Verfahrensgang
SG Würzburg (Entscheidung vom 02.08.2022; Aktenzeichen S 6 KR 502/19) |
Bayerisches LSG (Urteil vom 11.09.2023; Aktenzeichen L 20 KR 368/22) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. September 2023 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten ambulant durchgeführter transarterieller Chemoembolisationen (TACE) / transarterieller Chemoperfusionen (TACP).
Bei der 1977 geborenen und bei der beklagten Krankenkasse versicherten Klägerin wurde im Jahr 2013 ein invasiv-duktales Mammakarzinom links diagnostiziert und behandelt. In der Folgezeit traten Lebermetastasen auf, deren Rückgang im Verlaufe einer durchgeführten Chemotherapie stagnierte. Mit E-Mail vom 6.5.2019 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine lokale Therapie der Lebermetastasen ua mittels ambulanter TACE/TACP. Die Beklagte lehnte den Antrag nach Einholung gutachterlicher Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ab und wies den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin zurück (Bescheid vom 14.5.2019; Widerspruchsbescheid vom 21.8.2019). Die Klägerin ließ die Behandlungen auf eigene Rechnung durchführen und ist mit ihrer auf Erstattung der Behandlungskosten in Höhe von 16 031,92 Euro gerichteten Klage in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch lägen nicht vor. Die Behandlung sei nicht unaufschiebbar gewesen. Es seien keine medizinischen Gründe ersichtlich, die dafür sprächen, dass der Klägerin ein Zuwarten mit dem Beginn der Behandlung bis zur Entscheidung der Beklagten am 14.5.2019 nicht zumutbar gewesen wäre. Die Klägerin habe mit der Behandlung bereits vor der Entscheidung der Beklagten begonnen und sei auf die Selbstbeschaffung vorfestgelegt gewesen. Insofern fehle es für die vier - in unmittelbarem Zusammenhang stehenden - Behandlungen an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen der Ablehnung der Leistung durch die Beklagte und der Entstehung der Behandlungskosten für die Klägerin. Ob der Kostenerstattungsanspruch auch daran scheitern würde, dass der Klägerin kein Sachleistungsanspruch auf die ambulante Behandlung mittels TACE bzw TACP zugestanden hätte, könne somit dahinstehen (Urteil des LSG vom 11.9.2023).
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe des Verfahrensmangels (dazu 1.) und der grundsätzlichen Bedeutung (dazu 2.).
1. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 § 160a Nr 36 mwN; BSG vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 16 mwN).
Wer sich - wie die Klägerin - auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (stRspr; vgl zB BSG vom 20.7.2010 - B 1 KR 29/10 B - RdNr 5 mwN; BSG vom 1.3.2011 - B 1 KR 112/10 B - juris RdNr 3 mwN; BSG vom 14.10.2016 - B 1 KR 59/16 B - juris RdNr 5).
Hierzu gehört die Darlegung, dass ein anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat (vgl zB BSG vom 14.6.2005 - B 1 KR 38/04 B - juris RdNr 5; BSG vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Der Tatsacheninstanz soll dadurch vor Augen geführt werden, dass der Betroffene die gerichtliche Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansieht. Der Beweisantrag hat Warnfunktion (vgl BSG vom 24.11.1988 - 9 BV 39/88 - SozR 1500 § 160 Nr 67; BSG vom 10.4.2006 - B 1 KR 47/05 B - juris RdNr 9 mwN; BSG vom 1.2.2013 - B 1 KR 111/12 B - BeckRS 2013, 66873 RdNr 8). Die Warnfunktion des Beweisantrags entfällt, wenn Beweisantritte lediglich in der Berufungsschrift oder sonstigen Schriftsätzen enthalten sind (vgl BSG vom 17.12.2020 - B 1 KR 84/19 B - juris RdNr 5; BSG vom 26.4.2021 - B 1 KR 52/20 B - juris RdNr 5).
Diesen Darlegungsanforderungen wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht.
Die Klägerin macht geltend, das LSG hätte zur Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich des Behandlungsanspruchs ein medizinisches Sachverständigengutachten einholen müssen. Sie bezeichnet aber bereits keinen von ihr gestellten und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zumindest hilfsweise aufrechterhaltenen Beweisantrag. Darüber hinaus legt sie auch nicht dar, inwiefern es nach der Rechtsauffassung des LSG auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs 1a SGB V entscheidungserheblich ankam. Anlass zu entsprechenden Darlegungen hätte schon deshalb bestanden, weil nach der von der Klägerin selbst wiedergegebenen Auffassung des LSG wegen einer Vorfestlegung und fehlender Unaufschiebbarkeit der Leistung bereits die formellen Voraussetzungen des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs gemäß § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V nicht vorlagen.
2. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Maßstabs BVerfG vom 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - SozR 4-1500 § 160a Nr 24 RdNr 5 ff mwN). Auch diesen Darlegungsanforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Die Klägerin formuliert bereits keine einer revisionsgerichtlichen Klärung zugängliche abstrakte Rechtsfrage, und sie legt auch nichts zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit dar.
3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Schlegel |
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Bockholdt |
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Matthäus |
Fundstellen
Dokument-Index HI16226548 |