Entscheidungsstichwort (Thema)
Mutterschaftsgeld, Bezug, Bemessungsentgelt. Erziehungsgeld, Bezug, Bemessungsentgelt. Bemessungszeitraum, letzter Tag. Arbeitsentgelt, Bemessung, Rundung, Arbeitslosengeldanspruch, Stammrecht. Unterbrechung, Beschäftigung, Lohnersatzleistung. Dynamisierung, Anpassungstag. unbillige Härte, reduzierte Arbeitszeit, Teilzeitarbeit. überwiegend ausgeübte Tätigkeit, vor Arbeitslosmeldung. Rahmenfrist
Leitsatz (amtlich)
- Zur Bestimmung des für die Höhe des Arbeitslosengeldes maßgeblichen Arbeitsentgelts bei Erwerb des Arbeitslosengeldanspruchs aufgrund Vorbezugs von Mutterschaftsgeld und Erziehungsgeld.
- Den anwartschaftsbegründenden Zeiten einer beitragspflichtigen Beschäftigung stehen iS von § 107 AFG Zeiten des Bezugs von Mutterschaftsgeld und Erziehungsgeld auch dann gleich, wenn diese sich unmittelbar aneinander anschließen und nur der gesamte Zeitraum von Lohnersatzleistungen nach dem AFG umrahmt ist.
Normenkette
AFG § 104 Fassung: 1984-10-15, § 107 S. 1 Nr. 5 Buchst. b Fassung: 1985-12-06, Buchst. c Fassung: 6.12.1985, § 111 Fassung: 1985-12-20, § 112 Abs. 2 Fassung: 1985-12-20, Abs. 3 Fassung: 1985-12-20, Abs. 5 Nr. 8 Fassung: 1985-12-20, Nr. 9 Fassung: 1985-12-20, Abs. 7 Fassung: 1983-12-22, § 242g Abs. 1 Fassung: 1987-12-14, § 242h Abs. 9 Fassung: 1987-12-14, § 112 Abs. 10 Fassung: 1987-12-14, § 112a Fassung: 1981-12-22
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 23. Juni 1992 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten um höheres Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. März bis 20. Juni 1988.
Die 1953 geborene, unverheiratete Klägerin, die durchgehend im Besitz einer Lohnsteuerkarte der Steuerklasse I war, ist von Beruf Diplom-Soziologin. Ihr beruflicher Werdegang gestaltete sich zunächst wie folgt:
vom 1. März bis 31. Dezember 1976 freiberufliche Tätigkeit,
vom 16. Juli 1979 bis 15. Juli 1981 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Freien Universität Berlin,
vom 16. Juli 1981 bis 24. Juli 1982 Bezug von Alg,
vom 25. Juli 1982 bis 15. Juli 1983 Bezug von Anschluß-Arbeitslosenhilfe (Alhi).
In der Zeit vom 1. Februar 1984 bis 31. Mai 1985 war sie 26,6 Stunden wöchentlich als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität (TU) Hamburg-Harburg beschäftigt. Das monatliche Bruttoarbeitsentgelt betrug im Mai 1985 2.695,87 DM. Ab 1. Juni 1985 bewilligte die Beklagte unter Zugrundelegung dieses Verdienstes Alg nach einem gerundeten Arbeitsentgelt von 620,00 DM wöchentlich; nach Erschöpfung des Alg-Anspruchs bezog die Klägerin vom 16. Oktober 1985 bis 19. März 1986 Anschluß-Alhi.
In der Folgezeit erhielt sie vom 20. März bis 12. Juli 1986 Mutterschaftsgeld sowie nach der Geburt ihres ersten Kindes (am 17. Mai 1986) vom 13. Juli 1986 bis 16. März 1987 Erziehungsgeld (Erzg). Ab 20. März 1987 bewilligte die Beklagte aufgrund des Vorbezugs von Mutterschaftsgeld und Erzg Alg. Dabei legte sie weiterhin das bei der TU Hamburg-Harburg erzielte, gemäß § 112a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) dynamisierte wöchentliche Arbeitsentgelt von zunächst gerundet 640,00 DM wöchentlich zugrunde. Alg bezog die Klägerin bis 27. Juni 1987 (ab 1. Juni 1987 nach einem gerundeten Arbeitsentgelt von 660,00 DM); vom 29. Juni 1987 bis 29. Februar 1988 war sie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als wissenschaftliche Mitarbeiterin gegen ein Bruttoarbeitsentgelt von zuletzt 4.309,76 DM monatlich bei einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden tätig.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin nach Arbeitslosmeldung ab 1. März 1988 für eine Restdauer von 136 Tagen Alg aus dem früheren Anspruch (in Höhe von wöchentlich 285,60 DM) wieder. Dabei legte sie die Leistungsgruppe A und als Bemessungsentgelt das erneut nach § 112a AFG dynamisierte Arbeitsentgelt, das die Klägerin bei der TU Hamburg-Harburg erzielt hatte, in Höhe von wöchentlich 660,00 DM zugrunde (Bescheid vom 24. März 1988; Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 1988). Für die Zeit ab 1. Juni 1988 erfolgte, nachdem die Klägerin zuvor Klage erhoben hatte, eine weitere Dynamisierung des wöchentlichen Arbeitsentgeltes auf gerundete 690,00 DM; demgemäß wurde vom 1. bis 20. Juni 1988 Alg in Höhe von 295,80 DM wöchentlich gezahlt.
In der Folgezeit bezog die Klägerin die nachstehenden Geldleistungen:
vom 21. Juni bis 29. September 1988 Mutterschaftsgeld (wegen Geburt eines zweiten Kindes),
vom 30. September 1988 bis 3. August 1989 Erzg,
vom 4. August 1989 bis 14. Juli 1990 Alg nach einem Bemessungsentgelt von zunächst 1.020.00 DM bzw nach Dynamisierung ab 1. März 1990 von 1.050.00 DM (unter Zugrundelegung des Verdienstes bei der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster).
Die Klage auf höheres Alg ab 1. März 1988 und die zugelassene Berufung blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Stade vom 15. Oktober 1990; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Niedersachsen vom 23. Juni 1992). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, es könne dahinstehen, ob sich die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide wegen der Wiederbewilligung von Alg bereits aus der Bindungswirkung des früheren Bewilligungsbescheides nach dem Bezug von Mutterschaftsgeld und Erzg ergebe. Selbst wenn dieser Bewilligungsbescheid hinsichtlich des zugrundeliegenden Arbeitsentgeltes keine Bindungswirkung entfalte, seien die angefochtenen Bescheide rechtmäßig. Die Beklagte habe zutreffend ab 1. März 1988 ein Arbeitsentgelt von wöchentlich 660,00 DM sowie ab 1. Juni 1988 von 690,00 DM angenommen und Alg in Höhe von wöchentlich zunächst 285,60 DM bzw ab 1. Juni 1988 in Höhe von 295,80 DM bewilligt. Das Arbeitsentgelt berechne sich weiterhin nach dem während der Teilzeitbeschäftigung bei der TU Hamburg-Harburg im Mai 1985 erzielten monatlichen Bruttoarbeitsentgelt (2.695,87 DM). Denn die Klägerin habe durch die Zwischenbeschäftigung bei der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster mangels Erfüllung einer Anwartschaftszeit keinen neuen Anspruch auf Alg erworben. Bei Wiederbewilligung von Alg im Rahmen eines neuen Leistungsfalls aufgrund der alten Anwartschaft erfolge keine Neubemessung des Alg. Es sei auch nicht nach § 112 Abs 7 AFG vom erzielbaren Arbeitsentgelt auszugehen, weil der letzte Tag des Bemessungszeitraums (März bis Mai 1985) nicht länger als drei Jahre bei der Entstehung des Anspruchs (am 20. März 1987) zurückgelegen habe und eine unbillige Härte mit Rücksicht auf die in den letzten drei Jahren vor Arbeitslosmeldung im März 1987 überwiegend ausgeübten beruflichen Tätigkeiten nicht zu bejahen sei. Im Dreijahreszeitraum vor Entstehung des Anspruchs (20. März 1984 bis 19. März 1987) habe die 14 Monate und 12 Tage ausgeübte Tätigkeit an der TU Hamburg-Harburg überwogen; Mutterschaftsgeld und Erzg habe die Klägerin demgegenüber nur knapp 12 Monate bezogen. Die Zwischenbeschäftigung vom 29. Juni 1987 bis 29. Februar 1988, durch die keine neue Anwartschaft erworben worden sei, rechtfertige bei erneutem Leistungsfall keine andere Entscheidung.
Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 112 Abs 7 AFG. Sie macht geltend, für die Beurteilung einer unbilligen Härte iS dieser Vorschrift müsse auf den Dreijahreszeitraum vor Arbeitslosmeldung zum 1. März 1988, also vor der erneuten Arbeitslosigkeit nach der Tätigkeit bei der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, abgestellt werden. Eine unbillige Härte liege bei Rückgriff auf den Verdienst bei der TU Hamburg-Harburg (im Mai 1985) vor, weil sie zuletzt 215 Tage gegen ein Bruttoarbeitsentgelt von 4.300,76 DM tätig gewesen sei und davor 362 Tage Mutterschaftsgeld und Erzg bezogen habe; Zeiten des Mutterschutzes und des Erziehungsurlaubes ständen einer vollen beruflichen Tätigkeit gleich. Ohnedies hätte sie eine Vollzeitbeschäftigung mit einer Bezahlung nach Vergütungsgruppe IIa des Bundesangestelltentarifvertrags gefunden und ausgeübt, wenn sie kein Kind geboren hätte, so daß bei der Bemessung nach § 112 Abs 7 AFG vom letzten Verdienst bei der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster auszugehen sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben sowie unter Abänderung des Bescheides vom 24. März 1988 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 1988 und des die Zeit ab 1. Juni 1988 betreffenden Dynamisierungsbescheides die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit vom 1. März bis 20. Juni 1988 höheres Alg zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist unbegründet; die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Alg.
Im Rahmen des Streitgegenstandes (1.) und vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelter Rechtsgrundsätze (2.) hat die Beklagte zu Recht bei der Bewilligung von Alg ab 1. März 1988 den Bemessungsmodus des in der Zeit vom 20. März bis 27. Juni 1987 gezahlten Alg zugrunde gelegt (3.), mit Rücksicht auf das Bemessungsentgelt (4.) die Höhe des Alg richtig berechnet (5.) und dabei die Anwendung des § 112 Abs 7 AFG zu Recht abgelehnt (6.).
1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind der Bescheid der Beklagten vom 24. März 1988 idF des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 1988 und der Dynamisierungsbescheid der Beklagten für den Zeitraum vom 1. bis 20. Juni 1988, der gemäß § 96 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist. Zwar hat das LSG in seinem Urteil diesen Bescheid nicht datiert, in der Sache jedoch darüber befunden, da es in den Entscheidungsgründen die Höhe des der Klägerin bewilligten Alg ab März 1988 (285,60 DM) und ab Juni 1988 (295,80 DM) als zutreffend bezeichnet hat. Nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die späteren Bewilligungsbescheide der Beklagten für den Zeitraum ab 4. August 1989.
Die Klägerin hat sich auf die Forderung nach einem höheren Bemessungsentgelt für das Alg beschränkt; der Senat ist jedoch zu einer vollen rechtlichen Kontrolle verpflichtet, da er an das tatsächliche und rechtliche Vorbringen der Klägerin nicht gebunden ist (BSGE 67, 20, 21 = SozR 3-4100 § 138 Nr 3; BSG SozR 4100 § 136 Nr 5; SozR 4100 § 138 Nr 24). Gleichwohl bedarf es keiner Prüfung, ob die Voraussetzungen für den Alg-Anspruch überhaupt vorliegen, obwohl diese zulässig wäre (BSGE 66, 168, 175 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1); denn höheres Alg kann nach §§ 111, 112 AFG keinesfalls gewährt werden. Unentschieden kann auch bleiben, ob der Bewilligungsbescheid der Beklagten für die Zahlung von Alg im Zeitraum vom 20. März bis 27. Juni 1987 hinsichtlich des dort zugrunde gelegten Bemessungsentgeltes Bindungswirkung entfaltet (vgl zu dieser Problematik BSG SozR 4100 § 112 Nr 23). Wäre dies der Fall, wären die Bewilligungsbescheide der Beklagten für den streitigen Zeitraum unter Berücksichtigung von § 112a AFG (Dynamisierung) ohnehin rechtmäßig; sie sind es indes auch bei Verneinung einer Bindungswirkung und Anwendung der die Höhe des Alg bestimmenden Vorschriften der §§ 111 ff AFG.
2. Allgemein bemißt sich die Höhe des Alg gemäß §§ 111, 112 AFG nach Maßgabe dreier Faktoren:
- nach dem Familienstatus des Arbeitslosen (Vorhandensein eines Kindes iS des § 32 Abs 1, 4 und 5 des Einkommenssteuergesetzes ≪EStG≫), der den Prozentsatz (68 bzw 63 vH) des um die gewöhnlichen gesetzlichen Abzüge verminderten Arbeitsentgelts bestimmt,
- nach der Lohnsteuerklasse (vgl auch § 113 AFG), die (wegen der gewöhnlichen gesetzlichen Abzüge) für die Leistungsgruppe der aufgrund von § 111 Abs 2 AFG erlassenen Leistungsverordnung maßgeblich ist, und
- nach dem durchschnittlich erzielten wöchentlichen Arbeitsentgelt im Bemessungszeitraum (Bemessungsentgelt), der eine bestimmte Zeitspanne vor dem Ausscheiden des Arbeitslosen aus einer beitragspflichtigen Beschäftigung und vor Entstehung des Anspruchs umfaßt (§ 112 AFG).
Die zwei nachstehenden, vom BSG entwickelten Grundsätze konkretisieren diesen gesetzlichen Rahmen.
1. Grundsatz: Alg ist bei erneutem Leistungsfall nach einer Zwischenbeschäftigung, die mangels hinreichender Dauer keine neue Anwartschaftszeit iS des § 104 AFG begründet, solange der frühere Anspruch auf Alg als Stammrecht (vgl zu diesem Begriff BSG SozR 4100 § 135 Nr 3 und Gagel, AFG, Stand August 1992, Vor §§ 134 – 141 RdNr 17) erhalten bleibt, also noch nicht erfüllt oder auf Null gemindert (§ 110 AFG), nicht erloschen (§ 125 Abs 1 AFG)und nicht verfallen ist (§ 125 Abs 2 AFG), nach demselben Bemessungsmodus zu zahlen, der der Zahlung bei Entstehung des Anspruchs als Stammrecht zugrunde lag (BSGE 60, 79, 81 = SozR 4100 § 100 Nr 11; BSG SozR 4100 § 112 Nr 17; Hennig/Kühl/Heuer/Henke, AFG, Stand Februar 1993, § 112 RdNr 7; Gagel, aaO, § 112 RdNrn 38 und 39), wenn dem keine besonderen gesetzlichen Regelungen entgegenstehen. Diese Rechtsprechung trägt Sinn und Wortaut des § 112 AFG Rechnung, wonach auf das Arbeitsentgelt im Bemessungszeitraum vor Entstehung des Anspruchs, also bei Wiederbewilligung nach einem neuen Leistungsfall auf das Arbeitsentgelt vor Entstehung des Stammrechts, abzustellen ist. Sie verhindert einerseits, daß eine geringer bezahlte kurze Zwischenbeschäftigung bei Wiederbewilligung von Alg zu einer niedrigeren Leistung führt; sie beugt andererseits Manipulationen durch kurzfristige Erhöhung des Arbeitsentgeltes vor erneuter Arbeitslosigkeit vor. Sie bewirkt schließlich, daß höhere Zwischenverdienste, die keinen neuen Alg-Anspruch auslösen, nicht sowohl bei der Höhe des alten Alg-Anspruchs als auch bei Entstehung und Höhe eines neuen Anspruchs – also zweifach – berücksichtigt werden.
2. Grundsatz: Wie dieses Prinzip eine Beibehaltung des Status quo gegenüber späteren Beschäftigungen nach Entstehung des Anspruchs (= Stammrechts) bezweckt, so ist im Einzelfall in gegenläufiger Weise ein Rückgriff auf bestimmte frühere Arbeitsentgelte ausgeschlossen. Es darf zur Bestimmung des Bemessungszeitraums, in dem das maßgebliche Arbeitsentgelt erzielt wurde, nicht (unmittelbar) auf außerhalb der Rahmenfrist liegende Lohnabrechnungszeiträume zurückgegriffen werden, die in eine frühere Rahmenfrist fallen (BSGE 63, 153, 158 = SozR 4100 § 112 Nr 39; zur Fixierung der Rahmenfrist vgl BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 11 RAr 11/91 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Dadurch wird ua die wegen des Lohnersatzcharakters von Alg gebotene zeitliche Nähe zum aktuellen Arbeitsentgelt gewährleistet, indem grundsätzlich nicht auf Tatbestände abgestellt wird, die bereits für einen früheren Alg-Anspruch (iS eines Stammrechts) bestimmend waren.
3. Nach diesen beiden Prinzipien richtet sich auch der Anspruch der Klägerin, die seit 1985 drei Alg-Ansprüche iS von Stammrechten erworben hat:
- ab 1. Juni 1985 aufgrund der Tätigkeit bei der TU Hamburg-Harburg (1. Beschäftigungszeitraum),
- ab 20. März 1987 aufgrund des Vorbezugs von Mutterschaftsgeld und Erzg (2. “Beschäftigungs”-Zeitraum) und
- ab 4. August 1989 aufgrund der Tätigkeit bei der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und des Bezugs von Mutterschaftsgeld und Erzg anläßlich der Geburt des zweiten Kindes (3. Beschäftigungszeitraum).
Streitig ist hier der zweite Alg-Anspruch. Daß der erste Alg-Anspruch erfüllt ist, bedarf keiner näheren Begründung; der Klägerin wurde bereits in der Zeit vom 16. Oktober 1985 bis 19. März 1986 Anschluß-Alhi gezahlt. Durch den Bezug von Mutterschaftsgeld in der Zeit vom 20. März bis 12. Juli 1986 sowie von Erzg im Anschluß daran bis 16. März 1987 (2. “Beschäftigungs”-Zeitraum) hat die Klägerin einen zweiten Alg-Anspruch (iS eines Stammrechts) für zunächst 104 Tage erworben. Dies ergibt sich aus § 104 AFG idF des insoweit am 1. Oktober 1984 in Kraft getretenen Ersten Gesetzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) vom 15. Oktober 1984 (BGBl I 1277) iVm § 106 Abs 1 AFG idF des insoweit am 1. Januar 1983 in Kraft getretenen Haushaltsbegleitgesetzes 1983 (BGBl I 1906) und § 107 Satz 1 Nr 5 Buchst b und c AFG idF des am 1. Januar 1986 in Kraft getretenen Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) vom 6. Dezember 1985 (BGBl I 2154). Durch § 242g Abs 1 AFG (eingeführt durch das am 1. Juli 1987 in Kraft getretene Gesetz zur Verlängerung des Versicherungsschutzes bei Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit vom 27. Juni 1987 – BGBl I 1542) wurde die ursprüngliche Anspruchsdauer von 104 Tagen auf 208 Tage erhöht, da der Anspruch der Klägerin auf Alg (iS eines Stammrechts) zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme am 29. Juni 1987 bei der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (3. Beschäftigungszeitraum) noch nicht erschöpft war (Restanspruch 32 Tage).
Durch den Bezug von Mutterschaftsgeld und Erzg bis 16. März 1987 hat die Klägerin mehr als 360 Kalendertage (§ 104 Abs 1 AFG) zurückgelegt, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen. Nach § 107 Satz 1 Nr 5 Buchst b AFG stehen nämlich Zeiten des Bezuges von Sonderunterstützung nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) oder von Mutterschaftsgeld, wenn durch Schwangerschaft oder Mutterschaft eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung oder der Bezug einer laufenden Lohnersatzleistung nach dem AFG unterbrochen worden ist, Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleich. Dies gilt gemäß § 107 Satz 1 Nr 5 Buchst c AFG auch für Zeiten, für die Erzg bezogen worden ist, wenn durch die Betreuung und Erziehung des Kindes eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung oder der Bezug einer laufenden Lohnersatzleistung nach dem AFG unterbrochen worden ist.
Die Klägerin hat unmittelbar vor Erhalt des Mutterschaftsgeldes Alhi, also eine laufende Lohnersatzleistung nach dem AFG, bezogen. An den Erhalt des Mutterschaftsgeldes schloß sich jedoch nicht erneut die Zahlung einer Lohnersatzleistung nach dem AFG, sondern von Erzg an, dem seinerseits ohne wesentlichen zeitlichen Zwischenraum (drei Tage) der Bezug von Alg, also die erneute Gewährung einer Lohnersatzleistung nach dem AFG, folgte. Formal sind damit die beiden nach § 107 AFG gleichgestellten Zeiten nicht von einer laufenden Lohnersatzleistung nach dem AFG umrahmt. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift muß jedoch der vom Gesetz geforderte Unterbrechungstatbestand jedenfalls dann bejaht werden, wenn nach Bezug von Alhi Mutterschaftsgeld und im Anschluß daran Erzg und schließlich wieder Alg gezahlt wird (so im Ergebnis auch: Hennig/Kühl/Heuer/Henke, aaO, § 107 RdNr 9; GK-AFG, Stand Januar 1983, § 107 RdNr 7; Gagel, aaO, § 107 RdNrn 40 und 41; vgl zu einer ähnlichen Problematik im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung BSGE 32, 229 ff = SozR Nr 32 zu § 1259 RVO und BSG SozR 2200 § 1259 Nrn 23 und 54). Wenn einerseits der Bezug von Mutterschaftsgeld bei voraus- und nachgehender Lohnersatzleistung nach dem AFG und andererseits der Bezug von Erzg bei voraus- und nachgehender Lohnersatzleistung nach dem AFG einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleichgestellt ist, so würde es der Intention des Gesetzes widersprechen, den Unterbrechungstatbestand bei Einrahmung beider aufeinanderfolgender gleichgestellter Zeiten durch Lohnersatzleistungen nach dem AFG zu verneinen, obwohl in einer Vielzahl – wenn nicht sogar in der Mehrzahl der Fälle – dem Tatbestand des § 107 Satz 1 Nr 5 Buchst b AFG der des § 107 Satz 1 Nr 5 Buchst c AFG folgt.
Der zweite Alg-Anspruch der Klägerin (ab 20. März 1987) war im streitigen Zeitraum (1. März bis 20. Juni 1988) nicht gemäß § 125 Abs 1 AFG – idF des am 1. Januar 1986 in Kraft getretenen Siebten Gesetzes zur Änderung des AFG (7. AFG-ÄndG) vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2484) – erloschen, da in der für die Entstehung dieses neuen Anspruchs auf Alg maßgeblichen Rahmenfrist vom 20. März 1987 bis 29. Februar 1988 (§ 104 Abs 1 und 3 AFG) die Klägerin nicht 360 Tage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden oder gleichgestellte Zeiten zurückgelegt hat (§§ 104 Abs 1 Satz 1, 107 AFG). Auf die Zeiten des Bezugs von Mutterschaftsgeld und Erzg (20. März 1986 bis 16. März 1987) darf zur Entscheidung darüber, ob eine neue Anwartschaft am 1. März 1988 erfüllt war, wegen § 104 Abs 3 AFG nicht zurückgegriffen werden, da diese Zeiten in einer vorangegangenen Rahmenfrist liegen. Ein neuer (dritter) Anspruch auf Alg konnte somit erst nach dem 3. Beschäftigungszeitraum mittels des ab 21. Juni 1988 bezogenen Mutterschaftsgeldes und Erzg sowie der Zwischenbeschäftigung in der Zeit vom 29. Juni 1987 bis 29. Februar 1988, also nach dem hier streitigen Zeitraum, entstehen.
Dies bedeutet, daß sich die Alg-Bemessung für den streitigen Zeitraum (1. März bis 20. Juni 1988) entsprechend dem dargestellten 1. Grundsatz weiterhin nach den Modalitäten richtet, die bei Entstehung des Anspruchs (= Stammrechts) am 20. März 1987 galten; es handelt sich nämlich nur um die Wiederbewilligung eines Restanspruchs für die Dauer von 136 Tagen, für den die Vorschrift des § 112 Abs 2, 3 und 5 AFG in der bis zum 31. Dezember 1987 geltenden Fassung gemäß § 242h Abs 7 AFG neben § 111 AFG maßgebend bleibt, weil der Anspruch (= Stammrecht) der Klägerin vor dem 1. Januar 1988 entstanden ist.
4. Nach § 111 Abs 1 Nr 1 AFG (hier idF des 7. AFG-ÄndG) beträgt das Alg für Arbeitslose, die – wie die Klägerin – mindestens ein Kind iS des § 32 Abs 1, 4 und 5 EStG haben, 68 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts iS des § 112 AFG. Das zugrunde zu legende Arbeitsentgelt ist gemäß § 112 Abs 2 AFG (hier ebenfalls idF, die § 112 AFG durch das 7. AFG-ÄndG erhalten hat) das im Bemessungszeitraum in der Arbeitsstunde durchschnittlich erzielte Arbeitsentgelt ohne Mehrarbeitszuschläge vervielfacht mit der Zahl der Arbeitsstunden, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt. Bemessungszeitraum sind die letzten vor dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten, insgesamt 60 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume der letzten die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor Entstehung des Anspruchs (§ 112 Abs 3 AFG). Entstanden ist der Anspruch (= Stammrecht) der Klägerin am 20. März 1987; in der davorliegenden Rahmenfrist (1. Juni 1985 bis 19. März 1987) hat die Klägerin indes zu keinem Zeitpunkt Arbeitsentgelt erzielt, und es fehlt an den erforderlichen Lohnabrechnungszeiträumen. Auf Lohnabrechnungszeiträume der Beschäftigung bei der TU Hamburg-Harburg (1. Beschäftigungszeitraum vor Entstehung des ersten Alg-Anspruchs) darf nach dem geschilderten 2. Grundsatz nicht zurückgegriffen werden, weil diese außerhalb der Rahmenfrist für den hier maßgebenden zweiten Alg-Anspruch liegen und zusätzlich in die Rahmenfrist für den ersten Alg-Anspruch fallen. Ob überhaupt auf außerhalb der Rahmenfrist liegende Lohnabrechnungszeiträume zur Bestimmung des Bemessungszeitraums zurückgegriffen werden kann (zweifelnd BSG SozR 4100 § 112 Nr 39), bedarf somit keiner Entscheidung.
Welches Arbeitsentgelt zugrunde zu legen ist, wenn die Anwartschaftszeit lediglich durch den Bezug von Mutterschaftsgeld und Erzg erfüllt ist und Lohnabrechnungszeiträume für die Bestimmung der Höhe des Alg fehlen, ist gesetzlich nicht geregelt. Die Ausfüllung dieser Gesetzeslücke ist deshalb nach dem Plan oder jedenfalls mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers vorzunehmen; sie hat sich an Prinzipien und Regelungen zu orientieren, die bereits für rechtsähnliche Tatbestände gelten oder gegolten haben (in anderem Zusammenhang BSGE 63, 153, 158 = SozR 4100 § 112 Nr 39 mwN). Denkbar wäre die Anwendung des § 112 Abs 7 AFG idF des am 1. Januar 1984 in Kraft getretenen Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1532). Danach wäre vom tariflichen bzw ortsüblichen Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung auszugehen, für die die Klägerin nach ihrem Lebensalter und ihrer Leistungsfähigkeit unter billiger Berücksichtigung ihres Berufes und ihrer Ausbildung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes in Betracht kommt. Gegen dieses Vorgehen spricht jedoch die aus dem Gesamtzusammenhang des § 112 AFG ersichtliche Zielsetzung des Gesetzgebers, das Alg am vor Entstehung des Anspruchs (= Stammrechts) tatsächlich erzielten Einkommen auszurichten; das Alg soll dem Arbeitslosen nur ermöglichen, mit gewissen Einschränkungen seinen bisherigen Lebensstandard beizubehalten (BSGE 53, 186, 189 = SozR 4100 § 112 Nr 20; BSGE 66, 11, 15 = SozR 4100 § 112 Nr 52; BSG SozR 4100 § 112 Nr 28).
Würde man unmittelbar nach § 112 Abs 7 AFG vorgehen, würde das Bemessungsentgelt nicht vom aktuellen Lebensstandard vor Entstehung des Anspruchs, sondern von einem fiktiven Verdienst bestimmt werden. Diese Bemessung hat der Gesetzgeber nur in besonderen Fällen vorgesehen; § 112 Abs 7 AFG ist im übrigen eine Ausnahmeregelung (BSGE 66, 11, 18 = SozR 4100 § 112 Nr 52). Sie soll vor allem dann Ausgleich schaffen, wenn der Arbeitnehmer in einem verhältnismäßig kurzen Bemessungszeitraum ein wesentlich geringeres Arbeitsentgelt erzielt hat, als es seiner eigentlichen, während eines längeren Zeitraumes ausgeübten Tätigkeit entsprochen hat (BSGE 53, 186, 191 = SozR 4100 § 112 Nr 20; BSG SozR 4100 § 112 Nr 28; SozR 3-4100 § 112 Nr 2), oder wenn der Bemessungszeitraum weit zurückliegt. Dem Ausnahmecharakter von § 112 Abs 7 AFG muß dadurch Rechnung getragen werden, daß bei gänzlichem Fehlen von Lohnabrechnungszeiträumen vorrangig, dh vor seiner Anwendung, die entsprechende Heranziehbarkeit anderer Vorschriften zu prüfen und erst im Anschluß hieran unter den Voraussetzungen des § 112 Abs 7 AFG zu entscheiden ist, ob die Anwendung der generelleren Regelung im konkreten Einzelfall eine unbillige Härte darstellt.
Vorliegend ist das Prinzip des § 112 Abs 5 Nr 8 AFG entsprechend anzuwenden. Nach dieser Vorschrift ist bei der Bestimmung des Arbeitsentgelts im Bemessungszeitraum für die Zeit, in der der Arbeitslose wegen der Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme Unterhaltsgeld (Uhg) bezogen hat, das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, nach dem bei Teilnahme an einer Maßnahme mit ganztägigem Unterricht das Uhg zuletzt bemessen worden ist oder zu bemessen gewesen wäre. Ziel dieser Vorschrift ist es, Bezieher von Uhg wie Erwerbstätige zu behandeln (BSG, Urteil vom 22. Juli 1982 – 7 RAr 107/81 – ≪unveröffentlicht≫). Dementsprechend wurde es für sachgerecht gehalten, nicht das Uhg selbst als Maßstab für die nachfolgende Alg-Bemessung zu wählen, sondern das für ein Uhg zuletzt maßgebliche Arbeitsentgelt. Die Übernahme des in dieser Vorschrift zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedankens bietet sich hier an, weil die Klägerin in der maßgeblichen Rahmenfrist mit dem Mutterschaftsgeld eine Leistung bezogen hat, die sich am letzten Verdienst ausgerichtet hat. Die Höhe des Erzg nach dem BErzGG betrug demgegenüber pauschal monatlich 600,00 DM; ihm fehlt jeglicher Bezug zu einem erzielten oder erzielbaren Arbeitsentgelt, da es einen Vermögensvorteil darstellt, der unabhängig von einer zuvor ausgeübten Erwerbstätigkeit gewährt wird (BT-Drucks 10/3792 S 13).
Mutterschaftsgeld hat die Klägerin für mehr als 60 Tage in Höhe der zuvor gezahlten Alhi erhalten. Nach § 200a Reichsversicherungsordnung (RVO) in der bis 3 1. Dezember 1988 geltenden Fassung war nämlich das Mutterschaftsgeld in Höhe des Krankengeldes (Krg) zu gewähren, dessen Betrag gemäß § 158 Abs 1 AFG idF des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 dem Betrag der zuvor gezahlten Alhi unter zusätzlicher Anwendung des § 112a AFG (Dynamisierung) entsprach (§ 158 Abs 1 Satz 3 AFG). Die der Klägerin bis 19. März 1986 gezahlte Alhi schließlich war ihrerseits bemessen nach dem Entgelt, das die Klägerin bei der TU Hamburg-Harburg im 1. Beschäftigungszeitraum erzielt hatte. Damit wurde die Höhe des Mutterschaftsgeldes mittelbar bestimmt durch diesen Verdienst im 1. Beschäftigungszeitraum. Wenn aber während der gesamten Rahmenfrist kein Arbeitsentgelt erzielt wurde und auf das Arbeitsentgelt einer früheren Rahmenfrist unmittelbar nicht zurückgegriffen werden darf, andererseits ein am letzten Arbeitsentgelt orientiertes Mutterschaftsgeld für mehr als 60 Tage, also entsprechend dem Bemessungszeitraum, gezahlt wurde, dann kommt die Anwendung des § 112 Abs 5 Nr 8 AFG dem Ziel der Beibehaltung des bisherigen Lebensstandards am nächsten. Rechtssystematisch bedeutet dies allerdings, daß Bemessungszeitraum gleichwohl die letzten 60 Tage des Bezugs von Mutterschaftsgeld im Mai, Juni und Juli 1986 bleiben.
Das Ergebnis unterscheidet sich zwar nicht von dem des LSG. Das LSG hat aber, wie die Beklagte, zur Bestimmung des Bemessungszeitraums zu Unrecht unmittelbar auf den 1. Beschäftigungszeitraum zurückgegriffen. Richtigerweise wird das Arbeitsentgelt der TU Hamburg-Harburg nur über den Bezug von Alg, Anschluß-Alhi und Mutterschaftsgeld in den maßgeblich gebliebenen Bemessungszeitraum des 2. “Beschäftigungs”-Zeitraums (Bezug von Mutterschaftsgeld für das erste Kind) transferiert. Die Höhe des der Klägerin nach diesem 2. “Beschäftigungs”-Zeitraum zustehenden Alg und somit des Alg für den streitigen Zeitraum vom 1. März bis 20. Juni 1988 wird hierdurch nur mittelbar bestimmt.
5. Die Beklagte hat in der Sache die Höhe des der Klägerin zustehenden Alg richtig berechnet. Dabei kann offenbleiben, ob das Bemessungsentgelt des Alg bzw der Alhi in der Zeit vom 1. Juni 1985 bis 19. März 1986 (620,00 DM wöchentlich) über den Rechtsgedanken des § 112 Abs 5 Nr 8 AFG Bindungswirkung für den der Klägerin zustehenden zweiten Alg-Anspruch erzeugt. Wäre dies der Fall, wäre ohnedies, wie geschehen, ab 1. März 1988 gemäß § 112a AFG ein dynamisiertes Bemessungsentgelt von 660,00 DM und ab 1. Juni 1988 ein solches von 690,00 DM der Berechnung des Alg zugrunde zu legen. Wenn eine derartige Bindungswirkung nicht anzunehmen ist, gelangt man zum gleichen Ergebnis, da die Beklagte für die Zahlung von Alg bzw Anschluß-Alhi in der Zeit vom 1. Juni 1985 bis 19. März 1986 zu Recht ein Bemessungsentgelt von 620,00 DM angenommen hat. Dieses Bemessungsentgelt errechnete sich nämlich nach dem Monatsverdienst der Klägerin im Mai 1985 in Höhe von 2.695,87 DM bei 26,6 Stunden pro Woche gemäß § 112 Abs 2, 3 und 4 Nr 3 AFG idF des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 unter Berücksichtigung eines Bemessungszeitraums von 20 Tagen (2.695,87 ≪DM≫: 115,27 ≪Anzahl der Stunden≫ = 23,39 ≪DM≫ × 26,6 ≪Wochenstunden≫). Gemäß § 112 Abs 9 AFG idF des 7. AFG-ÄndG (Rundung auf durch 5 teilbaren Betrag) ergab dies ein Entgelt in Höhe von 620,00 DM, wobei ein Abrunden ebenso zulässig war, wie es nach § 112 Abs 10 AFG in der seit 1. Januar 1988 geltenden Fassung des Achten Gesetzes zur Änderung des AFG (8. AFG-ÄndG) vom 14. Dezember 1987 (BGBl I 2602 = Rundung auf durch 10 teilbaren Betrag) zulässig ist (Hennig/Kühl/Heuer/Henke, aaO, § 112 RdNr 50; aA Gagel, aaO, § 112 RdNr 415). Der Begriff des “Rundens auf den nächsten” maßgebenden Betrag umfaßt nämlich nach seinem natürlichen Wortsinn die Möglichkeiten des Auf- und Abrundens in Anwendung der üblichen Kriterien (Aufrunden ab Mittelbetrag, darunter Abrunden).
Da aber gemäß § 112 Abs 5 Nr 8 AFG das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen ist, nach dem das Uhg “zuletzt bemessen worden ist oder zu bemessen gewesen wäre”, wozu auch die Berücksichtigung der Dynamisierung nach § 112a AFG gehört (Gagel, aaO, § 112 RdNr 294), ist bei einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, daß das der Klägerin früher gezahlte Arbeitsentgelt, das die Höhe des ihr gezahlten Mutterschaftsgeldes bestimmte, wie bei Bezug von Krg (§ 158 Abs 1 Satz 3 AFG) zu dynamisieren war. Dem jeweiligen Rentenanpassungsgesetz (RAG) entsprechend war somit ab 1. Juni 1986 und in den Folgejahren ab 1. Juni das Arbeitsentgelt von anfänglich gerundet 620,00 DM zu erhöhen (3 % ab 1. Juni 1986 ≪§ 3 RAG 1985≫; 2,9 % ab 1. Juni 1987 ≪§ 3 RAG 1986≫; 3,8 % ab 1. Juni 1988 ≪§ 3 RAG 1987≫), und zwar ausgehend vom jeweils gerundeten Arbeitsentgelt des Vorjahres. Hieraus resultierte zunächst ab 1. März 1988 ein gerundetes Arbeitsentgelt von 660,00 DM und ab 1. Juni 1988 von (aufgerundet) 690,00 DM (§ 112 Abs 10 AFG idF des 8. AFG-ÄndG iVm § 242h Abs 9 AFG).
Auf der Basis dieses Arbeitsentgelts hat die Beklagte der Klägerin zu Recht nach Leistungsgruppe A (Lohnsteuerklasse I) bei Vorhandensein eines Kindes gemäß Anlage 2 zur AFG-Leistungsverordnung 1988 ab März 1988 Alg in Höhe von 285,60 DM und ab 1. Juni 1988 in Höhe von 295,80 DM (68 vH) gezahlt. Zwar besagt § 112a AFG (hier idF des insoweit am 1. Januar 1982 in Kraft getretenen Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung – Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz ≪AFKG≫ – vom 22. Dezember 1981 – BGBl I 1497), daß das für die Bemessung des Alg maßgebende Arbeitsentgelt jeweils nach Ablauf eines Jahres seit dem Ende des Bemessungszeitraums (Anpassungstag) dynamisiert wird, und Bemessungszeitraum des der Klägerin ab 1. März 1988 gewährten Alg waren die letzten 60 Tage des Bezugs von Mutterschaftsgeld vor dem 13. Juli 1986. Dennoch resultiert hieraus kein neuer Anpassungstag, weil trotz formal neuen Bemessungszeitraums in der Sache das frühere Arbeitsentgelt weiterhin die Höhe des neuen Alg-Anspruchs bestimmte; um eine nicht gerechtfertigte Verschiebung des Anpassungstags zu Lasten der Klägerin zu vermeiden, bedarf § 112a AFG aus teleologischen Gründen einer entsprechenden Auslegung.
6. Ab 1. März 1988 kann trotz der vorher ausgeübten Tätigkeit von 40 Stunden wöchentlich an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster keine andere Bemessung nach § 112 Abs 7 AFG erfolgen. Die Voraussetzungen des § 112 Abs 7 Alternative 2 AFG (letzter Tag des Bemessungszeitraums bei Entstehung des Anspruchs liegt mehr als drei Jahre zurück) sind nicht erfüllt. Der Anspruch der Klägerin ist am 20. März 1987 entstanden, da es sich für den streitigen Zeitraum lediglich um eine Wiederbewilligung handelt. Gleichgültig, ob man auf den zeitlich letzten Tag (vgl BSGE 66, 11, 18 = SozR 4100 § 112 Nr 52) des Bezugs von Mutterschaftsgeld (12. Juli 1986) oder im Hinblick auf die Ausführungen zu § 112a AFG auf den letzten Tag des 1. Beschäftigungszeitraums zurückgeht, also den 31. Mai 1985, wäre der in § 112 Abs 7 Alt 2 AFG vorgesehene Dreijahreszeitraum nicht überschritten.
Die Voraussetzungen des § 112 Abs 7 Alternative 1 AFG liegen ebenfalls nicht vor. Danach wäre nur dann von dem am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort der Klägerin maßgeblichen tariflichen oder mangels einer tariflichen Regelung vom üblichen Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung auszugehen, für die die Klägerin nach ihrem Lebensalter und ihrer Leistungsfähigkeit unter billiger Berücksichtigung ihres Berufes und ihrer Ausbildung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes in Betracht kommt, wenn es mit Rücksicht auf die von ihr in den letzten drei Jahren vor Arbeitslosmeldung überwiegend ausgeübte berufliche Tätigkeit unbillig hart wäre, vom Arbeitsentgelt nach § 112 Abs 5 Nr 8 AFG auszugehen. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist aber der Zeitraum der letzten drei Jahre vor der Arbeitslosmeldung zugrunde zu legen, die zum Entstehen des Anspruchs als Stammrechts geführt hat, wie der Senat bereits entschieden hat (BSGE 45, 49, 55 = SozR 4100 § 112 Nr 6). Bei einer Wiederbewilligung – wie hier – bleibt somit der frühere Bemessungsmodus weiterhin maßgebend, und es erfolgt keine erneute Feststellung des Überwiegens iS des § 112 Abs 7 AFG (so auch Gagel, aaO, § 112 RdNr 334).
Diese Rechtsprechung beruht insbesondere auf dem bereits dargelegten (1.) Grundsatz, daß sich der Alg-Anspruch nicht nach Zwischenbeschäftigungen bemißt, die keine neue Anwartschaft zur Folge haben. Dieses Prinzip würde konterkariert, wenn im Rahmen der Ausnahmeregelung des § 112 Abs 7 AFG für die Bestimmung der Höhe des Alg doch auf entsprechend kurze Zwischenbeschäftigungen zurückgegriffen werden könnte. Wäre es anders, könnte dies im übrigen auch zum Nachteil des Arbeitslosen gereichen, wenn er etwa in seiner früheren Beschäftigung mehr verdient hat, als fiktiv nach § 112 Abs 7 AFG maßgeblich wäre. Zeiten der Zwischenbeschäftigung gehen dem Arbeitslosen andererseits nicht verloren, da sie für einen neuen Anspruch anwartschaftsbegründend sein können. Der vorliegende Fall ist hierfür ein Beispiel: Ab 4. August 1989 hat die Klägerin Alg nach einem Bemessungsentgelt von 1.020,00 DM auf der Basis des Verdienstes bei der Westfälischen Wilhelms-Universität (3. Beschäftigungszeitraum) erhalten, nachdem sie die Anwartschaftszeit auch wegen des erneuten Bezugs von Mutterschaftsgeld und Erzg (21. Juni 1988 bis 3. August 1989) erfüllt hatte.
Innerhalb der Dreijahresfrist vor Arbeitslosmeldung, die zum streitigen Alg-Anspruch ab 20. März 1987 geführt hat, hat die Klägerin überwiegend (zu diesem Begriff vgl BSG SozR 4100 § 112 Nr 47) die Teilzeitbeschäftigung bei der TU Hamburg-Harburg verrichtet, da der Zeitraum des Bezugs von Mutterschaftsgeld und Erzg kürzer war; bereits daran scheitert die Anwendung des § 112 Abs 7 AFG zugunsten der Klägerin, weil der Alg-Bemessung hier schon der Verdienst aus der überwiegend ausgeübten Tätigkeit zugrunde lag. Auf das Argument der Klägerin, man müsse die nach § 107 AFG gleichgestellten Zeiten des Bezugs von Mutterschaftsgeld und Erzg wie Zeiten einer Vollzeitbeschäftigung berücksichtigen, insbesondere weil sie (die Klägerin) auch zuvor, während des Bezugs von Alg und Anschluß-Alhi, dem Arbeitsmarkt vollzeitig zur Verfügung gestanden habe, kommt es damit nicht an. Ohnedies liefe das Begehren der Klägerin darauf hinaus, anders als in bereits entschiedenen Fällen von Teilzeitbeschäftigung (vgl BSG SozR 4100 § 112 Nr 28 und SozR 3-4100 § 112 Nr 2) für den Vergleich zwischen der überwiegend ausgeübten und der anderen Tätigkeit, also auf der Tatbestandsseite der Norm, nicht alleine die tatsächlichen Verdienste zum Maßstab zu machen, sondern auch einen fiktiven. Ein fiktives Arbeitsentgelt ist indes im Rahmen des § 112 Abs 7 AFG erst auf der Rechtsfolgeseite zu ermitteln.
Die Revision konnte nach alldem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 915593 |
BSGE, 177 |