Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahren der Anhörungsrüge. keine Nachholung oder Ergänzung der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde
Orientierungssatz
1. Das Verfahren der Anhörungsrüge ist nicht dazu vorgesehen, die fristgebundene und an bestimmte formelle Anforderungen geknüpfte Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nachzuholen oder zu ergänzen und zur erneuten Überprüfung durch das Beschwerdegericht zu stellen.
2. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG 1. Senat 3. Kammer vom 3.4.2006 - 1 BvR 27/06).
Normenkette
SGG § 160a Abs. 2 Sätze 1, 3, § 178a Abs. 2 S. 6
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger ist mit seinem Begehren, von der Beklagten die Kosten für drei Behandlungszyklen einer in der Ukraine durchgeführten Therapie nach Dr. Kozijavkin erstattet zu erhalten, in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Bundessozialgericht (BSG) hat seine auf den Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts mit Beschluss vom 17. Oktober 2005 als unzulässig verworfen. Hiergegen erhebt der Kläger eine Anhörungsrüge nach § 178a SGG und trägt ua vor, das BSG habe damit gegen seine Grundrechte aus Art 2, 3 Grundgesetz und das Sozialstaatsprinzip verstoßen.
Entscheidungsgründe
Die Anhörungsrüge des Klägers ist unzulässig und daher nach § 178a Abs 4 Satz 1 SGG zu verwerfen.
Nach § 178a Abs 1 Satz 1 SGG ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist (Nr 1) und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (Nr 2). Die Rüge muss nach § 178a Abs 2 Satz 6 SGG ua das Vorliegen der in Abs 1 Satz 1 Nr 2 genannten Voraussetzungen darlegen. Daran fehlt es hier.
Der Senat hat in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2005 in Würdigung des Beschwerdevorbringens dargelegt, aus welchen Gründen die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig war. Diese Gründe gelten nach wie vor. Mit ihrem jetzigen Vorbringen führt die Klägervertretung das Rechtsschutzersuchen im wesentlichen mit verfassungsrechtlichen Argumenten fort. Die Rüge wendet sich trotz ihrer vordergründigen Hinweise auf angebliche Gehörsverletzungen im Kern nur gegen die inhaltliche Richtigkeit des genannten Senatsbeschlusses und erachtet in der Sache eine von der Begründung des Beschlusses abweichende (verfassungs-)rechtliche Würdigung für richtig. Den nach § 178a Abs 2 Satz 6 SGG erforderlichen Darlegungen wird damit indessen offensichtlich nicht genügt. Der Kläger verkennt, dass das Verfahren der Anhörungsrüge nicht dazu vorgesehen ist, die fristgebundene (vgl § 160a Abs 2 Satz 1 SGG) und an bestimmte formelle Anforderungen geknüpfte (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG) Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nachzuholen oder zu ergänzen und zur erneuten Überprüfung durch das Beschwerdegericht zu stellen. Darüber hinaus muss nach § 160a Abs 4 Satz 3 Halbsatz 1 SGG einem Beschluss, mit dem abschlägig über eine Nichtzulassungsbeschwerde entschieden wird, nur eine "kurze Begründung" beigefügt werden. Ein Gericht muss daher in seiner Entscheidung nicht auf jegliches Beteiligtenvorbringen und jeden denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt explizit eingehen, wenn sich daraus zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen auch ohne ausdrückliche Erwähnung für unerheblich gehalten wurde ( vgl allgemein zB Meyer-Ladewig in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 8. Aufl 2005, SGG, § 136 RdNr 7a mwN ).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 178a Abs 4 Satz 3 SGG).
Fundstellen