Beteiligte
Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen |
Landwirtschaftliche Alterskasse Oldenburg-Bremen |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 18. Mai 2000 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat den Klägern deren außergerichtliche Kosten für das Revisionsverfahren zu erstatten.
Gründe
I
Streitig ist, ob die Kläger zur Rückzahlung von Beitragszuschüssen verpflichtet sind, die ihnen die Bekalgte für die Monate Mai 1997 bis März 1998 nach § 32 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) in Höhe von jeweils DM 2.328 gewährt hatte.
Der Kläger zu 1. betreibt eine Landwirtschaft; er und die Klägerin zu 2. als seine Ehefrau sind bei der Beklagten pflichtversichert (§ 1 Abs 1 Nr 1 und Abs 3 ALG). Die Beklagte bewilligte ihnen jeweils mit den Bescheiden vom 26. April 1995, 9. Februar 1996, 13. Februar 1996, 11. November 1996 und 27. Januar 1997 Beitragszuschüsse in wechselnder Höhe auf der Grundlage der vorgelegten Einkommensteuerbescheide. Die letzte Neufeststellung mit den Bescheiden vom 3. April 1997 erfolgte hinsichtlich des Zeitraums ab 1. März 1997 (Zuschußbetrag monatlich DM 220) auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheides für das Veranlagungsjahr 1995 vom 19. Februar 1997, vorgelegt am 24. Februar 1997. Mit den Bescheiden der Beklagten wurde darauf hingewiesen, daß jeder neue Einkommensteuerbescheid spätestens bis zum Ablauf des zweiten auf das Datum des Bescheides folgenden Kalendermonats vorzulegen sei. Werde dem nicht entsprochen, ruhe der Anspruch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Bescheid vorgelegt wird. Der zwischenzeitlich gewährte Beitragszuschuß werde zurückgefordert.
Bereits am 19. März 1997 erließ das Finanzamt einen ebenfalls das Veranlagungsjahr 1995 betreffenden Neufeststellungsbescheid, der dem Steuerbevollmächtigten der Kläger am 21. März 1997 bekannt gegeben wurde. Diesen Bescheid legten die Kläger nicht vor; nach ihrem Vortrag hatte sich hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen nichts geändert. Am 4. März 1998 erließ das Finanzamt einen weiteren Neufeststellungsbescheid hinsichtlich des Veranlagungsjahres 1995, mit dem es den Bescheid vom 19. März 1997 abänderte. Diesen Bescheid übermittelten die Kläger am 16. März 1998 der Beklagten zusammen mit dem Einkommensteuerbescheid für das Veranlagungsjahr 1996. Mit den Bescheiden vom 1. Mai 1998 stellte die Beklagte daraufhin ua das Ruhen des Anspruchs auf Beitragszuschuß für die Monate Mai 1997 bis März 1998 fest, da der Einkommensteuerbescheid für das Veranlagungsjahr 1995 vom 19. März 1997 noch nicht und der weitere Neufeststellungsbescheid für das Veranlagungsjahr 1995 vom 4. März 1998 erst am 16. März 1998 vorgelegt worden sei. Die Überzahlung in Höhe von je DM 2.328 werde zurückgefordert. Den Widerspruch der Kläger wies die Beklagte mit den Bescheiden vom 31. August 1998 zurück.
Das Sozialgericht Oldenburg (SG) hat mit den Urteilen vom 22. Juni 1999 den Klagen stattgegeben. Das Landessozialgericht Niedersachsen (LSG) hat nach Verbindung der Rechtssachen mit Urteil vom 18. Mai 2000 die Berufung der Beklagten gegen die Urteile des SG zurückgewiesen, allerdings den Urteilstenor wie folgt gefaßt: „Die Bescheide der Beklagten vom 1. Mai 1998 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 31. August 1998 werden insoweit aufgehoben, als die Bewilligungen von Beitragszuschüssen für die Zeit von Mai 1997 bis März 1998 aufgehoben werden.” Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, daß nach § 32 Abs 4 ALG die Kläger verpflichtet gewesen seien, den Neufeststellungsbescheid hinsichtlich des Veranlagungsjahres 1995 vom 19. März 1997 vorzulegen, auch wenn die dort ausgewiesenen Einkünfte identisch mit denjenigen im Steuerbescheid vom 19. Februar 1997 gewesen seien. Die Feststellung, ob zuschußrelevante Änderungen eingetreten seien, obliege allein der Alterskasse. Gleichwohl hätten die Beitragszuschüsse nach § 32 Abs 4 Satz 1 ALG nicht geruht, denn es würde gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Übermaßverbot verstoßen, wenn das Ruhen ausgelöst werde, obwohl in den tatsächlichen Einkommensverhältnissen keine Änderung eingetreten sei. Die Rechtsnorm sei deshalb verfassungskonform – einschränkend – auszulegen.
Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten: § 32 Abs 4 und § 34 Abs 4 ALG iVm § 50 Abs 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) verstießen in ihren konkreten Auswirkungen nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Auslegung durch das LSG stehe in Widerspruch zum klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers. Der Wortlaut der Vorschriften lasse die vom LSG vorgenommene Differenzierung nicht zu. Im Gegensatz zum Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) erfolgten nach dem ALG Neufeststellungen wegen Änderung der Einkommensverhältnisse ab dem Folgemonat der Vorlage des Einkommensteuerbescheides lediglich für die Zukunft. Damit werde das Verfahren im Interesse der Verwaltung und der Versicherten vereinfacht. Die Realisierung der Vorzüge des neuen Rechts setze aber voraus, daß sämtliche dem Landwirt zugegangenen Einkommensteuerbescheide fristgerecht vorgelegt würden und keine Vorauswahl oder Maßgeblichkeitsprüfung durch die Versicherten stattfinde. Die durch die Neuregelung verhängte strenge Sanktion diene allein der Durchsetzung des neuen Verfahrens. Die einschränkende Auslegung der Gesamtregelung durch das LSG laufe dem Gesetzeszweck zuwider. Dem Gesetzgeber sei die Härte der Regelung bewußt gewesen, wie aus den Gesetzgebungsmaterialien zum später eingefügten § 107a ALG hervorgehe. Wegen der Anlaufschwierigkeiten sei in 30.000 Fällen auf die Erstattung von Beitragszuschüssen wegen nicht rechtzeitiger Vorlage der Einkommensteuerbescheide verzichtet worden. Danach habe aber die Regelung uneingeschränkt angewandt werden sollen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei nicht verletzt, denn die „Sanktion” sei geeignet, das neue Anrechnungsverfahren durchzusetzen. Sie sei auch erforderlich, da der Nachlässigkeit der Versicherten, wie die 30.000 Fälle in der „Anlaufzeit” gezeigt hätten, nicht anders begegnet werden könne. Ein milderes Mittel sei nicht ersichtlich, denn eine direkte Übermittlung der Einkommensteuerbescheide durch die Steuerverwaltung komme aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht in Betracht. Die „Sanktion” sei zumutbar, denn wer seiner Mitwirkungspflicht nachkomme, habe keine Rückforderung zu befürchten. Die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 Grundgesetz (GG) sei nicht tangiert, da der Beitragszuschuß aus Steuermitteln finanziert werde. Ebensowenig könne ein Verfassungsverstoß aus der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art 2 Abs 1 GG) oder dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) abgeleitet werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG sowie die Urteile des SG Oldenburg aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie betonen, daß sie ihre Mitwirkungspflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig mißachtet hätten. Durch die Neufeststellungsbescheide für das Veranlagungsjahr 1995 hätten sich die für die Höhe des Beitragszuschusses maßgeblichen Einkommen nicht geändert, die Finanzverwaltung habe lediglich die Einkommensteuer nach einem anderen Tarif berechnet. Im übrigen habe die Beklagte Ermessen dahingehend auszuüben, ob die gesamte Überzahlung zurückgefordert werde.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) einverstanden erklärt.
II
Die Revision der Beklagten erweist sich auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des Senats (1) als unbegründet. Zwar liegen die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für das Ruhen der Beitragszuschüsse für die Monate Mai 1997 bis März 1998 vor, denn auch Neufeststellungsbescheide der Finanzverwaltung ohne Auswirkungen auf die festgestellten Einkünfte und damit ohne Relevanz für den Beitragszuschuß sind fristgerecht vorzulegen (2). Die angefochtenen Bescheide sind jedoch deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte das ihr zustehende Ermessen nicht ausgeübt hat, ob die den Klägern gezahlten – und ihnen nach den tatsächlichen Einkommensverhältnissen zustehenden – Beitragszuschüsse in vollem Umfang oder nur teilweise ruhen und zurückzufordern sind (3).
(1)
Der Senat geht von folgenden Grundsätzen aus (vgl insoweit im einzelnen das Senatsurteil vom 17. August 2000 – B 10 LW 8/00 R, das den Beteiligten zur Kenntnis gegeben wurde):
Das mit dem ALG eingeführte Verfahren zur Berechnung des Beitragszuschusses (neue Anrechnungsmethode) stellt maßgeblich auf jene Einkünfte ab, die sich aus dem letzten (dem sich auf das zeitnächste Veranlagungsjahr beziehenden) Einkommensteuerbescheid ergeben (wenn für eines der letzten vier Kalenderjahre eine Veranlagung zur Einkommensteuer erfolgt ist): § 32 Abs 3 Satz 4 Nr 1 ALG. Damit ist die Alterskasse darauf angewiesen, jeweils die neuesten Einkommensteuerbescheide zu erhalten. Deshalb regelt § 32 Abs 4 Satz 1Halbsatz 1 ALG, daß ihr der Einkommensteuerbescheid spätestens zwei Kalendermonate nach seiner Ausfertigung vorzulegen ist. Geschieht dies, so werden die sich hieraus ergebenden Änderungen vom Ersten des auf die Vorlage des Bescheides folgenden Kalendermonats an berücksichtigt (§ 32 Abs 4 Satz 2 ALG).
Wird der Einkommensteuerbescheid erst verspätet vorgelegt, so ergeben sich hieraus unterschiedliche Konsequenzen, je nachdem, ob sich nach den Feststellungen im Steuerbescheid ein niedrigerer (a) oder ein gleich hoher oder höherer (b) Beitragszuschuß errechnet als bisher gezahlt.
(a) Soweit sich die Festsetzungen in dem neuen, der Alterskasse verspätet vorgelegten Einkommensteuerbescheid negativ auf den Beitragszuschuß auswirken – also zu einem niedrigeren oder gar keinem Anspruch führen –, erfolgt ab dem Beginn des dritten Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides (vgl § 107a Satz 2 ALG) eine Neufeststellung, und der Landwirt hat die entsprechende Überzahlung in jedem Fall zu erstatten. Dies folgt – auch ohne die Ruhensvorschrift des § 32 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 ALG – aus der Regelung des § 32 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 1 iVm § 34 Abs 4 ALG; nach der letztgenannten Vorschrift ist bei einer Änderung der für den Beitragszuschuß maßgebenden Verhältnisse die bisherige Bewilligung vom Zeitpunkt der Änderung an aufzuheben. Da diese Sonderregelung zu § 48 Abs 1 SGB X rückwirkende Neufeststellungen zu Lasten des Betroffenen erlaubt, ohne Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen (hierzu Senatsurteil vom 8. Oktober 1998, SozR 3-5868 § 32 Nr 2 S 14), kann der Betroffene jedenfalls keinen Vorteil daraus ziehen, daß der Alterskasse ein neuer, maßgeblicher Einkommensteuerbescheid erst verspätet bekannt wird. Der überzahlte Beitragszuschuß ist zurückzuzahlen (§ 50 Abs 1 SGB X).
(b) Soweit nicht bereits nach den Grundsätzen zu (a) der gesamte Beitragszuschuß zurückzuzahlen ist, greift die Ruhensvorschrift des § 32 Abs 4 Satz 1Halbsatz 2 ALG ein: Hiernach ruht – wird der Einkommensteuerbescheid nicht rechtzeitig vorgelegt – der Beitragszuschuß vom Beginn des Monats, in dem der Bescheid (gemeint: noch) fristgemäß hätte vorgelegt werden können, bis zum Ablauf des Monats der tatsächlichen Vorlage. Die Regelung setzt bereits vom Tatbestand her ein Verschulden voraus (s hierzu das Senatsurteil vom 17. August 2000 – B 10 LW 8/00 R unter II 1, S 8 des Umdrucks). Die Leistungsbewilligung ist insoweit aufzuheben. Dies geschieht naturgemäß stets rückwirkend, da der Alterskasse die Existenz eines neuen Einkommensteuerbescheides nicht bereits mit seinem Erlaß bekannt wird. Die Aufhebung der Leistungsbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit (wegen des nachträglich festgestellten Ruhens) ist auch hier ohne weitere Voraussetzungen und ohne Rücksicht auf einen etwaigen Vertrauensschutz möglich (§ 34 Abs 4 ALG); ein für den Ruhenszeitraum gezahlter Beitragszuschuß ist dann zurückzuzahlen (§ 50 Abs 1 SGB X).
Der Ruhensvorschrift des § 32 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 ALG kommt damit ein reiner Sanktionscharakter zu. Sie ist unter entsprechender Anwendung des § 67 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) verfassungskonform einschränkend auszulegen: Die Alterskasse hat ein Ermessen auszuüben, ob der im Ruhenszeitraum ausgezahlte und nach dem maßgeblichen Steuerbescheid auch zustehende Beitragszuschuß in voller Höhe ruht oder lediglich teilweise (Senatsurteil vom 17. August 2000 – B 10 LW 8/00 R unter II 3 und 4, S 13 ff des Umdrucks).
(2)
Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, daß für die Monate Mai 1997 bis März 1998 nach Maßgabe des § 32 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 ALG die tatbestandlichen Voraussetzungen für das Ruhen der Beitragszuschüsse der Kläger vorlagen. Der zweite Einkommensteuerbescheid für das Veranlagungsjahr 1995, ausgefertigt am 19. März 1997, hätte spätestens zwei Kalendermonate nach seiner Ausfertigung vorgelegt werden müssen, also bis Ende Mai 1997. Der mögliche Ruhenszeitraum setzt deshalb mit Beginn des Monats ein, in dem der Bescheid (noch) rechtzeitig hätte vorgelegt werden können, also dem Monat Mai 1997. Die Beklagte hat diesen Bescheid erst im sozialgerichtlichen Verfahren erhalten. Dies ist aber für die Zeit ab April 1998 unschädlich. Das Ruhen der Beitragszuschüsse als Sanktionsmaßname endete Ende März 1998. Denn die Kläger haben am 16. März 1998 den dritten Einkommensteuerbescheid vom 4. März 1998 für das Veranlagungsjahr 1995 zusammen mit dem Einkommensteuerbescheid vom 9. März 1998 für das Veranlagungsjahr 1996 vorgelegt. Der letztgenannte Bescheid geht als zeitnäherer Einkommenssteuerbescheid vor und es hat ungeachtet der noch ausstehenden Vorlage des zweiten Einkommensteuerbescheides für das Veranlagungsjahr 1995 in jedem Fall eine Neufeststellung ab Beginn des Folgemonats nach § 32 Abs 4 Satz 2 ALG, also April 1998, zu erfolgen. Die Beklagte hat dies beachtet, denn nach den angefochtenen Bescheiden endete das Ruhen Ende März 1998 und ab Beginn des Monats April 1998 erfolgte eine Neufeststellung der Beitragszuschüsse auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheides für das Veranlagungsjahr 1996 (zur Beendigung des Ruhens nach Vorlage eines zeitnäheren Einkommensteuerbescheides vgl Urteil des Senats vom heutigen Tag – B 10 LW 19/00 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Entgegen der Rechtsmeinung des LSG entfiel das Ruhen gemäß § 34 Abs 4 Satz 1 Halbs 2 ALG jedoch nicht etwa deshalb von vornherein, weil der hier maßgebliche erste Änderungsbescheid zum Einkommensteuerbescheid 1995 im Ergebnis auf die Berechnung des Beitragszuschusses keinen Einfluß hatte. Denn die Vorlagepflicht des § 32 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 ALG erstreckt sich jedenfalls auf alle – als solche bezeichneten – Einkommensteuerbescheide, die sich auf die zeitnächste Veranlagung beziehen: hier also bis zum 16. März 1998 (dem Tag der Einreichung des Einkommensteuerbescheides 1996 bei der Beklagten) die Veranlagung für das Jahr 1995. Kommt es nicht nur auf den Veranlagungszeitraum an, sondern ist der Inhalt des Steuerbescheides im einzelnen relevant, kann es – anders als oben erörtert – nicht der eigenen Prüfung des versicherten Landwirts überlassen bleiben, ob sich geänderte Festsetzungen eines Änderungsbescheides auf den Zuschuß auswirken oder nicht. Dies obliegt vielmehr der Beurteilung der Alterskasse.
Den Klägern ist auch ein schuldhaftes, zumindest fahrlässiges Verhalten – als Voraussetzung für das Ruhen nach § 32 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 ALG (s hierzu Senatsurteil vom 17. August 2000 – B 10 LW 8/00 R – unter II 1; zum maßgeblichen Verschuldensbegriff vgl Senatsurteil vom 17. August 2000 – B 10 LW 22/99 R – S 7 der Gründe, mwN; BSG vom 20. September 1977, BSGE 44, 264, 273) – vorzuwerfen. Ohne Verschulden handelt danach jener Betroffene, der die Sorgfalt beachtet, die einem im jeweiligen Verwaltungsverfahren gewissenhaft Handelnden nach den gesamten Umständen des jeweiligen Falles zuzumuten ist. Die Kläger waren von der Beklagten wiederholt und unmißverständlich auf ihre aus § 32 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 ALG folgenden Pflichten hingewiesen worden. Tatsächlich haben sie sich, von der unterlassenen Vorlage des zweiten Einkommensteuerbescheides für das Veranlagungsjahr 1995 einmal abgesehen, auch entsprechend verhalten und damit unter Beweis gestellt, daß sie ihre Pflichten durchaus kannten.
(3)
Die angefochtenen Bescheide leiden jedoch insoweit an einem Rechtsfehler, als die Beklagte das ihr nach der Rechtsprechung des Senats obliegende Ermessen über den Umfang des Ruhens – und der daraus folgenden Rückforderung – (zu Einzelheiten siehe das Senatsurteil vom 17. August 2000 – B 10 LW 8/00 R unter II 3 und 4) nicht ausgeübt hat. Hier kann die Berücksichtigung des Umstandes durchaus sachgerecht sein, daß der verspätet vorgelegte Änderungsbescheid an der Festsetzung der Einkünfte festgehalten und damit keinerlei Einfluß auf die Zuschußhöhe hatte. Im Gegensatz zur Meinung des LSG gebietet das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Übermaßverbot nicht, auf die Sanktion gänzlich zu verzichten.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen