Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung der Landwirte. Landwirtschaftlicher Unternehmer. Auslandswohnsitz. Versicherungspflicht. selbstständige Tätigkeit. Führung eines landwirtschaftlichen Ackerbaubetriebes im Inland. Geltungsbereich der deutschen Sozialversicherung. Tätigkeitsort
Orientierungssatz
Zur Versicherungspflicht eines im Ausland ansässigen landwirtschaftlichen Unternehmers in der deutschen Krankenversicherung der Landwirte aufgrund einer inländischen selbstständigen Tätigkeit (vgl BSG vom 17.8.2000 - B 10 KR 2/99 R = SozR 3-5420 § 2 Nr 2).
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1, § 160a Abs. 2 S. 3; SGB 1 § 30 Abs. 1; SGB 4 § 3; SGB 4 § 9 Abs. 1; SGB 4 § 11 Abs. 1; KVLG § 2 Abs. 1 Nr. 1; KVLG 1989 § 2 Abs. 1 Nr. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Hauptsacheverfahren darüber, ob der Kläger in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig ist.
Der Kläger führt einen landwirtschaftlichen Betrieb in S., zu dem weitere bewirtschaftete landwirtschaftliche Betriebsstätten in N. und N. gehören. Am 30.8.2001 wanderte er mit seiner Familie nach Kanada aus und ist seitdem dort gegen Krankheit versichert. Neben der in Kanada übernommenen Farm führt er weiterhin seinen landwirtschaftlichen Ackerbaubetrieb in S. und beschäftigt in diesem nicht verpachteten Unternehmen neben einem Verwalter zwei oder mehr Arbeitnehmer, trägt Gewinn und Verlust dieses Unternehmens und entrichtet hierfür in Deutschland Steuern. Mit Bescheiden vom 27.11.2001 und 16.1.2002 stellte die beklagte Krankenkasse fest, dass der Kläger auch ab dem 31.8.2001 als landwirtschaftlicher Unternehmer der Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung unterliege. Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers blieben erfolglos.
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 13.2.2009.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig, denn der Kläger hat in der Begründung keinen Zulassungsgrund in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt oder bezeichnet.
Das Bundessozialgericht (BSG) darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die inhaltliche Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung ist demgegenüber kein Zulassungsgrund.
Der Kläger beruft sich allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) . Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫ SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtslage im Allgemeininteresse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Es ist darzulegen, ob und welche höchstrichterliche Rechtsprechung zu der als klärungsbedürftig angesehenen Rechtsfrage bereits vorliegt. Zwar steht der Umstand, dass über eine Rechtsfrage bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, der Annahme der Klärungsbedürftigkeit nicht von vornherein entgegen, jedoch ist Voraussetzung für die Annahme erneuter Klärungsbedürftigkeit, dass in der Nichtzulassungsbeschwerde wesentliche neue Gesichtspunkte, dh ganz erhebliche Bedenken bzw gewichtige Argumente gegen die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung vorgebracht werden. Auch kann die Klärungsbedürftigkeit entfallen, wenn eine Rechtsfrage vom BSG zwar noch nicht ausdrücklich entschieden worden ist, sich jedoch für ihre Beantwortung in anderen Entscheidungen zu vergleichbaren Regelungen bereits ausreichende Anhaltspunkte ergeben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8) . Diesen Anforderungen zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger hält für klärungsbedürftig, ob er als in M. K. ansässiger Landwirt dem persönlichen und räumlichen Geltungsbereich der deutschen Sozialversicherung unterfällt und ob in seinem Fall eine selbstständige Tätigkeit iS der §§ 3, 7 bis 13 SGB IV in Deutschland vorliegt, mit der Folge, dass er auch in Deutschland sozialversicherungspflichtig ist.
Es kann dahinstehen, ob der Kläger damit überhaupt eine Rechtsfrage und nicht nur eine Tatsachenfrage, etwa zur tatsächlichen Beurteilung des maßgeblichen Lebenssachverhalts, gestellt hat. Jedenfalls hat er nicht in der erforderlichen Weise dargelegt, warum eine für die Entscheidung erhebliche Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit des deutschen Sozialversicherungsrechts klärungsbedürftig sein könnte. Allein, dass nach seiner Auffassung das LSG eine solche nicht zutreffend beantwortet hat, kann nicht zur Zulassung der Revision führen, weil damit lediglich eine unzutreffende Rechtsanwendung gerügt wird. Vielmehr hätte es in Auseinandersetzung mit der vom LSG in seinem Urteil zitierten Entscheidung des BSG vom 17.8.2000 (B 10 KR 2/99 R, SozR 3-5420 § 2 Nr 2) bedurft. Das BSG hat in dieser Entscheidung das Vorliegen von Versicherungspflicht eines forstwirtschaftlichen Unternehmers nach § 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte aufgrund einer inländischen selbstständigen Tätigkeit iS von § 3 SGB IV bejaht, weil trotz eines Auslandswohnsitzes des Unternehmers der im Inland gelegene Ort der bewirtschafteten forstwirtschaftlichen Nutzflächen Tätigkeitsort iS von § 9 Abs 1 SGB IV sei. Verfassungsrechtliche Bedenken hatte es nicht geäußert. Soweit der Kläger ausführt, er beanspruche eine Gleichbehandlung mit solchen Personen, die aufgrund bestehender "Doppelsozialversicherungsabkommen" (gemeint sind wohl Sozialversicherungsabkommen) nicht doppelt in Anspruch genommen würden, hätte er sich zur hinreichenden Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer verfassungsrechtlichen Rechtsfrage ebenfalls mit dieser Entscheidung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG auseinandersetzen müssen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen, § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen