich nicht ausreichend mit dem objektiven Regelungsgehalt einerseits des Bescheids vom 6.7.2015 auseinander, mit dem die Beklagte die Gewährung von Anschlussübergangsgeld nach § 51 Abs 1 SGB IX aF abgelehnt hat, und anderseits des Bescheids vom 6.5.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.6.2015, mit dem die Gewährung von Übergangsgeld nach § 20 Nr 1 SGB VI aF abgelehnt wurde. Das Anschlussübergangsgeld nach § 51 Abs 1 SGB IX aF ist bereits nach dem Wortlaut keine akzessorische Leistung, sondern wird gerade für Zeiträume geleistet, in denen die Leistungsempfänger, ohne dies zu vertreten zu haben, an keiner Maßnahme teilnehmen können. Mit diesem Gesichtspunkt, auf den auch das LSG unter Bezugnahme auf die Ausführungen des SG abgestellt hat, setzt die Klägerin sich nicht ausreichend auseinander, indem sie vorbringt, es sei ihr jeweils um die Weiterzahlung der Leistungen gegangen.
dd) Auch ein Verstoß gegen die Ermessensvorschrift des § 114 Abs 2 Satz 1 SGG wird nicht anforderungsgerecht bezeichnet (vgl zu den diesbezüglichen Anforderungen zB BSG Beschluss vom 13.11.2006 - B 13 R 423/06 B - juris RdNr 7 mwN; BSG Beschluss vom 24.11.2011 - B 4 AS 177/11 B - juris RdNr 10). Eine hierfür erforderliche Ermessensreduzierung auf null ist nicht dargetan, indem die Klägerin dem LSG lediglich pauschal vorwirft, das Verfahren nicht bis zur Entscheidung des Widerspruchs und etwaiger weiterer Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 6.7.2015 ausgesetzt zu haben.
ee) Soweit die Klägerin als Verletzung der Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 103 Halbsatz 1 SGG) rügt, das LSG sei ihren Beweisanträgen im Schriftsatz vom 31.3.2022 nicht gefolgt, zeigt sie schon nicht auf, bis zuletzt an den Anträgen festgehalten zu haben. Das ist, wenn wie hier aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden wird, dann der Fall, wenn ein Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten wird oder das Gericht den Beweisantrag in seiner Entscheidung wiedergibt (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 13.10.2020 - B 12 KR 8/20 B - juris RdNr 23; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160 RdNr 18c mwN). Die Klägerin räumt ein, ihre Anträge aus dem Schriftsatz vom 31.3.2022 in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG nicht wiederholt zu haben. Dass sie die Anträge nach ihrem Vorbringen nicht zurückgenommen habe, genügt insoweit nicht. Ebenso wenig ist eine Wiedergabe der Anträge im Berufungsurteil dargetan.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Fundstellen
Dokument-Index HI15503303 |