Verfahrensgang
SG Leipzig (Entscheidung vom 26.11.2020; Aktenzeichen S 12 R 880/17) |
Sächsisches LSG (Urteil vom 02.03.2022; Aktenzeichen L 10 R 91/21) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 2. März 2022 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin bezieht seit dem 24.1.1995 vom beklagten Rentenversicherungsträger eine große Witwenrente. Sie wendet sich gegen die Entscheidung der Beklagten, die entsprechenden Bewilligungsbescheide aufgrund des von ihr nicht mitgeteilten Einkommens als Gesellschafter-Geschäftsführerin einer GmbH rückwirkend für die Zeit vom 1.7.2002 bis zum 30.4.2017 teilweise aufzuheben und die dadurch entstandene Überzahlung von 120 121,75 Euro zurückzufordern (Bescheid vom 21.3.2017; Widerspruchsbescheid vom 13.9.2017). Ihre Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteile des SG vom 26.11.2020 und des LSG vom 2.3.2022). Das LSG hat ausgeführt, die teilweise Aufhebung der Rentenbewilligung ab dem 1.7.2002 sei nicht zu beanstanden. Sie habe ihre Rechtsgrundlage in § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X iVm § 97 SGB VI. Ein atypischer Sachverhalt, der die Behörde zu einer Ermessensausübung verpflichten würde, liege nicht vor.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat die Klägerin beim BSG Beschwerde eingelegt. Sie macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Revisionszulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG erforderlichen Weise dargelegt. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Eine Rechtssache hat nur dann iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage zu revisiblem Recht (§ 162 SGG) aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Zur ordnungsgemäßen Bezeichnung dieses Revisionszulassungsgrundes (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG) muss der Beschwerdeführer daher eine Rechtsfrage benennen und zudem deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr, zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN; s auch Fichte in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl 2020, § 160a RdNr 32 ff; Meßling in Krasney/Udsching/Groth/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl 2022, Kap IX RdNr 283 ff). Daran fehlt es hier.
Die Klägerin hält folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam:
"Liegt ein atypischer, zu einer angemessenen Reduktion der Erstattungssumme im Rahmen des Mitverschuldens führender (,) Sachverhalt im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X vor, wenn eine (ordnungsgemäß versteuerte) Witwenrente mehr als 10 Jahre ohne jede Maßnahme zur Überprüfung der Berechtigung der Zahlung ausgezahlt wird?"
Sie trägt dazu lediglich in einem Satz vor, die "nach hiesiger Kenntnis" bislang unbeantwortete Frage sei von grundsätzlicher Bedeutung, weil sie sich in einer Vielzahl von Fällen stelle und bundeseinheitlich zu beantworten sei.
Es kann dahinstehen, ob damit eine Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG bezeichnet ist, welche sich auf eine verallgemeinerungsfähige abstrakt-generelle Aussage beziehen muss, die sich im Zusammenhang mit der Interpretation einer bestimmten Rechtsvorschrift stellt (vgl BSG Beschluss vom 6.1.2022 - B 5 LW 2/21 B - juris RdNr 13 mwN). Die Bezugnahme auf gleich mehrere Sachverhaltselemente in ihrer Kombination deutet darauf hin, dass die Klägerin vom BSG eine Antwort darauf erhalten will, ob das Ergebnis der Rechtsanwendung des LSG in ihrer Sache richtig ist. Der Wunsch nach einer höchstrichterlichen Überprüfung der von der Vorinstanz vorgenommenen Subsumtion vermag die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache jedoch nicht zu begründen (vgl BSG aaO). Ungeachtet dessen hat die Klägerin auch einen weiteren höchstrichterlichen Klärungsbedarf zur Frage des Vorliegens eines atypischen Falles im Rahmen des § 48 Abs 1 SGB X nicht aufgezeigt. Mit bereits vorhandener Rechtsprechung des BSG zu dieser Frage (vgl zB BSG Urteil vom 30.6.2016 - B 5 RE 1/15 R - SozR 4-1300 § 48 Nr 33 RdNr 25 ff; BSG Urteil vom 25.5.2018 - B 13 R 3/17 R - SozR 4-1300 § 48 Nr 35 RdNr 20 mwN) setzt sie sich nicht auseinander. Dementsprechend kann ihrer Beschwerdebegründung nicht entnommen werden, welche abstrakt-generelle Aussage das BSG in dem erstrebten Revisionsverfahren zu treffen hätte, die der bisherigen Rechtsprechung noch nicht entnommen werden kann.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1 iVm § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI15274555 |