Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufsichtsrecht. vertragsärztliche Versorgung. keine Klagebefugnis der Gesamtvertragspartner gegen Rundschreiben der Aufsichtsbehörde an alle bundesunmittelbaren Krankenkassen mit lediglich allgemeinen rechtlichen Hinweisen und Empfehlungen zur Gestaltung von Gesamtverträgen auf regionaler Ebene. erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG
Leitsatz (amtlich)
Ein Rundschreiben der Aufsichtsbehörde an alle bundesunmittelbaren Krankenkassen mit lediglich allgemeinen rechtlichen Hinweisen und Empfehlungen zur Gestaltung von Gesamtverträgen auf regionaler Ebene greift nicht in die Rechtssphäre der Gesamtvertragspartner ein und kann daher nicht zulässig mit der Aufsichtsklage angefochten werden, wenn die Umsetzung dieser Hinweise nicht verbindlich eingefordert wird und an deren Nichtbeachtung auch keine unmittelbaren aufsichtsrechtlichen Konsequenzen geknüpft sind.
Orientierungssatz
Zur Auslegung der Vorschrift des § 29 Abs 2 Nr 2 SGG (erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG in „Aufsichtsangelegenheiten“).
Normenkette
SGG § 29 Abs. 2 S. 2, § 54 Abs. 2 S. 1, Abs. 3; SGB IV § 87 Abs. 1 S. 2, §§ 88, 89 Abs. 1 Sätze 1-3, § 90 Abs. 1 S. 1 Hs. 1; SGB V § 71 Abs. 4 Sätze 1-2, § 77 Abs. 5, § 78 Abs. 1 Hs. 2, Abs. 3 S. 2, § 87a Abs. 5 S. 2, § 89 Abs. 5 S. 4 Fassung: 2007-03-26, S. 5 Fassung: 2007-03-26, Abs. 10 S. 7 Fassung: 2019-05-06
Verfahrensgang
SG Chemnitz (Urteil vom 11.03.2020; Aktenzeichen L 1 KA 21/18 KL) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 11. März 2020 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Tatbestand
Die klagende Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) wendet sich im Rahmen einer Aufsichtsklage gegen ein Rundschreiben des Bundesversicherungsamtes (BVA; seit 1.1.2020: Bundesamt für Soziale Sicherung).
Mit Schreiben vom 13.9.2018 wandte sich das BVA, durch welches die beklagte Bundesrepublik Deutschland vertreten wird, an alle bundesunmittelbaren Krankenkassen und bat diese im Hinblick auf die bevorstehenden Gesamtvertragsverhandlungen mit den KÄVen für das Jahr 2019 um Beachtung von Rechtshinweisen. Dabei kritisierte das BVA, dass die Gesamtvertragspartner regelmäßig die Frist nach § 87a Abs 3 Satz 1 SGB V, wonach jährlich bis zum 31.10. die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung zu vereinbaren sei, nicht beachtet hätten. Dies führe dazu, dass bis weit in das Vereinbarungsjahr hinein keine rechtssichere Vergütungsvereinbarung vorliege. Zudem hätten die Gesamtvertragspartner bei der Ermittlung der morbiditätsbedingten Veränderungsrate die ihnen durch § 87a Abs 4 SGB V eingeräumte Kompetenz bei früheren Vertragsabschlüssen mehrfach deutlich überschritten. Es seien Regelungen vereinbart worden, die von der Regelgewichtung oder den vom Bewertungsausschuss (BewA) empfohlenen Gewichtungsmaßstäben abwichen, ohne die zugrunde gelegten Gewichtungsfaktoren transparent zu machen. Das BVA verwies dabei auf die Urteile des BSG vom 13.8.2014 (B 6 KA 6/14 R - BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2) und vom 10.5.2017 (B 6 KA 14/16 R - SozR 4-2500 § 87a Nr 3), wonach die Gesamtvertragspartner an die gesetzlich festgelegte Gewichtung bei der Mittelung der Veränderungsraten gebunden seien. Schließlich seien auch bei den Förderungsmöglichkeiten nach § 87a Abs 2 Satz 3 SGB V die gesetzlichen Vorgaben zum Teil nicht beachtet worden. Insbesondere seien die Spielräume, die den Gesamtvertragspartnern für die Gewährung von Zuschlägen für einzelne Leistungen bzw Leistungserbringer zukämen, durch § 87a Abs 2 Satz 3 bis 6 SGB V sowie den Beschluss des BewA vom 22.10.2012 (288. Sitzung) abschließend geregelt. Über diese Vorgaben dürften sich die Partner der Gesamtverträge nicht unter Bezugnahme auf ihre allgemeine Kompetenz zur Gestaltung der Vergütung hinwegsetzen. Das Rundschreiben schloss mit den Sätzen: "Wir bitten Sie, unsere Rechtshinweise bei den anstehenden Vertragsverhandlungen zu berücksichtigen. Die unserer Aufsicht unterstehenden Krankenkassen ohne Gesamtvertragsabschlusskompetenz bitten wir, in ihrem Landesverband auf die Beachtung hinzuwirken."
Das LSG hat - nach Bejahung seiner erstinstanzlichen Zuständigkeit (Beschluss vom 17.1.2020) - die hiergegen von der KÄV erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 11.3.2020). Für eine zulässige Aufsichtsklage fehle der Klägerin bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Zwar könne sich eine Aufsichtsklage gegen aufsichtsbehördliche Maßnahmen jeder Art richten, mit denen in die Rechtssphäre des Trägers der Selbstverwaltung eingegriffen werde. Erschöpfe sich allerdings die aufsichtsbehördliche Maßnahme - wie hier - in bloßen Hinweisen, Anregungen oder Empfehlungen für ein bestimmtes Verhalten des Sozialversicherungsträgers, ohne diese schon zwingend vorzuschreiben, so sei darin eine mit der Aufsichtsklage anfechtbare Anordnung nicht enthalten. Bei dem Rundschreiben vom 13.9.2018 handele es sich weder um einen Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X noch um eine sonstige Maßnahme der Aufsichtsbehörde, die als Anordnung iS des § 54 Abs 3 SGG qualifiziert werden könne. Das Schreiben betreffe vielmehr das in der Zukunft liegende Verhalten der der Rechtsaufsicht des Bundes unterstehenden Krankenkassen im Rahmen von laufenden oder künftigen Vertragsverhandlungen mit der jeweiligen KÄV als Partner der Gesamtverträge, ohne dass darin eine präventive Verpflichtung iS des § 89 Abs 1 Satz 2 SGB IV ausgesprochen worden sei. Das BVA weise lediglich darauf hin, wie es bestimmte gesetzliche Vorgaben und gerichtliche Entscheidungen verstehe. Ein konkretes aufsichtsbehördliches Handeln sei damit aber nicht verbunden. Zudem sei völlig ungewiss gewesen, ob die Krankenkassen in den Vertragsverhandlungen die Hinweise des Rundschreibens überhaupt berücksichtigen würden und wie sich dies auf die Gesamtvertragsvereinbarungen auswirke. Auch sei unklar gewesen, ob das BVA konkrete Aufsichtsmaßnahmen ergreifen würde, falls die Krankenkassen die Hinweise des Rundschreibens unberücksichtigt gelassen hätten, und - wenn ja - welche Aufsichtsmaßnahmen dies sein würden. Inzwischen stehe sogar fest, dass das BVA in Bezug auf die Gesamtverträge für das Jahr 2019 nicht aufsichtsrechtlich tätig geworden sei. Daher sei nicht ersichtlich, inwiefern das verfolgte Klageziel - die Aufhebung des Rundschreibens vom 13.9.2018 - der Klägerin künftig noch einen rechtlichen Vorteil bringen könne.
Da die Klägerin zudem weder Adressatin des Rundschreibens sei, noch die Möglichkeit einer eigenen Rechtsverletzung im Rahmen einer Drittbetroffenheit bestehe, fehle es auch an der Klagebefugnis. Zwar könne nach der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf Urteile vom 17.11.1999 - B 6 KA 10/99 R - SozR 3-2500 § 71 Nr 1 und vom 17.8.2011 - B 6 KA 32/10 R - BSGE 109, 34 = SozR 4-2500 § 89 Nr 5) eine KÄV gegen Bescheide vorgehen, mit denen die zuständige Aufsichtsbehörde gegenüber den ihrer Aufsicht unterliegenden Krankenkassen eine gesamtvertragliche Vereinbarung mit dieser KÄV beanstandet habe und die der KÄV gegenüber wie eine Aufsichtsmaßnahme wirke. Hierfür sei aber Voraussetzung, dass es sich bei der angefochtenen Aufsichtsmaßnahme tatsächlich um einen Beanstandungsbescheid der Aufsichtsbehörde handele, also jedenfalls ein Verwaltungsakt vorliege. Dies sei bei dem angefochtenen Rundschreiben nicht der Fall. Wenn die angegriffene Maßnahme mangels verbindlicher Anordnung schon nicht in die Rechtssphäre der Träger der Selbstverwaltung eingreife, die der Aufsicht des BVA unterlägen, dann könne erst recht kein Eingriff in die Rechtssphäre der klagenden KÄV als Drittbetroffene vorliegen.
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision eine Verletzung von § 54 Abs 3 SGG sowie von § 87a SGB V. Der Rechtsstreit betreffe die Vergütungsverhandlungen zwischen den Gesamtvertragspartnern nach § 83 SGB V iVm § 87a SGB V. In diese Vergütungsverhandlungen habe das BVA mit seinem Rundschreiben eingegriffen. Dieses habe nicht dem Grundsatz der maßvollen Rechtsaufsicht entsprochen und zu einer ungerechtfertigten Verengung des Gestaltungsspielraums der Gesamtvertragspartner geführt. Die Klage sei als Aufsichtsklage zulässig. Mit einer Aufsichtsklage könnten alle Anordnungen angegriffen werden, mit denen in die Rechtssphäre eines Selbstverwaltungsorgans eingegriffen werde. Dies sei hier der Fall. Denn das BVA habe in dem Rundschreiben konkrete Anforderungen an Vergütungsverträge festgelegt und damit Fakten für den Verhandlungsprozess mit den Krankenkassen geschaffen. Das Rundschreiben habe sich auch nicht erledigt. Zunächst formuliere es Grundsätze, die nicht nur für das Jahr 2019 Bedeutung hätten, sondern auch bei den Vergütungsverhandlungen in den Folgejahren zu beachten seien. Auch soweit der BewA zum 1.10.2019 die Kriterien zur Vereinbarung von Zuschlägen auf den Orientierungswert gemäß § 87 Abs 2e SGB V für besonders förderungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von besonders förderungswürdigen Leistungserbringern gemäß § 87a Abs 2 Satz 3 SGB V neu gefasst habe (Beschluss des BewA nach § 87 Abs 1 Satz 1 SGB V in seiner 456. Sitzung), hätten sich nur einige Aspekte des Rundschreibens erledigt. Hilfsweise verfolge sie - die Klägerin - jedenfalls ihr Begehren mit einer Fortsetzungsfeststellungsklage weiter. Andernfalls drohe, dass das BVA bei zukünftig anstehenden Vergütungsverhandlungen wieder Rundschreiben veröffentliche.
Die Klage sei auch begründet. Bei der Ausübung der Rechtsaufsicht müsse dem Selbstverwaltungsrecht des Versicherungsträgers als Träger mittelbarer Staatsverwaltung Rechnung getragen werden. Insofern sei ua geboten, dem Versicherungsträger einen gewissen Beurteilungsspielraum bzw eine Einschätzungsprärogative zu belassen. Das im angegriffenen Rundschreiben formulierte Begründungserfordernis für die Gewichtung der diagnosebezogenen und demographischen Rate gemäß § 87a Abs 4 Satz 3 SGB V könne weder auf eine gesetzliche Regelung noch auf die von der Beklagten angeführte Rechtsprechung des BSG gestützt werden. Ein solches Begründungserfordernis bestehe nur für Schiedsamtsentscheidungen. Auch die in dem Rundschreiben getroffene Aussage, dass die Spielräume für die Gesamtvertragspartner für die Regelung von Zuschlägen für einzelne Leistungen bzw Leistungserbringer durch § 87a Abs 2 Satz 3 bis 6 SGB V sowie den Beschluss des BewA vom 20.12.2012 (288. Sitzung) abschließend geregelt seien, treffe nicht zu. Der BewA habe den Gestaltungsspielraum der Gesamtvertragspartner gerade nicht in dieser Weise verengen wollen. Dies sei aus seinem zum 1.10.2019 (456. Sitzung) gefassten Beschluss erkennbar.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sächsischen LSG vom 11.3.2020 sowie das Rundschreiben der Beklagten vom 13.9.2018 aufzuheben,
hilfsweise, das Urteil des Sächsischen LSG vom 11.3.2020 aufzuheben und festzustellen, dass das Rundschreiben der Beklagten vom 13.9.2018 rechtswidrig war.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Aufsichtsklage sei bereits unzulässig. Das streitgegenständliche Rundschreiben stelle keine aufsichtsrechtliche "Anordnung" iS des § 54 Abs 3 SGG dar und greife auch nicht in die Rechtssphäre der Klägerin ein. Bei dem Rundschreiben handele es sich - wie das LSG zutreffend festgestellt habe - um ein Schreiben mit rein informativem Inhalt und dem Ziel der Kundgabe der Rechtsauffassung des BVA, verbunden mit der Bitte, bei den bevorstehenden Gesamtvertragsverhandlungen die erteilten Rechtshinweise zu beachten. Da das Schreiben somit bloße Hinweise, Anregungen bzw Empfehlungen enthalte, deren Umsetzung jedoch nicht zwingend vorschreibe, fehle es bereits an einem Eingriff in die Rechtssphäre der bundesunmittelbaren Krankenkassen, an die das Schreiben adressiert gewesen sei. Erst recht liege kein Eingriff in die Rechtssphäre der Klägerin vor. Soweit die Klägerin argumentiere, dass Aufsichtsklagen auch gegen nichtförmliche Verwaltungsakte zulässig sein müssten, verkenne sie die Werkzeuge des Aufsichtsrechts. Das Rundschreiben bewirke keine unmittelbaren aufsichtsrechtlichen Konsequenzen. Es seien vielmehr weitere wesentliche Zwischenschritte - zB Vorlage des Vergütungsvertrags bzw des Schiedsspruchs, Feststellung einer offensichtlich rechtswidrigen Regelung, keine aufsichtsrechtliche Tolerierung des Rechtsverstoßes im Sinne der Ausübung des Entschließungsermessens - erforderlich, bis eine aufsichtsrechtliche Maßnahme in der Form einer Beanstandung bzw einer Beratung und einer anschließenden Verpflichtung erfolgen könne. Weder für die Vergütungsvereinbarung 2018/2019 noch für die Vergütungsvereinbarung 2020 seien im Übrigen aufsichtsrechtliche Maßnahmen ergriffen worden. Dass sich die Klägerin durch das streitgegenständliche Rundschreiben "gestört" fühle, sei im rechtlichen Sinne unerheblich.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der klagenden KÄV bleibt ohne Erfolg. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass die Aufsichtsklage gegen das Rundschreiben des BVA vom 13.9.2018 unzulässig ist.
A. Der Senat entscheidet im vorliegenden Verfahren in der sich aus § 12 Abs 3 Satz 1 SGG iVm § 33 Abs 1 Satz 2, § 40 Satz 1 SGG ergebenden Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Vertragsärzte, da die Beteiligten um die Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Beklagten bezüglich der Ausführungen zu zulässigen Inhalten von Vergütungsverträgen nach § 87a SGB V und damit um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts iS des § 12 Abs 3 Satz 1 SGG und nicht um eine Angelegenheit der Vertragsärzte iS des § 12 Abs 3 Satz 2 SGG streiten. In aufsichtsrechtlichen Streitigkeiten nimmt der Senat die Abgrenzung gemäß § 12 Abs 3 SGG danach vor, ob Gegenstand der streitbefangenen aufsichtsrechtlichen Maßnahmen eine Entscheidung ist, die allein von Mitgliedern einer KÄV getroffen worden ist, oder ob ihr Gegenstand eine paritätische, dh unter Mitwirkung auch eines Vertreters der Krankenkassen getroffene Entscheidung ist (vgl BSG Urteil vom 28.8.1996 - 6 RKa 7/96 - BSGE 79, 105 = SozR 3-2500 § 80 Nr 2; BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 6 KA 48/12 R - BSGE 114, 274 = SozR 4-2500 § 81 Nr 7, RdNr 14; vgl auch Wenner, KrV 2020, 183). Richten sich die angefochtenen Maßnahmen der Aufsichtsbehörde gegen Beschlüsse, die von der KÄV allein gefasst wurden, ist der Rechtsstreit den Angelegenheiten der Vertragsärzte iS des § 12 Abs 3 Satz 2 SGG zuzuordnen. Ist dagegen eine vertragliche Vereinbarung auf Bundes- oder Gesamtvertragsebene oder eine Entscheidung eines paritätisch besetzten Selbstverwaltungsgremiums - zB des BewA oder des Schiedsamtes - Gegenstand der aufsichtsrechtlichen Beanstandung, liegt eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts vor.
Nach diesen Grundsätzen ist auch hier in Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Vertragsärzte zu entscheiden. Die Klägerin wendet sich gegen das Rundschreiben vom 13.9.2018, in welchem das BVA den bundesunmittelbaren Krankenkassen rechtliche Hinweise zu den Vergütungsverträgen nach § 87a SGB V erteilt hat. Die jeweiligen KÄVen vereinbaren mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen als sog Gesamtvertragspartner nach § 87a SGB V gemeinsam und einheitlich die jährliche Weiterentwicklung der Vergütung der Vertragsärzte. Über die Rechtmäßigkeit dieser Vereinbarung haben im Streitfall die Spruchkörper für das Vertragsarztrecht zu entscheiden, da eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts iS des § 12 Abs 3 Satz 1 SGB V vorliegt, und zwar sowohl hinsichtlich der Prüfung der Vereinbarung selbst wie auch hinsichtlich von Aufsichtsmaßnahmen, die diese Vereinbarung zum Gegenstand haben.
B. Das LSG war zur Entscheidung über die Klage der KÄV zuständig. Zwar spricht viel dafür, dass der Senat hier bereits nach § 98 Satz 1 SGG iVm § 17a Abs 5 GVG (zur entsprechenden Anwendung des § 98 SGG auch für die instanzielle Zuständigkeit vgl BSG Beschluss vom 23.11.2017 - B 10 ÜG 1/17 KL - juris RdNr 2; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020 § 98 RdNr 2; Gutzeit in Roos/Wahrendorf/Müller, SGG, 2. Aufl 2021, § 98 RdNr 5 mwN; Wehrhahn in jurisPK-SGG, Stand: 21.10.2021, § 98 RdNr 11; Roller in Berchtold, SGG, 6. Aufl 2021, § 98 RdNr 5), an die Entscheidung des LSG in seinem Beschluss vom 17.1.2020 über seine Zuständigkeit (§ 17a Abs 3 Satz 2 GVG) gebunden ist. Im Ergebnis kann dies aber offen bleiben, da das LSG zutreffend seine Zuständigkeit nach § 29 Abs 2 Nr 2 SGG bejaht hat.
Nach dieser Vorschrift entscheiden Landessozialgerichte im ersten Rechtszug über Aufsichtsangelegenheiten gegenüber Trägern der Sozialversicherung und ihren Verbänden, gegenüber den KÄVen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZÄV) sowie der Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, bei denen die Aufsicht von einer Landes- oder Bundesbehörde ausgeübt wird. Eine solche "Aufsichtsangelegenheit gegenüber Trägern der Sozialversicherung" liegt hier vor.
1. Nach der Rechtsprechung des BSG ist eine "Aufsichtsangelegenheit" iS des § 29 Abs 2 Nr 2 SGG betroffen, wenn es unmittelbar um eine Maßnahme der Aufsichtsbehörde aus dem Bereich des Aufsichtsrechts geht (BSG Urteil vom 27.11.2014 - B 3 KR 6/13 R - BSGE 117, 288 = SozR 4-2500 § 132a Nr 7, RdNr 13; vgl auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 29 RdNr 5a; Burkiczak in Roos/Wahrendorf/Müller, SGG, 2. Aufl 2021, § 29 RdNr 17). Dies ist hier der Fall. Die bundesunmittelbaren Krankenkassen unterliegen gemäß § 71 Abs 4 Satz 1 SGB V iVm § 90 Abs 1 Satz 1 SGB IV der Rechtsaufsicht des BVA (seit 1.1.2020: Bundesamt für Soziale Sicherung). Der Annahme einer "Aufsichtsangelegenheit" iS des § 29 Abs 2 Nr 2 SGG steht hier nicht entgegen, dass zwischen den Beteiligten gerade umstritten ist, ob es sich bei dem angefochtenen Rundschreiben um eine förmliche Aufsichtsmaßnahme iS des § 89 SGB IV oder nur um ein rein informelles Hinweisschreiben handelt. Auch Streitverfahren, in denen vorrangig um die Reichweite und die Wirkungen von Aufsichtshandeln gestritten wird, werden grundsätzlich von § 29 Abs 2 Nr 2 SGG erfasst. Nach § 87 Abs 1 Satz 2 SGB IV erstreckt sich die Aufsicht auf die Beachtung von Gesetzen und sonstigem Recht, das für die Versicherungsträger maßgebend ist. Hier hat das BVA im Vorfeld der Verhandlungen der Gesamtvertragspartner den Krankenkassen Hinweise zur Rechtslage erteilt. Damit geht es jedenfalls um Fragen präventiven Handelns im Aufsichtsrecht (vgl zum "vorbeugenden Einwirken": Beschorner, Das präventive Eingreifen der Staatsaufsicht über Sozialversicherungsträger, 2013, S 294).
2. Der gerichtlichen Zuständigkeit des LSG nach § 29 Abs 2 Nr 2 SGG steht zudem nicht entgegen, dass das Rundschreiben allein an die bundesunmittelbaren Krankenkassen - und nicht an die Klägerin - gerichtet war. Soweit in dieser Konstellation vertreten wird, dass sich die erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG auf Klagen der Verwaltungsträger beschränke, die Adressat der konkret angefochtenen Verwaltungsmaßnahme seien (so LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 30.1.2019 - L 3 KA 54/18 KL - nicht veröffentlicht), folgt der Senat dieser restriktiven Auslegung der Vorschrift des § 29 Abs 2 Nr 2 SGG nicht. Der Rechtscharakter einer "Aufsichtsangelegenheit" wird nicht dadurch beeinflusst, wer die Aufsichtsmaßnahme anficht (Thüringisches LSG Urteil vom 29.1.2020 - L 11 KA 1431/18 KL - juris RdNr 10; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 29 RdNr 5a; Schmidt, NZS 2020, 871; Schreiber in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl 2020, § 29 RdNr 9; vgl aber LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 2.8.2011 - L 11 KR 2269/11 KL - juris RdNr 13; LSG Hamburg Urteil vom 28.6.2012 - L 1 KR 148/11 - juris RdNr 32; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 18.4.2012 - L 11 KR 660/11 KL - juris RdNr 24; Burkiczak in Roos/Wahrendorf/Müller, SGG, 2. Aufl 2021, § 29 RdNr 18; Stotz in jurisPK-SGG, Stand: 25.8.2020, § 29 RdNr 27). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Klage - wie hier - von einem der in § 29 Abs 2 Nr 2 SGG abschließend aufgezählten Träger erhoben wird und nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass die Aufsichtsbehörde im konkreten Fall eine Maßnahme getroffen hat, die gegenüber der K(Z)ÄV wie eine Aufsichtsmaßnahme wirkt (vgl BSG Urteil vom 17.11.1999 - B 6 KA 10/99 R - SozR 3-2500 § 71 Nr 1 S 3; BSG Urteil vom 17.8.2011 - B 6 KA 32/10 R - BSGE 109, 34 = SozR 4-2500 § 89 Nr 5, RdNr 16; dazu noch unter RdNr 22 ff).
Bereits in seiner Entscheidung vom 17.8.2011 (B 6 KA 32/10 R - BSGE 109, 34 = SozR 4-2500 § 89 Nr 5) hat der Senat dementsprechend die erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG für eine Klage der KÄV gegen eine Aufsichtsverfügung des BVA gegenüber den Ersatzkassen, mit dem dieses einen durch Schiedsspruch festgesetzten Honorarvertrag als rechtswidrig beanstandet hat, unter Hinweis auf die "umfassende Zuständigkeit des LSG" in § 29 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG bejaht (aaO RdNr 14). Die Regelung des § 29 Abs 2 Nr 2 SGG zielt darauf ab, Streitigkeiten in Aufsichtsangelegenheiten aufgrund ihrer weitreichenden Bedeutung und der besonderen Komplexität der Materie sowie im Interesse einer raschen Klärung der sich darin stellenden Rechtsfragen bei dem LSG zu konzentrieren (BT-Drucks 16/7716 S 15; vgl auch Schmidt, NZS 2020, 871). Eine unterschiedliche instanzielle Zuständigkeit, je nachdem ob eine Krankenkasse oder eine KÄV um Rechtsschutz gegen Aufsichtsmaßnahmen des BVA nachsucht, lässt sich damit nicht vereinbaren.
C. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass die Aufsichtsklage gegen das Rundschreiben des BVA, in welchem dieses die bundesunmittelbaren Krankenkassen im Hinblick auf die bevorstehenden Gesamtvertragsverhandlungen mit den KÄVen für das Jahr 2019 um Beachtung von Rechtshinweisen gebeten hat, unzulässig ist (dazu 1.). Auch der hilfsweise gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag bleibt ohne Erfolg (dazu 2.).
1. Nach § 54 Abs 3 SGG kann eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, dass die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreitet. Die Aufsichtsklage ist eine besondere Form der Anfechtungsklage, soweit sie auf die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde gerichtet ist. Für ihre Zulässigkeit reicht grundsätzlich die schlüssige Behauptung aus, die Aufsichtsbehörde habe bei ihrer Aufsichtsanordnung das Aufsichtsrecht überschritten oder ermessensfehlerhaft gehandelt (vgl BSG Urteil vom 28.6.2000 - B 6 KA 64/98 R -BSGE 86, 203, 205 = SozR 3-2500 § 80 Nr 4 S 31; BSG Urteil vom 21.3.2018 - B 6 KA 59/17 R -BSGE 125, 233 = SozR 4-2400 § 89 Nr 7, RdNr 32; BSG Urteil vom 27.1.2021 - B 6 A 1/20 R - juris RdNr 26, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zwar hat sich das Rundschreiben nicht durch Zeitablauf oder auf andere Weise vollständig erledigt (dazu a). Auch steht der Zulässigkeit der Aufsichtsklage nicht von vornherein entgegen, dass sich die Klägerin gegen ein Handeln einer Behörde wendet, die nicht ihre Aufsichtsbehörde ist (dazu b). Jedoch kann die Klägerin nicht geltend machen, dass das Schreiben unmittelbar in ihren Aufgabenbereich, mit den Krankenkassen Vergütungsverträge nach § 87a SGB V abzuschließen, eingreift und damit wie eine Aufsichtsmaßnahme wirkt (dazu c).
a) Das Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Aufsichtsklage ist nicht schon deswegen entfallen, weil sich das Rundschreiben durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt hätte (vgl zum fehlenden Rechtsschutzbedürfnis bei materiell-rechtlicher Erledigung des Rechtsstreits auch Böttiger in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl 2020, § 54 RdNr 28). Zwar sind die Gesamtvertragsverhandlungen zwischen der Klägerin und den Krankenkassen für das Jahr 2019 abgeschlossen und das BVA hat diesbezüglich keine aufsichtsrechtlichen Maßnahmen getroffen. Das Rundschreiben formuliert aber Grundsätze, die sich nicht allein auf die Vergütungsverhandlungen für das Jahr 2019 bezogen haben bzw beziehen. Dies wird insbesondere daran deutlich, dass in dem Rundschreiben ausgeführt wird, dass "in den Vergütungsvereinbarungen ab dem Jahr 2019 eine transparente Darstellung der vorgenommenen Gewichtung der vom Bewertungsausschuss nach § 87a Abs 5 Satz 2 SGB V mitgeteilten Raten" erwartet werde.
b) Der Zulässigkeit der Aufsichtsklage steht grundsätzlich nicht entgegen, dass sich die Klägerin gegen eine Maßnahme des BVA und damit einer staatlichen Behörde wendet, die nicht ihre Aufsichtsbehörde ist. Das BVA (jetzt: Bundesamt für Soziale Sicherung) ist die zuständige Aufsichtsbehörde für die bundesunmittelbaren Krankenkassen (§ 71 Abs 4 Satz 2 SGB V iVm § 90 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV). Zuständige Aufsichtsbehörde für die Klägerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 77 Abs 5 SGB V) ist dagegen gemäß § 78 Abs 1 Satz 2 SGB V die für die Sozialversicherung zuständige oberste Verwaltungsbehörde des Freistaates Sachsen, hier also das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der Senat hält jedoch an seiner Rechtsprechung fest, wonach sich eine KÄV gegen die Verfügung einer Aufsichtsbehörde wenden kann, die zwar nicht ihre Aufsichtsbehörde ist, aber im konkreten Fall eine Maßnahme getroffen hat, die gegenüber der K(Z)ÄV wie eine Aufsichtsmaßnahme wirkt.
Bereits in seiner Entscheidung vom 17.11.1999 (B 6 KA 10/99 R - SozR 3-2500 § 71 Nr 1), welche die Aufsichtsklage einer KZÄV gegen eine Beanstandung des Gesamtvertrags durch das BMG gegenüber den Kassenverbänden betraf, hat der Senat die Klagebefugnis der KZÄV damit begründet, dass die Beanstandungsbescheide des BMG die Nichtgeltung des Gesamtvertrages zur Folge hätten (vgl die damals - bis 31.12.1995 geltende - Fassung des § 71 Abs 2 Satz 4 SGB V: "Beanstandete Vereinbarungen gelten nicht"; seit 1.4.2020 geändert durch das Gesetz für einen fairen Kassenwettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-FKG] vom 22.3.2020: "Klagen der Vertragspartner gegen die Beanstandung haben keine aufschiebende Wirkung."). Das BMG hebe mit einer Beanstandung der Gesamtvergütungsvereinbarung die Wirksamkeit eines auch von der KZÄV geschlossenen Vertrags auf und greife damit unmittelbar auch in deren Vertragsabschlusskompetenz ein (BSG aaO S 5). Dies unterscheide das Beanstandungsrecht grundlegend von anderen Maßnahmen, wie sie in §§ 88, 89 SGB IV iVm § 78 Abs 3 Satz 2 SGB V gegenüber den KZÄVen geregelt seien. Eine Beanstandung nach § 71 Abs 2 Satz 2 iVm Satz 4 SGB V (in der Fassung des GSG; jetzt: § 71 Abs 4 Satz 1 und 2 SGB V) führe unmittelbar und ohne Anordnung einer sofortigen Vollziehung zur unvollständigen Unwirksamkeit der beanstandeten Vereinbarung. Damit sei der Rechtskreis der KZÄV in einem ihrer zentralen Aufgabenbereiche, nämlich der Vereinbarung der Gesamtvergütung für die vertragszahnärztlichen Leistungen ihrer Mitglieder, betroffen. Entsprechend müsse sie gegen derartige Maßnahmen einer mit den typischen Instrumenten der Staatsaufsicht vorgehenden Behörde auch dann um gerichtlichen Rechtsschutz nachsuchen können, wenn sonst zwischen ihr und dieser Behörde keinerlei Rechtsbeziehungen bestünden.
In seiner Entscheidung vom 17.8.2011 (B 6 KA 32/10 R - BSGE 109, 34 = SozR 4-2500 § 89 Nr 5; vgl auch LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 25.5.2020 - L 5 KA 1421/20 KL-ER - juris) hat der Senat diesen Grundsätzen entsprechend auch die Klagebefugnis einer KÄV bejaht, die sich gegen eine Aufsichtsverfügung gewandt hat, mit der das BVA einen durch Schiedsspruch festgesetzten Honorarvertrag als rechtswidrig beanstandet hat. Die der KÄV zugewiesene Kompetenz, mit den Krankenkassen Honorarverträge abzuschließen, werde nicht nur durch alle Bescheide von Aufsichtsbehörden betroffen, die sich gegen von ihr mitabgeschlossene Honorarverträge richteten, sondern auch durch die Beanstandung von Schiedssprüchen, die solche Vereinbarungen ersetzten. Die Klagebefugnis bestehe nicht nur dann, wenn der Beanstandungsbescheid gegen den klagenden Vertragspartner selbst gerichtet sei, sondern auch dann, wenn er nur an andere mit ihm verbundene Vertragspartner gerichtet sei (BSG aaO RdNr 15).
c) Zulässig ist eine solche Aufsichtsklage in entsprechender Anwendung von § 54 Abs 3 SGG allerdings nur dann, wenn die Klägerin iS des § 54 Abs 2 Satz 1 SGG geltend macht und machen kann, die angefochtene aufsichtsgleich wirkende Maßnahme greife in ihre rechtlich geschützte Position ein (vgl BSG Urteil vom 17.11.1999 - B 6 KA 10/99 R - SozR 3-1500 § 71 Nr 1 S 3). Das ist hinsichtlich des Rundschreibens des BVA vom 13.9.2018, in welchem rechtliche Hinweise zu den Vergütungsverträgen zur vertragsärztlichen Versorgung nach § 87a SGB V erteilt werden, nicht der Fall.
aa) Das BVA (jetzt: Bundesamt für Soziale Sicherung) hat als Aufsichtsbehörde für die bundesunmittelbaren Krankenkassen nach § 71 Abs 4 Satz 2 SGB V iVm § 90 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV die Zuständigkeit und Berechtigung, Vereinbarungen über die Vergütung von Leistungen nach § 57 Abs 1 (Vergütungsvereinbarungen von Krankenkassen mit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung) und 2 (Vergütungsvereinbarung von Krankenkassen mit den Innungsverbänden der Zahntechnikerinnungen), §§ 83 und 85 SGB V (Vergütungsvereinbarungen von Krankenkassen mit den K≪Z≫ÄVen) innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage zu beanstanden. Dieses Recht besteht nicht nur, wenn eine sog freie Vereinbarung zwischen der KÄV und den Krankenkassen zustande kommt, sondern auch dann, wenn das Landesschiedsamt gemäß § 89 Abs 3 Satz 1 SGB V den Inhalt der Verträge festlegt (vgl bereits BSG Urteil vom 17.8.2011 - B 6 KA 32/10 R - BSGE 109, 39 = SozR 4-2400 § 89 Nr 5, RdNr 18). Dies folgt aus § 89 Abs 5 Satz 4 und 5 SGB V (hier noch in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs der gesetzlichen Krankenversicherung ≪GKV-WSG≫ vom 26.3.2007, BGBl I 378; jetzt: § 89 Abs 10 Satz 6 und 7 SGB V). Danach sind die Entscheidungen der Schiedsämter über die Vergütung der Leistungen nach § 57 Abs 1 und 2, den §§ 83, 85 und 87a SGB V der jeweiligen zuständigen Aufsichtsbehörde vorzulegen. Die Aufsichtsbehörden können die Entscheidungen bei einem Rechtsverstoß innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage beanstanden.
bb) Der Senat hat - wie bereits ausgeführt (RdNr 22 ff) - die Klagebefugnis einer KÄV in Fällen, in denen eine grundsätzlich nicht für sie zuständige Aufsichtsbehörde einen Gesamtvertrag oder einen durch Schiedsspruch festgesetzten Honorarvertrag als rechtswidrig beanstandet hat, damit begründet, dass mit der Beanstandung die Wirksamkeit eines auch von der KÄV geschlossenen Vertrages aufgehoben und damit unmittelbar auch in die Vertragsabschlusskompetenz der KÄV eingegriffen wird (BSG Urteil vom 17.11.1999 - B 6 KA 10/99 R - SozR 3-2500 § 71 Nr 1 S 5 - zur Beanstandung einer Gesamtvergütungsvereinbarung; BSG Urteil vom 17.8.2011 - B 6 KA 32/10 R - BSGE 109, 34 = SozR 4-2500 § 89 Nr 5, RdNr 15 - zur Beanstandung eines durch Schiedsspruch festgesetzten Honorarvertrages; dazu bereits RdNr 23, 24). Dadurch ist der Rechtskreis der KÄV in einem ihrer zentralen Aufgabenbereiche, nämlich der Vereinbarung der Gesamtvergütung für die vertragsärztlichen Leistungen ihrer Mitglieder, betroffen. Entsprechend muss sie gegen derartige Maßnahmen einer mit den typischen Instrumenten der Staatsaufsicht vorgehenden Behörde auch dann um gerichtlichen Rechtsschutz nachsuchen können, wenn sonst zwischen ihr und dieser Behörde keinerlei Rechtsbeziehungen bestehen.
Ein damit vergleichbarer Sachverhalt liegt hier nicht vor. Weder hat das BVA gemäß § 71 Abs 4 Satz 2 SGB V iVm § 90 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV den Abschluss einer konkreten Vergütungsvereinbarung zwischen der Klägerin und den Krankenkassen beanstandet, noch hat es einen Schiedsspruch, der eine Vergütungsvereinbarung ersetzt hat, nach § 89 Abs 4 Satz 5 SGB V (jetzt: § 89 Abs 10 Satz 7 SGB V) beanstandet. Die Behörde hat auch nicht die Wirksamkeit der in der Vergangenheit zwischen den Krankenkassen und der Klägerin abgeschlossenen Verträge in Frage gestellt. Es handelt sich bei dem Rundschreiben vielmehr allein um ein präventives Informationsschreiben, mit welchem das BVA seine Auffassung zur Rechtslage darstellt, verbunden mit der Bitte, bei den anstehenden künftigen Vertragsverhandlungen diese Rechtsauffassung zu beachten. Dies beinhaltet keine "Anordnung" iS des § 54 Abs 3 SGG, weil dem Schreiben keine rechtliche Verbindlichkeit zukommt.
(1) Ein Eingriff in die Rechtssphäre des Selbstverwaltungsträgers ist zwingende Voraussetzung für die rechtliche Qualifizierung einer Maßnahme der Aufsichtsbehörde als "Anordnung" iS des § 54 Abs 3 SGG. Erschöpft sich die Maßnahme bzw das Handeln der Aufsichtsbehörde in bloßen Hinweisen, Anregungen oder Empfehlungen für ein bestimmtes Verhalten des Sozialleistungsträgers, ohne dieses selbst schon zwingend vorzuschreiben, liegt dementsprechend weder ein mit der Anfechtungsklage angreifbarer Verwaltungsakt noch eine mit der Aufsichtsklage anfechtbare "Anordnung" vor (BSG Urteil vom 8.4.1987 - 1 RR 4/86 - BSGE 61, 254, 257 = SozR 7223 Art 8 § 2 Nr 3 S 4; BSG Urteil vom 10.3.2015 - B 1 A 10/13 R - BSGE 118, 137 = SozR 4-2400 § 90 Nr 1, RdNr 14; vgl auch Engelhard/Bockholdt in jurisPK-SGB IV, 4. Aufl 2021, § 89 RdNr 134; Kluth, GewArch 2006, 446, 449). So ist es hier. Das Rundschreiben enthält allgemeine rechtliche Hinweise und Empfehlungen, deren Umsetzung jedoch nicht zwingend vorgeschrieben wird und an deren Nichtbeachtung auch keine unmittelbaren aufsichtsrechtlichen Konsequenzen geknüpft sind. Das Rundschreiben begründet weder eine entsprechende Verpflichtung der Krankenkassen, die erteilten rechtlichen Hinweise umzusetzen, noch die Möglichkeit ihrer Durchsetzung durch die beklagte Aufsichtsbehörde. Erst im Laufe der Verhandlungen der Gesamtvertragspartner wird sich vielmehr herausstellen, ob die Krankenkassen der Ansicht ihrer Aufsichtsbehörde folgen wollen - sie vielleicht sogar als Stärkung ihrer Verhandlungsposition gegenüber der KÄV begrüßen - oder ob sie in den Vertragsverhandlungen einen abweichenden Rechtsstandpunkt vertreten werden. Ebenso war völlig offen, ob das BVA die geschlossenen Verträge, soweit diese von den erteilten Hinweisen abweichende Regelungen getroffen hätten, tatsächlich beanstanden würde und ob die Krankenkassen eine solche Beanstandung akzeptieren oder eine gerichtliche Prüfung einleiten würden. Wenn das angegriffene Rundschreiben mangels verbindlicher Anordnung aber schon nicht in die Rechtssphäre der Krankenkassen eingreift, die der Aufsicht des BVA unterlagen, kann erst recht kein Eingriff in die Rechtssphäre der klagenden KÄV als Drittbetroffene vorliegen.
(2) Eine Anfechtungsbefugnis der Klägerin folgt auch nicht daraus, dass das Rundschreiben als "Beratung" iS des § 89 Abs 1 SGB IV zu qualifizieren wäre. Eine solche aufsichtsrechtliche Beratung liegt hier nicht vor. Im Übrigen würde auch eine solche aufsichtsrechtliche Beratung keine Berechtigung zur Aufsichtsklage begründen.
(a) § 89 Abs 1 SGB IV regelt die der Aufsichtsbehörde zustehenden Aufsichtsmittel. Der Erlass eines Aufsichtsbescheides hat in einem - zeitlich und nach Intensität - abgestuften Verfahren zu erfolgen (vgl BSG Urteil vom 11.12.2003 - B 10 A 1/02 R - SozR 4-2400 § 89 Nr 2 RdNr 13). Danach kann die Aufsichtsbehörde nach vorheriger, erfolglos verlaufener Beratung (§ 89 Abs 1 Satz 1 SGB IV) den Versicherungsträger verpflichten, eine festgestellte "Rechtsverletzung" zu beheben (§ 89 Abs 1 Satz 2 SGB IV). Der entsprechende Verpflichtungsbescheid kann in einer weiteren Stufe durch Mittel des Verwaltungsvollstreckungsrechts durchgesetzt werden (§ 89 Abs 1 Satz 3 SGB IV).
Die Durchführung einer aufsichtsrechtlichen Beratung ist grundsätzlich Voraussetzung der Rechtmäßigkeit einer Verpflichtungsanordnung (BSG Urteil vom 14.3.2001 - B 6 KA 54/00 R - BSGE 88, 20 = SozR 3-2500 § 75 Nr 12; BSG Urteil vom 11.12.2003 - B 10 A 1/02 R - SozR 4-2400 § 89 Nr 2; vgl auch BSG Urteil vom 22.3.2005 - B 1 A 1/03 R - BSGE 94, 221 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3, RdNr 11). Die vorherige Beratung ist nach Rechtsprechung des BSG Ausdruck des Bemühens um partnerschaftliche Kooperation zwischen Selbstverwaltung und Aufsicht und Teil einer "geistigen Auseinandersetzung" zwischen ernsthaft um optimale Lösungen im Interesse der versicherten Bevölkerung bemühten Partnern (BSG Urteil vom 20.6.1990 - 1 RR 4/89 - BSGE 67, 85 = SozR 3-2400 § 89 Nr 1). Sie dient der Darlegung der Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörde, dass durch ein Handeln oder Unterlassen des Versicherungsträgers das Recht verletzt worden sei, und der Empfehlung an den Versicherungsträger, diese nach Meinung der Aufsichtsbehörde vorliegende Rechtsverletzung zu beheben. Zugleich muss dem Versicherungsträger die Möglichkeit eröffnet werden, von sich aus die Rechtslage zu prüfen und der Aufsichtsbehörde seinen gegebenenfalls abweichenden Rechtsstandpunkt darzulegen mit dem Ziel, dass die Aufsichtsbehörde ihrerseits sich diesen Rechtsstandpunkt zu eigen macht und von weiteren Aufsichtsmaßnahmen Abstand nimmt. Insgesamt bezweckt die aufsichtsrechtliche Beratung iS des § 89 Abs 1 Satz 1 SGB IV als Ausgangspunkt eines möglichen Dialogs zwischen Versicherungsträger und Aufsichtsbehörde gerade die Vermeidung aufsichtsbehördlicher Anordnungen und sich daran eventuell anschließender gerichtlicher Auseinandersetzungen (vgl zu alledem BSG Urteil vom 8.4.1987 - 1 RR 4/86 - BSGE 61, 254, 257 f = SozR 7223 Art 8 § 2 Nr 3 S 4 f mwN; BSG Urteil vom 20.6.1990 - 1 RR 4/89 - BSGE 67, 85 = SozR 3-2400 § 89 Nr 1; BSG Urteil vom 6.10.1988 - 1 RR 7/86 - BSGE 64, 124, 129 = SozR 2200 § 407 Nr 2 S 7 f; Marburger/Marburger, Die Staatsaufsicht in der Sozialversicherung, 3. Aufl 2004, S 97 f; zur Beratung im Rahmen der präventiven Kommunalaufsicht vgl auch BVerfG Beschluss vom 6.10.1981 - 2 BvR 384/81 - BVerfGE 58, 177).
Dabei ist eine auf die speziellen Verhältnisse des betroffenen Versicherungsträgers abgestellte Individualisierung der Beratung unumgänglich. Die aufsichtsrechtliche Beratung muss die individuellen und speziellen Verhältnisse des Versicherungsträgers berücksichtigen und einen entsprechend begründeten Hinweis darauf enthalten, dass und aus welchen Gründen gerade durch sein Handeln oder Unterlassen das Recht verletzt worden ist bzw eine Rechtsverletzung unmittelbar droht (zur "unmittelbar drohenden Rechtsverletzung" iS des § 89 SGB IV: BSG Urteil vom 27.1.2021 - B 6 A 1/20 R - juris RdNr 32, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 8.10.2019 - B 1 A 2/19 R - BSGE 129, 149 = SozR 4-2400 § 77 Nr 1, RdNr 8); zudem erfordert sie eine Darlegung der dem Versicherungsträger möglichen Maßnahmen, mit welchen er in rechtlich zulässiger Weise die nach Meinung der Aufsichtsbehörde vorliegende Rechtsverletzung beheben kann (BSG Urteil vom 20.6.1990 - 1 RR 4/89 - BSGE 67, 85, 87 f = SozR 3-2400 § 89 Nr 1 S 4; BSG Urteil vom 11.12.2003 - B 10 A 1/02 R - SozR 4-2400 § 89 Nr 2 S 14; BSG Urteil vom 22.3.2005 - B 1 A 1/03 R - BSGE 94, 221 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3, RdNr 19; BSG Urteil vom 18.7.2006 - B 1 A 2/05 R - SozR 4-2400 § 80 Nr 1 RdNr 15 f; vgl auch Schüffner/Frank in Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, 3. Aufl 2018, § 36 RdNr 92).
Diesem Erfordernis einer individuellen Beratung entspricht das angefochtene Rundschreiben hier bereits deshalb nicht, weil es ausnahmslos an alle bundesunmittelbaren Krankenkassen mit gleichlautendem Text und unter Außerachtlassung der bei den einzelnen Adressaten vorliegenden besonderen Umstände und Verhältnisse, insbesondere etwaiger Unterschiede in den von den jeweiligen Krankenkassen mit den jeweiligen KÄVen in der Vergangenheit vereinbarten Gesamtverträgen, gerichtet ist. Es beinhaltet vielmehr lediglich allgemeine rechtliche Hinweise bzw Stellungnahmen des BVA im Hinblick auf die bevorstehenden Vertragsverhandlungen der Krankenkassen mit den KÄVen. Das aufsichtsrechtliche Beratungsverfahren darf sich jedoch gerade nicht in der Darlegung der Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörde bzw in bloßen Hinweisen auf eine nach Ansicht der Aufsichtsbehörde vorliegende Rechtsverletzung - hier im Hinblick auf die in der Vergangenheit abgeschlossenen Gesamtverträge (BSG Urteil vom 11.12.2003 - B 10 A 1/02 R - SozR 4-2400 § 89 Nr 2 RdNr 18; BSG Urteil vom 20.6.1990 - 1 RR 4/89 - BSGE 67, 85, 87 = SozR 3-2400 § 89 Nr 1 S 3; Fattler in Hauck/Noftz, SGB IV, Stand: 4/2021, K § 89 RdNr 4b) - erschöpfen. Dem Versicherungsträger muss vielmehr die Möglichkeit eröffnet werden, von sich aus die Rechtslage zu prüfen und der Aufsichtsbehörde seinen ggf abweichenden Rechtsstandpunkt darzulegen mit dem Ziel, dass sie sich diesen ihrerseits zu eigen macht und von weiteren Aufsichtsmaßnahmen Abstand nimmt. Danach kann das angefochtene Rundschreiben nicht unter den aufsichtsrechtlichen Beratungsbegriff iS des § 89 Abs 1 Satz 2 SGB IV subsumiert werden. Es enthält lediglich allgemeine Hinweise, Stellungnahmen bzw reine Anregungen und bewegt sich damit unterhalb der Schwelle der Eingriffsbefugnisse iS des § 89 SGB IV.
(b) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin sind die Aufsichtsbehörden auch nicht grundsätzlich gehindert, im Vorfeld von (Gesamtvertrags-)Vereinbarungen der Vertragspartner den ihrer Aufsicht unterstehenden Sozialversicherungsträgern (hier: den Krankenkassen) solche allgemeinen Hinweise zur Rechtslage zu geben. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass das BVA durch die Darstellung der Rechtsgrundlagen und ihrer Auslegung in dem Rundschreiben möglicherweise Einfluss auf die Gesamtvertragsverhandlungen genommen hat und auch nehmen wollte. Aber auch dieses Vorgehen ist hier vom Aufsichtsrecht gedeckt.
Auch wenn einhellig davon ausgegangen wird, dass die Aufsichtsmittel abschließend in § 89 SGB IV - bzw in ergänzenden speziellen Vorschriften wie zB § 37 Abs 1 SGB IV, § 70 Abs 3 bis 5 SGB IV, § 71 Abs 4 Satz 2 und Abs 6 SGB V, § 9a SGB V, § 89 Abs 10 Satz 7 SGB V - geregelt sind (BSG Urteil vom 27.11.2014 - B 3 KR 6/13 R - BSGE 117, 288 = SozR 4-2500 § 132a Nr 7, RdNr 13; vgl auch BSG Urteil vom 18.5.2021 - B 1 A 2/20 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen = juris RdNr 29; Engelhard/Bockholdt, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl 2021, § 89 RdNr 16), verbietet § 89 Abs 1 Satz 1 SGB IV nicht die Erteilung von Hinweisen, Anregungen oder Stellungnahmen der Aufsichtsbehörde zur Vermeidung des Eintritts rechtswidriger oder unzweckmäßiger Zustände, sofern die Rechtssphäre der Versicherungsträger dadurch nicht beeinträchtigt wird (vgl Breitkreuz in Winkler, SGB IV, 3. Aufl 2020, § 89 RdNr 5). Ein solches präventives Handeln der Aufsichtsbehörde unterhalb der Eingriffsbefugnisse nach § 89 SGB IV drängt sich für eine vorbeugende und konfliktvermeidende Strategie gerade auf (vgl Beschorner, Das präventive Eingreifen der Staatsaufsicht über Sozialversicherungsträger, 2013, S 290; Schirmer/Kater/Schneider, Aufsicht in der Sozialversicherung, Stand VIII/2020, Abschnitt 220 S 11; Krasney in Butzer/Kaltenborn/Meyer, Organisation und Verfahren im sozialen Rechtsstaat, Festschrift für Friedrich E. Schnapp zum 70. Geburtstag, 2008, S 477, 478 f; Fattler in Hauck/Hoftz, SGB IV, Stand: 4/2021, K § 89 RdNr 4a; vgl auch BSG Urteil vom 8.10.2019 - B 1 A 2/19 R - BSGE 129, 149 = SozR 4-2400 § 77 Nr 1, RdNr 8: "Denn die Beklagte wirkte im Einklang mit § 89 Abs 1 Satz 1 SGB IV zunächst im Vorfeld der Aufsichtsverfügung mit erfolglosen Hinweisen, Beratung…."). Dies folgt aus dem Aufsichtsverhältnis und dem Grundsatz der Kooperation der öffentlichen Verwaltung (Schirmer/Kater/Schneider, Aufsicht in der Sozialversicherung, Stand VIII/2020, Abschnitt 220 S 11; vgl zur kooperativen Aufsicht auch Schmehl in Schmehl/Wallrabenstein, Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, Bd 3: Kontrolle, 2007, S 11 f; Schüffner/Franck in Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, 3. Aufl 2018, § 36 RdNr 66 ff). Denn partnerschaftliche Kooperation erfordert auch einen präventiven informierenden Dialog (Krasney in Butzer/Kaltenborn/Meyer, Organisation und Verfahren im sozialen Rechtsstaat, Festschrift für Friedrich E. Schnapp zum 70. Geburtstag, 2008, S 477, 478).
Nach § 87 Abs 1 Satz 2 SGB IV erstreckt sich die staatliche Aufsicht auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht, das für die Versicherungsträger maßgebend ist. Staatliche Aufsicht beinhaltet sowohl eher passiv beobachtende Elemente wie Prüfen oder Unterrichten lassen (§ 88 SGB IV) als auch aktiv eingreifende Elemente wie Beraten, Beanstanden und ggf Durchsetzen (§ 89 SGB IV). Dafür müssen der Aufsichtsbehörde die jeweils entsprechenden Mittel zur Verfügung stehen. Hierzu zählen in erster Linie ihre Eingriffsbefugnisse iS des § 89 SGB IV, aber auch Maßnahmen unterhalb dieser Schwelle - und damit beispielsweise auch reine Anregungen, Hinweise, Stellungnahmen oder bloße Abfragen bei Versicherungsträgern zur Analyse. So finden sich in der Praxis Foren zum regelmäßigen Erfahrungs- und Meinungsaustausch, die im Interesse der kontinuierlichen Begleitung der Versicherungsträger stehen (Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl 2010, S 295), diesen eine gewisse Planungssicherheit verschaffen, aber auch der Aufsicht einen Einblick in anstehende Entscheidungen eröffnen (Beschorner, Das präventive Eingreifen der Staatsaufsicht über Sozialversicherungsträger, 2013, S 290). Auch neue Gesetze können Veranlassung geben, einen Gedankenaustausch herbeizuführen (vgl Marburger/Marburger, Die Staatsaufsicht in der Sozialversicherung, 3. Aufl 2004, S 98; Krasney in Butzer/Kaltenborn/Meyer, Organisation und Verfahren im sozialen Rechtsstaat, Festschrift für Friedrich E. Schnapp zum 70. Geburtstag, 2008, S 477, 479). Auch Rundschreiben haben im Rahmen präventiven Aufsichtshandelns - als "kleiner Dienstweg" - eine Bedeutung (vgl zur Bedeutung von Rundschreiben des BVA im Bereich von Geld- und Vermögensanlagen: Marienfeld, Verwaltungshandeln in der Sozialversicherung: Von der klassischen zur risikobasierten Aufsicht, 2018, S 130). Insbesondere kann es auch zweckmäßig sein, dass die Aufsichtsbehörde bei Fragen von grundsätzlicher Bedeutung dem Versicherungsträger ihre abweichende Rechtsauffassung mitteilt, selbst in den Fällen, in denen förmliche Aufsichtsmaßnahmen nicht in Betracht kommen, weil das Handeln oder Unterlassen des Versicherungsträgers rechtlich vertretbar ist (zum Ausschluss von Aufsichtsmaßnahmen bei rechtlich vertretbarem Handeln vgl BSG Urteil vom 21.3.2018 - B 6 KA 59/17 R - BSGE 125, 233, 241 = SozR 4-2400 § 89 Nr 7; vgl auch Schirmer/Kater/Schneider, Aufsicht in der Sozialversicherung, Stand VIII/2020, Abschnitt 350 S 3). Eine Aufsichtsbehörde darf es jedenfalls nicht "sehenden Auges" bei einem unzweckmäßigen Verfahren belassen, wenn durch Hinweise Abhilfe geschaffen werden könnte (Schirmer/Kater/Schneider, Aufsicht in der Sozialversicherung, Stand VIII 2020, Abschnitt 220 S 11). Freilich muss die Aufsichtsbehörde derartige präventive Hinweise mit der gebotenen Zurückhaltung geben und dabei die Eigenverantwortlichkeit der beaufsichtigten Körperschaften beachten (vgl Schüffner/Franck in Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, 3. Aufl 2018, § 36 RdNr 91a; vgl auch Schmehl in Schmehl/Wallrabenstein, Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, Band 3: Kontrolle, 2007, S 11 f).
Nach diesen Grundsätzen konnte das BVA hier als Aufsichtsbehörde auch im Vorfeld von Vereinbarungen der Gesamtvertragspartner den Krankenkassen Hinweise zur Rechtslage geben, gerade um zu verhindern, dass Verträge abgeschlossen werden, die voraussichtlich beanstandet werden müssten. Dies kann für die Vertragspartner sogar hilfreich sein, weil sie um das aufgezeigte Risiko wissen und dieses entweder vermeiden wollen oder gerade bewusst eingehen, weil sie einen anderen rechtlichen Standpunkt als die Aufsichtsbehörde vertreten. Solches rein präventives hinweisgebendes Handeln ist indes nicht mit der Aufsichtsklage angreifbar, auch nicht von Körperschaften, die der Aufsicht der betreffenden Behörde unterstehen.
(c) Im Übrigen würde auch die Einordnung des Rundschreibens als Beratung iS des § 89 Abs 1 SGB IV die Klägerin nicht zur Anfechtung im Rahmen der erhobenen Aufsichtsklage berechtigten. Die aufsichtsrechtliche Beratung ist Ausdruck des Bemühens um partnerschaftliche Kooperation zwischen Selbstverwaltung und Aufsicht (dazu bereits RdNr 31). Sie dient der Darlegung der Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörde, dass durch das Handeln oder Unterlassen des Versicherungsträgers das Recht verletzt worden sei, und enthält die Empfehlung an den Versicherungsträger, diese nach Meinung der Aufsichtsbehörde vorliegende Rechtsverletzung zu beheben. Hierdurch allein werden aber weder eine entsprechende rechtliche Verpflichtung des Versicherungsträgers noch die Möglichkeit ihrer Durchsetzung seitens der Aufsichtsbehörde begründet. Die Beratung hat keinen zwingenden Charakter und beschwert die beaufsichtigte Stelle nicht (Kluth, GewArch 2006, 446, 449). Daher kann die aufsichtsrechtliche Beratung iS des § 89 Abs 1 Satz 1 SGB IV nicht als eine mit der Aufsichtsklage anfechtbare Anordnung iS des § 54 Abs 3 SGG qualifiziert werden (BSG Urteil vom 8.4.1997 - 1 RR 4/86 - BSGE 61, 254, 257 = SozR 7233 Art 8 § 2 Nr 3 S 4; Engelhard/Bockholdt in jurisPK-SGB IV, 4. Aufl 2021, § 89 RdNr 135; vgl auch Kluth, GewArch 2006, 446, 449; Schüffner/Frank in: Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, 3. Aufl 2018, § 36 RdNr 126). Auch der Senat hat diesen Grundsätzen folgend in seiner Entscheidung vom 17.11.1999 (B 6 KA 10/99 R - SozR 3-2500 § 71 Nr 1 S 5) ausgeführt, dass der Rechtskreis einer K(Z)ÄV nicht betroffen ist, wenn sich die Aufsichtsbehörde gegenüber den ihrer Aufsicht unterliegenden Verbänden der Ersatzkassen auf eine Beratung iS des § 89 Abs 1 Satz 1 SGB IV beschränkt, um auf diese einzuwirken, die mit der K(Z)ÄV geschlossenen Verträge zu ändern.
2. Auch der - erstmals im Revisionsverfahren - gestellte hilfsweise Fortsetzungsfeststellungsantrag bleibt ohne Erfolg. Eine Fortsetzungsfeststellungsklage wäre nach Eintritt eines erledigenden Ereignisses zulässig, wenn die ursprüngliche Aufsichtsklage zulässig gewesen ist, ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis besteht und ein Feststellungsinteresse vorliegt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es fehlt bereits am Eintritt eines erledigenden Ereignisses (dazu bereits unter RdNr 21). Zudem war die Aufsichtsklage schon nicht zulässig.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des von ihr ohne Erfolg geführten Rechtsmittels zu tragen. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keine eigenen Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSG Urteil vom 31.5.2006 - B 6 KA 62/04 R - BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).
Fundstellen
Haufe-Index 15073941 |
BSGE 2022, 99 |