Verfahrensgang

SG Dresden (Entscheidung vom 14.06.2018; Aktenzeichen S 47 KR 1011/15)

Sächsisches LSG (Urteil vom 14.10.2022; Aktenzeichen L 1 KR 284/18)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 14. Oktober 2022 - L 1 KR 284/18 - Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorstehend bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die Festsetzung von Beiträgen zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und sozialen Pflegeversicherung (sPV) für die Zeit vom 1.10.2012 bis zum 30.11.2012.

Der Kläger ist freiwilliges Mitglied der zu 1. beklagten Krankenkasse und bei der zu 2. beklagten Pflegekasse in der sPV versichert. Die Beklagten setzten für die Zeit vom 1.5.2011 bis zum 30.11.2012 Beiträge auf der Grundlage der Regelbeitragsbemessungsgrenze für Selbstständige (Höchstbeiträge) fest (Ausgangsbescheid vom 21.4.2011, Teilabhilfebescheid vom 13.1.2012, Widerspruchsbescheid vom 19.3.2012, Änderungsbescheide vom 25.6.2012, 2.7.2012, 18.10.2012, 9.11.2012). Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (SG-Gerichtsbescheid vom 22.12.2015, LSG-Urteil vom 14.10.2022 - L 1 KR 35/16 - dazu B 12 KR 1/23 BH). Mit Änderungsbescheid vom 18.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.2015 wurden erneut Höchstbeiträge für die Zeit vom 1.10.2012 bis zum 30.11.2012 festgesetzt. Klage und Berufung dagegen (hier S 47 KR 1011/15 und L 1 KR 284/18) sind wegen anderweitiger Rechtshängigkeit (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 17 Abs 1 Satz 2 GVG) erfolglos geblieben.

Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dem ihm am 11.1.2023 zugestellten Urteil des LSG mit einem von ihm unterzeichneten und an das LSG gerichteten Schreiben vom 24.1.2023, eingegangen beim BSG am 1.2.2023, sinngemäß Beschwerde ("Antrag auf Zulassung zur Revision") eingelegt und Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.

II

1. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Der Kläger hat den erforderlichen Nachweis seiner Bedürftigkeit nicht rechtzeitig erbracht.

PKH kann nur bewilligt werden, wenn ein Beteiligter aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO). Nach der Rechtsprechung sowohl des BSG als auch der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes hat dazu der Beschwerdeführer nicht nur den (grundsätzlich formlosen) Antrag auf PKH, sondern auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (im Folgenden: Erklärung) in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 117 Abs 2 Satz 1 und 4 ZPO), dh mit dem gemäß § 117 Abs 3 ZPO durch die Prozesskostenhilfeformularverordnung vom 6.1.2014 (BGBl I 34) in neuer Fassung eingeführten Formular, bis zum Ablauf der Beschwerdefrist einzureichen (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 18.10.2007 - B 3 P 24/07 B - SozR 4-1500 § 66 Nr 1 RdNr 4 mwN; BVerfG Beschluss vom 7.2.2000 - 2 BvR 106/00 - NJW 2000, 3344). Hierauf ist der Kläger in den dem angefochtenen Urteil beigefügten "Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe" und mit Schreiben des Senats vom 8.2.2023 ausdrücklich hingewiesen worden. Er hätte daher die Erklärung innerhalb eines Monats nach der Zustellung des angefochtenen Urteils (§ 160a Abs 1 Satz 2 iVm § 64 Abs 3 SGG) bis zum Montag, den 13.2.2023, vorlegen müssen. Das ist nicht geschehen. Die Erklärung ist erst am 16.2.2023 und damit verspätet hier eingegangen.

a) Der Hinweis des Klägers auf die im Verfahren B 12 KR 1/22 BH bereits erfolgte PKH-Bewilligung zusammen mit der Erklärung vom 16.2.2023, es hätten sich keine Veränderungen ergeben, ersetzt die fristgerechte Vorlage des Vordrucks nicht. Der Zwang, sich des amtlichen Vordrucks zu bedienen, soll den Beteiligten die Darlegung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erleichtern; er dient aber auch dazu, den Gerichten die Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erleichtern. Dazu bedarf es in aller Regel der Erklärungen, welche in dem Vordruck gefordert werden, einschließlich der Versicherung über die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben (vgl BSG Beschluss vom 22.7.2020 - B 13 R 20/19 BH - juris RdNr 8). Die Bezugnahme auf bereits vorliegende Unterlagen, insbesondere im konkret vorausgegangenen Rechtszug, kann eine erneute Vorlage des Vordrucks nur ausnahmsweise entbehrlich machen; sie erfordert eine glaubhafte Versicherung, dass eine Veränderung nicht eingetreten sei (vgl BSG Beschluss vom 6.8.2019 - B 13 R 290/18 B - juris RdNr 5 mwN). Auch eine solche Erklärung hat der Kläger aber nicht rechtzeitig abgegeben. Sie war nicht deshalb entbehrlich, weil der Senat selbst dem Kläger in dem Verfahren (B 12 KR 1/22 BH) PKH bewilligt hatte; diese Bewilligung beruhte ua auf dem vorgelegten Einkommensteuerbescheid aus 2020 für das Jahr 2019. Dass inzwischen keine aktuelleren Nachweise vorlagen und keine Änderungen eingetreten waren, war ohne eine weitere - fristgerechte - glaubhafte Erklärung nicht anzunehmen.

b) Dem Kläger kann keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (§ 67 SGG). Unabhängig von der Frage, ob § 67 SGG auf die Frist zur rechtzeitigen Vorlage von PKH-Unterlagen überhaupt Anwendung findet (vgl BSG Beschluss vom 18.10.2007 - B 3 P 24/07 B - SozR 4-1500 § 66 Nr 1 RdNr 14), sind jedenfalls Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorgetragen oder ersichtlich. Der Kläger, der auch sonst seine Schriftsätze per Fax übermittelt, hat keine Gründe angegeben, die die Annahme nahelegen könnten, er habe den Vordruck nicht vor Ablauf der Frist einreichen können und damit die Frist zur Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wegen eines unvorhergesehenen Ereignisses ohne Verschulden versäumt.

c) Unabhängig davon ist auch deshalb die PKH-Bewilligung zu versagen, weil hier klar auf der Hand liegt, dass der Kläger das mit dem Prozess in der Hauptsache verfolgte Begehren nicht erreichen kann: Die anderweitige Rechtshängigkeit einer "doppelten" Klage steht hier einer inhaltlichen Entscheidung in der Sache offensichtlich entgegen. Die PKH soll es einem Bedürftigen nicht ermöglichen, Verfahren durchzuführen, die im Ergebnis nicht zu seinen Gunsten ausgehen können, die also ein verständiger Rechtsuchender nicht auf eigene Kosten führen würde (stRspr; vgl BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 13.7.2005 - 1 BvR 1041/05 - SozR 4-1500 § 73a Nr 3 RdNr 10 ff; BSG Beschluss vom 5.9.2005 - B 1 KR 9/05 BH - SozR 4-1500 § 73a Nr 2 RdNr 4 mwN; BSG Beschluss vom 16.3.2018 - B 1 KR 104/17 B - juris RdNr 11).

d) Mit der Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von PKH entfällt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts (vgl § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht zulässig erhoben. Sie ist innerhalb der Frist von einem Monat nach Zustellung des Urteils schriftlich durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) einzulegen (§ 160a Abs 1 Satz 2 SGG). Das ist hier nicht geschehen. Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist daher durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG).

3. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Heinz

Beck

Waßer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15702558

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