Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 18.05.2018; Aktenzeichen L 8 R 4986/14)

SG Karlsruhe (Entscheidung vom 03.11.2014; Aktenzeichen S 15 R 3523/13)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Mai 2018 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

Mit Urteil vom 18.5.2018 hat das LSG Baden-Württemberg einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bzw teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf das Vorliegen von Verfahrensmängeln iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Soweit - wie vorliegend - eine Verletzung der tatrichterlichen Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) durch das LSG gerügt wird, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1.) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2.) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3.) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu einer weiteren Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4.) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5.) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl nur BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Der Kläger trägt vor, zum Beweis der Tatsache, dass seine Leistungsfähigkeit auch für körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf unter sechs Stunden werktäglich abgesunken sei, die Einholung eines weiteren orthopädischen Sachverständigengutachtens von Amts wegen beantragt und bis zum Schluss des Berufungsverfahrens aufrechterhalten zu haben. Diesem Antrag sei das Berufungsgericht nicht nachgekommen, obwohl es sich aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen und seiner Rechtsauffassung zu einer weiteren Beweiserhebung auf orthopädischem Gebiet hätte gedrängt fühlen müssen.

Mit diesem Vorbringen hat der Kläger bereits nicht dargetan, einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt zu haben. Hierfür muss nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte Beweis erhoben werden sollte. Denn Merkmal eines Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN; BSG Beschluss vom 1.6.2017 - B 9 SB 19/17 B - Juris RdNr 6). Dafür muss sich ein Beweisantrag im Rahmen eines Rentenverfahrens möglichst präzise mit dem Einfluss dauerhafter Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das verbliebene Leistungsvermögen befassen (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6). Hieran fehlt es.

Der genannte Beweisantrag bezeichnet keine konkreten Leiden des Klägers, die zusätzlich zu den von den Sachverständigen bisher benannten Erkrankungen funktionelle Beeinträchtigungen mit sich bringen. Der Beweisantrag ist vielmehr allein auf die Bewertung der Folgen der bei dem Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen gerichtet. Damit ist aber keine entscheidungserhebliche Tatsache unter Beweis gestellt (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 LS 1 und RdNr 6 und 8).

Mit seinem Antrag kam es dem Kläger nach den weiteren Ausführungen in der Beschwerdebegründung letztlich darauf an, die bereits durch das orthopädische Sachverständigengutachten Dr. H. erfolgte, für ihn günstige Beurteilung seines Restleistungsvermögens, der das LSG aber nicht folgen wollte, durch einen weiteren orthopädischen Sachverständigen überprüfen zu lassen. So hebt der Kläger selbst hervor, dass durch eine weitere orthopädische Begutachtung die Frage abschließend zu klären gewesen sei, "inwieweit das orthopädisch erklärte chronische Schmerzsyndrom zu einer Leistungslimitierung für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter 6 Stunden führt oder nicht". Die weitere Begutachtung sollte mithin lediglich dazu dienen, die Schlussfolgerungen zu bestätigen, die der Sachverständige Dr. H. als Gehilfe des Gerichts und für dieses nicht bindend aus den erhobenen Befunden gezogen hatte; sie war nicht auf die Feststellung bisher etwa unberücksichtigt gebliebener Gesundheitsstörungen gerichtet. Die angebliche Aufklärungsrüge stellt sich damit in Wirklichkeit als ein durch § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 Alt 1 SGG ausgeschlossener Angriff auf die Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) dar (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 7; BSG Beschluss vom 1.6.2017 - B 9 SB 19/17 B - Juris RdNr 6).

Abgesehen davon bedarf es grundsätzlich keiner weiteren Sachaufklärung auf einem medizinischen Sachgebiet, wenn - wie hier - bereits ärztliche Sachverständigengutachten desselben Fachgebiets vorliegen. Anders verhält es sich nur, wenn die vorliegenden Gutachten schwere Mängel aufweisen, in sich widersprüchlich sind, von unzutreffenden Voraussetzungen ausgehen, Zweifel an der Sachkunde oder Sachlichkeit des Sachverständigen erwecken oder wesentliche Veränderungen in dem bereits begutachteten Lebenssachverhalt eingetreten sind (vgl BSG Beschluss vom 15.12.2016 - B 9 V 3/15 R - Juris RdNr 36 mwN). Hierzu hat der Kläger nichts dargetan.

Soweit der Kläger vorträgt, das LSG habe das psychiatrische Sachverständigengutachten Dr. G. falsch verstanden und sei deshalb dem Sachverständigen Dr. H. hinsichtlich der Leistungsbeurteilung zu Unrecht nicht gefolgt, weshalb insofern "auch die Verletzung von Denkgesetzen seitens des Berufungsgerichts" zu rügen sei, greift er ebenfalls die Beweiswürdigung des Gerichts an. Auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 S 1 SGG kann indes - wie bereits ausgeführt - eine Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 Alt 1 SGG nicht gestützt werden.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI12409380

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