Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuzahlung zu Arzneimitteln. Erstattung der Zuzahlung. allgemeiner öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Schwerbeschädigte. Behandlung von Nichtschädigungsfolgen. Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen. Zuzahlungspflicht. Ausnahmen. Gleichheitssatz
Leitsatz (amtlich)
- Zu den Voraussetzungen des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs.
- Schwerbeschädigte, die als Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse angehören, haben für Arzneimittel, die für die Behandlung von Nichtschädigungsfolgen bestimmt sind, die im SGB V vorgesehene Zuzahlung zu leisten. Diese Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.
Normenkette
SGB V § 31 Abs. 3, § 27 Abs. 1 Nr. 3; BVG § 18c Abs. 5 S. 1 a.F., § 18 Abs. 1 S. 2, § 10 Abs. 2, 7, § 11 Abs. 1 Nr. 2; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 17. November 1992 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Krankenkasse dem Kläger eine geleistete Zuzahlung zu einem Arzneimittel zu erstatten hat.
Der Kläger, der als Schwerbeschädigter nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) mit einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vom Hundert anerkannt ist, gehört der Beklagten im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner als Mitglied an. Im Mai 1989 leistete er eine Zuzahlung von 3,00 DM zu den Kosten eines Arzneimittels, das ihm wegen eines nicht als Folge einer Schädigung anerkannten Augenleidens ärztlich verordnet war. Seinen Antrag, ihm den Zuzahlungsbetrag zu erstatten, lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 30. August 1989 idF des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 1989).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 7. Oktober 1991). Auch die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg (Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 17. November 1992). In den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils wird ua ausgeführt: Die Zuzahlung von 3,00 DM könne nicht zurückverlangt werden. Sie sei zu Recht erfolgt. Der Kläger habe nach § 10 Abs 2 BVG keinen Anspruch auf Heilbehandlung für die Augenerkrankung. Denn § 10 Abs 7 Satz 1 Buchst d BVG schließe einen Heilbehandlungsanspruch für eine nicht als Folge einer Schädigung anerkannte Erkrankung aus, wenn ein Sozialversicherungsträger zu einer entsprechenden Leistung verpflichtet sei. “Entsprechende Leistungen” seien Leistungen, die nach ihrer Zweckbestimmung und der Art der Leistungserbringung übereinstimmten (§ 10 Abs 7 Satz 2 BVG). Dem Kläger stehe im Rahmen der Krankenbehandlung Versorgung mit Arzneimitteln (§§ 11 Abs 1 Satz 1 Nr 4, 27 Satz 1 und Satz 2 Nr 3 sowie § 31 Abs 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches ≪SGB V≫) zu. Diese Leistungen dienten dem gleichen Zweck wie die Heilbehandlung nach dem BVG (vgl § 27 Satz 1 SGB V und § 10 Abs 1 Satz 1 BVG). Auch die Art der Leistungserbringung sei gleich. Denn die Versorgung mit Arzneimitteln erfolge nach dem Versorgungsrecht ebenso wie nach dem Recht der Krankenversicherung in der Form der Sachleistung (vgl § 2 Abs 1 Satz 1 SGB V, § 18c Abs 5 Satz 1 BVG). Daran ändere die in § 31 Abs 3 SGB V vorgeschriebene Kostenbeteiligung nichts. Sei die Beklagte hiernach zu einer entsprechenden Leistung verpflichtet, so liege der Ausschließungsgrund des § 10 Abs 7 Satz 1 Buchst d BVG vor. Die Regelung verstoße auch nicht gegen Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG). Es treffe zwar zu, daß Schwerbeschädigte, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert seien (sog Zugewiesene), nach § 10 Abs 2 BVG kostenfreie Heilbehandlung auch für Nichtschädigungsfolgen erhielten und somit auch für Arzneimittel, die zur Behandlung von Nichtschädigungsfolgen verordnet würden, keine Zuzahlungen zu leisten hätten, während Schwerbeschädigte, die nach den Bestimmungen des SGB V gegen Krankheit versichert seien, sich nach Maßgabe des § 31 Abs 3 SGB V an den Kosten eines zur Behandlung einer nicht als Schädigungsfolge anerkannten Gesundheitsstörung verordneten Arzneimittels zu beteiligen hätten. Für die unterschiedliche Behandlung gebe es jedoch einen einleuchtenden Grund. Der Regelung des § 10 Abs 7 Satz 1 Buchst d BVG liege die Erwägung zugrunde, daß die Heilbehandlung für Gesundheitsstörungen, die keine Schädigungsfolge seien, außerhalb des eigentlichen Zieles des BVG stehe und lediglich eine Lücke schließen solle, die sonst im Sozialleistungsrecht offen bliebe. Die Leistungen seien nur als “Auffanghilfen” gedacht. Sie seien subsidiär und nur dann zu gewähren, wenn Bedürftigkeit für die Leistung der Heil- oder Krankenbehandlung bestehe, weil der Versorgungsberechtigte oder Leistungsempfänger sonst ohne Krankenversicherungsschutz sein würde.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 10 Abs 7 Satz 1 Buchst d BVG und des Art 3 GG. Die Vorschrift des § 10 Abs 7 Satz 1 Buchst d BVG sei verfassungskonform dahin auszulegen, daß die Zuzahlungspflicht für Schwerbeschädigte entfalle. Die Regelung schließe den Heilbehandlungsanspruch nur aus, wenn ein Sozialversicherungsträger zu einer entsprechenden Leistung verpflichtet sei. Entsprechende Leistungen seien aber bei verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift nur solche, die nicht nur in ihrer Zweckbestimmung und ihrer Art der Leistungserbringung übereinstimmten, sondern die auch die gleichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Kranken selbst beinhalteten. Das sei aber hier nicht der Fall, wenn der schwerbeschädigte Versicherte die Arzneimittel nicht kostenfrei erhalte. Denn die Zuzahlungspflicht ändere den Charakter der Leistung maßgeblich. Eine kostenlose Leistung sei grundsätzlich etwas anderes als eine Leistung mit Kostenbeteiligung. Andernfalls käme man zu dem Ergebnis, daß diejenigen Schwerbehinderten, für die die Regelungen des BVG eingriffen und die Beamte oder Selbständige gewesen seien, Leistungen kostenlos erhielten, während die Pflichtversicherten in immer größerem Umfange zu den Leistungen herangezogen würden. Eine solche Auslegung der Bestimmungen des BVG wäre aber nicht sachgerecht und würde im Widerspruch zu Art 3 GG stehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 17. November 1992 und das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 7. Oktober 1991 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. August 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 1989 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die vom Kläger aus Anlaß der Verordnung des Medikaments “Betoptima” geleistete Zuzahlung in Höhe von 3,00 DM zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und macht ua geltend: Die Auffassung der Revision, daß besserverdienende Beamte oder Selbständige unabhängig von ihrem Einkommen als sog Zugewiesene Leistungen nach dem BVG kostenlos erhielten, sei unzutreffend. § 10 Abs 7 BVG schließe ua die Ansprüche nach den Abs 2, 4, 5 und 6 aus, wenn der Berechtigte zB ein Einkommen habe, das die Jahresarbeitsentgeltgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung übersteige.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger kann nicht verlangen, daß die beklagte Krankenkasse ihm die geleistete Zuzahlung in Höhe von 3,00 DM zurückzahlt.
Da das Sozialrecht – insbesondere das Krankenversicherungsrecht – keine spezialgesetzliche Regelung über die Rückerstattung von Zuzahlungen zu Arzneimitteln kennt, kommt als Rechtsgrundlage für die begehrte Rückzahlung allein der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in Betracht (vgl dazu Ossenbühl, NVwZ 1991, 513, 514 ff). Bei diesem Erstattungsanspruch handelt es sich um ein von der Rechtsprechung und der Rechtslehre allgemein anerkanntes Rechtsinstitut (BSGE 16, 151, 156 mzN = SozR § 28 BVG Nr 1; Ossenbühl, aaO, S 513). Danach gilt im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung allgemein der Grundsatz, daß Leistungen, die eines rechtlichen Grundes entbehren, zu erstatten sind (BSGE 16, 151, 156 = SozR § 28 BVG Nr 1; vgl auch BSGE 22, 136, 137 = SozR § 620 RVO aF Nr 3; BVerwGE 71, 85, 87 f). Die Anwendung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs ist nicht auf Fälle beschränkt, in denen eine Behörde oder ein Versicherungsträger einem Versicherten oder einem anderen Leistungsträger ohne Rechtsgrund eine Leistung erbracht hat. Auf diesen Anspruch kann sich auch der Bürger stützen, wenn zu seinen Lasten eine Vermögensverschiebung eingetreten ist und ein Versicherungsträger etwas erhalten hat, was ihm nicht zusteht (Ossenbühl, aaO, S 514 unter Hinweis auf BVerwG in NJW 1980, 2538). Das bedeutet für den vorliegenden Fall: Der Kläger hätte gegen die beklagte Krankenkasse einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch auf Rückzahlung des im Mai 1989 geleisteten Betrages von 3,00 DM, wenn er seinerzeit nicht zuzahlungspflichtig gewesen sein sollte, er also ohne Rechtsgrund die Zuzahlung zu dem ihm ärztlich verordneten Medikament geleistet hätte.
Der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch scheitert nicht schon daran, daß die Zuzahlung an die abgebende Stelle und nicht an die Beklagte zu leisten war (§ 31 Abs 3 SGB V in der hier noch anwendbaren Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes ≪GRG≫ vom 20. Dezember 1988 – BGBl I S 2477 –). Denn ungeachtet der Zahlungsmodalitäten ist die Krankenkasse Inhaberin des Anspruchs auf Zuzahlung (Höfler, KassKomm, § 31 SGB V RdNr 19) und die abgebende Stelle, insbesondere die Apotheke, zieht also den Betrag der an sie entrichteten Zuzahlungen von ihrem Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse ab (Zipperer in Maaßen/Schermer/Wiegand/Zipperer, SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung – GKV-Komm, 1200 § 31 SGB V RdNr 17) und leitet die Zuzahlung an die Krankenkassen weiter. Deshalb ist auch die Klage auf Rückzahlung einer nach Auffassung des Klägers ohne Rechtsgrund erfolgten Zuzahlung gegen die Krankenkasse zu richten, der er als Mitglied angehört.
Dem Anspruch auf Rückzahlung steht hier jedoch entgegen, daß der Kläger zur Zuzahlung des Betrages von 3,00 DM verpflichtet war, die Zuzahlung also – entgegen der Auffassung der Revision – nicht ohne Rechtsgrund erfolgt ist.
Zwar waren nach der im vorliegenden Falle noch anwendbaren Vorschrift des § 18c Abs 5 Satz 1 BVG idF vor der am 1. April 1990 in Kraft getretenen Änderung durch Art 1 Nr 11 Buchst b des Gesetzes zur Verbesserung der Struktur der Leistungen nach dem BVG (KOV-Strukturgesetz 1990) vom 23. März 1990 (BGBl I S 582) – aF – (jetzt § 18 Abs 1 Satz 2 BVG) Sachleistungen den Berechtigten und Leistungsempfängern ohne Beteiligung an den Kosten zu gewähren mit der Folge, daß die von dieser Vorschrift begünstigten Personen Zuzahlungen zu Arzneimitteln nicht zu leisten hatten (vgl dazu Fehl in Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, Komm, 6. Aufl, § 18c BVG RdNr 14 f; vgl auch Rohr/Strässer, Bundesversorgungsrecht mit Verfahrensrecht, Handkomm, § 18 Anm 2 – Stand Juli 1990 –). Auf die Regelung des § 18c Abs 5 Satz 1 BVG aF kann sich der Kläger jedoch nicht mit Erfolg berufen. Er gehört nicht zu dem von dieser Norm bzw der inhaltsgleichen Nachfolgebestimmung des § 18 Abs 1 Satz 2 BVG erfaßten Personenkreis, weil die Begünstigung nur für diejenigen galt, die allein aufgrund des BVG Leistungen erhalten (Fehl, aaO, § 18c BVG RdNr 14), dem Kläger aber aufgrund der Bestimmungen des SGB V Krankenversicherungsleistungen zu erbringen sind.
Gemäß § 10 Abs 2 BVG wird Schwerbeschädigten auch für Gesundheitsstörungen Heilbehandlung gewährt, die nicht als Folge einer Schädigung anerkannt sind. Hiervon enthält das Gesetz jedoch in § 10 Abs 7 BVG Ausnahmen. Danach sind ua die Ansprüche nach Abs 2 ausgeschlossen, wenn ein Sozialversicherungsträger zu einer entsprechenden Leistung verpflichtet ist (§ 10 Abs 7 Buchst d BVG). Diese Voraussetzung ist hier gegeben. Der schwerbeschädigte Kläger (vgl dazu § 31 Abs 3 Satz 1 BVG) gehört als krankenversicherter Rentner der Beklagten als Mitglied an. Diese Krankenkasse hat entsprechende Leistungen zu erbringen wie der Versorgungsträger. Denn entsprechende Leistungen iS des § 10 Abs 7 sind Leistungen, die nach ihrer Zweckbestimmung und der Art der Leistungserbringung übereinstimmen (§ 10 Abs 7 Satz 2 BVG). Die Zweckbestimmung der Versorgung mit Arzneimitteln ist identisch, gleichgültig, ob sie aufgrund der Regelung des § 11 Abs 1 Nr 2 BVG oder des § 27 Abs 1 Nr 3 iVm § 31 SGB V erfolgt (vgl dazu Fehl, aaO, § 10 BVG RdNr 30). Aber auch hinsichtlich der Art der Leistungserbringung ergeben sich keine Unterschiede. Die Versorgung mit Arzneimitteln hat im Wege der Sachleistung (vgl jetzt § 18 Abs 1 Satz 1 BVG; früher § 18c Abs 5 Satz 1 BVG aF) zu erfolgen (Fehl, aaO, § 11 BVG RdNr 4; Rohr/Strässer, Vorbem zu § 11 BVG). Auch die gesetzliche Krankenkasse muß den Schwerbeschädigten die Arzneimittel in natura zur Verfügung stellen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Krankenkassen die Leistungen für die Verwaltungsbehörden der KOV (vgl § 18c Abs 1 Satz 3 BVG) erbringen, also den nach § 10 Abs 2 BVG berechtigten Personenkreis versorgen oder einen Anspruch auf Arzneimittelversorgung ihrer eigenen schwerbeschädigten Mitglieder erfüllen. Die Leistung verliert ihren Charakter als Sachleistung auch nicht dadurch, daß das Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse nach § 31 Abs 3 SGB V aF oder nF zu einem Arzneimittel eine Zuzahlung leisten muß (Fehl, aaO, § 10 BVG RdNr 30). Zuzahlungen stellen lediglich eine finanzielle Beteiligung des Versicherten an den Kosten der Sachleistung dar. Trotz dieser Eigenbeteiligung bleibt es aber dabei: Die Krankasse stellt die Leistung in natura, also als Sachleistung (vgl § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V; BSGE 69, 170, 173 = SozR 3-2200 § 321 Nr 1) zur Verfügung.
Die vom erkennenden Senat vertretene Auslegung des § 10 Abs 7 Satz 1 Buchst d BVG verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Diese Verfassungsnorm gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Demgemäß ist dieser Grundsatz vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 55, 72, 88; 71, 146, 154 f; 75, 382, 393). Zwar führt die Anwendung des § 10 Abs 7 Satz 1 Buchst d BVG dazu, daß Schwerbeschädigte, die keiner gesetzlichen Krankenkasse als Mitglied angehören, – wenn nicht ein anderer Ausschlußtatbestand des § 10 Abs 7 Satz 1 BVG vorliegt – auf Kosten des Versorgungsträgers nach § 18c Abs 5 aF bzw jetzt nach § 18c Abs 1 Satz 2 BVG Arzneimittel ohne Eigenbeteiligung des Schwerbeschädigten zu gewähren sind, während Schwerbeschädigte, die einer gesetzlichen Krankenkasse als Mitglied angehören, nach § 31 Abs 3 SGB V aF bzw nF eine Zuzahlung zu jedem ihnen ärztlich verordneten Medikament leisten müssen. Die unterschiedliche Behandlung der beiden Personengruppen ist indessen sachlich gerechtfertigt. Bei den Personen, die aufgrund des § 10 Abs 2 BVG auch für die Nichtschädigungsfolgen Heilbehandlung beanspruchen können, handelt es sich um Personen, die anderweitig nicht krankenversichert sind und – typischerweise – über kein ausreichendes Einkommen verfügen (vgl dazu § 10 Abs 7 Satz 1 BVG), um sich privat gegen die Erkrankung an nichtschädigungsbedingten Gesundheitsstörungen zu versichern oder die Kosten einer Heilbehandlung selbst zu tragen. Für diesen Personenkreis hat der Gesetzgeber – aus Gründen der allgemeinen Fürsorgepflicht des Staates für die schwerbeschädigten Kriegsopfer (vgl Fehl, aaO, § 10 BVG RdNr 12) – die Regelung des § 10 Abs 2 BVG geschaffen. Wie die Gesetzessystematik (vgl dazu § 10 Abs 2 und Abs 7 Satz 1 BVG) zeigt, ist die Versorgung nach dem BVG für Nichtschädigungsfolgen nur subsidiär (vgl dazu BSG SozR 3100 § 10 Nrn 13, 18, 21 und 26 sowie SozR 2200 § 385 Nr 11, SozR 3-3100 § 44 Nr 1 und BSG, Urteil vom 20. Mai 1992 – 9a RV 18/90 – USK 9227; s ferner LSG Rheinland-Pfalz, Entscheidung vom 14. Oktober 1992 – L 5 K 20/82 – Breithaupt 1983, 951, 953). So schließt die Regelung, die vor allem auf dem Gedanken der Schutzbedürftigkeit beruht, grundsätzlich Personen von der Versorgung der Nichtschädigungsfolgen aus, deren Einkommen eine bestimmte Grenze übersteigt (vgl § 10 Abs 7 Buchst a und c BVG). Der Gedanke der Schutzbedürftigkeit ist aber auch maßgeblich dafür gewesen, daß der Gesetzgeber diejenigen Schwerbeschädigten, die aufgrund der Vorschriften des BVG auch Anspruch auf Heilbehandlung für Nichtschädigungsfolgen haben, von jeglicher Eigenbeteiligung befreit hat, während Sozialversicherte nach § 31 Abs 3 SGB V aF bzw nF Zuzahlungen zu Arzneimitteln leisten müssen, jedenfalls soweit nicht die Härtefallregelungen der §§ 61, 62 SGB V eingreifen. Im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden weiten Gestaltungsspielraums erscheint diese Differenzierung nicht willkürlich, so daß von einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung keine Rede sein kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
BSGE, 167 |
GesPol 1995, 22 |
AusR 1995, 18 |
Breith. 1995, 320 |