Beteiligte
Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 14. März 1997 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger wegen der Folgen eines Unfalls Verletztenrente zu gewähren. Umstritten ist insbesondere, ob der Kläger bei der zu dem Unfall führenden Fahrt mit Hilfsgütern für Kaliningrad (ehemals Königsberg) unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.
Der Kläger ist als selbständiger Fuhrunternehmer bei der Beklagten gegen Unfall versichert. Im Januar 1992 beschloß die in seinem Wohnort ansässige „Gemeinschaft der Kaufleute A. W. e.V.” (im folgenden „Verein”), einen Hilfsgütertransport für Schulen und Krankenhäuser in Kaliningrad zu organisieren. Die gespendeten Waren sollten mit einem Konvoi aus mehreren Lastwagen nach Kaliningrad gebracht werden, den ein Reporter begleiten und in Zeitungen darüber berichten sollte. Der Kläger, der nicht Mitglied des Vereins war, bot sich an, die Aktion mit einem eigenen Lkw zu unterstützen. Damit verband er die Vorstellung, sein Fuhrunternehmen werde durch die Presseberichterstattung über die Aktion in der Öffentlichkeit bekannter und hierdurch werde die Zahl der Aufträge steigen. Der Verein nahm dieses Angebot an.
Auf der Fahrt nach Kaliningrad erlitt der Kläger als Fahrer seines Lkw am 1. Februar 1992 in Polen einen Verkehrsunfall, bei dem er erheblich verletzt wurde. Die Beklagte lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, weil die von dem Verein initiierte Fahrt ausschließlich humanitären Zwecken gedient, der Kläger sich freiwillig daran beteiligt habe und sie auch nicht als Werbeveranstaltung für sein Fuhrunternehmen gewertet werden könne (Bescheid vom 20. Dezember 1993 idF des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 1995).
Das Sozialgericht Itzehoe (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 29. August 1996), das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 14. März 1997). Das LSG hat seine Entscheidung im wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt: Bei der Frage, ob der Kläger zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt habe, stünden Überlegungen nach dem Zweck des Handelns im Vordergrund. Unter Versicherungsschutz hätten alle Handlungen gestanden, mit denen er den wirtschaftlichen Erfolg seines Unternehmens bezweckt habe. Dieses Ziel sei durch die Fahrt nach Kaliningrad jedenfalls nicht direkt zu erreichen gewesen, da der Kläger für seine Mitwirkung keine Vergütung erhalten habe. Die gesamte Aktion habe humanitäre Zwecke verfolgt, denen auch er sich unterworfen habe. Der Vortrag des Klägers, er habe neben den humanitären Zwecken oder sogar vordergründig Werbezwecke für sein Fuhrunternehmen verfolgt, führe nicht zu Versicherungsschutz zum Zeitpunkt des Unfalls. Entscheidendes Abgrenzungskriterium für die Frage, ob eine solche gemischte Tätigkeit wesentlich betrieblichen Zwecken diene und damit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehe, sei, ob diese Tätigkeit hypothetisch auch bei Entfallen des privaten Zweckes vorgenommen worden wäre. Ohne die humanitären Absichten – den privaten Zweck – wäre der Kläger aber nicht nach Kaliningrad mitgefahren. Es gebe keinen Anhalt dafür, daß er ohne Kontakt mit dem Verein die gleiche oder eine ähnliche Reise unternommen hätte, um auf sein Fuhrunternehmen werbewirksam aufmerksam zu machen. Gerade aus der humanitären Zielsetzung habe der Kläger wirtschaftliche Vorteile für seinen Betrieb ziehen wollen. Die humanitären Ziele seien daher die wesentlichen, der Werbezweck der Fahrt dagegen der nachgeordnete, nicht wesentliche Zweck der Fahrt gewesen. Die subjektive Vorstellung des Klägers, der Werbezweck solle den Vorrang haben, sei unbeachtlich, da sich die Frage nach dem wesentlichen Motiv des Handelns nach den aufgrund von objektiven Anhaltspunkten nachvollziehbaren Vorstellungen des Versicherten bestimme. Objektiv betrachtet habe die Teilnahme des Klägers an der Reise aber vorrangig und ganz wesentlich die humanitäre Hilfe bezweckt.
An diesem Ergebnis ändere die von dem Kläger angesprochene Form moderner indirekter Werbung nach dem Motto „Tue Gutes und wirb damit” nichts. Da es letztlich vom Zufall abhängig gewesen sei, ob er oder sein Lkw werbewirksam im Bild festgehalten und die Aufnahme veröffentlicht oder sein Name in der Zeitung genannt worden wäre, habe die Teilnahme an der Fahrt lediglich eine Hoffnung auf Werbung begründen können; eine konkrete und gezielte Werbung sei hingegen nicht möglich gewesen. Seine fördernde Teilnahme sei daher direkt Unterstützung einer humanitären Hilfsaktion gewesen, die Werbung für sein Fuhrunternehmen nur ein von ihm nicht steuerbarer Nebenzweck. Da der Kläger weder als Arbeitnehmer des Vereins noch arbeitnehmerähnlich tätig geworden sei, habe auch unter diesen Gesichtspunkten kein Versicherungsschutz bestanden. Schließlich habe der Kläger auch nicht iS des § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a der Reichsversicherungsordnung (RVO) bei gemeiner Not Hilfe geleistet, denn diese Vorschrift erfasse keine humanitären Aktionen zur Behebung einer allgemeinen Not im Ausland.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 548 RVO. Entgegen der Auffassung des LSG habe seine Teilnahme an der Hilfsfahrt wesentlich betrieblichen Interessen gedient. Das Berufungsgericht verkenne die Wirklichkeit, wenn es ausführe, er hätte die Reise ohne den humanitären Hintergrund und ohne Kontakt mit dem Veranstalter nicht unternommen. Diese Ansicht werde den Anforderungen an logisches Denken und allgemeine Erfahrungssätze nicht gerecht, denn gerade dieser humanitäre Hintergrund habe ihm die Möglichkeit einer umfassenden Werbeaktion geboten. Nur bei Wegfall dieses Werbezwecks hätte er nicht teilgenommen, nicht hingegen bei Fehlen lediglich des humanitären Zwecks. Daraus ergebe sich gerade, daß es ihm vor allem um die Werbemöglichkeiten dieser Reise gegangen sei. Das LSG habe zwar anerkannt, daß die humanitären Ziele und der Werbecharakter der Fahrt gleichgestellt und untrennbar miteinander verbunden gewesen seien, habe dieses zusammengehörige Begriffspaar aber in Widerspruch zu jeder Lebenserfahrung wieder zerteilt und willkürlich den humanitären Zweck als vorrangig und den Werbezweck als nachrangig beurteilt. Wesentlicher Anlaß für die Teilnahme an der Aktion sei aber richtigerweise der durch die humanitären Zwecke erzielbare Werbeeffekt gewesen. Eine Spende in Höhe der Kosten der Fahrt hätte er sich gar nicht leisten können, weil er mit seinem Betrieb um das Überleben gekämpft und erkannt habe, daß er dringend etwas für seine Bekanntheit unternehmen müsse.
Das LSG habe es rechtsirrtümlich als unerheblich angesehen, daß nach seinem Willen der Werbezweck vorrangig sein sollte, da die Zielsetzung einer Tätigkeit gerade durch den Willen – die subjektiven Vorstellungen – des Unternehmers bestimmt werde. Es sei willkürlich und wirklichkeitsfremd, wenn das Berufungsgericht seine humanitäre Motivation in den Vordergrund gestellt habe. Die gesamten folgenden Ausführungen des LSG hätten keine Grundlage. Dabei sei unbeachtet geblieben, daß er den begleitenden Reporter persönlich sehr gut gekannt habe und so sichergestellt gewesen sei, daß die richtigen – für ihn werbenden – Fotos gefertigt würden. Da zudem nach dem Beschluß des Veranstalters von der Abfahrt und der Anlieferung der Güter eine umfassende Reportage habe erstellt werden sollen, sei klar gewesen, daß sein Lkw groß im Bild erscheinen, eine Werbung für ihn also mit Sicherheit stattfinden würde. Da nach der Rechtsprechung des Senats eine allgemeine Werbeaussicht ausreiche, habe die für den Unfallversicherungsschutz erforderliche Beziehung zwischen der Teilnahme an dem Hilfskonvoi und seinem Unternehmen vorgelegen. Ohne den fest erwarteten Werbezweck hätte er die Hilfsfahrt nicht unternommen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 14. März 1997, des Urteils des Sozialgerichts Itzehoe vom 29. August 1996 und des Bescheides vom 20. Dezember 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 1995 zu verurteilen, ihm Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochten Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) einverstanden erklärt.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente aufgrund des Unfalls vom 1. Februar 1992, wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben.
Der Anspruch des Klägers auf Verletztenrente richtet sich noch nach den Vorschriften der RVO, da der von ihm geltend gemachte Arbeitsunfall vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten ist (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, § 212 SGB VII).
Nach § 547 RVO gewährt der Träger der Unfallversicherung nach Eintritt des Arbeitsunfalls nach Maßgabe der folgenden Vorschriften Leistungen, insbesondere auch Verletztenrente (§ 580 RVO). „Berufsunfähigkeitsrente”, die der Kläger nach dem Wortlaut seines im Schriftsatz vom 20. Oktober 1997 gestellten Antrages begehrt, gehört nicht zu den Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung; allerdings ergibt sich aus den Ausführungen des Klägers zur Begründung der Revision, daß er weiterhin – wie bereits im Berufungsverfahren – Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung in der vom Gesetz vorgesehenen Form, also in Gestalt von Verletztenrente erstrebt.
Arbeitsunfall ist nach § 548 Abs 1 Satz 1 RVO ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten und danach versicherten Tätigkeiten erleidet. Dazu ist in der Regel erforderlich, daß das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und daß diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84). Zunächst muß also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der sog innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSG SozR 2200 § 548 Nr 82; BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr 92; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr 70; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muß der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können (BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr 1 mwN; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19).
Der Verkehrsunfall des Klägers vom 1. Februar 1992 ist danach kein Arbeitsunfall. Das Bundessozialgericht (BSG) ist bei der rechtlichen Würdigung an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, weil in bezug auf diese zulässige und begründete Revisionsrügen nicht vorgebracht worden sind (§ 163 SGG). Der Kläger trägt zwar insoweit insbesondere vor, die Auffassung des LSG werde den Anforderungen an logisches Denken und allgemeine Erfahrungssätze nicht gerecht, sei willkürlich und entbehre der Grundlage. Damit rügt er im Kern die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Diese Rüge entspricht jedoch nicht den Anforderungen, die § 164 Abs 2 Satz 3 SGG stellt.
Das Tatsachengericht entscheidet gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Ein Verstoß gegen die hiervon umfaßte Freiheit der Beweiswürdigung liegt vor, wenn das Gericht gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstößt und seine Entscheidung auf diesem Mangel beruhen kann. Eine Verletzung des § 128 Abs 1 SGG ist formgerecht gerügt, wenn die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben, und aus denen die Möglichkeit folgt, daß das Gericht ohne den Verfahrensverstoß anders entschieden hätte. Eine formgerechte Verfahrensrüge in diesem Sinne liegt hingegen nicht vor, wenn die Revision lediglich ihre Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Tatsachengerichts setzt oder die eigene Beweiswürdigung der des Tatsachengerichts als überlegen bezeichnet (vgl BSG SozR 1500 § 164 Nr 31 mwN; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl, 1997, IX, RdNr 333).
Diese Voraussetzungen erfüllen die vom Kläger hinsichtlich der Feststellungen des LSG vorgebrachten Rügen nicht. Soweit er behauptet, die Ansicht des Berufungsgerichts genüge nicht den Anforderungen an logisches Denken und allgemeine Erfahrungssätze, legt er dies nicht in schlüssiger Weise dar. Ein Verstoß gegen die Denkgesetze liegt nur dann vor, wenn aus den Gegebenheiten nur eine einzige Folgerung gezogen werden kann, jede andere nicht „denkbar” ist und das Gericht die allein denkbare nicht gezogen hat (BSG SozR 1500 § 164 Nr 31 mwN; BSG Urteil vom 31. Mai 1996 - 2 RU 24/95 - = HVBG-Info 1996, 2071; Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 334). Der Kläger zeigt indes nicht schlüssig auf, daß die entscheidungserheblichen Feststellungen des LSG aus Gründen der Logik nicht „denkbar” seien, weil das Gericht nicht den denkgesetzlich allein möglichen, sondern einen der Logik widersprechenden Schluß gezogen habe. Er setzt vielmehr lediglich seine eigene Würdigung anstelle der Beweiswürdigung und Einschätzung des LSG. Dies ist unzulässig. Er benennt auch nicht konkret einen der allgemeinen Erfahrungssätze, gegen den das Berufungsgericht bei seiner Würdigung verstoßen haben soll. Die rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht, die der Überprüfung durch den Senat in vollem Umfang obliegt, ist indes nicht zu beanstanden.
Nach den bindenden Feststellungen im Berufungsurteil war der Kläger bei der Beklagten als Fuhrunternehmer gegen Unfall versichert (§ 543 RVO iVm § 39 Abs 1 der Satzung der Beklagten) und handelte es sich bei der Hilfsaktion des Vereins um eine ausschließlich humanitären, also nicht eigenen wirtschaftlichen Zwecken dienende Veranstaltung, denen sich der Kläger unterworfen hatte, für deren Unterstützung er kein Entgelt erhielt und die daher nicht unmittelbar dem Unternehmenszweck der Gewinnerzielung diente. Der Kläger nahm nicht nur aus diesen humanitären, also privaten Gründen, sondern daneben zu betrieblichen Zwecken teil, da er durch die Erwähnung seines Unternehmens in den Zeitungen einen Werbeerfolg für sein Fuhrunternehmen erhoffte.
In einem solchen Falle ist für die Beantwortung der Frage nach dem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit in erster Linie darauf abzustellen, ob sich die Tätigkeit eindeutig in zwei Teile zerlegen läßt, von denen der eine dem Betrieb und der andere privaten Interessen zu dienen bestimmt ist (Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, 12. Aufl, § 8 RdNr 48f mwN; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19). Ist – wie hier nach den Feststellungen des LSG und auch dem eigenen Vorbringen des Klägers – eine Trennung nicht möglich, so handelt es sich um eine „gemischte Tätigkeit”, und es besteht nur dann Unfallversicherungsschutz, wenn die Verrichtung im Einzelfall betrieblichen Interessen wesentlich gedient hat; sie braucht ihnen aber nicht überwiegend gedient zu haben (BSGE 3, 240, 245; BSGE 20, 215, 216 = SozR Nr 67 zu § 542 RVO aF; BSGE 64, 159, 161 = BSG SozR 2200 § 548 Nr 93; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19; Brackmann/Krasney, aaO, RdNr 48; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, 5. Aufl, § 8 SGB VII RdNr 7.21). Die Wesentlichkeit des betrieblichen Interesses beurteilt sich hierbei in erster Linie nach den aufgrund von objektiven Anhaltspunkten nachvollziehbaren subjektiven Vorstellungen des Versicherten (BSGE 20, 215, 218 = SozR Nr 67 zu § 542 RVO aF). Entscheidendes Abgrenzungskriterium für die Frage, ob eine konkrete gemischte Tätigkeit wesentlich betrieblichen Interessen gedient hat, ist, ob diese Tätigkeit hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck entfallen wäre (BSGE 20, 219 = SozR Nr 67 zu § 542 RVO aF; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19; Mehrtens, aaO) bzw der betriebliche Zweck dabei nicht nur einen untergeordneten Nebenzweck dargestellt hat. Diese Grundsätze gelten auch für den Unfallversicherungsschutz eines versicherten Unternehmers bei Tätigkeiten, die (auch) der Werbung für das Unternehmen dienen sollen (BSG SozR 2200 § 548 Nrn 57 und 58).
Da nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts das aufgrund der objektiven Anhaltspunkte nachvollziehbare wesentliche Motiv des Klägers die Teilnahme an der Aktion mit ihrer humanitären Zielsetzung war und danach nicht anzunehmen ist, daß der Kläger ohne diese humanitären Absichten, den privaten Zweck, an der Fahrt nach Kaliningrad teilgenommen oder allein diese Fahrt zu Werbungszwecken unternommen hätte, war die beabsichtigte Werbung, der betriebliche Zweck, nicht rechtlich wesentlich im oben erörterten Sinne, sondern stellte nur einen untergeordneten Nebenzweck dar. Dies hat zur Folge, daß die gesamte Teilnahme an der Hilfsaktion nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.
Der Hinweis des Klägers auf die Entscheidung des Senats vom 26. April 1963 (SozR Nr 63 zu § 542 RVO aF) führt zu keiner anderen Beurteilung. Dort fand die „gemischte Tätigkeit” (Teilnahme an einer Motorrad-Geschicklichkeitsfahrt), die der Verletzte aus privatem und geschäftlichem Interesse unternommen hatte, anders als im vorliegenden Verfahren unmittelbar vor einem geschlossenen Interessentenkreis statt, der es dem Unternehmen ermöglichte, dort und damit unmittelbar – und nicht nur wie hier mittelbar – gezielt für seine Angebote zu werben. Daher konnte dort das geschäftliche Interesse als wesentlich angesehen werden. Demgegenüber bestand im vorliegenden Falle nach den bindenden Feststellungen des LSG lediglich eine subjektive und vage Hoffnung auf Werbung durch mögliche Erwähnung in der Presse als Teilnehmer an der Hilfsaktion. Das Vorbringen des Klägers, es sei unbeachtet geblieben, daß er den begleitenden Reporter persönlich gekannt habe und so sichergestellt gewesen sei, daß die richtigen Fotos gefertigt würden, kann im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden. Eine bloße Hoffnung, bei einer privaten Veranstaltung werde sich die Möglichkeit zur Werbung ergeben, kann diesen Zweck jedenfalls nicht zum wesentlichen machen (vgl BSG SozR 2200 § 548 Nr 57).
Unfallversicherungsschutz war auch nicht deswegen gegeben, weil der Lkw, mit dem der Kläger an dem Hilfskonvoi teilnahm, sonst (allein) für Geschäftszwecke verwendet wurde (vgl BSGE 1, 258, 263). Daß der Kläger auch nicht aus anderen Gründen unter Unfallversicherungsschutz stand, hat das LSG rechtsfehlerfrei erörtert; er war weder als Arbeitnehmer (§ 539 Abs 1 Nr 1 RVO) noch wie ein Arbeitnehmer (§ 539 Abs 2 iVm § 539 Abs 1 Nr 1 RVO) für den Verein tätig. Es hat daher den Unfallversicherungsschutz des Klägers bei dem Ereignis vom 1. Februar 1992 unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zutreffend verneint und – wie bereits das SG – dem Kläger Verletztenrente nicht zuerkannt. Die Revision des Klägers war mithin als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 542842 |
FA 1999, 136 |