Beteiligte
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 1. Oktober 1999 aufgehoben, soweit mit ihm höhere Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 28. November bis 31. Dezember 1997 abgelehnt worden ist, und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Im Streit ist (nur noch) die Zahlung höherer Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 28. November bis 31. Dezember 1997.
Der 1942 geborene Kläger war von 1963 bis 30. September 1994 bei den amerikanischen Streitkräften in Berlin als Zivilangestellter beschäftigt. Nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis wurde dem Kläger eine monatliche Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherheit der Arbeitnehmer bei den alliierten Behörden und Streitkräften in Berlin vom 10. April 1974 (TV SozSich Berlin) gezahlt, der zwischen dem Land Berlin und ua der Gewerkschaft „Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr” (ÖTV), deren Mitglied der Kläger war und ist, abgeschlossen worden war.
Die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) zahlte dem Kläger ab 1. Oktober 1994 Arbeitslosengeld (Alg) und ab 28. November 1996 Anschluß-Alhi – zuletzt in Höhe von 391,20 DM wöchentlich – (bewilligt bis 27. November 1997), ohne die monatliche Überbrückungsbeihilfe abzusetzen. Ab 9. Oktober 1997 berücksichtigte die Beklagte jedoch wegen einer bereits zum 1. April 1997 eingetretenen Gesetzesänderung Überbrückungsbeihilfe in Höhe von monatlich 1.239,98 DM (= 286,15 DM wöchentlich) als Einkommen und senkte die Alhi auf 105,06 DM wöchentlich ab (Bescheid vom 23. Oktober 1997). Auch ab Beginn des neuen Bewilligungsabschnitts, ab 28. November 1997, gewährte sie Alhi nur noch in Höhe von 105,06 DM wöchentlich (Bescheid vom 23. Oktober 1997; Widerspruchsbescheid vom 20. November 1997).
Die auf höhere Alhi ab 28. November 1997 gerichtete Klage blieb erst- und zweitinstanzlich erfolglos (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 29. Juni 1998; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 1. Oktober 1999). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Bescheid der Beklagten sei aufgrund der verfassungsrechtlich unbedenklichen Neufassung des § 138 Abs 3 Nr 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) gerechtfertigt. Danach blieben als Einkommen bei der Gewährung von Alhi nicht mehr wie vor dem 1. April 1997 alle Leistungen unberücksichtigt, die – wie die Überbrückungsbeihilfe – unter Anrechnung der Alhi gewährt würden, sondern nur noch die, für die das nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften der Fall sei. Um derartige Leistungen handele es sich indes bei der tarifvertraglichen Überbrückungsbeihilfe nicht.
Der Kläger rügt einen Verstoß gegen § 138 Abs 3 Nr 4 AFG. Er ist der Ansicht, die Neufassung dieser Vorschrift habe keine wesentliche Änderung gegenüber dem früheren Rechtszustand erbracht. Auch weiterhin handele es sich bei der an ihn gezahlten Überbrückungsbeihilfe um privilegiertes Einkommen, das nicht zu einer niedrigeren Alhi führen dürfe. Insoweit greife zusätzlich § 138 Abs 3 Nr 6 AFG ein (Leistungen zum Ausgleich eines Schadens, soweit sie nicht für entgangenes oder entgehendes Einkommen oder für den Verlust gesetzlicher Unterhaltsansprüche gewährt würden). Bei anderer Auslegung verstoße die Regelung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG – insbesondere im Hinblick auf die Ungleichbehandlung gegenüber Empfängern einmaliger Abfindungen – gegen Art 3 Grundgesetz (GG) und, weil der vorliegende Fall von der Übergangsvorschrift des § 242x Abs 7 AFG nicht erfaßt werde, gegen Art 20 Abs 3 GG (Vertrauensschutz).
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des LSG- und des SG-Urteils sowie des Bescheids vom 23. Oktober 1997 über die Bewilligung von Alhi ab 28. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. November 1997 zu verurteilen, ihm höhere Alhi ohne Berücksichtigung der Überbrückungsbeihilfe als Einkommen für die Zeit vom 28. November bis 31. Dezember 1997 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, bei der dem Kläger gezahlten Überbrückungsbeihilfe handele es sich nach der verfassungsrechtlich unbedenklichen Neufassung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG nicht mehr um privilegiertes Einkommen. Die Überbrückungsbeihilfe habe außerdem Lohnersatzfunktion, so daß eine Anwendung des § 138 Abs 3 Nr 6 AFG ausscheide. Schließlich greife auch § 11 Satz 1 Nr 6 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) mit seiner Privilegierung von „aus sozialen Gründen gewährten Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln” nicht ein, weil es sich bei der Überbrückungsbeihilfe nicht um eine Leistung handele, die den in dieser Vorschrift genannten Leistungen vergleichbar sei.
II
1. Die Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫). Das LSG hat den Privilegierungstatbestand des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV vom 7. August 1974 (in Kraft seit 1. September 1974, hier idF, die § 11 durch die 4. Verordnung zur Änderung der AlhiV vom 27. Juni 1995 – BGBl I 902 – erhalten hat) nicht zugunsten des Klägers angewandt. Bei der dem Kläger gewährten Überbrückungsbeihilfe handelt es sich um eine aus sozialen Gründen gewährte Zuwendung aus öffentlichen Mitteln iS dieser Vorschrift. Jedoch ist mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG keine Entscheidung darüber möglich, ob daraus zugunsten des Klägers eine höhere Alhi resultiert, als sie von der Beklagten bewilligt worden ist.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist aufgrund der in der mündlichen Verhandlung erklärten Beschränkung der Revision nur noch die Gewährung höherer Alhi für die Zeit vom 28. November (Beginn eines neuen Bewilligungszeitraums) bis 31. Dezember 1997 (Bewilligungsbescheid vom 23. Oktober 1997; Widerspruchsbescheid vom 20. November 1997). Hierüber ist auf die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und Abs 4 SGG) zu befinden. Allerdings sind im Hinblick auf § 139a Abs 2 AFG alle Voraussetzungen für die Gewährung von Alhi dem Grunde und der Höhe nach ohne Bindung an die frühere Bewilligung zu prüfen (vgl zuletzt Urteil des Senats vom 27. Juli 2000 – B 7 AL 42/99 R –, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Dies bedeutet, daß nicht nur über einzelne Berechnungselemente, insbesondere – wie vorliegend – über die Berücksichtigung der Überbrückungsbeihilfe bei der Bedürftigkeit, zu entscheiden ist, sondern der dem Kläger zustehende Alhi-Zahlbetrag nach Bemessungsentgelt (Arbeitsentgelt) iS des § 136 Abs 2 AFG (und § 136 Abs 2b AFG), Leistungsgruppe (§§ 136 Abs 3 Satz 2, 111 Abs 2 Sätze 2 bis 6 AFG, § 134 Abs 4 Satz 1 AFG iVm § 113 AFG), Nettolohnersatzquote (§ 136 Abs 1 AFG) und zu berücksichtigendem Einkommen (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AFG iVm §§ 137, 138 AFG) zu ermitteln ist (vgl nur BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 13 S 72). Das Urteil des LSG enthält insoweit nur Ausführungen und tatsächliche Feststellungen zur Beurteilung des § 138 Abs 3 AFG betreffend die Berücksichtigung der Überbrückungsbeihilfe als Einkommen.
Der Höhenstreit im sozialgerichtlichen Verfahren ist aber grundsätzlich keiner gesonderten Entscheidung über einzelne Berechnungselemente zugänglich, wie sie § 113 Abs 2 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) für das verwaltungsgerichtliche Verfahren eröffnet (BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 13 S 72; SozR 3-4100 § 138 Nr 10 S 54). Ob allerdings die Ansicht aufrechterhalten bleiben kann, daß ein Grundurteil bei einem Höhenstreit gemäß § 130 SGG, also eine Verurteilung zu einer höheren Leistung dem Grunde nach, unzulässig ist (so BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 10 S 54; aA BSG SozR 2200 § 1241 Nr 22 S 78; zum Problem vgl auch BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 13 S 72 und SozR 4100 § 138 Nr 14 S 52 f), bedarf keiner Entscheidung. Denn die sonstigen Voraussetzungen für ein Grundurteil – bei Annahme seiner Zulässigkeit auch im Höhenstreit – liegen nicht vor (vgl zu den Voraussetzungen eines Grundurteils: BSGE 66, 44, 47 mwN = SozR 5795 § 7 Nr 1; BSG SozR 3-1500 § 141 Nr 8 mwN; Pawlak in Hennig, SGG, Stand Juli 1999, RdNrn 56 ff zu § 130); die tatsächlichen Feststellungen des LSG ermöglichen auch keine hinreichend sichere Aussage darüber, ob dem Grunde nach ein Anspruch auf höhere Leistung zu bejahen ist.
2. Im Ergebnis hat das LSG zu Unrecht entschieden, daß die dem Kläger gezahlte Überbrückungsbeihilfe im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung als Einkommen zu berücksichtigen ist. Dies beurteilt sich nach § 138 Abs 3 AFG (hier idF, die § 138 durch das Arbeitsförderungs-Reformgesetz ≪AFRG≫ vom 24. März 1997 – BGBl I 594 –, in Kraft seit 1. April 1997, erhalten hat) und nach § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV. Nach § 138 Abs 3 AFG (vgl seit 1. Januar 1998 § 194 Abs 3 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – ≪SGB III≫) gelten ua nicht als Einkommen:
- Leistungen, die nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften unter Anrechnung der Alhi gewährt werden (Nr 4; vgl seit 1. Januar 1998 § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III) – im folgenden unter 3 –
- Leistungen zum Ausgleich eines Schadens, soweit sie für entgangenes oder entgehendes Einkommen oder für den Verlust gesetzlicher Unterhaltsansprüche gewährt werden (Nr 6; vgl seit 1. Januar 1998 § 194 Abs 3 Nr 7 SGB III) – im folgenden unter 4 –
- … Zuwendungen, … die ein Dritter zur Ergänzung der Alhi gewährt, ohne dazu rechtlich oder sittlich verpflichtet zu sein (Nr 7; vgl seit 1. Januar 1998 § 194 Abs 3 Nr 8 SGB III) – im folgenden unter 5 –
Außer den in § 138 Abs 3 AFG genannten Einkommen gelten gemäß § 11 Satz 1 AlhiV iVm § 138 Abs 4 AFG ua nicht als Einkommen
die aus sittlichen oder sozialen Gründen gewährten Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln, insbesondere solche, die wegen Bedürftigkeit an besonders verdiente Personen oder Künstler oder deren Hinterbliebene gewährt werden (Nr 6; vor Änderung durch die 3. Verordnung zur Änderung der AlhiV vom 10. Oktober 1990 – BGBl I 2171 – Nr 8; zur Weitergeltung der AlhiV ab 1. Januar 1998 Art 81 und 82 AFRG) – im folgenden unter 6 -
3. Es spricht vieles dafür, daß die Voraussetzungen des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG nicht vorliegen. Dabei kann dahinstehen – was für die am Rechtsstreit Beteiligten weitgehend im Vordergrund stand –, ob § 138 Abs 3 Nr 4 AFG durch das AFRG mit Wirkung zum 1. April 1997 tatsächlich zum Nachteil des Klägers geändert worden ist. Eine solche nachteilige Gesetzesänderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG wurde von der Beklagten und den Vorinstanzen darin gesehen, daß nunmehr nur noch Leistungen „nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften” privilegiert werden sollten und die Überbrückungsbeihilfe eben nicht nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften im Sinne dieser Norm, sondern aufgrund eines „Tarifvertrags” gewährt werde.
Vorliegend ist indes die Anwendung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG aF in der Zeit vor dem 1. April 1997 schon deshalb zweifelhaft, weil es sich bei der dem Kläger gewährten Überbrückungsbeihilfe entgegen der Auffassung der Beklagten wohl von vornherein nicht um eine Leistung gehandelt hat, die „unter Anrechnung der Alhi” gewährt wurde. Denn die Anrechnung der Alhi auf die Überbrückungsbeihilfe würde voraussetzen, daß die Überbrückungsbeihilfe dem Empfänger dem Grunde und der Höhe nach zunächst ohne Rücksicht auf einen Bezug von Alhi zustünde (vgl Burger, Der Einkommensbegriff im öffentlichen Schuldrecht, 1991, S 182), also – was auch die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG (vgl BT-Drucks 13/4941, S 240 zu Nr 25, BT-Drucks 13/5676, S 6 zu Nr 18, BT-Drucks 13/5730, S 3 zu Nr 18) voraussetzt – durch den Schuldner ein Mindestbetrag garantiert wird, der sich jeweils um den Alhi-Betrag reduzieren würde. Voraussetzung dafür, daß die Überbrückungsbeihilfe „unter Anrechnung der Alhi” iS des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG (alter wie neuer Fassung) gezahlt wird, wäre mithin, daß ein bestimmter, geschuldeter Betrag X an Überbrückungsbeihilfe jeweils um die real gezahlte Alhi reduziert würde, ohne daß sich hinsichtlich des garantierten Gesamtbetrags (als jeweiliger Summe aus Überbrückungsbeihilfe und Alhi) eine Änderung ergibt. Gerade dies dürfte jedoch nach § 4 Nrn 1 und 2 TV SozSich Berlin nicht der Fall sein.
Zur Auslegung der Regelungen des TV SozSich Berlin war der Senat berechtigt. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei diesem Vertrag um einen (normativ wirkenden) Tarifvertrag und insbesondere im Hinblick auf den inhaltsgleichen Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungskräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV SozSich Bundesrepublik) um nach § 162 SGG revisibles Recht handelt (vgl zur Revisibilität von Tarifverträgen nur: BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 15 S 103; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl 1998, RdNr 5a zu § 162 mwN). Der Senat dürfte allerdings die Regelungen dieses Vertrags als Tarifvertrag selbst bei dessen Nicht-Revisibilität auslegen, weil das LSG den Inhalt des Vertrags in seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen hat (vgl: BSGE 7, 122, 125; 53, 242, 245; 62, 131, 133 = SozR 4100 § 141b Nr 40; BSG SozR 5050 § 15 Nr 38 S 135 f); der über § 202 SGG anwendbare § 562 der Zivilprozeßordnung (ZPO) steht dann einer Auslegung durch das Revisionsgericht nicht entgegen. Handelte es sich bei dem TV SozSich Berlin indes nicht um einen Tarifvertrag mit normativ wirkenden Regelungen, so stünde die Vereinbarung jedenfalls in ihrer generellen und abstrakten Bedeutung Normen gleich (vgl dazu BSG, Urteil vom 24. November 1994 – 7 RAr 54/93 –, DBlR Nr 4174a zu § 3 AFG) und dürfte deshalb wie eine vorformulierte, „typische Erklärung” (vgl BSGE 63, 167, 171 = SozR 5870 § 10 Nr 9; BSG, Urteil vom 8. Februar 1996 – 11 RAr 61/95 –, unveröffentlicht) vom Revisionsgericht ausgelegt werden (BSG, Urteil vom 24. November 1994, aaO).
Nach § 4 Nr 1 Buchst b TV SozSich Berlin wird Überbrückungsbeihilfe gezahlt zu den Leistungen der BA aus Anlaß von Arbeitslosigkeit oder beruflichen Bildungsmaßnahmen (Alg/Alhi, Unterhaltsgeld ≪Uhg≫). Nach § 4 Nr 2 Buchst a Abs 1 TV SozSich Berlin wird die Überbrückungsbeihilfe zu den Leistungen der BA (Nr 1 Buchst b) „in den Fällen des § 44 Abs 4 AFG, der §§ 115, 121, 123, 126, 233 Abs 2 AFG nach dem ungekürzten Alg bzw Uhg berechnet; entsprechendes gilt für die Alhi”. Dies zeigt, daß § 4 Nr 1 und Nr 2 TV SozSich Berlin keine Anrechnungsnormen im soeben aufgezeigten Sinn enthalten (ebenso das Bundesarbeitsgericht ≪BAG≫, Urteil vom 1. Oktober 1998 – 6 AZR 228/97 –, AP Nr 6 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 495, 496). Eine Anrechnungsnorm findet sich vielmehr erst in § 5 TV SozSich Berlin, der ausdrücklich normiert, welche anderen Leistungen als gerade die nach § 4 Nr 1 auf die Überbrückungsbeihilfe anzurechnen sind. Darüber hinaus ist nach § 4 Nr 2 Buchst a Abs 2 TV SozSich Berlin für Fälle eines wegen Bedürftigkeit fehlenden Alhi-Anspruchs geregelt, daß (nur) „die zuvor zum Alg gezahlte Überbrückungsbeihilfe innerhalb des Anspruchszeitraums nach § 4 Nr 5 TV SozSich Berlin insgesamt bis zur Dauer von 52 Wochen – längstens jedoch bis zum Ablauf des Anspruchszeitraums – weitergezahlt” wird. Aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen des TV SozSich Berlin ergibt sich mithin, daß es bereits vor der Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG zum 1. April 1997 äußerst zweifelhaft gewesen sein dürfte, ob die Überbrückungsbeihilfe als Leistung, die unter Anrechnung der Alhi gewährt wird, privilegiert war.
Dieser Umstand dürfte auch ein Grund für die Redaktionsbesprechung vom 14. und 15. April 1971 in Bonn zwischen Vertretern des Bundes einerseits und Vertretern der DGB-Gewerkschaften sowie der Deutschen Angestelltengewerkschaft andererseits über den TV SozSich Bundesrepublik vom 31. August 1971 gewesen sein, deren Niederschrift das Bundesministerium der Finanzen (BMF) dem Senat im Verfahren B 7 AL 72/99 R zugänglich gemacht hat. Danach hat sich der BMF verpflichtet, den Gewerkschaften eine schriftliche Bestätigung der Erklärung des Vertreters des zuständigen Bundesressorts zu übermitteln, daß die Überbrückungsbeihilfe keine Anrechnung auf das Alg oder die Alhi finde. Die Problematik der Frage, ob die Überbrückungsbeihilfe unter den Privilegierungstatbestand des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG aF fällt – die AlhiV war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erlassen –, war den Vertragsparteien offenbar bewußt. Gleichwohl wurde der dem vorliegenden TV SozSich Berlin vom 10. April 1974 inhaltlich entsprechende TV SozSich Bundesrepublik abgeschlossen; auf Bitte der Bundesregierung – vgl die Niederschrift über die Redaktionsbesprechung vom 14./15. April 1971 – wurde danach auch – ebenfalls noch vor Inkrafttreten der AlhiV – der TV SozSich Berlin mit gleichem Inhalt abgeschlossen.
Daß die Beklagte in der Folgezeit § 138 Abs 3 Nr 4 AFG bis zur Gesetzesänderung durch das AFRG zum 1. April 1997 wohl entsprechend dieser Niederschrift vom 14./15. April 1971 ausgelegt hat, ändert nichts an der soeben aufgezeigten Zweifelhaftigkeit der Rechtslage bereits zu § 138 Abs 3 Nr 4 AFG aF. Dies gilt um so mehr, als die Gesetzesänderung damit begründet wurde, daß die Leistung der aus Steuermitteln des Bundes finanzierten Alhi nicht mehr vertretbar sei, soweit der Arbeitslose auf andere Weise, zB durch eine Nettolohngarantie seines früheren Arbeitgebers, gesichert sei (BT-Drucks 13/4941, S 240 zu Nr 25). Eine Mindestentgeltgarantie sieht aber die Bundesrepublik Deutschland in den vertraglichen Regelungen der Tarifverträge vom 31. August 1971 und 10. April 1974 selbst nicht (vgl das beim BAG anhängige Revisionsverfahren 6 AZR 420/99). Die Bejahung einer Mindestentgeltgarantie würde ohnedies dazu führen, daß letztlich Alhi überhaupt nicht mehr und nur noch Überbrückungsbeihilfe zu zahlen wäre (vgl aber die damit unvereinbare Regelung des § 4 Nr 4 Buchst b TV SozSich Berlin).
Dann aber dürfte sich die Frage nicht mehr stellen, ob § 138 Abs 3 Nr 4 AFG in der ab 1. April 1997 geänderten Form trotz der Beschränkung auf Leistungen, die nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften gewährt werden, nach Sinn und Zweck der Neuregelung weiterhin die Überbrückungsbeihilfe erfaßt, die jedenfalls nach der Wiedervereinigung unmittelbar zu Lasten des Bundeshaushalts gezahlt und jeweils im Haushaltsplan des Bundes, also in einem formellen Gesetz (vgl Art 110 Abs 2 GG), ausgeworfen wird (Mitteilung des BMF). Wäre schon § 138 Abs 3 Nr 4 AFG aF nicht einschlägig, so würde sich auch die Frage nicht stellen, inwiefern § 242x Abs 7 iVm Abs 3 Satz 1 Nrn 2 und 3 AFG als Übergangsvorschrift die Rechte des erst nach dem dort vorgesehenen Stichtag – 14. Februar 1941 – geborenen Klägers in unzulässiger Weise einschränkt. Ohne unmittelbare Bedeutung ist zudem, ob § 138 Abs 3 Nr 4 AFG – unabhängig vom Charakter der Überbrückungsbeihilfe – „private” Leistungen erfassen sollte (so BT-Drucks 13/4941, S 240 zu Nr 25, BT-Drucks 13/5676, S 6 zu Nr 8, BT-Drucks 13/5730, S 3 zu Nr 18), oder nicht eher – wie § 150 Abs 4 Nr 4 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) nur „Unterstützungen anderer Leistungsträger” meinte (so BT-Drucks V/2291, S 86 zu § 136 Abs 2 bis 4: „Vorschriften entsprechen denen des AVAVG”).
4. Die Voraussetzungen des § 138 Abs 3 Nr 6 AFG für eine Privilegierung der Überbrükkungsbeihilfe liegen entgegen der Ansicht des Klägers nicht vor. Nicht als Einkommen gelten nach § 138 Abs 3 Nr 6 AFG Leistungen zum Ausgleich eines Schadens, soweit sie nicht für entgangenes oder entgehendes Einkommen oder für den Verlust gesetzlicher Unterhaltsansprüche gewährt werden. Die Überbrückungsbeihilfe wird hingegen zum Ausgleich für entgangenes oder entgehendes Einkommen gewährt. Die Überbrückungsbeihilfe soll – befristet oder unbefristet – zusammen mit sonstigen Einkünften (Arbeitsentgelte, bestimmte Lohnersatzleistungen) zunächst Einkünfte in der Höhe, wie sie im fortbestehenden Arbeitsverhältnis als Grundvergütung bezogen worden wären, und nach Ablauf eines Jahres in geringfügig verminderter Höhe gewährleisten (BAG, Urteil vom 1. Oktober 1998 – 6 AZR 228/97 –, AP Nr 6 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 495, 497; Urteil vom 20. Mai 1999 – 6 AZR 451/97 –, AP Nr 7 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 1342, 1343). Dies zeigt sich insbesondere daran, daß sich die Höhe der Überbrückungsbeihilfe aus dem Unterschied zwischen bestimmten Prozentsätzen einer Bemessungsgrundlage (§ 4 Nr 3 TV SozSich Berlin) und den in § 4 Nrn 1 und 2 genannten Einkünften (also auch Alg bzw Alhi) des entlassenen Arbeitnehmers ergibt (§ 4 Nr 4 TV SozSich Berlin). Damit orientiert sich die Höhe der Überbrückungsbeihilfe an der Grundvergütung für die vertragliche regelmäßige Arbeitszeit eines Kalendermonats im Zeitpunkt der Entlassung (§ 4 Nr 3 Buchst a TV SozSich Berlin; vgl BAG, Urteil vom 23. Februar 1995 – 6 AZR 615/94 –, AP Nr 5 zu § 42 TVAL II = NZA 1996, 98, 99).
5. Bei der Überbrückungsbeihilfe handelt es sich auch nicht um privilegiertes Einkommen iS des § 138 Abs 3 Nr 7 AFG. Nach dieser Norm sind abzusetzen Unterstützungen aufgrund eigener Vorsorge für den Fall der Arbeitslosigkeit und Zuwendungen, die die freie Wohlfahrtspflege oder die ein Dritter zur Ergänzung der Alhi gewährt, ohne dazu rechtlich oder sittlich verpflichtet zu sein. Es kann hier dahinstehen, ob es sich bei der Überbrükkungsbeihilfe überhaupt um eine Zuwendung handelt, die zur Ergänzung der Alhi gewährt wird (vgl nur § 4 Nr 2 Buchst a Abs 2 TV SozSich Berlin). Jedenfalls wird sie von einem Dritten, gleichgültig ob von der Bundesrepublik Deutschland oder dem Land Berlin, aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung gewährt. Ob dabei die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich Berlin vorlagen und inwieweit dieser Vertrag zulässigerweise eine solche Leistung überhaupt regeln durfte, ist hierbei ohne Belang. Es genügt im Rahmen des § 138 Abs 3 Nr 7 AFG, daß die Leistung aus der Sicht des Schuldners zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erbracht worden ist. Schon dann fehlt es an der Freiwilligkeit, die die Regelung hinsichtlich der Leistungsgewährung voraussetzt.
6. Allerdings greift zugunsten des Klägers der neben § 138 Abs 3 AFG anwendbare § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV ein. Zwar handelt es sich bei der Überbrückungsbeihilfe nicht um die in dieser Norm ausdrücklich genannten Zuwendungen, die wegen Bedürftigkeit an besonders verdiente Personen oder Künstler oder deren Hinterbliebene gewährt werden (vgl hierzu auch § 3 Nrn 20 und 43 Einkommensteuergesetz). Jedoch macht bereits die Formulierung des § 11 Satz 1 Nr 6 AFG („insbesondere”) deutlich, daß es sich um eine lediglich exemplarische und keinesfalls abschließende Aufzählung von aus sittlichen oder sozialen Gründen gewährten Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln handelt. Die dem Kläger aufgrund des TV SozSich Berlin gezahlte Überbrückungsbeihilfe erfüllt ebenfalls die allgemeinen Voraussetzungen dieser Norm für eine Privilegierung. Die Überbrückungsbeihilfe wurde aus sozialen Gründen gezahlt (siehe sogleich unter a). Sie wurde auch aus öffentlichen Mitteln iS des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV gewährt (vgl unter b). Schließlich bestehen weder aus dem Gesamtzusammenhang und der Systematik der gesetzlichen Vorschriften über die Anrechnung von Einkommen auf die Alhi noch aus Gesichtspunkten höherrangigen Rechts Bedenken gegen eine Anwendung des Privilegierungstatbestands des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV auf die Überbrückungsbeihilfe (vgl unter c).
a) Die Überbrückungsbeihilfe wurde aus sozialen Gründen gezahlt. Dies macht die Zielsetzung der aufgrund des TV SozSich Berlin gezahlten Überbrückungsbeihilfe unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung deutlich. Der Kläger gehört zur Gruppe der bei den ausländischen Streitkräften beschäftigten Arbeitnehmer, deren Rechtsstellung und Arbeitsbedingungen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs besondere Ausgestaltungen erfahren haben. Für die Bundesrepublik Deutschland ohne West-Berlin galten hierbei Regelungen des Abkommens zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATO-Truppenstatut ≪NATOTrStat≫ vom 19. Juni 1951) und des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des NATOTrStat hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (NATOTrStatZAbk). Obwohl Arbeitgeber der bei den fremden Streitmächten beschäftigten Arbeitnehmer der jeweilige Entsendestaat war und ist (BAG, Urteil vom 1. Oktober 1998 – 6 AZR 228/97 –, AP Nr 6 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 495, 496; Beschluß vom 9. Februar 1993 – 1 ABR 43/92 –, AP Nr 17 zu Art 56 NATOTrStatZAbk mwN), obliegt es nach § 56 Abs 5 NATOTrStatZAbk den deutschen Behörden, im Einvernehmen mit den Behörden einer Truppe oder eines zivilen Gefolges die als Grundlage für die einzelnen Arbeitsverträge dienenden Arbeitsbedingungen, einschließlich der Löhne, der Gehälter und der Einreihung der einzelnen Tätigkeitsarten in Lohn- und Gehaltsgruppen, festzusetzen, Tarifverträge abzuschließen und das Entlohnungsverfahren zu regeln. Trotz fehlender Arbeitgebereigenschaft und damit Tariffähigkeit iS des § 2 Tarifvertragsgesetz war damit der Bundesrepublik Deutschland die Tarifzuständigkeit zum Abschluß von Tarifverträgen zugestanden worden (Marschall in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 2, 1993, § 166 RdNr 13; BAG, Urteil vom 1. Oktober 1998 – 6 AZR 228/97 –, AP Nr 6 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 495, 496). Die Bundesrepublik Deutschland trat gegenüber den Arbeitnehmern hinsichtlich der Lohn- und Gehaltszahlungen lediglich in Vorleistung, und die Stationierungsstreitkräfte erstatteten ihr die verauslagten Summen (Volk, Die Rechtsstellung der deutschen Zivilbeschäftigten bei den Stationierungsstreitkräften im Bundesgebiet und bei den alliierten Streitkräften in West-Berlin, 1972, S 229 ff). Bei Rechtsstreitigkeiten waren die Klagen statt gegen den Arbeitgeber gegen die Bundesrepublik zu richten (Art 56 Abs 8 NATOTrStatZAbk).
Aufgrund der alliierten Vorbehaltsrechte (vgl nur Marschall aaO, § 166 RdNr 10, und Volk aaO, S 10 f mwN; vgl auch zum Status Berlins aufgrund des Besatzungsrechts allgemein Waitz von Eschen, Die völkerrechtliche Kompetenz der Vier Mächte zur Gestaltung der Rechtslage Deutschlands nach dem Abschluß der Ostverträge, 1988, S 160 ff, insbesondere S 162 f) galten das NATOTrStat und das NATOTrStatZAbk im Westteil Berlins nicht. Insoweit ergab sich für das Land Berlin dieselbe Rechtsposition aus den Anordnungen der Berliner Kommandantur – vgl Nrn 3 und 6 BK/O (65) 10 vom 27. September 1965, GVBl 1965, 1431, und Nrn 5 und 8a BK/O (80) 13 vom 30. Dezember 1980, GVBl 1981, 230 (hierzu auch Volk aaO, S 512 mwN). Anders als im Westteil Deutschlands haben allerdings die alliierten Streitkräfte in West-Berlin für die bei ihnen beschäftigten Arbeitskräfte kein Arbeitsentgelt gezahlt (Volk aaO, S 233), sondern die Bundesrepublik Deutschland hat die Aufwendungen des Landes Berlin im Zusammenhang mit Lohn und Gehaltszahlungen an Arbeitskräfte, die im Dienst der Besatzungsmächte standen, gesetzlich übernommen (vgl Volk aaO, S 232 f mwN), ohne daß die Bundesrepublik oder das Land Berlin dadurch zum Arbeitgeber wurden (Volk aaO, S 233). Die vom Land Berlin unter Anwendung der Anordnungen der Berliner Kommandantur geschlossenen Tarifverträge galten auch nach Ende des Besatzungsstatuts (Art 7 des Vertrags über die abschließende Regelung bestimmter Fragen in bezug auf Berlin vom 25. September 1990 – BGBl II 1318 – iVm dem Zustimmungsgesetz vom 11. Oktober 1990 – BGBl II 1317) zunächst vorläufig (Anlage 2 Nr 6 zum Notenwechsel vom 25. September 1990 – BGBl II 1253 – iVm der Verordnung vom 25. September 1990 – BGBl II 1250), dann endgültig fort (Art 1 Abs 1 Buchst d des Gesetzes vom 3. Januar 1994 zu den Notenwechseln vom 25. September 1990 und vom 23. September 1991 über die Rechtsstellung der in Deutschland stationierten verbündeten Streitkräfte und zu dem Übereinkommen vom 25. September 1990 zur Regelung bestimmter Fragen in bezug auf Berlin – BGBl II 26 – iVm Art 1 und 2 des Übereinkommens zur Regelung bestimmter Fragen in bezug auf Berlin vom 25. September 1990 – BGBl II 1994, S 40). Ob Schuldner der Berliner Arbeitnehmer damit die Bundesrepublik wurde (vgl dazu Art 3 des Übereinkommens zur Regelung bestimmter Fragen in bezug auf Berlin) bzw welche rechtliche Stellung die Bundesrepublik dadurch erhalten hat, ob die Leistungen an die Arbeitnehmer also unmittelbar durch sie oder das Land Berlin gezahlt wurden, bedarf vorliegend keiner näheren Prüfung.
Vor diesem Hintergrund sind auch die Regelungen des TV SozSich Berlin zu sehen. Das BAG hat diesen Vertrag ebenfalls als wirksamen Tarifvertrag in Anwendung der Regelung zur Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit angesehen (BAG, Urteil vom 23. Februar 1995 – 6 AZR 615/94 –, AP Nr 5 zu § 42 TVAL II = NZA 1996, 98 f; vgl auch zum TV SozSich Bundesrepublik: BAG, Urteil vom 5. September 1990 – 4 AZR 11/90 –, unveröffentlicht; Urteil vom 1. Oktober 1998 – 6 AZR 228/97 –, AP Nr 6 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 495 ff; Urteil vom 20. Mai 1999 – 6 AZR 451/97 –, AP Nr 7 zu § 42 TVAL II = NZA 1999, 1342 ff; Urteil vom 5. April 1999 – 6 AZR 56/98 –, AP Nr 1 zu § 16 TVAL II). Ob dem zu folgen ist, ist nicht entscheidungserheblich. Jedenfalls sollte mit dem TV SozSich Berlin und der darin geregelten Leistung der Überbrückungsbeihilfe der besonderen sozialen Situation der bei den fremden Streitmächten beschäftigten Arbeitnehmer in gleicher Weise wie nach dem TV SozSich Bundesrepublik Rechnung getragen werden. Zu den Eigentümlichkeiten der von diesem Vertrag erfaßten Arbeitnehmer gehörte es, entsprechend den wechselnden militärischen Erfordernissen beweglich sein und bleiben zu müssen (vgl Wargin in dem vom BMF dem Senat im Verfahren B 7 AL 72/99 R übermittelten Bulletin vom 23. Oktober 1971). Die Abhängigkeit von militärischen Erfordernissen brachte für diese Arbeitnehmer, insbesondere wenn sie lange bei den Alliierten beschäftigt waren, eine nicht kalkulierbare Ungewißheit mit sich, weil sie nicht voraussehen konnten, ob und wann ihr Arbeitseinsatz infolge von Umorganisation aus militärischen Gründen wegfallen würde. Mit dem TV SozSich Bundesrepublik wurde deshalb ein Instrumentarium geschaffen, das neben den bereits bestehenden Möglichkeiten des AFG den besonderen Belangen dieses Personenkreises Rechnung tragen sollte (Wargin, aaO). Dieser Vertrag findet insoweit seine Rechtfertigung darin, daß den Arbeitsverhältnissen bei der ausländischen militärischen Truppe bzw einem militärischen Gefolge ein Moment der Ungewißheit eigen war, das bei anderen Arbeitsverhältnissen in diesem Ausmaß nicht bestand. Die Maßnahmen des TV SozSich Bundesrepublik – und insbesondere die Gewährung von Überbrückungsbeihilfe – wurden als geeignet angesehen, einen Ausgleich zu gewährleisten, wenn im Einzelfall eine soziale Härte auftreten sollte (Wargin, aaO). Wie bereits ausgeführt, sind die Regelungen des TV SozSich Bundesrepublik in Berlin auf Bitte der Bundesregierung durch den TV SozSich Berlin übernommen worden, um die Arbeitnehmer in Berlin denen in der Bundesrepublik gleichzustellen.
b) Die Überbrückungsbeihilfe wurde auch aus öffentlichen Mitteln im Sinne des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV gewährt, ohne daß es einer genaueren Umschreibung dieser Voraussetzung bedürfte; denn die Überbrückungsbeihilfe wurde nach der Mitteilung des BMF immer aus Haushaltsmitteln des Bundes gezahlt und im Innenverhältnis zu den Stationierungsmächten vom Bund selbst getragen. Die Leistungen wurden zudem jährlich in den Bundeshaushaltsplan aufgenommen, wobei das BMF schon vor Abschluß des TV SozSich Bundesrepublik im Jahre 1971 – wie bereits oben unter 3 ausgeführt – den Gewerkschaften eine Nichtanrechnung der Überbrückungsbeihilfe auf das Alg und die Alhi zugesagt hatte. Daß es sich damit bei der Überbrückungsbeihilfe dem Wortlaut des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV entsprechend um Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln handelt, unterliegt keinen Zweifeln.
c) Einer Subsumtion der Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich Berlin unter die Norm des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV kann weder entgegengehalten werden, daß § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV nicht neben § 138 Abs 3 AFG Anwendung finden könne, noch, daß die Regelung nicht ermächtigungskonform sei bzw es an einer hinreichenden Ermächtigung iS des Art 80 Abs 1 GG fehle. Vielmehr fügt sich § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV nahtlos in die Gesamtsystematik des § 138 Abs 3 AFG und die dieser Gesamtsystematik folgenden Regelungen des § 11 AlhiV ein. Gerade wegen der in § 138 Abs 3 AFG erkennbaren Systematik ist schließlich auch den Voraussetzungen des Art 80 Abs 1 Satz 2 GG (Bestimmtheitsgebot hinsichtlich der Ermächtigungsnorm) genügt, weil sich aus dem Gesetz selbst ermitteln läßt, welches vom Gesetzgeber normierte Programm durch die Verordnung erreicht werden soll (vgl zu dieser Voraussetzung: Bauer in Dreier, Grundgesetz, Band 2, 1998 RdNrn 29 ff zu Art 80 mwN; Lücke in Sachs, Grundgesetz, 1996, RdNrn 21 ff zu Art 80 mwN).
§ 138 Abs 3 AFG verfolgt bei der Privilegierung bestimmter Einkommen unterschiedliche Ziele. So geht es zum einen darum, bestimmte zweckgebundene Leistungen nicht durch Berücksichtigung bei der Bedürftigkeitsprüfung zu entwerten (Nrn 1, 2, 3, 3a und 8; vgl auch § 11 Satz 1 Nrn 1 und 4 AlhiV). Bei anderen Regelungen ist der Entstehungsgrund (Schadensausgleich) für die Nichtberücksichtigung maßgeblich (Nrn 5 und 6; vgl auch § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV). Durch eine weitere Gruppe der Privilegierungstatbestände soll eine unzumutbare Belastung Dritter verhindert werden (Nrn 9 und 10; vgl auch § 11 Satz 1 Nrn 5 und 7 AlhiV). Schließlich handelt es sich bei einer vierten Kategorie um konkurrierende, aber aus verschiedenen Gründen als mit der Gewährung von Alhi vereinbar (kompatibel) zu bewertende andere Hilfeleistungen, wie etwa Leistungen aufgrund von Eigenvorsorge (Nr 7; vgl auch § 11 Satz 1 Nr 3 und Satz 2 AlhiV), aufgrund freiwilliger fremder Hilfe (Nr 7) bzw aufgrund ausdrücklicher bundes- oder landesgesetzlicher Regelung (Nr 4). Letztere Regelung, deren Anwendung auf die Überbrückungsbeihilfe – wie oben unter Nr 3 bereits ausgeführt – zweifelhaft ist, folgt spätestens seit 1. April 1997 erkennbar dem allgemeinen Gesichtspunkt, daß der Staat nicht mit der einen Hand etwas nehmen darf, was er zuvor mit der anderen Hand gegeben bzw zugestanden hat.
In dieses Schema fügt sich § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV, der nicht als generelle Auffangnorm für alle denkbaren Sozialleistungen verstanden werden kann, ohne weiteres ein. Nach § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV sind nur solche Sozialleistungen privilegiert, die nach Entstehungsgrund und Zweckbestimmung oder Übung vereinbar mit Sinn und Zweck der Sozialleistung Alhi, also „alhi-kompatibel”, sind und die folglich nach der soeben aufgezeigten Gesetzessystematik bei der Prüfung der Bedürftigkeit unberücksichtigt bleiben sollen. Diese Voraussetzung der „Alhi-Kompatibilität” ist für die Überbrückungsbeihilfe erfüllt, die aufgrund der besonderen Bedarfssituation der bei den fremden Streitmächten beschäftigten Arbeitnehmer vom Bund gezahlt und von diesem – wie oben unter 3 ausgeführt – von Anfang an als nicht schädlich für die Gewährung von Alhi bezeichnet worden ist, wobei der Bund – wenn auch rechtlich zweifelhaft – eine Nichtberücksichtigung der Überbrükkungsbeihilfe im Rahmen des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG zugesagt hat. Diese durch den Träger der Alhi (§ 188 AFG) erteilte Zusage wurde später durch das Inkrafttreten der AlhiV am 1. September 1974 gewissermaßen legalisiert. Im übrigen folgt auch die Regelung der mit Wirkung ab Januar 1998 in Kraft getretenen Nr 8 des § 11 Satz 1 AlhiV diesem Gesichtspunkt der Alhi-Kompatibilität anderer Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln. Danach werden bestimmte Übergangsbeihilfen, die Arbeitnehmern der Eisen- und Stahlindustrie von ihren Arbeitgebern gezahlt werden, nur als privilegiertes Einkommen bezeichnet, soweit dem Unternehmer die gewährte Übergangsbeihilfe von der BA erstattet wird.
Einer Auslegung des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV im bezeichneten Sinne steht auch nicht die Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG durch das AFRG zum 1. April 1997 entgegen. Zum einen stehen die in § 138 Abs 3 AFG und in § 11 AlhiV im einzelnen aufgeführten Privilegierungstatbestände schon nach dem Wortlaut dergestalt nebeneinander, daß grundsätzlich mehrere dieser Tatbestände gleichzeitig erfüllt sein können. Zum anderen macht gerade die Gesetzesänderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG deutlich, daß die Überbrückungsbeihilfe von § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV erfaßt werden muß. Mit der Gesetzesänderung sollte nämlich nur eine Kostenbelastung des Bundes zugunsten eines Dritten verhindert werden, der eigentlich einen „Gesamtbetrag” – wenn auch unter Anrechnung gezahlter Alhi – garantiert hat (vgl hierzu nur BT-Drucks 13/4941, S 240 zu § 138). Vorliegend wollte der Bund allerdings von Anfang an Alhi und Überbrückungsbeihilfe nebeneinander zahlen, so daß sich eine unbillige Belastung des Bundes gerade nicht ergibt. Dies gilt um so mehr, als durch die Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG keine Entlastung des „Dritten” eintreten sollte, sondern eine entsprechende Mehrbelastung des Dritten durch die Entlastung des Bundeshaushaltes bezweckt war. Diese Mehrbelastung träfe allerdings dieselbe juristische Person, die sich gleichwohl weigert, die Überbrückungsbeihilfe entsprechend aufzustocken.
Der Auslegung des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV im bezeichneten Sinn steht schließlich nicht entgegen, daß der parlamentarische Staatssekretär Günther am 19. Dezember 1996 auf eine Frage des Abgeordneten Ostertag die Meinung vertreten hat, daß „die Überbrükkungsbeihilfe nach § 138 Abs 3 Nr 4 AFG in der durch das AFRG vorgesehenen Fassung im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung bei der Alhi als Einkommen zu berücksichtigen sei” (BT-Drucks 13/6665, S 34 zu Nr 71). Insoweit handelt es sich nur um eine Rechtsansicht, die weder im Gesetzeswortlaut noch in den Gesetzesbegründungen ihren Niederschlag gefunden hat. Abgesehen davon, daß die Anwendung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG auf die Überbrückungsbeihilfe ohnedies zweifelhaft war, hätte es einer ausdrücklichen Änderung des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV bedurft, wenn mit der Änderung des § 138 Abs 3 Nr 4 AFG zugleich auch die Anwendung des § 11 Satz 1 Nr 6 AlhiV hätte ausgeschlossen werden sollen. Dies ist indes nicht geschehen.
7. Das LSG wird nach der Zurückverweisung der Sache die Höhe der Alhi einer genauen Überprüfung zuzuführen haben, wobei es nicht nur das Bemessungsentgelt (ggf unter Anwendung des § 136 Abs 2 Satz 2 AFG) nach Lohn- und Zeitfaktor genau zu bestimmen hat, sondern auch die maßgebliche Steuerklasse und die Nettolohnersatzquote sowie das Vorhandensein von sonstigem Einkommen oder Vermögen zu ermitteln bzw festzustellen hat. Im übrigen hat es § 136 Abs 2b AFG (§ 242v Abs 1 AFG greift nicht ein) zu berücksichtigen (Anpassungsfaktor 1,0170 – § 1 Nr 2 AFG-Anpassungsverordnung 1997, BGBl I, 1305 – abzüglich 0,03) und über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden.
Fundstellen