Verfahrensgang
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 25.04.2018; Aktenzeichen L 13 SB 103/16) |
SG Bremen (Entscheidung vom 17.08.2016; Aktenzeichen S 19 SB 34/15) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. April 2018 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger wendet sich in der Hauptsache gegen die Herabsetzung der Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 80 auf 40. Dieses Begehren hat das LSG mit Urteil vom 25.4.2018 verneint. Nach Ablauf der Heilungsbewährung für die Prostataerkrankung sei der Gesamt-GdB nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X mit 40 zutreffend festgestellt hinsichtlich der noch bestehenden urologischen Beschwerden (Einzel-GdB von 20) sowie der nachfolgenden psychischen Leiden (Einzel-GdB von 30). Hinsichtlich der erektilen Dysfunktion sei ein Einzel-GdB von 20 angemessen und führe ebenso wenig wie die Belastungsinkontinenz (Einzel-GdB von 0 bis 10) sowie die Hämorrhoiden (ohne erhebliche Beschwerden, Einzel-GdB von 0 bis 10) zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB. Schließlich sei der Aufhebungsentscheidung eine ordnungsgemäße Anhörung vorausgegangen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht den Zulassungsgrund der Divergenz geltend.
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung vom 9.8.2018, mit der er ausschließlich das Vorliegen einer Divergenz rügt, genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht in der hierfür erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
Eine Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Denn nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass die angefochtene Entscheidung auf der Abweichung beruht. Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte, dass die Beschwerdebegründung erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil bzw Beschluss des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (vgl zum Ganzen BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 f mwN). Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger behauptet eine Abweichung des LSG von der Entscheidung des BSG mit Urteil vom 25.3.1999 (B 9 SB 14/97 R - SozR 3-1300 § 24 Nr 14). Den Ausführungen des BSG in dieser Entscheidung könne der abstrakte Rechtssatz entnommen werden, dass zu neuen (medizinischen) Tatsachen, die Einfluss auf die Feststellung des GdB haben können, erneut angehört werden müsse. So habe es sich auch im vorliegenden Fall verhalten. Demgegenüber habe das LSG den Rechtssatz aufgestellt:
"Werden nach erfolgter Anhörung neue (medizinische) Tatsachen berücksichtigt, die Einfluss auf die Feststellung des GdB haben können, muss keine erneute Anhörung durchgeführt werden."
Dafür, dass das Berufungsgericht seiner Argumentation diesen Rechtssatz zugrunde gelegt hat (ausdrücklich formuliert oder aufgestellt, habe es diesen Rechtssatz nicht), beständen im oben genannten Sinne zwingende Anhaltspunkte.
Damit hat der Kläger aber bereits nach eigenen Ausführungen keinen tragenden abstrakten Rechtssatz des LSG herausgestellt, mit dem dieses der Rechtsprechung des BSG widersprochen habe. Die Behauptung der Abweichung basiert lediglich auf einer Bewertung der Entscheidung des LSG. Abgesehen davon behauptet die Beschwerde auch nicht, dass das LSG den vom BSG aufgestellten Kriterien habe widersprechen wollen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Denn tatsächlich bezieht sich das LSG bei der Bewertung des Vorliegens einer ordnungsgemäßen Anhörung nach § 24 Abs 1 SGB X vor der Aufhebungsentscheidung durch den Beklagten gerade auf die Rechtsprechung des BSG mit Urteil vom 25.3.1999 (B 9 SB 14/97 R - aaO) sowie auf die Entscheidung des BSG mit Urteil vom 28.4.1999 (B 9 SB 5/98 R - SozR 3-1300 § 24 Nr 15). Die sinngemäß in der Beschwerde zum Ausdruck kommende Kritik an der angefochtenen Entscheidung des LSG hinsichtlich der Bewertung der Anhörung nach § 24 Abs 1 SGB X genügt einer Divergenzrüge iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG somit nicht, weil selbst in dem Fall, dass ein Berufungsgericht die Rechtsprechung des BSG missversteht und deshalb fehlerhaft anwendet, daraus nicht geschlossen werden kann, es habe einen divergierenden Rechtssatz aufgestellt. Denn dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn das Berufungsgericht eine höchstrichterliche Entscheidung in seiner Tragweite für den entschiedenen Fall lediglich verkannt haben sollte (vgl BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 73 mwN).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Beschwerde ist ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI12409416 |