Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Berechnung der Komplexleistung für die Betreuung Schwangerer nach Nr 01770 EBM-Ä 2005. sozialgerichtliches Verfahren. Gerichtsbesetzung. keine notwendige Beiladung der mitbetroffenen Vertragsärzte. Entscheidung einer Kassenärztlichen Vereinigung durch Verwaltungsakt bei Feststellung von Schadensregressen und Durchführung sachlich-rechnerischer Abrechnungsberichtigungen. Abrechnungsausschluss verstößt nicht gegen Verfassungsrecht
Leitsatz (amtlich)
Die Komplexleistung für die Betreuung einer Schwangeren nach Nr 01770 EBM-Ä 2005 kann auch dann nur von einem Vertragsarzt im Quartal berechnet werden, wenn ein später in Anspruch genommener Arzt dieselbe Leistung erneut erbringt, ohne zu wissen, dass sie schon erbracht worden war.
Orientierungssatz
1. Ist zwischen einer Krankenkasse und einer Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) streitig, ob Vertragsärzte eine Leistungsposition des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen zutreffend angesetzt haben entscheidet das Gericht in der sich aus § 40 S 1, § 33 Abs 1 S 2 und § 12 Abs 3 S 1 SGG ergebenden Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und der Krankenkassen. Diese Besetzung gilt auch dann, wenn die betroffenen Ärzte zum Verfahren der Krankenkasse gegen eine KÄV oder die Krankenkasse zum Rechtsstreit des Arztes gegen die KÄV (einfach) beigeladen wurden.
2. Bei einem Rechtsstreit über zu Unrecht abgerechnete Leistungen im Rahmen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen sind die von dem Richtstellungsbegehren mitbetroffenen Vertragsärzte nicht notwendig beizuladen.
3. Es entspricht langjähriger Rechtsprechung des Senats, dass Kassenzahnärztliche Vereinigungen (KZÄV) trotz des prinzipiellen Gleichordnungsverhältnisses zu den Kassen bei der Feststellung von Schadensregressen und der Durchführung von sachlich-rechnerischen Abrechnungsberichtigungen einer antragstellenden Kasse gegenüber durch Verwaltungsakt entscheiden (vgl zB BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 30/10 R = SozR 4-5555 § 21 Nr 2). Für Anträge einer Krankenkasse gegenüber einer KÄV gilt nichts anderes.
4. Der Abrechnungsausschluss in Nr 01770 EBM-Ä hat nicht zur Folge, dass erbrachte Leistungen nicht abgerechnet werden könnten oder nur eine unangemessene Vergütung iS von § 72 Abs 2, § 85 Abs 3 SGB 5 gewährt würde. Ein Verstoß gegen Art 12 Abs 1 GG und gegen Art 20 GG ist nicht erkennbar.
Normenkette
GG Art. 12 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; SGB 5 § 72 Abs. 2, § 76 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1, § 85 Abs. 3, § 87 Abs. 1-2, § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 4, § 106a Abs. 1, 2 S. 1 Hs. 1, Abs. 4 S. 1; SGB 10 § 31 S. 1; EBM-Ä Nr. 100; EBM-Ä Kap 1.7.4; EBM-Ä 2005 Kap 1.7.4; EBM-Ä Nr. 01770; EBM-Ä 2005 Nr. 01770; SGG § 12 Abs. 3 S. 1, § 33 Abs. 1 S. 2, § 40 S. 1, § 75 Abs. 1-2; MuRL Teil A Nrn. 2, 5; MuRL Teil B Nr. 4; MuRL Anl 1a; MuRL Anl 1b; MuRL Anl 1c; MuRL Anl 1d
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 26. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten auch für das Revisionsverfahren.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Richtigkeit der Honorarabrechnungen von Vertragsärzten, soweit diese im Quartal II/2007 für Schwangerschaftsbetreuungen die Nr 01770 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) abgerechnet haben.
Mit Schreiben vom 29.11.2007 machte die klagende Krankenkasse gegenüber der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) geltend, dass im Quartal II/2007 die Nr 01770 EBM-Ä in 152 Fällen zu Unrecht abgerechnet worden sei. Der von der Beklagten für das Quartal II/2007 geforderte Gesamtbetrag in Höhe von 11 528 033,77 Euro werde daher um 16 832,48 Euro gekürzt (110,74 Euro ≪2280 Punkte x 4,857 Cent≫ x 152); die vorgenannte Leistungsziffer könne je Quartal nur einmal von einem Arzt abgerechnet werden. Dies gelte auch dann, wenn die Schwangere in einem Quartal von mehreren Ärzten betreut worden sei.
Die Beklagte folgte dem Begehren der Klägerin in insgesamt sieben Fällen, lehnte aber im Übrigen die Vornahme von Berichtigungen ab. In sieben Fällen seien Gutschriften erfolgt, in den übrigen Fällen sei jedoch keine Berichtigung vorzunehmen. Es sei für die in Anspruch genommenen Gynäkologen nicht erkennbar gewesen, dass weitere Gynäkologen in die Betreuung der Schwangeren eingebunden gewesen seien (Widerspruchsbescheid vom 11.4.2012).
Auf die hiergegen erhobene Klage hob das SG die angefochtenen Bescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auf und verurteilte die Beklagte, über die Honorarberichtigungsanträge der Klägerin erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Die Beklagte habe über die Anträge der Klägerin zutreffend durch Verwaltungsakt entschieden; die entsprechende Befugnis ergebe sich aus § 10 des zwischen der Klägerin und der Beklagten am 13.12.1995 geschlossenen Gesamtvertrages. Die Bescheide seien jedoch materiell rechtswidrig. Der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä sei eindeutig. In Abs 3 Satz 1 Nr 01770 EBM-Ä sei geregelt, dass die Leistungsziffer nur von einem Vertragsarzt im Quartal abgerechnet werden dürfe. Diese Regelung werde durch den nachfolgenden zweiten Satz des Absatzes nicht eingeschränkt, es werde vielmehr klargestellt, dass die Regelung auch in den dort genannten Konstellationen und damit umfassend Anwendung finde. Die Verwendung des Wortes "auch" in diesem zweiten Satz verdeutliche gerade, dass der Abrechnungsausschluss sogar dann gelten solle, wenn eine Betreuung durch mehrere Vertragsärzte stattfinde. Eine Ausnahme von dem Abrechnungsausschluss könne auch nicht aus dem Klammerzusatz zu Satz 2 abgeleitet werden. Die einleitende Formulierung "z. B." in der Klammer gebe zu erkennen, dass es sich um eine nicht abschließende Aufzählung handele, in der der Abrechnungsausschluss "auch" Anwendung finde. Es sei davon auszugehen, dass der Bewertungsausschuss (BewA), sofern er bestimmte Fallkonstellationen von dem Abrechnungsausschluss habe ausnehmen wollen, dies entsprechend formuliert hätte (Urteil vom 26.2.2014).
Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä sei nicht eindeutig. Durch den zweiten Satz des dritten Absatzes der Leistungsziffer werde eine Einschränkung vorgenommen. Anderenfalls wäre dieser Satz überflüssig, weil der erste Satz des dritten Absatzes für sich genommen klar formuliert sei. Die Wendung "dies gilt auch" beziehe sich zwar auf den ersten Satz des dritten Absatzes, der Klammerzusatz enthalte indes Sachverhalte, die jeweils eine Kenntnis der beteiligten Ärzte von einer Vorbehandlung voraussetzten. Durch die Einleitung mit "z. B." würde aber auch Raum für Konstellationen eröffnet, in denen Ärzte Schwangere betreuten, ohne Kenntnis von der Vorbehandlung zu haben. Sinn und Zweck des Abrechnungsausschlusses sei es, demjenigen Vertragsarzt die Vergütung zukommen zu lassen, der die Schwangere in dem Quartal tatsächlich betreut habe. In diese Zielrichtung füge sich auch die mit Wirkung zum 1.4.2005 vorgenommene Ergänzung des Klammerzusatzes um "im Notfall" ein, da ein solcher wie die Mitbehandlung und die Vertretung keine umfassende Betreuung der Schwangeren darstelle. Es sei damit eindeutig, dass mehrere Ärzte die Nr 01770 EBM-Ä abrechnen dürften, wenn sie den Leistungsinhalt erbracht, also die Schwangere betreut, hätten. Im Ergebnis seien zwei Konstellationen denkbar, in denen ein Arzt - neben dem ursprünglich die Betreuung durchführenden Arzt - die Betreuung mit allen Leistungen im Sinne der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (jetzt: des Gemeinsamen Bundesausschusses ≪GBA≫) über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (Mutterschafts-Richtlinien) durchführe: Dies könne zum einen der Fall sein, wenn die Schwangere im laufenden Quartal den betreuenden Arzt vollständig wechsele. Zum anderen könne dies auch der Fall sein, wenn sich der die Betreuung durchführende Vertragsarzt in Unkenntnis darüber befinde, dass die Schwangere im selben Quartal bereits von einem anderen Arzt betreut worden sei. Diese beiden Fälle von der Abrechnungsmöglichkeit der Nr 01770 EBM-Ä auszuschließen, sei mit der Entstehungsgeschichte der aus der Nr 100 EBM-Ä in der ab dem 1.7.1997 geltenden Fassung hervorgegangenen Leistungsposition nicht vereinbar. Es sei nicht Sinn des Leistungsausschlusses gewesen, die Problematik einer mehrfachen Durchführung der Leistungen in der Weise zu Lasten der Vertragsärzte zu lösen, dass diese ihre Leistungen nicht vergütet bekämen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Mainz vom 26.2.2014 aufzuheben und die Klage der Klägerin gegen die Bescheide vom 3.11.2009, vom 25.1.2010 und vom 25.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.4.2012 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das Urteil des SG für zutreffend. Der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä sei eindeutig. Satz 1 des dritten Absatzes dieser Ziffer sehe einen ausnahmslosen Ausschluss der Mehrfachabrechnung vor. Dieser Grundsatz werde durch Satz 2 des dritten Absatzes nur konkretisiert, nicht aber beschränkt. Hätten hier Ausnahmen, etwa für den Fall eines Arztwechsels, vorgesehen werden sollen, hätte es insbesondere angesichts der Rechtsprechung des BSG nahe gelegen, dass diese ausdrücklich aufgeführt worden wären. Entgegen der Ansicht der Beklagten komme es nicht darauf an, ob der "Zweitbehandler" Kenntnis von einer Vorbehandlung gehabt habe. Im Übrigen könne auch der entstehungsgeschichtlichen Auslegung der Beklagten nicht gefolgt werden. Selbst wenn die Begründung der Gebührenordnungskommission zur Auslegung herangezogen werden könnte, ließe sich hieraus nicht ableiten, dass es Ausnahmen von dem Abrechnungsausschluss geben müsse. Vielmehr habe ausweislich der Begründung "unmissverständlich" klargestellt werden sollen, dass die pauschal vergütete Betreuung der Schwangeren nur einmal abgerechnet werden könne. Aus der Ergänzung des Klammerzusatzes um den Notfall werde zudem ersichtlich, dass der BewA keine Kenntnis von der Betreuung durch einen anderen Vertragsarzt habe fordern wollen, da gerade der Notfall eine klassische Fallgestaltung sei, in der eine solche nicht bestehe. Soweit die Beklagte schließlich darauf abstelle, dass maßgeblich sei, ob eine ordnungsgemäße Betreuung entsprechend der Mutterschafts-Richtlinien stattgefunden habe, verkenne sie, dass Nr 01770 EBM-Ä wie jede andere Ziffer des EBM-Ä ohnehin nur dann abrechnungsfähig sei, wenn der in ihr beschriebene Leistungsinhalt komplett erbracht worden sei. Würde die Auffassung der Beklagten zu Grunde gelegt, wäre der Leistungsausschluss insgesamt überflüssig.
Die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) ist der Auffassung, dass sich bereits aus dem Wortlaut von Satz 2 des dritten Absatzes der Leistungsziffer, namentlich dem Klammerzusatz, ergebe, dass der Abrechnungsausschluss nur dann greife, wenn sich der Vertragsarzt bewusst gewesen sei, dass die Versicherte keinen Anspruch auf eine weitere Betreuung gehabt habe. Bestätigt werde dies durch die Hintergründe des Leistungsausschlusses. Aus der Begründung des Vorschlags der Gebührenordnungskommission ergebe sich, dass die Abrechnung der Leistungsziffer nur möglich sein solle, wenn die Betreuung in ihrer ganzen Bandbreite erfolgt sei. Dies sei in den in dem Klammerzusatz aufgeführten Fällen nicht der Fall. Dass im Falle einer bewussten Zweitbehandlung die Abrechnung der Leistungsziffer nicht möglich sei, ergebe sich bereits daraus, dass die Versicherte keine Zweitbetreuung beanspruchen dürfe. Für den Arzt, der Kenntnis von der vorangehenden Betreuung habe, sei die Erbringung der Leistungen folglich erkennbar unwirtschaftlich. Etwas anderes gelte nur in den beiden von der Beklagten genannten Konstellationen: Im Falle eines gewillkürten Wechsels des Vertragsarztes durch die Versicherte müssten sowohl der "alte" wie aber der "neue" Arzt die Pauschale abrechnen können. In der zweiten Konstellation, dass der Vertragsarzt keine Kenntnis von der Zweitbetreuung habe, handele es sich aus dessen Sicht nicht um eine unwirtschaftliche Leistungserbringung. In beiden Fällen würden Leistungen nach den Vorgaben der Mutterschafts-Richtlinien erbracht. Es sei daher unbillig, wenn die Abrechnung der Nr 01770 EBM-Ä in diesen Fällen nicht erfolgen könne. Im Übrigen sprächen auch verfassungsrechtliche Erwägungen für ihre Auffassung. Das Verständnis des SG zu Grunde gelegt, sei der Abrechnungsausschluss unverhältnismäßig. Zumindest, wenn für den Vertragsarzt nicht ersichtlich sei, dass die Versicherte anderweitig betreut werde, ergebe sich sowohl aus Art 12 GG als auch aus Art 20 GG die Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung der Nr 01770 EBM-Ä. Es sei nicht erforderlich, dem Vertragsarzt das Risiko der unberechtigten Inanspruchnahme und damit der Abrechenbarkeit der Leistungsziffer aufzuerlegen. Hier sei die Sanktionierung der Schwangeren als milderes Mittel anzusehen, wenn sie den Vertragsarzt in Unkenntnis darüber lasse, dass sie einen zweiten Arzt zur Betreuung in Anspruch nehme. Zudem sei es unverhältnismäßig im engeren Sinne, wenn die Abrechenbarkeit der Leistungsziffer auch bei unbewusster Mitbetreuung ausscheide.
Der zu 2. beigeladene GKV-Spitzenverband erachtet das Urteil des SG als zutreffend. Nr 01770 EBM-Ä sei eindeutig formuliert und damit nach der Rechtsprechung des BSG weder auslegungsbedürftig noch -fähig. Für eine systematische oder entstehungsgeschichtliche Auslegung sei folglich kein Raum. Bei der seitens der Beklagten herangezogenen Begründung der Gebührenordnungskommission habe es sich lediglich um eine solche des die Beschlussfassung im BewA vorbereitenden Arbeitsausschusses gehandelt. Zudem habe danach unmissverständlich klargestellt werden sollen, dass die pauschal vergütete Betreuung einer Schwangeren nur einmal abgerechnet werden könne.
Entscheidungsgründe
Die Revision der beklagten KÄV hat keinen Erfolg. Das SG hat die Bescheide der Beklagten über die Verweigerung von Honorarberichtigungen zu Recht aufgehoben und die Beklagte zur neuen Entscheidung über die Berichtigungsanträge der klagenden Krankenkasse verpflichtet.
A. Der Senat entscheidet - wie das SG - in der sich aus § 40 Satz 1, § 33 Abs 1 Satz 2 und § 12 Abs 3 Satz 1 SGG ergebenden Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und der Krankenkassen. In der vorliegenden Konstellation ist zwischen einer Krankenkasse und einer KÄV streitig, ob Vertragsärzte eine Leistungsposition des EBM-Ä zutreffend angesetzt haben. Zwar stammen die in diesem Verfahren beklagten Bescheide vom Vorstand der Beklagten, also einem Gremium, das nur mit Vertragsärzten besetzt ist. Daraus ist jedoch nicht zu schließen, in einer solchen Konstellation sei in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte zu entscheiden, weil die Ausgangsentscheidung nur von einem mit Ärzten besetzten Gremium getroffen worden sei. Streitgegenstand ist hier der auf § 106a Abs 4 SGB V sowie den Vorschriften der Bundesmantelverträge beruhende Anspruch der Krankenkasse, dass die beklagte KÄV für die Korrektheit der Abrechnungen der Vertragsärzte sorgt. Dieser Streit wurzelt in den Rechtsbeziehungen zwischen einer Krankenkasse und der KÄV, was zur Folge hat, dass an dem Rechtsstreit zwei ehrenamtliche Richter je aus den Kreisen der Vertragsärzte und der Krankenkasse mitwirken müssen (vgl auch Urteil vom 13.5.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr 1 und vom 28.4.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 5, jeweils zum Vertragszahnarztrecht). Das kann zur Folge haben, dass über die Rechtsmäßigkeit von Honorarberichtigungen in unterschiedlichen Besetzungen der Richterbank iS des § 12 Abs 3 SGG zu entscheiden ist, je nachdem, ob die KÄV einem Berichtigungsantrag der Krankenkasse entspricht oder nicht. Kommt sie dem Antrag nach und erlässt gegenüber dem betroffenen Arzt einen entsprechenden Bescheid, ist über die Klage des Arztes gegen diesen Berichtigungsbescheid in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte zu entscheiden. Die Abhängigkeit der Besetzung der Richterbank vom Streitgegenstand - Rechtsverhältnis der KÄV zur Krankenkasse oder zu ihrem Mitglied - gilt auch dann, wenn die betroffenen Ärzte zum Verfahren der Krankenkasse gegen die KÄV oder die Krankenkasse zum Rechtsstreit des Arztes gegen die KÄV (einfach) beigeladen wurden (dazu B.).
B. Die von dem Richtigstellungsbegehren mitbetroffenen Vertragsärzte, die in dem Antrag der Klägerin nicht namentlich benannt worden sind, mussten im Revisionsverfahren nicht beigeladen werden. Ein Fall der - im Revisionsverfahren nach § 168 Satz 2 SGG allein zulässigen - notwendigen Beiladung (§ 75 Abs 2 SGG) liegt nicht vor. Im Hinblick auf die Besonderheit der extrabudgetär nach den Grundsätzen einer echten Einzelleistungsvergütung zu honorierenden Leistung nach Nr 01770 EBM-Ä gehen die Beteiligten davon aus, dass der Berichtigungsanspruch der Klägerin allein davon abhängt, dass diese Leistung zu Unrecht abgerechnet worden ist. Steht das fest, lässt sich ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte beziffern, dessen Durchsetzung nicht von der Bestandskraft eines von der Beklagten gegenüber den einzelnen Vertragsärzten zu erlassenden Berichtigungsbescheids abhängt. Deshalb präjudiziert die hier betroffene Entscheidung im Rechtsverhältnis zwischen Kasse und KÄV nicht die Entscheidung im Rechtsverhältnis zwischen der beklagten KÄV und den Ärzten, die die Position Nr 01770 EBM-Ä abgerechnet haben (vgl zum Vertragszahnarztrecht bei Einzelleistungsvergütung SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 5). Da indessen in beiden Rechtsbeziehungen im Kern über die gleiche Rechtsfrage zu entscheiden ist, kann die einfache Beiladung (§ 75 Abs 1 SGG) der mitbetroffenen Ärzte sinnvoll sein, soweit dies nicht im Hinblick auf die uU große Zahl der Betroffenen untunlich ist.
C. Die Klägerin hat im ersten Rechtszug eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhoben. Das beruht auf dem in § 106a Abs 4 Satz 1 SGB V geregelten Recht der Krankenkassen, bei der KÄV ua Prüfungen der sachlichen Richtigkeit der vertragsärztlichen Abrechnungen iS des § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V zu beantragen. Die Klägerin hat sich hier auf einen Bescheidungsantrag beschränkt, auch weil nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten im Hinblick auf die Vergütung der Leistungen nach Nr 01770 EBM-Ä als Einzelleistung zu festen Punktwerten allein mit der rechtskräftigen Feststellung einer fehlerhaften Abrechnung ein Erstattungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten besteht. Wie zu verfahren ist, wenn ein Erstattungsanspruch der Krankenkassen nur begründet ist, wenn die KÄV die Honorarberichtigung und die darauf beruhende Rückforderung überzahlten Honorars gegenüber dem einzelnen Vertragsarzt durchsetzen kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Anders als die Durchsetzung des hier in Rede stehenden Rückzahlungsanspruchs der Krankenkasse gegen die KÄV hängt die Rechtmäßigkeit von Honorarberichtigungen im Rechtsverhältnis zwischen KÄV und Vertragsarzt nicht allein von der sachlichen Fehlerhaftigkeit der Abrechnung nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V, sondern auch davon ab, dass die hierfür geltende vierjährige Ausschlussfrist noch nicht abgelaufen ist (vgl nur BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 24 mwN) und Vertrauensschutzgesichtspunkte der Berichtigung nicht entgegenstehen (vgl hierzu jüngst BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 38/13 R - Juris RdNr 20 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Die Krankenkassen haben ungeachtet dessen jedenfalls im Regelfall ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn sie klären lassen wollen, ob Vertragsärzte die Leistungspositionen des EBM-Ä korrekt angewandt haben (vgl zB LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 16.7.2014 - L 9 KA 12/12 - Juris RdNr 37 = GesR 2014, 691, 693 und SG Marburg Urteil vom 3.9.2014 - S 11 KA 718/11 - Juris RdNr 20, 24).
D. Die Beklagte war befugt, den Antrag der Klägerin durch Verwaltungsakt zu bescheiden (1.), diesen Antrag hat die Klägerin fristgerecht gestellt (2.), die Beklagte hat jedoch die Durchführung der sachlich-rechnerischen Berichtigung zu Unrecht abgelehnt (3.).
1. Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte befugt war, gegenüber der Klägerin durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Es entspricht langjähriger Rechtsprechung des Senats, dass Kassenzahnärztliche Vereinigungen (KZÄV) trotz des prinzipiellen Gleichordnungsverhältnisses zu den Kassen bei der Feststellung von Schadensregressen und der Durchführung von sachlich-rechnerischen Abrechnungsberichtigungen einer antragstellenden Kasse gegenüber durch Verwaltungsakt entscheiden. Maßgeblich ist insoweit, dass die KZÄV nach den bundesmantelvertraglichen Regelungen die allgemeine Vertragsinstanz ist, der (auch) die Feststellung obliegt, ob Vertragszahnärzte ihre vertragszahnärztlichen Pflichten verletzt und dadurch der betroffenen Krankenkasse des Versicherten einen Schaden verursacht haben (BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 2 S 8; BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 3 S 13, jeweils im Hinblick auf die Befugnis der KZÄV, Schadensersatzansprüche einer Vertragskasse gegen den Vertragszahnarzt wegen Verletzung von Pflichten aus dem Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte ≪EKVZ≫ durch Verwaltungsakt geltend zu machen). Die entsprechende Handlungsbefugnis der KZÄV bei einem Streit um sachlich-rechnerische Honorarberichtigungen hat der Senat ebenso bejaht (BSG SozR 4-5555 § 21 Nr 2 RdNr 16 ff) wie im Falle von Anträgen der (Ersatz-)Kassen gegenüber der KZÄV auf Erstattung von Gutachterkosten im Rahmen zahnprothetischer Versorgung (BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 46/13 R - Juris RdNr 13, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen und Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 5/14 R - Juris RdNr 15).
Für Anträge einer Krankenkasse gegenüber einer KÄV gilt nichts anderes. Der KÄV steht, ebenso wie der KZÄV, nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V die Honorarprüfungs- und Berichtigungskompetenz zu. Die Krankenkassen können gemäß § 106a Abs 4 Satz 1 SGB V Prüfungen nach § 106a Abs 2 SGB V bei den KÄVen beantragen. Dementsprechend ist die KÄV auch nach den bundesmantelvertraglichen Regelungen die allgemeine Vertragsinstanz im vorgenannten Sinne und die Krankenkassen haben nur ein Antragsrecht für nachgehende sachlich-rechnerische Berichtigungen (vgl § 45 Abs 4 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte ≪BMV-Ä≫ idF vom 1.10.2013, dieser entspricht § 45 Abs 2 Satz 2 BMV-Ä, Stand: 2.3.2006). Dazu regeln gemäß § 45 Abs 4 Satz 2 BMV-Ä die zwischen den Landesverbänden der Kassen und den KÄVen gemäß § 83 Abs 1 SGB V zu schließenden Gesamtverträge das Nähere. Hier haben die Beteiligten in § 10 des zwischen ihnen geschlossenen Gesamtvertrages eine entsprechende Regelung getroffen und sind dabei erkennbar selbst davon ausgegangen, dass die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art gegenüber der Klägerin durch Verwaltungsakt handeln darf. Deutlich wird dies in § 10 Abs 6 Satz 3 des Gesamtvertrages, wonach die Krankenkasse "gegen einen ablehnenden Bescheid" Klage erheben kann. Ebenso wie im vertragszahnärztlichen Bereich ist zwar zu berücksichtigen, dass die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und KÄV einerseits und KÄV und Vertragsarzt andererseits grundsätzlich getrennt sind. Gleichwohl geht es bei Anträgen der Kassen auf sachlich-rechnerische Richtigstellung und bei den die sachlich-rechnerische Korrektur festsetzenden Bescheiden der KÄV gegenüber dem Vertragsarzt der Sache nach vorrangig um dieselbe Frage, ob die vertragsärztliche Abrechnung Fehler aufweist (vgl im Hinblick auf Berichtigungen im vertragszahnärztlichen Bereich: BSG SozR 4-5555 § 21 Nr 2 RdNr 20). Diese Frage kann in beiden Rechtsbeziehungen nur einheitlich beantwortet werden, und Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Vorschriften sind deshalb an dem Zweck auszurichten, eine solche einheitliche Entscheidung zu ermöglichen. Das wird verlässlich und rechtssicher dadurch erreicht, dass die KÄV auf einen Antrag einer Krankenkasse auf sachlich-rechnerische Berichtigung dieser wie gegebenenfalls dem Vertragsarzt gegenüber durch Verwaltungsakt entscheidet.
2. Die Klägerin hat den Antrag auf sachlich-rechnerische Korrektur fristgerecht gestellt. Gemäß § 10 Abs 4 des zwischen den Beteiligten geschlossenen Gesamtvertrages sind Berichtigungen binnen drei Monaten, in begründeten Ausnahmefällen binnen sechs Monaten, nach Zugang der Abrechnungsunterlagen geltend zu machen. Die Klägerin hat den Antrag auf sachlich-rechnerische Korrektur für das Quartal II/2007 mit Schreiben vom 29.11.2007 gestellt. Ausweislich der Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ging dieser Antrag am 3.12.2007 bei der Beklagten ein.
3. Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte die Durchführung der sachlich-rechnerischen Berichtigung zu Unrecht abgelehnt hat.
a) Gemäß § 106a Abs 1 SGB V prüfen die KÄVen und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung. Aufgrund von § 106a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V ist die Beklagte berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen und diese nötigenfalls richtigzustellen. Die Krankenkassen oder ihre Verbände können, sofern dazu Veranlassung besteht, gezielte Prüfungen durch die KÄV nach Absatz 2 beantragen (§ 106a Abs 4 Satz 1 SGB V). Hier hat die Beklagte die Prüfung der ärztlichen Abrechnungen rechtswidrig abgelehnt. Die Leistung nach Nr 01770 EBM-Ä kann je Schwangerer und Quartal auch dann nur von einem Vertragsarzt abgerechnet werden, wenn mehrere Vertragsärzte - gleich aus welchem Grund - mit der Betreuung befasst sind.
b) Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl etwa BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4 mwN; BSGE 88, 126, 127 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 146; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13; BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 31/12 B - Juris RdNr 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä - also des BewA gemäß § 87 Abs 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen (etwa BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11). Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse oder Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11). Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist nur dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (etwa BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4 mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 und Nr 10 RdNr 10, jeweils mwN; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13; BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 31/12 B - Juris RdNr 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11).
Der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä ist weder unklar oder mehrdeutig (1), noch rechtfertigen ein Rückgriff auf die Entstehungsgeschichte (2) oder Systematik (3) ein anderes Ergebnis. Es liegt auch kein Fall eines Missbrauchs vor, der eine Ausnahme von den vorgenannten Grundsätzen rechtfertigen könnte (4). Schließlich führt der Abrechnungsausschluss auch nicht dazu, dass erbrachte Leistungen nicht angemessen vergütet würden (5).
(1) Der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä ist weder unklar noch mehrdeutig, sondern lässt deutlich erkennen, dass diese Position nicht von mehreren Ärzten je Quartal für die Betreuung einer Schwangeren abgerechnet werden kann. Für die Auffassung der Beklagten, wonach eine Ausnahme vom Prinzip der (nur) einmaligen Abrechenbarkeit in den Fällen bestehe, in denen die Schwangere während des laufenden Quartals den behandelnden Arzt wechsele, und auch dann, wenn der zweite Vertragsarzt in Unkenntnis der Betreuung durch den ersten Arzt tätig geworden sei, ergibt sich aus dem Wortlaut nichts.
Nr 01770 EBM-Ä lautete im Quartal II/2007 wie folgt:
Betreuung einer Schwangeren gemäß den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (Mutterschafts-Richtlinien)
Obligater Leistungsinhalt
- Beratungen und Untersuchungen gemäß den Mutterschafts-Richtlinien,
- Ultraschalluntersuchungen nach Anlage 1a und 1b der Mutterschafts-Richtlinien,
- Bilddokumentation(en),
einmal im Behandlungsfall.
Die Berechnung der Leistung nach der Nr. 01770 setzt eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung nach der Ultraschall-Vereinbarung gemäß § 135 Abs. 2 SGB V voraus.
Die Leistung nach der Nr. 01770 kann für die Betreuung einer Schwangeren im Laufe eines Quartals nur von einem Vertragsarzt abgerechnet werden. Dies gilt auch, wenn mehrere Vertragsärzte in die Betreuung der Schwangeren eingebunden sind (z. B. bei Vertretung, im Notfall oder bei Mit- bzw. Weiterbehandlung).
Die Leistung nach der Nr. 01770 ist im Behandlungsfall nicht neben den Leistungen nach den Nrn. 33043 und 33044 berechnungsfähig.
Nach dem Wortlaut von Abs 3 Satz 1 der Nr 01770 EBM-Ä kann die Leistungsziffer "nur von einem Vertragsarzt" berechnet werden. Hieraus ergibt sich nicht nur, dass allein "ein Vertragsarzt" die Ziffer je Quartal und Schwangerer abrechnen kann, sondern durch die zusätzliche Verwendung des Wortes "nur" wird diese Beschränkung besonders betont.
Unklarheiten werden auch durch Abs 3 Satz 2 der Nr 01770 EBM-Ä nicht hervorgerufen. Satz 2 schränkt die Abrechnungsbeschränkung nach Satz 1 - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht ein. Vielmehr betont Satz 2 die Aussage von Satz 1 und verdeutlicht durch die Verwendung des Wortes "auch", dass die Abrechnungsbeschränkung sogar dann gelten soll, wenn mehrere Vertragsärzte in die Betreuung eingebunden sind. Satz 2 stellt somit eine Konkretisierung von Satz 1 dar. Ergänzend enthält der Klammerzusatz zu Satz 2 eine - wie durch die Verwendung der Formulierung "z. B." zum Ausdruck kommt - nicht abschließende Auflistung von Fällen der Einbindung mehrerer Vertragsärzte in die Betreuung, in denen ausdrücklich dennoch nur eine einmalige Abrechnung der Nr 01770 EBM-Ä je Quartal und schwangerer Frau erfolgen darf. Dies sind neben der Vertretung und dem Notfall namentlich die Fälle der Mit- oder Weiterbehandlung. Hierdurch wird zum Ausdruck gebracht, dass nicht nur die eher punktuelle Einbindung in die Betreuung wie etwa im Falle der Vertretung oder des Notfalls die mehrfache Abrechnung der Nr 01770 EBM-Ä ausschließt, sondern dies auch dann gelten soll, wenn - wie bei der Mit- oder Weiterbehandlung - durch den weiteren Arzt uU längerfristig eine Betreuung der Schwangeren erfolgt.
Der EBM-Ä definiert zwar die Begriffe "Mitbehandlung" und "Weiterbehandlung" nicht. Dem Sprachgebrauch nach ist jedoch unter einer "Weiterbehandlung" eine "weitere, die bisherige Behandlung fortsetzende Behandlung" zu verstehen. Nach § 24 Abs 7 Nr 4 BMV-Ä idF vom 1.10.2013 (dieser entspricht § 24 Abs 7 Nr 4 BMV-Ä, Stand: 2.3.2006) wird bei einer Überweisung zur Weiterbehandlung die gesamte diagnostische und therapeutische Tätigkeit dem weiterbehandelnden Vertragsarzt übertragen (§ 24 Abs 7 Nr 4 BMV-Ä). Demgegenüber erfolgt eine Überweisung zur Mitbehandlung nach § 24 Abs 7 Nr 3 BMV-Ä idF vom 1.10.2013 zur gebietsbezogenen Erbringung begleitender oder ergänzender diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen, über deren Art und Umfang der Vertragsarzt entscheidet, an den überwiesen wurde. Im letztgenannten Fall einer Mitbehandlung behandelt der zunächst tätig werdende Arzt den Patienten folglich auch weiterhin, während im Falle einer Weiterbehandlung künftig ausschließlich derjenige Arzt tätig wird, der die weitere Behandlung übernimmt. Durch die ausdrückliche Nennung der Weiterbehandlung kommt zum Ausdruck, dass eine mehrfache Abrechnung von Nr 01770 EBM-Ä auch in den einer Weiterbehandlung vergleichbaren Fällen ausgeschlossen sein soll, in denen die Betreuung der Schwangeren durch mehrere zeitlich nacheinander tätig werdende Vertragsärzte erfolgt.
Deutlich wird vor diesem Hintergrund zugleich, dass die Auffassung der Beklagten, der Abrechnungsausschluss gelte nicht für mehrere eigenständige "Betreuungen", nicht in Einklang mit dem Wortlaut der Regelung steht (aA allerdings ohne Begründung Köhler/Hess, Kölner Kommentar zum EBM, Stand: 1.10.2013, zu Nr 01770 S 122; so im Anschluss daran - allerdings ebenfalls ohne nähere Begründung - wohl auch Bayerisches LSG Beschluss vom 30.7.2009 - L 12 B 1074/08 KA ER - Juris RdNr 20). Durch die Beispiele in dem Klammerzusatz zu Satz 2 wird klargestellt, dass auch etwa der Weiterbehandlung vergleichbare Fälle, in denen also nacheinander von mehreren Ärzten der Leistungsinhalt der Nr 01770 EBM-Ä erbracht wird, von dem Abrechnungsausschluss erfasst sein sollen. Dabei handelt es sich indes gerade um "mehrere Betreuungen" im Sinne der Auffassung der Beklagten. Insoweit kann auch aus der Formulierung "eingebunden" in Abs 3 Satz 2 der Regelung nichts anderes abgeleitet werden, da Einbindung nicht meinen kann, dass die Betreuung - verstanden als Erbringung des Leistungsinhalts - durch mehrere Vertragsärzte erfolgen kann. Ein anderes Ergebnis wäre widersprüchlich. Um Nr 01770 EBM-Ä abrechnen zu können, muss, wie bei jeder Leistungsziffer des EBM-Ä, grundsätzlich der vollständige Leistungsinhalt durch den Vertragsarzt erfüllt werden. Der Hinweis in Satz 2 hat somit von vornherein nur Bedeutung, wenn die angesprochenen "mehreren Vertragsärzte" jeweils den gesamten Leistungsinhalt erbracht haben. Insoweit bestehen erhebliche Zweifel, ob dies im Rahmen eines Notfalls oder einer Vertretung möglich ist, da in Nr 01770 EBM-Ä gerade keine Einzelleistung, sondern ein umfassender Leistungskomplex beschrieben wird. Dies führt allerdings nicht dazu, dass die Formulierung "Betreuung" in Satz 1 aufgrund einer Zusammenschau mit Satz 2, insbesondere aufgrund des Klammerzusatzes, so - wie von der Beklagten vorgeschlagen - zu verstehen wäre, dass "mehrere Betreuungen" in einem Quartal die mehrfache Abrechnung der Leistungsziffer auslösen könnten. Dieses Verständnis zu Grunde gelegt, wäre Abs 3 der Nr 01770 EBM-Ä, worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen hat, vielmehr insgesamt überflüssig. Ausreichend wäre in diesem Fall der in Abs 1 enthaltene Verweis auf die einmalige Abrechenbarkeit im Behandlungsfall (zur Definition des Behandlungsfalles s § 21 Abs 1 BMV-Ä).
Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich dem Wortlaut von Nr 01770 Abs 3 Satz 2 EBM-Ä auch nicht entnehmen, dass Voraussetzung für den Abrechnungsausschluss die Kenntnis des die Behandlung übernehmenden Arztes von der Vorbehandlung sei, mit der Folge, dass dieser nicht greife, wenn der weitere Vertragsarzt hiervon keine Kenntnis habe. Der Leistungslegende ist kein derartiges Wissenselement zu entnehmen. Durch die Verwendung der Formulierung "z. B." in dem Klammerzusatz wird vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass auch andere Formen der Betreuung durch mehrere Vertragsärzte erfasst sein sollen. Hätten solche Betreuungen, die in Unkenntnis der "Vor-" oder Mitbetreuung erfolgen, von dem Abrechnungsverbot ausgenommen werden sollen, hätte es eines entsprechenden Zusatzes bedurft. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der eingangs erläuterten Rechtsprechungsgrundsätze zur Auslegung der Gebührenordnung, die sowohl zum Zeitpunkt der Beschränkung der Abrechenbarkeit der damaligen Nr 100 EBM-Ä (der heutigen Nr 01770 EBM-Ä) zum Quartal III/1996 auf einmal je Behandlungsfall als auch insbesondere zum Zeitpunkt der Formulierung des im Wesentlichen (später wurde mit Wirkung zum Quartal II/2005 nur noch der Klammerzusatz um den "Notfall" ergänzt) heute noch geltenden Abs 3 zum Quartal III/1997 bereits etabliert und den Normgebern des EBM-Ä nach § 87 Abs 1 SGB V folglich bekannt waren (vgl nur bereits BSGE 46, 140, 143 = SozR 5533 Nr 45 Nr 1 S 4 mwN).
(2) Unabhängig von dem Umstand, dass in Anwendung der eingangs genannten Grundsätze wegen des eindeutigen Wortlauts kein Raum mehr für eine entstehungsgeschichtliche Auslegung ist, würde eine solche zu keinem anderen Ergebnis führen. Insoweit kann auch offenbleiben, ob die Begründung des Arbeitsausschusses des BewA aus dessen 138. Sitzung vom 18.2.1997 zu der Ergänzung von Nr 100 EBM-Ä um Abs 3 überhaupt im Sinne der eingangs genannten Rechtsprechung des Senats als "Dokument, in dem die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben" angesehen werden und damit zu einer entstehungsgeschichtlichen Auslegung herangezogen werden kann. Vorgenannter Begründung ist zu entnehmen, dass Nr 100 EBM-Ä bei Einführung der Praxisbudgets zum 1.7.1997 als nicht budgetierte Einzelleistung berechnungsfähig blieb. "Deswegen" sollte "unmissverständlich klargestellt werden, dass die pauschal vergütete Betreuung einer Schwangeren jeweils nur von dem die Schwangere betreuenden Arzt abgerechnet werden kann." Bis dato sei es häufig zu Fehlinterpretationen, insbesondere bei Mit- oder Weiterbehandlungen, gekommen.
Weil gerade die erwähnten Fehlinterpretationen vermieden werden sollten, wird erkennbar, dass durch den in Abs 3 Satz 2 der Regelung normierten Klammerzusatz gerade keine Einschränkung von Abs 3 Satz 1, sondern vielmehr eine Klarstellung im bereits aufgezeigten Sinn erreicht werden sollte. Unterstützt wird damit die sich aus dem Wortlaut ergebende Auslegung, wonach Satz 2 der Betonung und Verdeutlichung der in Satz 1 genannten Aussage dienen soll. Zudem ergibt sich aus dem ersten Teil der Begründung, wonach "unmissverständlich" die nur einmalige Abrechenbarkeit der damaligen Nr 100 EBM-Ä (aF) klargestellt werden sollte, dass dies ausnahmslos gelten soll. Deutlich wird diese Intention auch durch den Verweis darauf, dass Nr 100 EBM-Ä (aF) bei Einführung der Praxisbudgets als nicht in ein Budget einbezogene Einzelleistung berechnungsfähig bleiben und "deswegen" die Klarstellung erfolgen sollte. Die Privilegierung, die die Leistungen aufgrund der nicht erfolgten Budgetierung erfahren, sollte erkennbar nur einem Vertragsarzt zukommen. Das war und ist im Hinblick auf den Charakter der Leistung nach Nr 01770 EBM-Ä sachgerecht.
Zum Leistungsinhalt gehören neben Beratungen und Untersuchungen gemäß den Mutterschafts-Richtlinien, Ultraschalluntersuchungen nach Anlage 1a und 1b der Mutterschafts-Richtlinien sowie Bilddokumentation(en). In Teil A der Mutterschafts-Richtlinien (idF vom 10.12.1985, zuletzt geändert am 24.3.2003, BAnz Nr 126 vom 11.7.2003 S 14906, in Kraft getreten am 12.7.2003) sind die "Untersuchungen und Beratungen" während der Schwangerschaft näher konkretisiert. Insbesondere handelt es sich dabei um eine umfassende Anamnese (Familien-, Eigen-, Schwangerschafts- sowie Arbeits- und Sozialanamnese, Nr 2a), eine Allgemein- und gynäkologische Untersuchung (Nr 2b), Gewichtskontrolle, Blutdruckmessung, Untersuchung des Mittelstrahlurins auf Eiweiß, Zucker und Sediment, Hämoglobinbestimmung (im Regelfall ab dem 6. Monat), Kontrolle des Standes der Gebärmutter, der kindlichen Herzaktion, Feststellung der Lage des Kindes (Nr 4) und ein Ultraschallscreening entsprechend der Anlage 1a (Nr 5). Ergeben sich aus dem Screening auffällige Befunde, insbesondere bei den in Anlage 1b aufgeführten Indikationen, sind diese Kontroll-Untersuchungen auch außerhalb der vorgegebenen Untersuchungszeiträume als Bestandteil des Screenings durchzuführen (ebenfalls Nr 5). Nr 100 EBM-Ä stellte demnach eine Pauschale dar, durch die der standardisierte, in der Regel bei allen Schwangeren zu erbringende "Aufwand" in Form von Untersuchungen und Beratungen, die gesamte Dokumentation sowie die Standardlabordiagnostik (vgl auch Köhler/Hess, Kölner Kommentar zum EBM, Stand: 1.10.2013, zu Nr 01770 S 120) als Leistungen der Prävention insgesamt abgegolten werden soll. Diese ist insoweit aber "privilegiert", als dass sie als nicht budgetierte Leistung und zudem - aufgrund der Erfassung mehrerer Leistungen mit der Komplexvergütung - mit einer verhältnismäßig hohen Punktzahl vergütet werden sollte (zunächst war Nr 100 EBM-Ä mit 1850 Punkten, im streitgegenständlichen Quartal war die Nr 01770 EBM-Ä mit 2280 Punkten bewertet; aktuell sind nur noch 1093 Punkte vorgesehen). Der Umstand, dass "deswegen" die unmissverständliche Klarstellung der nur einmal möglichen Abrechenbarkeit erfolgen sollte, lässt erkennen, dass hier gerade aufgrund der vorgenannten "Privilegierung" eine Fallvermehrung durch Einbindung weiterer Vertragsärzte in die Grundbetreuung der Schwangeren vermieden und über die Vergütung sichergestellt werden sollte, dass die Leistungserbringung allein durch einen Vertragsarzt erfolgt.
(3) Auch eine systematische Auslegung würde ebenfalls nicht zu dem Ergebnis führen, dass in bestimmten Konstellationen eine Mehrfachabrechnung der Nr 01770 EBM-Ä möglich ist. Wegen der bereits erwähnten gebotenen Zurückhaltung der Gerichte bei der Auslegung von Gebührenordnungen kann eine systematische Interpretation lediglich im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen erfolgen (BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4 mwN).
Die in einem inneren Zusammenhang mit Nr 01770 EBM-Ä stehenden Ziffern des Kapitels 1.7.4 (Mutterschaftsvorsorge) liefern keine Hinweise für eine systematische Auslegung mit dem von der Beklagten für richtig gehaltenen Ergebnis. Die nachfolgenden Nrn 01772 bis 01775 EBM-Ä haben die weiterführenden Sonographien nach Anlagen 1c und 1d der Mutterschafts-Richtlinien zum Gegenstand, die über die von Nr 01770 EBM-Ä erfassten Untersuchungen hinaus zur Abklärung bestimmter fetaler Merkmale oder konkreter pathologischer Befunde notwendig sind und damit nicht mehr dem standardisierten Bereich zugeordnet werden können. Es handelt sich hierbei folglich weder um der Nr 01770 EBM-Ä vergleichbare Komplexvergütungen noch findet sich eine vergleichbare Abrechnungsbeschränkung. Allein verdeutlicht wird, dass Nr 01770 EBM-Ä in einem Komplex diejenigen Leistungen umfasst, die regelhaft bei jeder Schwangerschaft durchzuführen sind, während andere Untersuchungen, wie etwa die nach Nr 01772 EBM-Ä abrechenbare "weiterführende sonographische Diagnostik I", eigenständig abrechenbar sind. Sind aber die "Grundleistungen" in einem nicht aufteilbaren Komplex zusammengefasst und erstreckt sich die Erbringung dieser Leistungen aufgrund der zeitlichen Vorgaben in den Mutterschafts-Richtlinien zwangsläufig über einen längeren Zeitraum, liegt es auf der Hand, dass dieser Komplex von einem Vertragsarzt erbracht werden soll, der diesen entsprechend nur einmal je Quartal abrechnen können soll.
(4) Schließlich steht der Auffassung der Beklagten auch der eingangs genannte Grundsatz entgegen, wonach die Gerichte grundsätzlich nicht mit punktuellen Entscheidungen in das Gefüge des EBM-Ä eingreifen dürfen (vgl nur BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSGE 46, 140, 143 = SozR 5533 Nr 45 Nr 1 S 4; BSGE 58, 35, 37 f = SozR 5557 Nr 1 Nr 1 S 3 f; BSG Urteil vom 5.5.1988 - 6 RKa 13/87 - Juris RdNr 13; BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 22; BSG Beschluss vom 21.10.1992 - 6 BKa 2/92 - Juris RdNr 6; BSGE 83, 205, 208 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 214). Ausnahmen davon hat der Senat nur für seltene Fälle als denkbar erachtet, in denen die zur Bewertung der ärztlichen Leistungen berufenen Selbstverwaltungsorgane ihren Regelungsspielraum überschritten oder ihre Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt haben (etwa BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 3-5533 Nr 115 Nr 1 S 2 mwN; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 mwN; BSGE 83, 205, 208 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 214 f; BSG Urteil vom 26.1.2000 - B 6 KA 59/98 R - Juris RdNr 18). Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich die Selbstverwaltungsorgane bei dem ihnen aufgetragenen Interessenausgleich von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen, indem sie etwa eine ärztliche Minderheitsgruppe bei der Honorierung willkürlich benachteiligt haben (BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 3-5533 Nr 115 Nr 1 S 2; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 mwN). Ein solcher Verstoß der Regelung gegen das Gleichbehandlungsgebot nach Art 3 Abs 1 GG würde jedoch nicht die Nichtigkeit der Regelung begründen, sondern nur ihre Unvereinbarkeit mit dem GG. Dem Normgeber wäre zunächst Gelegenheit zu einer Neuregelung zu geben, bevor eine abschließende Entscheidung ergehen könnte (ausführlich BSGE 83, 218, 223 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 113; vgl jüngst auch BSG SozR 4-2500 § 135 Nr 20 RdNr 46 ff, auch für BSGE vorgesehen).
Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Zwar führt der Abrechnungsausschluss dazu, dass ein Vertragsarzt, der - gleich aus welchen Gründen - in dem maßgeblichen Quartal den vollständigen Leistungsinhalt erbracht hat, diese umfassende Betreuung aber nicht als erster Vertragsarzt durchgeführt hat, die Leistung nach Nr 01770 EBM-Ä nicht abrechnen kann. Es ist jedoch weder ersichtlich, dass sachfremde Erwägungen maßgebend für den Abrechnungsausschluss gewesen wären noch führt dieser zu der Benachteiligung einer bestimmten ärztlichen Gruppe. Vielmehr sprechen sachliche Gründe dafür, die hoch bewertete Leistung als nur einmal berechnungsfähig auszugestalten. Durch die "Zusammenfassung" standardisierter Maßnahmen, die regelmäßig bei allen Schwangeren nach einem bestimmten zeitlichen Schema durchzuführen sind, will der BewA über die Vergütungsebene sicherstellen, dass die Beurteilung eines Schwangerschaftsrisikos gleichsam aus einer Hand erfolgt und eine gewisse Dauerhaftigkeit der ärztlichen Begleitung sichergestellt ist. Da erst nach Erfassung der anamnestischen Daten und Durchführung standardisierter Untersuchungen, wie der Ultraschalluntersuchungen nach Anlage 1a und 1b Mutterschafts-Richtlinien, die Zuordnung etwa zu einer Risikogruppe möglich ist und so die weitere Betreuung organisiert werden kann, erweist sich dieser Gedanke als sachgerecht. Im Übrigen korrespondiert diese Einschränkung auf Vergütungsebene mit dem Rechtsgedanken des § 76 Abs 1 Satz 1, Abs 3 Satz 1 SGB V, wonach Versicherte zwar grundsätzlich unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern frei wählen können, jedoch innerhalb eines Kalendervierteljahres den Arzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln sollen.
Durch den Abrechnungsausschluss wird auch nicht eine Minderheitsgruppe benachteiligt. Gemäß Nr 3 der Präambel zu Nr 1.7 EBM-Ä sind die Leistungen ua des Abschnitts 1.7.4 grundsätzlich nur von Fachärzten für Frauenheilkunde berechnungsfähig; die von diesem Grundsatz vorgesehenen Ausnahmen greifen bezüglich Nr 01770 EBM-Ä nicht. Diese dem Grunde nach zur Berechnung der Nr 01770 EBM-Ä berechtigten Fachärzte sind indes gleichermaßen von der Regelung betroffen, da der Abrechnungsausschluss nicht auf die Zugehörigkeit zu einer ärztlichen Gruppe abstellt. Maßgeblich für den Abrechnungsausschluss ist vielmehr, ob der Vertragsarzt als Erster in dem jeweiligen Quartal die Schwangere betreut und den obligaten Leistungsinhalt der Nr 01770 EBM-Ä in dem jeweiligen Quartal erbracht hat; betroffen sind also alle Ärzte der Gruppe in grundsätzlich gleichem Maße.
Zu berücksichtigen ist schließlich, dass sich der Vertragsarzt vor einer Erbringung der Leistungen in Unkenntnis des Umstandes, dass diese schon durch einen anderen Arzt erbracht sind, jedenfalls in gewissem Umfang durch eine Einsichtnahme in den Mutterpass und die Befragung der Versicherten selbst schützen kann. Gemäß Teil H Nr 1 der Mutterschafts-Richtlinien in der hier maßgeblichen Fassung vom 10.12.1985, zuletzt geändert am 24.3.2003, stellt der Arzt nach Feststellung der Schwangerschaft einen Mutterpass aus, sofern die Schwangere einen solchen nicht bereits besitzt. Nach diesem richten sich gemäß Teil H Nr 2 der Mutterschafts-Richtlinien die von dem Arzt vorzunehmenden Eintragungen der Ergebnisse der Untersuchungen im Rahmen der ärztlichen Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung. Durch Einsichtnahme in den Mutterpass kann der Vertragsarzt folglich grundsätzlich erkennen, ob die durch Nr 01770 EBM-Ä erfassten standardisierten Untersuchungen in dem entsprechenden Quartal schon erbracht wurden. Zwar lässt sich auf diese Weise nicht ausschließen, dass im Einzelfall eine Versicherte vorgibt, einen solchen (noch) nicht zu haben. Dieses theoretisch mögliche Fehlverhalten einer Versicherten belegt jedoch nicht, dass der BewA durch den generellen Ausschluss der Doppelabrechnung der Nr 01770 EBM-Ä seinen Bewertungsspielraum überschritten hätte. Kann der Vertragsarzt anhand des Mutterpasses im Regelfall nachvollziehen, dass die von Nr 01770 EBM-Ä umfassten Leistungen in dem entsprechenden Quartal (ganz oder teilweise) bereits erbracht wurden, dürfte die nochmalige Erbringung der Leistung unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebotes (§ 2 Abs 4, § 12 SGB V) zum einen nicht geboten sein, zum anderen kann der Vertragsarzt die Schwangere unter Berücksichtigung des § 76 Abs 3 SGB V in der Regel für das entsprechende Quartal auf den bisher die standardisierte Betreuung durchführenden Arzt verweisen, sofern kein Notfall vorliegt. Die Krankenkassen sind gehalten, diesen Zusammenhang auch ihren Versicherten zu verdeutlichen und sie dahingehend zu informieren, dass diese den Zweitbehandler darüber in Kenntnis setzen sollen, dass eine ärztliche Schwangerschaftsfeststellung schon erfolgt ist, und dass der für die Fortführung der Behandlung ausgewählte Vertragsarzt nicht generell rechtswidrig handelt, wenn er die umfassende Begleitung der Schwangerschaft erst mit Beginn des Folgequartals übernehmen will.
(5) Schließlich führt der Abrechnungsausschluss auch nicht dazu, dass erbrachte Leistungen nicht angemessen vergütet würden. Im Hinblick auf die vorrangige Funktionszuweisung an den BewA nach § 87 SGB V, den Inhalt der abrechenbaren Leistungen und ihre Punktzahlen zu bestimmen, sowie an die Vertragsparteien der Gesamtverträge, nach Maßgabe des § 85 Abs 3 SGB V aF die Gesamtvergütungen zu bemessen, kann das Niveau von Vergütungen erst dann von den Gerichten beanstandet werden, wenn die Funktionsfähigkeit der Versorgung mangels ausreichenden Anreizes, vertragsärztlich tätig zu werden, gefährdet wäre (vgl BSGE 75, 187, 189 f = SozR 3-2500 § 72 Nr 5 S 6 f; BSGE 78, 191, 199 = SozR 3-2200 § 368i Nr 1 S 10; BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 5 f mwN). Da die Vergütung nicht für jede Leistung kostendeckend sein muss und sich die Frage der Kostendeckung auch nicht auf die bei einem einzelnen Arzt anfallenden Kosten beziehen kann, ergibt sich selbst aus einer etwaigen Kostenunterdeckung bei einzelnen Leistungen kein zwingender Grund für eine bestimmte Auslegung des Gebührentatbestandes (BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 6).
Der Abrechnungsausschluss in Nr 01770 EBM-Ä hat nicht zur Folge, dass erbrachte Leistungen nicht abgerechnet werden könnten oder nur eine unangemessene Vergütung iS von § 72 Abs 2, § 85 Abs 3 SGB V gewährt würde. In der Präambel zu Nr 1.7.4 EBM-Ä wird klargestellt, dass "Leistungen der Mutterschaftsvorsorge, die bei Vertretung, im Notfall oder bei Mit- bzw. Weiterbehandlung erbracht werden, … nach den kurativen Leistungspositionen berechnungsfähig [sind], wobei die nach Maßgabe der Kassenärztlichen Vereinigung für präventive Leistungen vorgegebene Kennzeichnung zu beachten ist". Unabhängig von dem Umstand, dass dies auch für alle anderen aufgrund des Abrechnungsausschlusses nach Abs 3 von einer weiteren Abrechnung der Leistungsposition ausgeschlossenen Konstellationen dem Grunde nach gelten muss, wird hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass in diesen Fällen weitere Abrechnungsmöglichkeiten bestehen. Wie bereits dargelegt, umfasst der obligate Leistungsinhalt der Nr 01770 EBM-Ä neben den allgemeinen Beratungen und Untersuchungen insbesondere Ultraschalluntersuchungen. Die Einzelleistungen der Ultraschalldiagnostik sind nach Kapitel 33 und damit grundsätzlich nach den dort normierten Positionen berechnungsfähig. In Betracht kommen hier insbesondere die Nrn 33043 (Sonographische Untersuchung eines oder mehrerer Uro-Genital-Organe mittels B-Mode-Verfahren, 230 Punkte im Quartal II/2007) und 33044 EBM-Ä (Sonographische Untersuchung eines oder mehrerer weiblicher Genitalorgane, ggf. einschließlich Harnblase, mittels B-Mode-Verfahren, 380 Punkte im Quartal II/2007), die dementsprechend nicht neben Nr 01770 EBM-Ä berechnungsfähig sind. Laborleistungen können grundsätzlich nach den Positionen des Kapitels 32 (Laboratoriumsmedizin, Molekulargenetik und Molekularpathologie) berechnet werden, etwa Nr 32031 EBM-Ä (Mikroskopische Untersuchung des Harns auf morphologische Bestandteile). Vor diesem Hintergrund liegt der seitens der zu 1. beigeladenen KÄBV gerügte Verstoß gegen Art 12 Abs 1 GG und gegen Art 20 GG erkennbar nicht vor.
Im Ergebnis ist der Abrechnungsausschluss damit nicht zu beanstanden. Namentlich entspricht es dem in § 76 Abs 3 Satz 1 SGB V zum Ausdruck kommenden Quartalsbindungsgedanken, dass die von Nr 01770 EBM-Ä erfassten Komplexleistungen in einem Quartal von nur einem Vertragsarzt erbracht und entsprechend berechnet werden können. Soweit § 76 Abs 3 Satz 1 SGB V von dieser grundsätzlichen Bindung eine Ausnahme bei Vorliegen eines wichtigen Grundes vorsieht, enthält Nr 01770 EBM-Ä indes kein entsprechendes Korrelat. Insoweit könnte es sachgerecht sein, diesen Gedanken auch auf Nr 01770 EBM-Ä zu übertragen und (bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen) eine wiederholte Berechnung von Nr 01770 EBM-Ä ausnahmsweise dann zu erlauben, wenn die Versicherte zwar zunächst von einem - zur Berechnung der Nr 01770 EBM-Ä berechtigten - Vertragsarzt behandelt wird, jedoch aus einem wichtigen Grund iS von § 76 Abs 3 Satz 1 SGB V während des Quartals den betreuenden Arzt wechselt. Ein solcher Grund kann etwa vorliegen, wenn der Versicherten eine weitere Behandlung nicht mehr zumutbar ist (s BSG SozR 4-5555 § 15 Nr 1 RdNr 17), weil etwa das Vertrauensverhältnis zu dem behandelnden Arzt objektiv zerstört ist. Eine solche Ausnahme wäre insbesondere vor dem Hintergrund zu erwägen, dass die standardisierten Leistungen bei Schwangeren nach einem festen zeitlichen Schema zu erfolgen haben, der Schwangeren also nach einer massiven Störung des Vertrauensverhältnisses zum "Erstbehandler" möglicherweise nicht stets zugemutet werden kann, den Beginn des folgenden Quartals abzuwarten und erst dann den behandelnden Arzt zu wechseln. Es ist Sache des BewA, die für und gegen eine derartige Ausnahme von generellen Abrechnungsausschluss sprechenden Gesichtspunkte zu bewerten. In Betracht kommt dabei auch, die punktzahlmäßige Bewertung der Betreuungsleistungen des "Zweitbehandlers" zu vermindern, um von vornherein keine Anreize zu einem arztinduzierten Behandlerwechsel zu geben.
E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO); eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst.
Fundstellen
Haufe-Index 7691095 |
WzS 2015, 186 |
ArztR 2015, 172 |
NZS 2015, 433 |
GesR 2016, 84 |