Beteiligte
Landwirtschaftliche Alterskasse Schwaben |
Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen |
Nachgehend
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30. September 1996 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt für die Zeit ab 1. Januar 1995 einen Zuschuß zu seinem nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) zu entrichtenden Beitrag.
Der im Jahre 1956 geborene Kläger war seit 17. November 1992 verwitwet und Vater von drei Kindern. Seit dem 25. November 1977 betrieb er ein landwirtschaftliches Unternehmen mit einer landwirtschaftlichen Fläche, einschließlich Forst, von (im Jahre 1994) 30,43 ha und einem Wirtschaftswert von (im Jahre 1994) DM 32.709,00. Bis 31. Dezember 1994 wurde ihm – zuletzt mit Bescheid vom 4. Januar 1994 – ein Beitragszuschuß gewährt.
Mit Bescheid vom 8. April 1995 stellte die Beklagte die Zahlung des Beitragszuschusses ab 1. Januar 1995 ein: Bei einem festgestellten Jahreseinkommen von DM 65.027,00, zusammengesetzt aus korrigiertem Wirtschaftswert (DM 29.034,00 × 1,7262), Einkünften aus Unternehmensbeteiligungen (DM 5.742,00) und einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (DM 9.167,00), sei der Grenzbetrag von DM 40.000,00 überschritten und deshalb nach § 32 Abs 5 und Abs 6 ALG kein Zuschuß mehr zu zahlen. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 26. September 1995).
Das Sozialgericht (SG) Augsburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30. September 1996). Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, sowohl nach dem Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck des § 32 Abs 5 und Abs 6 ALG sei auf den korrigierten Wirtschaftswert abzustellen, wenn es wie im Falle des Klägers an einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 oder 3 Einkommensteuergesetz (EStG) fehle. Die vom Gesetzgeber gefundene Lösung sei sachgerecht und weder wegen der fehlenden Übergangsfristen zur Umstellung auf einer andere steuerliche Gewinnermittlung noch mit Blick auf das Gleichbehandlungsgebot und die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes verfassungswidrig.
Mit der Sprungrevision rügt der Kläger einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz ≪GG≫) und das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG). Die unter Heranziehung des korrigierten Wirtschaftswertes durchgeführte Ermittlung des anzurechnenden Jahreseinkommens verletze das Gebot der Sachgerechtigkeit und eine benachteiligende Typisierung dieses Ausmaßes sei auch wegen der fehlenden Übergangsregelungen unzulässig. Die Verknüpfung von Wirtschaftswert und Korrekturfaktor könne nur dann Grundlage der Einkommensermittlung sein, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die individuelle Einkommenssituation zum Ausdruck bringe und zu einer gerechten Behandlung der Versicherten beitrage. Der für die Festsetzung der Korrekturfaktoren maßgebende fünfjährige Durchschnitt der Gewinne solcher landwirtschaftlichen Testbetriebe, die für den Agrarbericht der Bundesregierung ausgewertet worden seien, stelle jedoch keinen sachgerechten Beurteilungsmaßstab dar. Notwendige Beurteilungskriterien wie die Lage des Betriebs, die Bewirtschaftungsform und die landwirtschaftliche Ausnutzung der Betriebsflächen würden dabei außer Betracht gelassen. Einer verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässigen Typisierung stehe ein krasses Mißverhältnis zwischen den mit der Pauschalierung verbundenen Vorteilen einerseits und den wirtschaftlichen Belastungen für eine Vielzahl von Versicherten andererseits entgegen. Eine Anknüpfung an das tatsächlich erzielte und im Vergleich zum fiktiv ermittelten Gewinn erheblich niedrigere Einkommen gebiete auch das Sozialstaatsprinzip. Schließlich sei es verfassungsrechtlich geboten, ihm als alleinerziehendem Vater von drei Kindern die für Verheiratete geltende Grenze für den Beitragszuschuß nach § 32 Abs 2 und Abs 3 ALG von DM 80.000,00 einzuräumen. Denn die zu bildenden Rückstellungen für Eigenkapitalbildung, Zins- und Tilgungungsleistungen für Betriebskredite sowie die allgemeinen Betriebskosten seien unabhängig vom Familienstand. Zudem seien die durch den Tod der Ehefrau verursachten Mehrkosten als besondere Härte zu berücksichtigen.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil sowie die angefochtenen Bescheide aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seinen Zuschuß ab 1. Januar 1995 auf der Grundlage des Einkommens nach § 13a Einkommensteuergesetz, hilfsweise des nachgewiesenen tatsächlichen Einkommens neu festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend und erwidert, das Bundessozialgericht (BSG) sei in seinem Urteil vom 23. Oktober 1996 (Az: 4 RLw 4/96) von der Verfassungsmäßigkeit der in § 32 Abs 5 und 6 ALG geregelten Methode zur Einkommensermittlung ausgegangen. Von dem für nicht buchführungspflichtige Landwirte vorgesehenen Festsetzungsverfahren dürfe nur dann abgewichen werden, wenn die durch den Einkommensteuerbescheid nachgewiesenen Einkünfte auf der Grundlage des § 4 Abs 1 oder 3 EStG errechnet worden seien. Die schematische Feststellung des Fiktiveinkommens trage der vom Gesetzgeber gewünschten Verwaltungspraktikabilität Rechnung und diene einem prüfsicheren Verwaltungsverfahren.
Der Senat hat drei Auskünfte des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (vom 6. März, 22. Juni und 18. August 1998) zur Berechnung der Werte der Verordnung zur Ermittlung des Arbeitseinkommens aus der Land- und Forstwirtschaft (AELV) verwertet, die das Ministerium im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erteilt hat.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II
Die Revision ist unbegründet. Die Beklagte hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, dem Kläger für die Zeit ab 1. Januar 1995 einen Beitragszuschuß nach dem ALG zu gewähren.
Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides beurteilt sich nach § 32 ALG in der ab 1. Januar 1995 gültigen Fassung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung (ASRG 1995) vom 29. Juli 1994 (BGBl I 1890). Nach Abs 1 dieser Vorschrift erhalten versicherungspflichtige Landwirte einen Zuschuß zu ihrem Beitrag und zum Beitrag für mitarbeitende Familienangehörige, wenn das jährliche Einkommen DM 40.000,00 nicht übersteigt. Das auf volle DM abzurundende Jahreseinkommen (Abs 2 Satz 2) ergibt sich ua aus der Summe der erzielten positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs 1 und 2 EStG; für deren Feststellung sind die Einkünfte maßgebend, die sich aus dem Einkommensteuerbescheid für das zeitnächste Veranlagungsjahr ergeben, sofern eine Veranlagung zur Einkommensteuer für eines der letzten vier Kalenderjahre erfolgt ist; maßgebend sind diese Einkünfte so, wie sie der Besteuerung zugrunde gelegt worden sind (Abs 3 Sätze 1, 3 Nr 1 und 4 Nr 1). Abweichend hiervon ist aber das Arbeitseinkommen aus der Land- und Forstwirtschaft nach Abs 6 festzusetzen, wenn der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nicht nach § 4 Abs 1 und 3 EStG ermittelt oder es an einer Einkommensteuerveranlagung in den letzten vier Kalenderjahren fehlt (Abs 5). Gemäß § 32 Abs 6 Satz 1 ALG wird das Arbeitseinkommen aus der Land- und Forstwirtschaft auf der Grundlage von Beziehungswerten ermittelt, die sich aus dem Wirtschaftswert und dem fünfjährigen Durchschnitt der Gewinne der für den Agrarbericht der Bundesregierung ausgewerteten landwirtschaftlichen Testbetriebe ergeben und sich danach unterscheiden, welches außerbetriebliche Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen der landwirtschaftliche Unternehmer erzielt hat. Aus der Vervielfältigung des in der AELV für das Jahr 1995 (AELV 1995) vom 25. November 1994 (BGBl I 3519) festgesetzten Beziehungswertes mit dem zum 1. Juli des jeweiligen Vorjahres maßgebenden Wirtschaftswert (§ 32 Abs 6 Satz 5 ALG) ergibt sich das für 1995 zu berücksichtigende Jahreseinkommen (§ 1 Abs 2 AELV 1995); entsprechend ist auf der Grundlage der AELV 1996 (vom 2. Januar 1996, BGBl I 2) das für 1996 zu berücksichtigende Jahreseinkommen zu ermitteln.
Auf dieser Grundlage scheidet ein Anspruch des Klägers auf Beitragszuschuß für den streitigen Zeitraum aus. Da er seine steuerliche Gewinnermittlung weiterhin nach § 13a EStG durchführt, ist das Jahreseinkommen nach dem korrigierten Wirtschaftswert (§ 32 Abs 6 ALG) zu berechnen.
Nach den unangreifbaren (§ 161 Abs 4 SGG) und damit den Senat bindenden Feststellungen des SG (§ 163 SGG) belief sich der Wirtschaftswert zum Stichtag 1. Juli 1994 auf insgesamt DM 29.034,00. Diesen Wert hat die Beklagte nach der AELV 1995 zutreffend mit dem Beziehungswert (Korrekturfaktor) 1,7262 vervielfältigt (Anlage 1 iVm § 1 Abs 2 Satz 3 AELV 1995). Hieraus ergibt sich ein korrigierter Wirtschaftswert in Höhe von (abgerundet, § 1 Abs 4 AELV 1995) DM 50.118,00. Es besteht keinerlei Anhalt, daß sich in den Folgejahren die Verhältnisse des Klägers grundlegend verändert haben. Bereits dieser ermittelte Betrag liegt oberhalb der Grenze von DM 40.000,00 nach § 32 Abs 1 ALG, selbst wenn die vom SG zusätzlich festgestellten anrechenbaren Einkünfte (DM 5.742,00 aus Unternehmensbeteiligungen und DM 9.167,00 Witwerrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung) unberücksichtigt bleiben.
Gegen die Regelungen des § 32 Abs 5 und 6 ALG sowie die der AELV 1995 und der AELV 1996, auf denen die oben erläuterten Berechnungen beruhen, bestehen keine rechtlichen Bedenken: Sie sind insbesondere mit höherrangigem Recht vereinbar.
Der Senat schließt sich nach näherer Prüfung im Ergebnis der vom 4. Senat des BSG im Urteil vom 23. Oktober 1996 (Az: 4 RLw 4/96, veröffentlicht in GVLAK RdSchr AH 3/97) geäußerten Ansicht an, die Regelung des § 32 ALG sei „augenfällig verfassungsgemäß”. Insbesondere liegt ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) oder das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) nicht vor.
Gemäß Art 3 Abs 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ergeben sich insoweit für den Gesetzgeber je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl BVerfG vom 26. Januar 1993, BVerfGE 88, 87, 96; vom 8. Juni 1993, BVerfGE 89, 15, 22; vom 10. Januar 1995, BVerfGE 91, 389, 401). Da der Grundsatz, daß alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung. Eine Differenzierung ist hier im allgemeinen verfassungsrechtlich nur dann nicht zu beanstanden, wenn für sie Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (vgl BVerfG vom 7. Oktober 1980, BVerfGE 55, 72, 88; vom 26. Januar 1993, BVerfGE 88, 87, 96 f; vom 10. Januar 1995, BVerfGE 91, 389, 401).
Die unterschiedliche Behandlung von Landwirten, deren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach § 4 Abs 1 oder 3 EStG ermittelt worden ist, gegenüber solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, stellt keine Verletzung des Art 3 Abs 1 GG dar. Nach § 4 Abs 1 EStG ist Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres unter bestimmten Vermehrungen und Verminderungen. Diese Bestimmung regelt die Gewinnermittlung aufgrund eines – eine Buchführung erfordernden – Betriebsvermögensvergleichs. Steuerpflichtige, die freiwillig weder Bücher führen noch Abschlüsse machen und hierzu gesetzlich auch nicht verpflichtet sind, können ferner nach § 4 Abs 3 Satz 1 EStG als Gewinn den Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen (Überschußrechnung). Daß der im Steuerbescheid festgesetzte Gewinn die landwirtschaftlichen Alterskassen nur insoweit bindet (§ 32 Abs 3 Satz 3 Nr 1 und Satz 4 Nr 1 ALG iVm § 2 Abs 1 und 2 EStG), findet seinen sachlichen Grund in der unterschiedlichen Ausgestaltung dieser Gewinnermittlungsmethoden gegenüber der Besteuerung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG.
Der Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs 1 EStG) beruht auf einer Bilanz (§ 60 Abs 1 Satz 1 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung ≪EStDV≫), die auf der Aktivseite die Vermögenswerte und auf der Passivseite Rückstellungen und Verbindlichkeiten ausweist. Werden Bücher geführt, die den Grundsätzen der doppelten Buchführung entsprechen, ist eine Gewinn- und Verlustrechnung beizufügen (§ 60 Abs 1 Satz 2 EStDV), in der die betrieblichen Einnahmen und Ausgaben gegenübergestellt werden. Darüber hinaus haben nach der Abgabenordnung (AO) buchführungspflichtige Land- und Forstwirte neben den jährlichen Bestandsaufnahmen und Abschlüssen ein Anbauverzeichnis zu führen, in dem nachzuweisen ist, mit welchen Fruchtarten die selbstbewirtschafteten Flächen im abgelaufenen Wirtschaftsjahr bestellt waren (§ 142 AO). Die Überschußrechnung im Sinne von § 4 Abs 3 EStG hat ebenfalls einen Vergleich der Betriebsausgaben und Betriebseinnahmen zum Inhalt, wobei es sich anders als bei der Gewinn- und Verlustrechnung nicht um Soll-, sondern um Ist-Ausgaben und -Einnahmen handelt (vgl Ritzrow in Dankmeyer/Giloy, Einkommensteuer Komm Bd 1, Stand August 1998, § 4 EStG RdNr 202). Im Rahmen dieser Gewinnermittlungsmethode sind die nicht abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen (§ 4 Abs 3 Satz 5 EStG).
Demgegenüber erfolgt die Durchschnittssatzgewinnermittlung nach § 13a EStG im Wege eines pauschalierten Verfahrens. Sie knüpft in erster Linie an den sich am Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs orientierenden Grundbetrag und den Wert der Arbeitsleistung an (vgl § 13a Abs 3 Satz 1 Nrn 1 und 2 EStG), ohne den tatsächlichen Gewinn zuverlässig zu erfassen (vgl Köhne/Wesche, Landwirtschaftliche Steuerlehre, 3. Aufl 1995, S 265; Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1995, BT-Drucks 13/2600 S 113; BFHE 139, 514, 517). Diese Methode der Einkommensermittlung war nach dem 14. Subventionsbericht der Bundesregierung mit Subventionen in Höhe von 470 Mio DM für das Jahr 1994 verbunden (vgl BT-Drucks 12/5580 S 152). Erlaubt die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen keine realitätsnahen Rückschlüsse auf die betriebsindividuelle Leistungsfähigkeit, ist es sachlich gerechtfertigt, nur die Besteuerung nach § 4 Abs 1 oder 3 EStG zu einer gegenüber dem korrigierten Wirtschaftswert (§ 32 Abs 6 ALG) vorrangigen Grundlage der Einkommensermittlung zu machen.
Auch wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, daß sein tatsächlich erzielter Gewinn erheblich von der fiktiven Einkommensermittlung nach § 32 Abs 5 und 6 ALG abweicht, wird er selbst gegenüber solchen Landwirten nicht gleichheitswidrig behandelt, deren tatsächlicher Gewinn mit dem korrigierten Wirtschaftswert übereinstimmt oder hiervon nur geringfügig abweicht. § 32 Abs 5 und 6 ALG regelt eine sachgerechte Methode zur Feststellung des Arbeitseinkommens.
Der Beitragszuschuß ist mit dem Dritten Agrarsozialen Ergänzungsgesetz (3. ASEG) vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2475) eingeführt worden. Er sollte einkommensschwache Klein- und Mittelbetriebe finanziell entlasten, weil diese gemessen an ihrer Ertragskraft im Hinblick auf den von sämtlichen Landwirten zu entrichtenden Einheitsbetrag erheblich höher belastet werden als größere Betriebe (vgl BT-Drucks 10/3483 S 13 f). Diese Funktion hat auch der Beitragszuschuß nach dem ALG (§§ 32 ff ALG) nicht verloren. Die hierin gewählte Anknüpfung an den korrigierten Wirtschaftswert ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; sie gewährleistet im Gegenteil eine gerechtere Verteilung der Mittel als nach den durch das 3. ASEG eingeführten – und später weiter differenzierten – Regelungen der §§ 3c und 4b des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL), die allein auf den Wirtschaftswert abstellten.
Wie bereits ausgeführt wurde, errechnet sich der korrigierte Wirtschaftswert aus der Vervielfältigung des durch die Finanzbehörden nach dem Bewertungsgesetz im Einheitswertbescheid für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen festgesetzten Wirtschaftswertes (§ 1 Abs 6 Satz 1 ALG) mit den sog Beziehungswerten. Diese Korrekturfaktoren ergeben sich aus dem Verhältnis zwischen dem Wirtschaftswert und dem fünfjährigen Durchschnitt der Gewinne der für den Agrarbericht der Bundesregierung ausgewerteten landwirtschaftlichen Testbetriebe, wobei zwischen den Voll- und Nebenerwerbslandwirten (Anlagen 1 und 2 zur AELV) differenziert wird. Indem der Gesetzgeber diesen korrigierten Wirtschaftswert zur Grundlage der Einkommensfeststellung macht, hat er die Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit nicht überschritten.
Bei der Zuschußgewährung aus staatlichen Mitteln steht dem Gesetzgeber ein weitgehender Gestaltungsspielraum zur Verfügung. Dieser reicht im Rahmen der Leistungsverwaltung weiter als bei der Eingriffsverwaltung (vgl BVerfG vom 26. April 1988, BVerfGE 78, 104, 121 mwN). Er umfaßt die Feststellung des Jahreseinkommens anhand des korrigierten Wirtschaftswertes bei sämtlichen Landwirten, deren Gewinn steuerrechtlich nicht nach § 4 Abs 1 oder 3 EStG ermittelt worden ist, denn die Festsetzung des Arbeitseinkommens beruht auf einer verfassungsrechtlich zulässigen Pauschalierung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Gesetzgeber bei der Ordnung von insbesondere im Bereich der Sozialversicherung auftretenden Massenerscheinungen nicht verpflichtet, jede erwägenswerte Fallgestaltung zu regeln. Er ist vielmehr befugt, das aus den ihm vorliegenden Erfahrungen gewonnene Gesamtbild seiner Normsetzung zugrunde zu legen. Aus diesem Gesichtspunkt heraus darf eine Regelung generalisieren, typisieren und pauschalieren, sofern die hiermit verbundenen Härten und Ungerechtigkeiten nur bei einer verhältnismäßig kleinen Zahl von Personen auftreten und der Gleichheitssatz nicht wesentlich verletzt ist. Dabei sind auch praktische Erwägungen der Verwaltung von Bedeutung (vgl BVerfG vom 17. November 1992, BVerfGE 87, 234, 255 f mwN).
Bei den Korrekturfaktoren handelt es sich um Erfahrungswerte, die auf einer Auswertung der in den Wirtschaftsjahren 1988/1989 bis 1992/1993 von den für den Agrarbericht der Bundesregierung ausgewerteten Testbetrieben erzielten effektiven Betriebseinkommen beruhen. Hierbei findet die mit steigendem Wirtschaftswert sich verändernde Ertragskraft je DM Wirtschaftswert und die bei zusätzlicher außerbetrieblicher Berufstätigkeit unterschiedliche Ertragskraft Berücksichtigung (§ 32 Abs 6 Satz 1 Nr 1 ALG). Der Ansicht des Klägers, es handele sich um einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der unter keinem sachlich vertretbaren Gesichtspunkt gerechtfertigt erscheine, kann der Senat daher nicht beipflichten. Der Gesetzgeber hat sich vielmehr für eine Ermittlungsmethode entschieden, die ein taugliches Mittel zur Klärung der finanziellen Leistungsfähigkeit darstellt (vgl BSG Urteil vom 23. Oktober 1996 - 4 RLw 4/96). Dem steht nicht entgegen, daß die Beziehungswerte lediglich anhand des Wirtschaftswertes und des Ausmaßes des außerbetrieblichen Einkommens ermittelt werden, Art und Umfang der Flächennutzung sowie die regionale Lage des Betriebs hingegen außer Betracht bleiben. Auch wenn davon auszugehen ist, daß diese Kriterien den Gewinn beeinflussen und nach den oa Auskünften des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung ca zwei Drittel der landwirtschaftlichen Unternehmer weder Buch führen noch eine Gewinn- und Verlustrechnung durchführen, bedeutet dies keinen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG. Zum einen kommt es nicht darauf an, ob der Gesetzgeber eine andere Methode der Gewinnermittlung hätte auswählen können. Er muß nicht die zweckmäßigste oder gerechteste Regelung treffen, sondern hat mit seinem Handeln die Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit einzuhalten (vgl BVerfG vom 8. Oktober 1991, BVerfGE 84, 348, 359 mwN). Zum anderen steht es nicht buchführungspflichtigen Landwirten – wie erwähnt – frei, den korrigierten Wirtschaftswert zu widerlegen: Sie können auf die Durchschnittssatzgewinnermittlung verzichten und die Feststellung des Gewinns durch Betriebsvermögensvergleich oder Überschußrechnung beantragen (§ 13a Abs 2 EStG), so daß der tatsächliche Gewinn der Besteuerung zugrunde zu legen ist.
Schließlich ist das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) nicht verletzt, auch wenn die fiktive Einkommensermittlung im Einzelfall zu Härten und Unbilligkeiten führen sollte. Dieser Verfassungsgrundsatz enthält primär nur einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber (vgl BVerfG vom 19. Dezember 1978, BVerfGE 50, 57, 108). Er gibt dem Staat die Aufgabe, einen Ausgleich der sozialen Gegensätze durch Verwirklichung einer gerechteren Sozialordnung herbeizuführen. Auch bei deren Erfüllung ist dem Gesetzgeber eine weite Gestaltungsfreiheit eingeräumt (vgl BVerfG vom 8. Oktober 1985, BVerfGE 70, 278, 288). Das Sozialstaatsgebot dient nicht der Korrektur jeglicher hart oder unbillig erscheinenden Einzelregelungen (BVerfG vom 16. Juli 1985, BVerfGE 69, 272, 315 mwN). Ihm wurde gerade dadurch entsprochen, daß der Gesetzgeber mit der Einführung des Beitragszuschusses der finanziellen Ausgleichsbedürftigkeit einkommensschwacher Betriebe Rechnung getragen hat.
Der Kläger meint zu Unrecht, seine besondere Situation als alleinerziehender Vater von drei Kindern nach dem Tod seiner Ehefrau müsse als „besondere Härte” bei der Auslegung des ALG berücksichtigt werden. Die dadurch eingetretenen finanziellen Mehrbelastungen werden – ebenfalls pauschalierend und generalisierend – anderweitig, zB durch die Einräumung von Steuerfreibeträgen bzw das Kindergeld und die Zahlung von Erziehungsgeld, Waisenrenten sowie der Witwerrente, ausgeglichen. Keinesfalls ist es gerechtfertigt oder aus Gründen der Gleichbehandlung gar verfassungsrechtlich geboten, dem Kläger den gleichen Grenzbetrag für einen Beitragszuschuß wie für ein Landwirtsehepaar (DM 80.000,00, § 32 Abs 1 und Abs 2 ALG) einzuräumen. Denn dieser Verdoppelung des Grenzbetrages (für Alleinstehende DM 40.000,00) steht auch eine doppelte Beitragspflicht für den nach § 1 Abs 3 ALG versicherungspflichtigen Ehegatten eines Landwirts gegenüber, die ggf mit einem Beitragszuschuß nunmehr für beide versicherungspflichtigen Ehegatten subventioniert wird. Entfällt die doppelte Beitragspflicht, ist es gerechtfertigt, selbst bei gleichbleibender oder gesunkener Wirtschaftskraft des Hofes die Subvention einzustellen.
Auch die AELV 1995 ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Sie entspricht jedenfalls in diesem Umfang ihrer Ermächtigungsgrundlage. Die Vorschrift des § 35 Abs 2 ALG ermächtigt das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Ermittlung des Arbeitseinkommens aus der Land- und Forstwirtschaft nach § 32 Abs 6 ALG zu bestimmen.
Der Senat hat sich auf der Grundlage der ihm erteilten Auskünfte des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 6. März, 22. Juni und 18. August 1998 davon überzeugt, wie die Grundnorm des § 32 Abs 6 ALG in die Beziehungswerte der Anlagen zur AELV 1995 umgesetzt wurde. Die Datengrundlage für die AELV 1995 bildeten die für den Agrarbericht der Bundesregierung ausgewerteten landwirtschaftlichen Testbetriebe der Wirtschaftsjahre 1988/1989 bis 1992/1993. Dabei kamen nur die Betriebe in die Auswertung, die in allen genannten Wirtschaftsjahren gleichermaßen im Testbetriebsnetz vertreten waren. Dies vermeidet Zufallsergebnisse, die nicht auf der allgemeinen Änderung der Verhältnisse in der Landwirtschaft beruhen. Wegen der Fluktuation der Betriebe im Zeitablauf ist diese Zahl kleiner als die Zahl der im jeweiligen Agrarbericht ausgewiesenen landwirtschaftlichen Einzelbetriebe insgesamt; für die AELV 1995 wurden Daten von 5.390 identischen Betrieben ausgewertet. Für jeden einzelnen Betrieb standen der Wirtschaftswert und der fünfjährige Durchschnitt des Gewinns zur Verfügung. Aus diesen tatsächlich ermittelten Werten ergibt sich so ein Bestand an Datenpaaren für die Gruppen 1 und 2 des § 32 Abs 6 Satz 1 Nr 2 ALG. Mit Hilfe der statistischen Methode einer Korrelationsanalyse – die es ermöglicht, aus empirischen Einzeldaten die am besten passende mathematische Kurve abzuleiten – wurden daraus allgemeingültige Funktionen für die Relation Wirtschaftswert und Gewinn ermittelt. Es ergaben sich zwei Kurven, die den Betrieben der Gruppe 1 bzw Gruppe 2 nach § 32 Abs 6 Satz 1 Nr 2 ALG zuzuordnen waren und hieraus wieder die einzelnen Beziehungswerte der Anlage 1 bzw Anlage 2 der AELV 1995. Deren Abstufung in Schritten von jeweils DM 1.000,00 berücksichtigt die sich mit steigendem Wirtschaftswert verändernde Ertragskraft; die bei zusätzlicher außerbetrieblicher Berufstätigkeit („Nebenerwerbs-Landwirte”) unterschiedliche Ertragskraft spiegelt sich in den unterschiedlichen Werten der Anlage 1 und Anlage 2 wider (§ 32 Abs 6 Satz 1 Nr 1 Teilsatz 2 ALG). Eine Korrektur der auf die beschriebene Weise rein rechnerisch ermittelten Werte fand nach den Angaben des Bundesministeriums in keinem Falle statt (ganz entsprechend wurden die Werte der AELV 1996 ermittelt, wobei sich hier – wegen der Einführung der Gruppe 3 in § 32 Abs 6 Satz 1 Nr 2 ALG – eine weitere Differenzierung bei der Ermittlung der Beziehungswerte ergibt).
Diese Berechnungsmethode ist jedenfalls hinsichtlich der Beziehungswerte für die Vollerwerbslandwirte (wie den Kläger) auch anhand der zugänglichen statistischen Materialien nachvollziehbar. Wenn man statt des sich aus der AELV 1995 ergebenden Beziehungswertes (s hierzu oben) denjenigen Wert ansetzt, der sich für einen Betrieb wie den des Klägers aus den Materialbänden der Agrarberichte 1990 bis 1994 ergibt (als Mittelwert des Gewinnes landwirtschaftlicher Vollerwerbsbetriebe, ausgedrückt in Prozent des Wirtschaftswertes: Tabelle 44 des Materialbandes zum Agrarbericht 1990; entsprechend Tabellen 43, 49, 43 der Bände 1991 bis 1993; in Verbindung mit der Tabelle 36 des Bandes 1994) ergeben sich keine grundlegend anderen Größenordnungen für den durchschnittlich erzielten Gewinn.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen
SGb 1999, 353 |
SozSi 1999, 263 |