Verfahrensgang
SG Heilbronn (Entscheidung vom 13.07.2020; Aktenzeichen S 6 R 1827/19) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.06.2021; Aktenzeichen L 4 R 2491/20) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. Juni 2021 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 15.3.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.4.2019 ab, nachdem sie zwei Gutachten der Psychiaterin und Psychotherapeutin P vom 8.3.2018 und vom 20.2.2019 eingeholt hatte. Das SG hat die dagegen gerichtete Klage nach Einholung eines Befundberichts beim behandelnden Psychiater B sowie eines Gutachtens auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet beim Sachverständigen M vom 12.11.2019 abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 13.7.2020). Im dagegen von der Klägerin angestrengten Berufungsverfahren hat das LSG eine ergänzende Stellungnahme beim Sachverständigen M vom 11.1.2021 eingeholt. Mit Urteil vom 25.6.2021 hat es die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin sei noch in der Lage, zumindest leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen wenigsten sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine schwerere depressive Erkrankung sei nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht festzustellen. Das LSG hat sich insoweit auf die als überzeugend erachteten Gutachten der Frau P und des Sachverständigen M gestützt.
Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung Beschwerde zum BSG eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 13.9.2021 begründet hat.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form begründet wird. Sie ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG zu verwerfen. Die Klägerin bezeichnet den von ihr geltend gemachten Verfahrensmangel nicht anforderungsgerecht.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensfehler (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Den sich daraus ergebenden Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
a) Die Klägerin rügt eine Verletzung der tatrichterlichen Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 103 Satz 1 Halbsatz 1 SGG), indem das LSG ihrem Antrag auf Vernehmung von Frau P als Zeugin nicht gefolgt sei. Wird eine solche Sachaufklärungsrüge erhoben, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 14.4.2020 - B 5 RS 13/19 B - juris RdNr 11). Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht.
Darin wird schon kein ordnungsgemäßer Beweisantrag bezeichnet. Zur Darlegung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags muss aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte (vgl § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 403 bzw § 373 ZPO) und mit welchem Ziel Beweis erhoben werden sollte und dass es sich damit seinem Inhalt nach nicht nur um eine Beweisanregung gehandelt habe (vgl zB BSG Beschluss vom 26.11.2019 - B 13 R 159/18 B - juris RdNr 8 mwN). Der Beweisantrag im Verfahren über eine Erwerbsminderungsrente muss sich möglichst präzise mit dem Einfluss dauerhafter Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das verbliebene Leistungsvermögen befassen. Dabei darf es nicht nur auf eine Diagnosestellung ankommen, es muss vielmehr der negative Einfluss von weiteren, dauerhaften Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das verbliebene Leistungsvermögen behauptet und möglichst genau dargetan werden (vgl zB BSG Beschluss vom 20.10.2021 - B 5 R 170/21 B - juris RdNr 17, bezogen auf eine Zeugenvernehmung; vgl auch BSG Beschluss vom 5.11.2019 - B 13 R 40/18 B - juris RdNr 7 mwN bezogen auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens; BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 bezogen auf die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme eines Sachverständigen). Die Klägerin zeigt nicht auf, einen solchen Beweisantrag gestellt zu haben.
Sie trägt vor, mit Schriftsatz vom 30.3.2021 eine Zeugenvernehmung von Frau P beantragt zu haben zum Beweis der Tatsache, dass diese bei ihr, der Klägerin, eine schwere Depression festgestellt habe und demgemäß eine solche vorliege. Den Antrag habe sie in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG wiederholt. Der in Bezug genommene Antrag zielt auf die von Frau P getroffene Diagnose, ohne daraus folgende weitergehende Leistungseinschränkungen zu benennen. Die Klägerin zeigt auch nicht etwa auf, dass das LSG das Vorliegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung hier ausnahmsweise allein anhand der von Frau P zuletzt gestellten Diagnose hätte beurteilen können. Sie bringt zwar nunmehr im Beschwerdeverfahren vor, mit einer Aussage von Frau P, mittlerweile sei von einer schweren depressiven Störung mit psychotischen Symptomen auszugehen, hätte eine Berufungsentscheidung zu ihren Gunsten auf der Hand gelegen. Sie zeigt jedoch schon nicht auf, die von ihrem Antrag umfassten Beweistatsachen insoweit gegenüber dem LSG weiter konkretisiert zu haben.
Ungeachtet dessen wird in der Beschwerdebegründung nicht hinreichend dargetan, dass für das LSG zwingend Veranlassung zu einer weiteren Aufklärung der von Frau P gestellten Diagnose bestanden habe. Ausgehend von der Beschwerdebegründung hat das LSG seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass diese im Gutachten von 8.3.2018 wegen "mangelnder Mitwirkungsbereitschaft der Klägerin" keine Diagnose gestellt und im Gutachten vom 20.2.2019 eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert habe. In keinem ihrer Gutachten habe sie eine schwere Depression diagnostiziert. Sie habe lediglich im Gutachten vom 8.3.2018 ausgeführt, die bisherige Behandlung entspreche nicht der ua im Reha-Bericht der Z-Klinik vom 23.10.2017 diagnostizierten schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen, und in diesem Zusammenhang festgehalten, derartige Störungen seien im Allgemeinen sehr gut mit Elektrokrampftherapie zu behandeln. Die Klägerin setzt sich nicht damit auseinander, dass das LSG demnach die Antwort auf die von ihr aufgeworfene Beweisfrage bereits dem Akteninhalt entnommen hat.
b) Aus demselben Grund wäre auch eine Verletzung der Begründungpflicht (§ 128 Abs 1 Satz 2 SGG und § 136 Abs 1 Nr 6 SGG) nicht anforderungsgerecht bezeichnet, falls die Klägerin dies sinngemäß mit ihrem Vorbringen rügen will, dem Berufungsurteil lasse sich nicht entnehmen, warum das LSG dem Beweisantrag zur Vernehmung von Frau P nicht gefolgt sei. Sollte die Klägerin mit ihrem Vorbringen, Frau P habe ihre Diagnosestellung offensichtlich geändert, andeuten wollen, ihr hätten die Verwaltungsgutachten nicht vorgelegen und damit sinngemäß eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG; § 62 Halbsatz 1 SGG) rügen wollen, wäre auch ein solcher Verfahrensmangel nicht dargetan. Es ist schon nicht dargetan, dass die Klägerin alles ihr Mögliche getan habe, um Einsicht in diese Gutachten nehmen zu können.
Soweit die Klägerin vorbringt, das Gutachten des Sachverständigen M überzeuge angesichts des Befundberichts von Herrn B nicht, wendet sie sich im Kern gegen die Beweiswürdigung des LSG. Auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG kann eine Nichtzulassungsbeschwerde jedoch von vornherein nicht gestützt werden (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Gleiches gilt für ihren Vorwurf, das LSG habe die Diagnosen und Mitteilungen im Reha-Bericht der Z-Klinik vom 23.10.2017 nicht angemessen gewürdigt.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14986568 |