Beteiligte
1) 2) Kläger und Revisionsbeklagte |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I
Streitig sind für die Zeit von Juli 1977 bis Februar 1980 ein Recht des Klägers zu 1) auf Familienhilfe für seine Ehefrau, die Klägerin zu 2), nach § 32 des Gesetzes über eine Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) sowie deren Anspruch auf Erstattung von Beiträgen für eine vorsorgliche freiwillige Versicherung.
Der Kläger ist als Landwirt bei der Beklagten versichert. Er lebte mit seiner Frau bis zum 28. Januar 1980 im Güterstand der Gütergemeinschaft. Diese führte den Haushalt für die Familie, zu der noch drei Kinder gehörten. Neben der Landwirtschaft wurde unter dem Namen des Klägers eine Gastwirtschaft betrieben, in der die Klägerin nur aushilfsweise tätig war. Im Einkommensteuerbescheid für 1977 sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 19.887,-- DM und aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 540,-- DM ausgewiesen.
Die Beklagte stellte in einem an den Kläger zu 1) gerichteten Bescheid vom 20. Februar 1980 fest, daß der Familienhilfeanspruch für die Ehefrau mit dem 30. Juni 1977 ende, weil deren Einkommen die Grenze von monatlich 370,-- DM bzw. 390,-- DM überschreite; wegen der vereinbarten Gütergemeinschaft seien ihr die Hälfte der Einkünfte aus der Gastwirtschaft anzurechnen. Zugleich wurde der Monatsbeitrag für die hilfsweise beantragte freiwillige Versicherung der Ehefrau auf 108,-- DM und die Nachzahlung für die Zeit ab 1. Juli 1977 auf 3.150,-- DM festgesetzt. Gegen diesen Bescheid haben beide Kläger erfolglos Widerspruch eingelegt (Widerspruchsbescheide vom 1. Juli 1980); die Beklagte gestand dem Kläger erst ab dem 1. März 1980 wieder Anspruch auf Familienhilfe zu.
Auf die hiergegen erhobenen Klagen hat das Sozialgericht (SG) Bayreuth nach deren Verbindung die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide verurteilt, dem Kläger für seine Ehefrau über den 1. Juli 1977 hinaus Familienhilfe zu gewähren sowie die für die freiwillige Versicherung erhobenen Beiträge zurückzuerstatten. Nach den gemäß § 16 Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) maßgebenden steuerrechtlichen Grundsätzen sei es nicht gerechtfertigt, der Ehefrau allein wegen der bestandenen Gütergemeinschaft einen Teil der Einkünfte aus der Gastwirtschaft zuzurechnen. Die Einkünfte seien der Erfolg einer wesentlichen Tätigkeit des Klägers in diesem Gewerbebetrieb; die Ehefrau sei an der Betriebsführung nicht beteiligt gewesen; bei ihrer Aushilfstätigkeit habe es sich um eine unentgeltliche familienhafte Mitarbeit gehandelt. Auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12. Dezember 1979 - 3 RK 98/78 - könne sich die Beklagte nicht berufen, da der dort angewandte § 180 Abs. 4 Reichsversicherungsordnung. (RV0) eine andere Zielsetzung habe. Die Beklagte sei daher verpflichtet, die bereits erhobenen Beiträge an die Klägerin zu 2) zurückzuerstatten.
Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt die Beklagte die Verletzung von § 32 Abs. 1 KVLG, § 16 SGB IV und § 1416 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Nach § 1416 Abs. 1 BGB müßten der Gewinn aus dem Gewerbebetrieb und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zur Hälfte als Gesamteinkommen der Klägerin zu 2) berücksichtigt werden, weil auch das während der Gütergemeinschaft von einem Ehepartner Erworbene zum Gesamtgut gehöre.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 30. Oktober 1981 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Beide Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt, daß die Beiträge zur freiwilligen Versicherung erbracht und Leistungsfälle in der strittigen Zeit eingetreten sind.
II
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Tatsacheninstanzen begründet; dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 170 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - Zurückverweisung an das Landessozialgericht (LSG) - Gebrauch gemacht.
1. Bei der Klage des Klägers zu 1) geht es entsprechend seinem Feststellungsantrag vor dem SG um die Feststellung des von ihm behaupteten Rechts auf Familienhilfe für seine Ehefrau in der streitigen Zeit; konkrete Folgerungen aus diesem Recht (Maßnahmen i.S. des § 33 KVLG usw.) sind nicht bezeichnet. Das SG hat der Klage dadurch stattgegeben, daß es die Beklagte verurteilt hat, "Familienhilfe zu gewähren"; hierin liegt nur scheinbar ein Leistungsurteil (Verpflichtungsurteil), weil das SG auch damit lediglich ein, allgemeines Recht des Klägers auf Familienhilfe feststellen wollte. Der Senat hält eine solche auf die Feststellung der Berechtigung zur Familienhilfe für bestimmte Familienmitglieder gerichtete Klage für zulässig (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG - hierunter fällt auch die Feststellung einzelner Berechtigungen); sie kann mit einer Anfechtungsklage gegen einen die Berechtigung verneinenden Verwaltungsakt verbunden werden. Der Zulässigkeit steht hier auch nicht entgegen, daß nur noch um die Berechtigung für eine vergangene Zeit gestritten wird. Da in dieser Zeit Leistungsfälle eingetreten sind und Beiträge für eine nur vorsorgliche freiwillige Versicherung entrichtet sind, ist auch jetzt noch das Feststellungs- und Rechtsschutzinteresse des Klägers zu bejahen. Es kann ferner davon ausgegangen werden, daß die Beklagte als öffentlich-rechtlicher Leistungsträger bei Erfolg der Feststellungsklage die dann gebotenen konkreten Folgerungen für den streitigen Zeitraum ziehen wird (vgl. hierzu auch Urteil des 3. Senats vom 17. August 1982 - 3 RK 68/80 -, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Ob das SG der damit zulässigen Feststellungsklage allerdings in der Sache zu Recht stattgegeben hat, kann aufgrund des bisher festgestellten Sachverhalts nicht abschließend beurteilt werden. Die Familienhilfe für die streitige Zeit richtet sich nach § 32 Abs. 1 KVLG, und zwar für die Zeit bis zum 1. Januar 1979 i.d.F. des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes (KVKG) vom 27. Juni 1977 und danach i.d.F. des 21. Rentenanpassungsgesetzes (RAG) vom 25. Juli 1978. Eine Familienhilfe für die Ehefrau setzt dabei nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KVLG u.a. voraus, daß die Ehefrau kein Gesamteinkommen hat, das regelmäßig im Monat im Jahre 1977 370,-- DM und in den Jahren 1978 bis 1980 (vgl. für 1980 Art 4 § 1 Nr. 4 des 21. RAG) 390,-- DM überschreitet.
Der Begriff des Gesamteinkommens wird in § 16 SGB IV durch eine Legaldefinition umschrieben, die auch für die Bestimmungen über die Familienhilfe gilt (SozR 2200 § 205 Nrn. 22 und 23). Danach ist Gesamteinkommen die Summe der Einkünfte i.S. des Einkommensteuerrechts; es umfaßt insbesondere das Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen. Die "Summe der Einkünfte" ist ein aus den Begriffsbestimmungen des Einkommensteuergesetzes - EStG - (im streitigen Zeitraum i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. September 1974 einschließlich der Änderungen bis zum Gesetz vom 18. Februar 1977) übernommener und dort in Abs. 3 enthaltener Begriff; hierzu rechnen alle in den vorangehenden Absätzen 1 und 2 des § 2 beschriebenen und in den §§ 13 ff. EStG im einzelnen erläuterten Einkünfte. Das Einkommensteuerrecht ist daher entgegen der Auffassung der Beklagten auch insoweit maßgebend, als es in § 2 Abs. 1 Satz 2 wegen der Zuordnung zu den einzelnen Einkunftsarten auf die §§ 13 bis 24 EStG verweist, zumal ohne diese Vorschriften unklar bliebe, was unter den einzelnen Einkunftsarten zu verstehen wäre. Der Senat hält es ferner für richtig, bei der Erfassung der einzelnen Einkünfte grundsätzlich der von den Finanzgerichten dazu entwickelten Rechtsprechung zu folgen; soweit darin das EStG zutreffend ausgelegt und angewandt wird.
Bei vereinbarter Gütergemeinschaft sind Einkünfte steuerrechtlich nach dem grundlegenden Gutachten des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 18. Februar 1959 (BFHE 69, 5) und der seither ständigen Rechtsprechung dieses Gerichts (z.B. BFHE 72, 693; 85, 181), der der Senat beitritt, nicht ohne weiteres deshalb beiden Ehegatten je zur Hälfte zuzurechnen, weil sie ins Gesamtgut fallen; entscheidend ist vielmehr - entsprechend der Formulierung in § 2 Abs. 1 EStG "Einkünfte aus …" und der auf die Einkunftsquelle abhebenden Regelung -, um welche Einkunftsart es sich handelt, und wer die Einkünfte erzielt hat. Jedem Ehegatten ist danach z.B. sein Arbeitsentgelt in vollem Umfang zuzurechnen, obgleich es in das Gesamtgut fällt und schon der Entgeltanspruch, soweit dieser die Pfändungsgrenzen übersteigt, zum Gesamtgut gehört hat. Einkünfte aus Kapital, das zum Gesamtgut gehört, sind dagegen je zur Hälfte Einkünfte der Ehegatten. Dies würde hier wohl ferner für die im Einkommensteuerbescheid für 1977 ausgewiesenen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gelten; da damit aber lediglich ein monatliches Einkommen der Ehefrau von 27,50 DM erreicht würde, kommt es entscheidend darauf an, ob ihr desweiteren Einkünfte aus der Gastwirtschaft zuzurechnen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Ehefrau bei diesem Gewerbebetrieb Mitunternehmerin i.S. des § 15 (Abs. 1 Nr. 2) EStG gewesen ist. Das muß sich, worin dem SG zuzustimmen ist, noch nicht ohne weiteres daraus ergeben, daß die Gastwirtschaft nach dem vom SG festgestellten Sachverhalt zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft gehört hat.
Für die Annahme einer steuerrechtlichen Mitunternehmerschaft ist ein zivilrechtliches Gesellschaftsverhältnis weder erforderlich noch genügend; Mitunternehmer ist vielmehr, wer eine gewisse Unternehmerinitiative entfalten kann und ein Unternehmerrisiko trägt. Dem muß nicht entgegenstehen, daß nur eine der beiden Ehegatten nach außen auftritt (BFH, Bundessteuerblatt 1977 II, 836); in diesem Fall kann sich die Mitunternehmerschaft des anderen Ehegatten aus den ihm bei einer Gütergemeinschaft zustehenden Mitwirkungs- und Kontrollrechten ergeben (BFH a.a.O. S. 838). Nach diesen Grundsätzen wird in der Regel eine Mitunternehmerschaft der Ehegatten bejaht, wenn ein Gewerbebetrieb zum Gesamtgut gehört, auch wenn er nach außen unter dem Namen eines Ehegatten geführt wird. Die Rechtsprechung hat nur dann eine Ausnahme gemacht; wenn im Gewerbebetrieb kein nennenswertes, ins Gesamtgut fallendes Kapital eingesetzt wird, dort vielmehr die persönliche Arbeitsleistung eines Ehegatten überwiegt. Dies wurde z.B. bei einem Handelsvertreter bejaht (Bundessteuerblatt 1977 II, 201), bei Handwerksbetrieben mit einem wesentlichen, zum Gesamtgut gehörenden Betriebskapital dagegen verneint (BFH, Bundessteuerblatt 1977 II, 836, 838).
Das SG hätte daher nicht nur für maßgebend halten dürfen, daß die Ehefrau nicht an der Betriebsführung beteiligt ist und in der Gastwirtschaft erheblich weniger als der Ehemann tätig ist; es mußte auch klären, welche Bedeutung für die Gastwirtschaft das dort eingesetzte Kapital hat, das aufgrund der vereinbarten Gütergemeinschaft zur Hälfte der Ehefrau gehört hat. Nur wenn dieses Kapital für den Betrieb der Gastwirtschaft keine nennenswerte Bedeutung gehabt hat, konnte eine Mitunternehmerschaft der Ehefrau verneint werden. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem, vom Senat am gleichen Tage entschiedenen Fall 11 RK 3/81, wo aufgrund des dortigen gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft lediglich eine unentgeltliche familienhafte Mitarbeit in einem dem Ehemann gehörenden Gewerbebetrieb (auch dort Gastwirtschaft) angenommen werden konnte.
Der Rechtsstreit muß daher hinsichtlich der vom Ehemann erhobenen Klage zur Klärung der Mitunternehmerschaft in die Tatsacheninstanzen zurückverwiesen werden. Falls vom LSG dabei nun eine Mitunternehmerschaft der Ehefrau bejaht werden sollte, müßte im weiteren festgestellt werden - sofern nicht bereits eine Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO vorliegt -, welcher Anteil an den Einkünften der Gastwirtschaft der Ehefrau als Gewinnanteil anzurechnen ist. Die Verteilung der Einkünfte unter den Ehegatten würde sich dann danach richten, inwieweit die Ehegatten jeweils durch Mitarbeit, Bereitstellen von Kapital oder Überlassen von Wirtschaftsgütern zum Gewinn beigetragen haben, und welche Abrede über die Gewinnverteilung unter diesen Umständen im Wirtschaftsleben zwischen einander fremden Gesellschaftern getroffen worden wäre.
2. Ohne diese Feststellungen konnte der Senat auch über den Anspruch der Klägerin nicht abschließend entscheiden. Der angefochtene - nicht an sie adressierte - Verwaltungsakt war jedenfalls in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, wie er gemäß § 95 SGG Gegenstand der Klage wurde, ebenfalls an sie gerichtet. Sie ist durch den Verwaltungsakt betroffen, soweit darin die Beiträge für ihre freiwillige Versicherung festgesetzt worden sind (s. hierzu BSGE 49, 271). Ihr Antrag auf Erstattung der für die vorsorgliche freiwillige Versicherung entrichteten Beiträge kann sich auf § 131 Abs. 1 Satz 1 SGG stützten. Der Erfolg ihrer Klage hängt ebenfalls davon ab, ob die noch zu treffenden Feststellungen eine Berechtigung des Klägers zur Familienhilfe für die Klägerin zu 2) in der streitigen Zeit ergeben.
3. Wenn das LSG zur Auffassung kommt, daß das Gesamteinkommen der Ehefrau in der streitigen Zeit unter der dafür maßgebenden Grenze geblieben ist, wird es noch die übrigen Voraussetzungen des § 32 KVLG für die Familienhilfe prüfen und zu ihnen Stellung nehmen müssen. Das gilt ohne Rücksicht darauf, ob die übrigen Voraussetzungen unter den Beteiligten streitig sind oder nicht; ein Gericht darf ein Recht nur zuerkennen, wenn es alle dafür erforderlichen Voraussetzungen als gegeben feststellt.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Urteil des LSG vorbehalten.11 RK 1/82
Bundessozialgericht
Verkündet am 10. November 1982
Fundstellen