Leitsatz (amtlich)
Die Vorschriften des AVAVG § 37 über die Arbeitsvermittlung - auch AVAVG § 37 Abs 2 S 3 (Zustimmungserfordernis zur Veröffentlichung von Stellenangeboten für das Ausland) - sind nicht verfassungswidrig. Insbesondere verstoßen sie nicht gegen die Grundrechte der freien Berufswahl und -ausübung (GG Art 12), der Pressefreiheit (GG Art 5) oder des Eigentums (GG Art 14).
Normenkette
AVAVG § 37 Abs. 2 S. 3 Fassung: 1957-04-03; GG Art. 5 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23, Art. 12 Abs. 1 Fassung: 1956-03-19, Art. 14 Fassung: 1949-05-23
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. November 1961 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I. Die Klägerin, die als Verlag die Tageszeitung "Südkurier" herausgibt, beantragte beim Arbeitsamt Konstanz im Juni 1959 die Zustimmung zur Veröffentlichung von 17 Stellenangeboten für Arbeitnehmer in der Schweiz. Bei 5 davon wurde die Zustimmung ohne nähere Begründung versagt (Verfügung vom 19. Juni 1959). Eine der betroffenen Anzeigen hatte beispielsweise folgenden Wortlaut:
"Gut eingerichtete Druckerei in der schweizerischen Grenzzone sucht qualifizierten Drucker. Schriftliche Bewerbungen mit Angaben über bisherige Tätigkeit und Personalien sind zu richten an Chiffre ..."
Der Widerspruch der Klägerin wurde mit der Begründung zurückgewiesen, der Beruf des Druckers gehöre im Bezirk des Landesarbeitsamts Baden-Württemberg zu den Mangelberufen und sei deshalb in eine sogenannte Mangelberufsliste aufgenommen worden. Wegen der Gefahr der Abwanderung dürften Angehörige derartiger Berufe durch Stellenangebote in den Tageszeitungen nicht auf Arbeitsmöglichkeiten im Grenzgebiet des benachbarten Auslands hingewiesen werden. Eine Abwanderung solcher wertvollen Fachkräfte müsse aus arbeitsmarktpolitischen Gründen im Interesse der inländischen Wirtschaft verhindert werden.
Nach Klage hob das Sozialgericht (Urteil vom 14. Juni 1960) die angefochtenen Bescheide auf. Vom Landessozialgericht - LSG - (Urteil vom 29. November 1961) wurde dagegen auf die Berufung der beklagten Bundesanstalt hin die Klage unter Aufhebung des sozialgerichtlichen Urteils abgewiesen. Rechtsgrundlage für die Maßnahmen der Beklagten sei nicht die Verordnung über Vermittlung, Anwerbung und Verpflichtung von Arbeitnehmern nach dem Ausland vom 28. Juni 1935 (RGBl I 903 ff), sondern die Spezialvorschrift des § 37 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) nF. Diese Vorschrift ermächtige die Beklagte zwar nicht zu Eingriffen in die Rechtssphäre des Einzelnen, also zu sogenannten belastenden Verwaltungsakten; sie begründe auch nicht etwa eine Verpflichtung der Arbeitgeber, ihre Zustimmung bei der Aufgabe von Stellenanzeigen einzuholen. Gesetzestechnisch liege für Stellenangebote aus dem Ausland ein Veröffentlichungsverbot mit sogenanntem Erlaubnisvorbehalt vor, von dem unmittelbar nur die Zeitung, nicht der Arbeitgeber betroffen werde, da ausdrücklich nur die Aufnahme solcher Anzeigen erlaubnispflichtig sei, nicht jedoch deren Aufgabe. Dieses gesetzliche Veröffentlichungsverbot sei ein Ausfluß des Vorrechts der Beklagten in der Arbeitsvermittlung, das in § 35 AVAVG nF festgelegt und schon lange zuvor, nämlich bereits seit dem Gesetz über Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung vom 5. November 1935 (RGBl I 1281) geltendes Recht sei. In ihm liege kein Verstoß gegen die Vorschriften des Grundgesetzes (GG). Damit werde Art. 2 GG nicht verletzt; denn die hier gewährleistete Entfaltungsfreiheit stelle sich als "sozialgebundene" Freiheit dar. Der Staat sei befugt, die zur Verwirklichung des Sozialrechtsstaats gebotenen gesetzlichen Bestimmungen zu erlassen. Hierzu gehöre im Interesse der sozialen Sicherheit insbesondere die Durchführung der Arbeitsvermittlung als staatliche Aufgabe. Das bestehende Vorrecht der Beklagten verstoße auch nicht gegen das Recht der freien Berufswahl (Art. 12 GG), weil ein Zwang zur Inanspruchnahme der öffentlichen Arbeitsvermittlung oder zur Annahme einer zugewiesenen Arbeit nicht bestehe. Ebensowenig bilde § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG einen Widerspruch zu übergeordnetem Recht aus dem zwischenstaatlichen Bereich. Diese Vorschrift diene zunächst dem Schutz der Arbeitnehmer und solle verhindern, daß sie durch verlockende, aber trügerische Angebote geschädigt würden. Die Beklagte habe deshalb ihre Zustimmung zur Veröffentlichung zu verweigern, wenn ihr bekannt sei, daß Arbeitskräfte für gesetzlich unerlaubte Zwecke gesucht würden oder daß die gebotenen Arbeitsbedingungen unzureichend seien. Überdies werde aber auch auf den Schutz der inländischen Wirtschaft abgestellt; die Genehmigung sei zu versagen, wenn die Nachfrage nach Arbeitskräften gleicher Fachrichtung nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten befriedigt werden könne. § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG nF verletze ferner nicht infolge inhaltlicher Unbestimmtheit die Grundsätze des Rechtsstaats. Sein Zweck sei klar zu erkennen, nämlich Schutz der Arbeitnehmer und Sicherung eines ausgeglichenen Arbeitsmarktes. Durch diese Zwecksetzung sei die Beklagte weitgehend gebunden und ihre Entscheidungen könnten nach Rechtsmaßstäben nachgeprüft werden. Ein eigentliches freies Ermessen stehe ihr bei Ablehnung der Zustimmung zur Veröffentlichung nicht zu. Das Veröffentlichungsverbot widerstreite auch nicht dem Art. 12 (Presse- und Informationsfreiheit) oder dem Art. 14 (Schutz des Eigentums). Beide Grundrechte ständen unter dem sogenannten Gesetzesvorbehalt. Durch § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG werde ihr Wesensgehalt nicht angetastet. Die Beklagte habe im übrigen die gesetzliche Vorschrift richtig ausgelegt und angewendet.
Revision wurde zugelassen.
II. Gegen das am 25. Januar 1962 zugestellte Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Revision eingelegt. Sie begehrte, das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber einzuholen, ob die der beklagten Bundesanstalt von Gesetzes wegen eingeräumten Rechte auf dem Gebiete der Arbeitsvermittlung mit dem Grundgesetz vereinbar seien. Zur Begründung führte die Klägerin im wesentlichen aus, daß die Vorschrift des § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG gegen
die Freiheit der Berufswahl und der Berufsausübung (Art. 12 GG),
das Recht auf Freizügigkeit (Art. 11 GG),
das verfassungsrechtliche Subsidiaritätsprinzip,
den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit,
den Grundsatz der Vertragsfreiheit,
den Grundsatz der Presse- und Informationsfreiheit (Art. 5 GG)
verstoße. Überdies komme § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG einer Enteignung gleich, die nur gegen eine angemessene Entschädigung zulässig sei. Der Anzeigenteil einer Tageszeitung, der in ihrem Falle einen Anteil von 40 bis 60 v.H. ausmache, gewährleiste die Unabhängigkeit der Presse. Die Beschneidung des Annoncenteils beeinflusse die Höhe der Auflage und des Absatzes empfindlich. Ein Grundrecht könne nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden; außerdem müsse das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen. Schließlich sei die Zustimmungsvorschrift des § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG im gesamten Recht der Bundesrepublik der einzige Fall einer Zensurbestimmung, eine solche aber schlechthin unvertretbar; denn die Presse sei nach allgemeiner Anschauung ein dem Staat gleichgeordneter Partner.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG vom 29. November 1961 sowie die Verfügung des Arbeitsamts vom 19. Juni in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 1959 aufzuheben.
Ferner wurde der Antrag aus der ersten Instanz, das Verfahren gemäß Art. 100 GG auszusetzen und die Sache dem BVerfG zur Entscheidung vorzulegen, ausdrücklich aufrechterhalten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
§ 37 Abs. 1 Satz 3 AVAVG verletze in keiner Beziehung Grundgedanken und Grundsätze des GG oder des internationalen Rechts. Das Vermittlungsvorrecht des § 35 AVAVG sei verfassungskonform, nämlich Auftrag und Aufgabe aus Art. 1 und 20 GG unter dem Prinzip des "sozialen Rechtsstaates". Das Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer, die seit Jahrzehnten bekannten Gefahren und Mißstände des privaten Stellungsvermittlungsgewerbes sowie eine wirksame Förderung des inländischen Arbeitsmarktes erforderten die staatliche Arbeitsvermittlung. Diese sei das allein geeignete Mittel zur Abwehr der Gefährdung wichtiger Gemeinschaftsinteressen. Daher sei auch der Zustimmungs-Vorbehalt für Stellenangebote nach dem Ausland unentbehrlich.
III. Die nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision ist zulässig, konnte aber keinen Erfolg haben.
Was zunächst den Antrag der Klägerin anbelangt, gemäß Art. 100 GG das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG einzuholen, so vermochte der Senat sich nicht davon zu überzeugen, daß die §§ 1, 35 ff AVAVG verfassungswidrig sind oder sonst gegen allgemein gültige Regeln der Rechtsstaatlichkeit verstoßen. Die in jenen Vorschriften der beklagten Bundesanstalt auf dem Gebiete der Arbeitsvermittlung eingeräumten Rechte und auferlegten Befugnisse sind in dem zu prüfenden Umfang mit dem Grundgesetz vereinbar. Deshalb mußte die Anrufung des BVerfG entfallen (vgl. BVerfG-Entsch. 1, 184 ff). In demselben Sinne hat im übrigen bereits der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 13. Dezember 1961 - 2 Str 507/60 - entschieden.
Die Vermittlung von Arbeitsplätzen, ein besonders wichtiger Bereich der unmittelbaren Daseinsvorsorge, ist durch jahrzehntelange Entwicklung in der neuzeitlichen Wirtschaftsordnung und Massengesellschaft privaten Einflüssen stufenweise immer mehr entzogen worden und aus Gründen der sozialen Sicherheit ebenso wie zum Schutz der Würde der menschlichen Person grundsätzlich zu einer staatlichen Aufgabe geworden. Das Gesetz über Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung vom 11. November 1935 (RGBl I 1281) schloß eine Entwicklung ab, die schon zu Beginn dieses Jahrhunderts mit dem Erlaß des Stellenvermittlergesetzes vom 2. Juni 1910 (RGBl I 860) begonnen hatte und durch das Arbeitsnachweisgesetz vom 22. Juli 1922 (RGBl I 657) sowie durch das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 16. Juli 1927 (RGBl I 187) fortgesetzt worden war. Dasselbe ist in den zwischenstaatlichen Übereinkommen Nr. 88 und 96 der Internationalen Arbeitsorganisation (Ilo) ausdrücklich festgelegt, die von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert (Gesetz betreffend das Übereinkommen Nr. 88 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 9. Juli 1948 über die Organisation der Arbeitsmarktverwaltung vom 15. April 1954 - BGBl II 448 -; Gesetz betreffend das Übereinkommen Nr. 96 der Internationalen Arbeitsorganisation über Büros für entgeltliche Arbeitsvermittlung vom 15. April 1954 - BGBl II 456 -) und für sie verbindlich sind. Die notwendigen und zulässigen Maßnahmen sind der Bundesanstalt übertragen und zuletzt durch das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. April 1957 (BGBl I 321 ff) innerstaatlich geregelt worden.
Jene historische Entwicklung findet im Grundgesetz selbst, das nicht nur die deutsche Staatsgewalt wieder reorganisiert und ein handlungsfähiges deutsches Staatswesen geschaffen, sondern darüber hinaus auch die ethisch-rechtlichen Grundlagen und politischen Zielsetzungen der Bundesrepublik festgelegt hat, Rechtsgrundlage und Rechtfertigung: Die Bundesrepublik ist ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat (Art. 20 Abs. 1; Art. 28 Abs. 1 GG). Bogs hat im Leitsatz 3 zu seinem Referat "Die Einwirkung verfassungsrechtlicher Normen auf das Recht der sozialen Sicherheit" auf dem 43. Deutschen Juristentag 1960 festgestellt, daß diese Kennzeichnung der Bundesrepublik als sozialer Bundesstaat und als sozialer Rechtsstaat nicht nur einen Programmsatz darstellt, sondern eine bindende und nach Art. 79 Abs. 3 GG unabänderliche Verfassungsnorm (Wertentscheidung) ist. Inhaltlich bedeutet sie die Verpflichtung, bestehender Not - gleich welcher Volksschichten - nach Kräften zu steuern und einen gerechten Ausgleich zwischen wirtschaftlich Starken und Schwachen zu schaffen. Die Prinzipien des rechtsstaatlich geformten Sozialstaates oder - was dasselbe ist - des sozial bestimmten Rechtsstaates prägen mithin die verfassungsmäßige Sozialordnung der Bundesrepublik. Als erstes und oberstes Gebot hat das Grundgesetz den Grundrechten die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt vorangestellt, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen (Art. 1 Abs. 1 GG). Zu diesem "Muttergrundrecht" oder "Quellrecht", wie es in Literatur und Rechtsprechung bisweilen bezeichnet wird, gehört im weiteren Sinne ebenfalls die Vorsorge für die zur Führung eines menschenwürdigen Daseins erforderlichen Existenzmittel, also bei berufsmäßigen Arbeitnehmern auch die Beschaffung und Erhaltung eines Arbeitsplatzes.
IV. Auf diese rechts- und sozialstaatlichen Ziele sind die Aufgaben der Bundesanstalt ausgerichtet:
"Träger der Arbeitsvermittlung, der Berufsberatung und der Arbeitslosenversicherung ist die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung. Sie führt auch die Arbeitslosenhilfe durch ..." (§ 1 Abs. 1 AVAVG).
"Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung dürfen nur von der Bundesanstalt betrieben werden ..." (§ 35 AVAVG).
"Die Vermittlung in Arbeit oder in Berufsausbildung geht den Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und Arbeitslosenhilfe vor" (§ 36 AVAVG).
"Arbeitsvermittlung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, arbeitsuchende Arbeitnehmer mit Arbeitgebern zur Begründung von Arbeitsverhältnissen oder mit Auftraggebern oder Zwischenmeistern zur Begründung von Heimarbeitsverhältnissen im Sinne des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 (BGBl I 191) zusammenzuführen.
Als Arbeitsvermittlung gilt auch die Herausgabe und der Vertrieb sowie der Aushang von Listen über Stellenangebote und Stellengesuche einschließlich der den Listen gleichzuachtenden Sonderdrucke und Auszüge aus periodischen Druckschriften sowie die Bekanntgabe von Stellenangeboten und Stellengesuchen im Rundfunk. Die Aufnahme von Stellenangeboten und Stellengesuchen in Zeitungen, Zeitschriften, Fachblättern und ähnlichen periodisch erscheinenden Druckschriften wird hierdurch nicht eingeschränkt, es sei denn, daß die Veröffentlichung von Stellenangeboten und Stellengesuchen Hauptzweck der Presseerzeugnisse ist. Die Veröffentlichung von Stellenangeboten für eine Beschäftigung von Arbeitnehmern im Auslande bedarf jedoch der vorherigen Zustimmung der Bundesanstalt ..." (§ 37 Abs. 1 und 2 AVAVG).
"Im Rahmen der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung hat die Bundesanstalt dahin zu wirken, daß Arbeitslosigkeit und Mangel an Arbeitskräften vermieden oder behoben werden ..." (§ 38 AVAVG).
"Die Arbeitsvermittlung hat dahin zu wirken, daß Arbeitsuchenden offene Stellen nachgewiesen werden und Wirtschaft und Verwaltung die erforderlichen Arbeitskräfte erhalten ..." (§ 39 AVAVG).
Die Erfüllung der vorbezeichneten Aufgaben ist staatliche Daseinsvorsorge im Sinne hoheitlicher Verwaltung (vgl. hierzu Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 8. Aufl. Vorbem. vor § 19), deren Ausübung nach Art. 33 Abs. 4 GG in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen ist (vgl. Bachof in Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, Bd. III/1 S. 201 und 204; Hamann, Grundgesetz, 2. Aufl. S. 257; Giese/Schunck, Grundgesetz, 4. Aufl., Art. 33, Anm. 5). Dabei kann nach Auffassung des erkennenden Senats dahinstehen, ob die Wahrnehmung jener hoheitsrechtlichen Befugnisse und Verwaltungstätigkeiten rechtsdogmatisch als ein "Monopol" bezeichnet werden kann (vgl. Bachof, aaO, S. 202 ff). Jedenfalls handelt es sich nicht um ein "Wirtschafts- oder Finanzmonopol" fiskalischer oder gewerblicher Art mit unternehmerischem Betriebsgepräge, sondern - wie Wortlaut und Inhalt der §§ 1, 35 ff AVAVG erweisen - um Spezialaufgaben arbeits- und sozialrechtlichen Charakters, die-von der Würde und Freiheit der menschlichen Person (Art. 1, 2 GG) her bestimmt - selbst den üblichen Rahmen eines sogenannten "Verwaltungsmonopols" überschreiten und demzufolge in eigener Organisationsform und Gliederung der Bundesanstalt, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 2 AVAVG), als Trägerin dieser besonderen Daseinsvorsorge obliegen. Dem Monopolbegriff im rechtsgeschichtlichen und volkswirtschaftlichen Sinne steht ferner entgegen, daß die Bundesanstalt selbst wieder ermächtigt ist, Einrichtungen und Personen unter gesetzlich festgelegten Bedingungen und den daraus folgenden umfassenden Aufsichts- und Weisungsmaßnahmen mit der Arbeitsvermittlung und Lehrstellenvermittlung für einzelne Berufe oder Personengruppen zu beauftragen (§ 54 AVAVG). Die Rechtslehre versuchte deshalb, rechtsdogmatisch diese Einrichtungen und Personen als "Monopolergänzungsberufe" zu bezeichnen (vgl. Bachof, aaO, S. 204). Wie sehr es allgemeine Überzeugung ist, daß in einem modernen sozialen Rechtsstaat die in den §§ 35 ff AVAVG der Beklagten übertragenen Aufgaben solche des Staates sind und nicht mehr, wie es wirtschaftsliberalistischen Ansichten entsprach, durch gewerbsmäßige Stellenvermittlung befriedigend zum Wohl der Allgemeinheit gelöst werden können, ergibt die Tatsache, daß das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des AVAVG vom 23. Dezember 1956 (BGBl I 1018) in der 171./172. Sitzung des Bundestags ohne Gegenstimmen und bei einer einzigen Stimmenthaltung angenommen wurde. In der Begründung zu den einschlägigen Vorschriften (BT-Drucks. Nr. 1274, II. Wahlperiode 1955, S. 105) heißt es:
"In Übereinstimmung mit den in fast allen Kulturstaaten getroffenen Regelungen werden Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung, die in einer weiträumigen und arbeitsteiligen Wirtschaft unentbehrlich sind, als öffentliche Aufgabe bestätigt. Diese Aufgaben obliegen der Bundesanstalt. Die Struktur der Bundesanstalt als Selbstverwaltungseinrichtung mit maßgeblichem Einfluß der Sozialpartner soll den sozialen Ausgleich zwischen sozialen und wirtschaftlichen Forderungen sicherstellen sowie die unparteiische Durchführung dieser Aufgabe, die 1927 einen der wichtigsten Gründe für die Schaffung einer öffentlichen und reichseinheitlichen Arbeitsvermittlung bildete, gewährleisten."
Ohne Rechtsirrtum hat daher das LSG im Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG wie des BGH unter Bezugnahme auf Art. 123 Abs. 1 GG vorab festgestellt, daß allgemein die mit der Zuweisung der Arbeitsvermittlung als staatliche Aufgabe an die beklagte Bundesanstalt verbundenen Vorrechte (§ 35 AVAVG) nicht im Widerspruch zum Grundgesetz stehen. Das Berufungsgericht hätte als Tatsacheninstanz zusätzlich für den Funktionswert der öffentlichen Arbeitsvermittlung auf den in weitesten Volkskreisen bekannten und gewiß auch der Klägerin publizistisch zugängigen Umstand hinweisen können, daß im Mai 1952, als die Bundesanstalt ihre Tätigkeit aufnahm, bei den Arbeitsämtern mehr als 1,7 Millionen Arbeitslose vorgemerkt waren. Damals betrug die Arbeitslosenzahl das Zwölffache der Zahl der zu besetzenden Arbeitsplätze. Gegenwärtig ist die Arbeitslosigkeit auf einen unbedeutenden Rest zusammengeschmolzen und die Zahl der Arbeitsplätze, die am Monatsende jeweils unbesetzt bleiben, beträgt das Vielfache der Zahl der vorgemerkten Bewerber.
V. Aber auch die von der Klägerin im einzelnen angegriffene Vorschrift des § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG, welche für die Veröffentlichung von Stellenangeboten für Auslandsbeschäftigungen die vorherige Zustimmung der Bundesanstalt fordert (Veröffentlichungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt), verletzt Verfassungsnormen nicht. Sie enthält weder eine unzulässige Behinderung des Rechts auf freie Berufswahl und Berufsausübung (Art. 12 GG) noch beeinträchtigt sie die Presse- und Informationsfreiheit (Art. 5 GG). Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG) wird ebensowenig wie das Recht auf Freizügigkeit (Art. 11 GG) berührt. Ein enteignungsgleicher Eingriff in den Gewerbebetrieb der Klägerin (Art. 14 GG) liegt nicht vor. Des Näheren ist hier folgendes auszuführen:
Das in Art. 2 GG gewährleistete Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gilt nicht absolut, sondern wird durch die Rechte anderer, die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz begrenzt. Im übrigen sind die diesem Artikel folgenden Freiheitsrechte als Spezialnormen gegenüber seiner allgemeinen Regelung anzusehen, so daß er nur dort als Auffangrecht dienen kann, wo die besonderen Freiheitsrechte nicht zum Zuge kommen (vgl. Hamann, aaO, Art. 2, Anm. A 3 S. 77). Da im vorliegenden Fall Verletzungen der Art. 5, 12 und 14 GG streitig sind, kann somit Art. 2 GG nicht gesondert herangezogen werden. Der erkennende Senat ist mit dem BVerfG (BVerfG 7, 377 ff) der Auffassung, daß auch die Berufe, welche Tätigkeiten zum Inhalt haben, die nach heutigen Vorstellungen der organisierten Gemeinschaft, in erster Linie dem Staate, vorbehalten bleiben müssen, unter Art. 12 Abs. 1 GG fallen (anderer Ansicht: BVerwG 2, 85 ff; 4, 250 ff und v. Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, 2. Aufl. Bd. I S. 375 Anm. 2 a). Dies hat zur Folge, daß sie von einzelnen als Berufe frei gewählt werden können. Hierzu gehört der des Arbeitsvermittlers ebenfalls. Tatsächlich hat auch hinsichtlich der als staatliche Aufgabe der Beklagten zugewiesenen Arbeitsvermittlung jeder Deutsche Zugang zu jenem Berufe im Rahmen der Sonderregelung des öffentlichen Dienstes gemäß Art. 33 GG. Wie das BVerfG (BVerfG 7, 377, 398) ausführt, wird die Zahl der Arbeitsplätze und damit die Möglichkeit der Berufsaufnahme bei dieser Regelung allerdings von der Organisationsgewalt der jeweils zuständigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft bestimmt. Das hiernach mögliche Maß an Freiheit der Berufswahl für den einzelnen wird indessen durch den gleichen Zugang aller zu öffentlichen Ämtern bei gleicher Eignung (Art. 33 Abs. 2 GG) gewährleistet. Unbenommen bleibt ferner das in Art. 12 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes. Niemand ist daran gehindert, eine Arbeitsstelle aufzugeben und eine andere anzutreten. Die Garantie dieses Rechts gilt im übrigen freilich nur für den Bereich der Bundesrepublik, weil diese eine solche allein für das Staatsgebiet geben kann, auf das sich ihre Staatsgewalt erstreckt. Schließlich wird nicht in die Berufswahl des Zeitungsverlegers selbst eingegriffen; denn ihnen wird der Zugang zu ihrem Berufe in keiner Weise verwehrt. Die Berufsausübung dagegen kann durch Gesetz geregelt werden (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG). Dazu hat die Rechtsprechung des BVerfG folgende Grundsätze entwickelt: Der Gesetzgeber muß, wenn er sich in dem grundrechtgeschützten Raum bewegt, die Bedeutung des Grundrechts in der sozialen Ordnung zum Ausgangspunkt seiner Regelung nehmen (BVerfG 7, 198, 208 ff). Andererseits bedeutet "regeln" nicht, daß der Gesetzgeber das Grundrecht in keiner Weise einschränken dürfe. Das Grundrecht soll die Freiheit des Individuums schützen, der Regelungsvorbehalt ausreichenden Schutz der Gemeinschaftsinteressen sicherstellen. Der Freiheitsanspruch des einzelnen wirkt um so stärker, je mehr sein Recht auf freie Berufswahl in Frage steht; der Gemeinschaftsschutz wird um so dringlicher, je größer die Nachteile und Gefahren sind, die aus gänzlich freier Berufsausübung der Gemeinschaft erwachsen könnten. Die Freiheit der Berufsausübung kann daher - anders als bei der Berufswahl und bei der Aufzählung von objektiven Bedingungen für die Berufszulassung - im Wege der Regelung schon dann beschränkt werden, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen. Nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit ist zu bemessen, welche Auflagen den Berufsangehörigen gemacht werden müssen, um Nachteile und Gefahren für die Allgemeinheit abzuwehren (BVerfG 7, 404 ff). Die Verteilung der Arbeit nach wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit und sozialer Gerechtigkeit ist im sozialen Rechtsstaat von überragender Bedeutung. Die Arbeitsmarktpolitik, als Bemühen, eine sinnvollere Gestaltung des Arbeitsmarktgeschehens, einen sachgerechteren und menschlicheren Ausgleich von Angebot und Nachfrage zu erreichen, ist für die Gemeinschaft so wichtig, daß zu ihrer Sicherung auch in die Freiheitssphäre des einzelnen eingegriffen werden kann. Der Eingriff soll garantieren, daß die Bundesanstalt der ihr durch § 38 AVAVG auferlegten Verpflichtung, Arbeitslosigkeit und den Mangel an Arbeitskräften zu vermeiden oder zu beheben, nachkommen kann und der Einzelne zum Nutzen der Gemeinschaft einen seinen Fähigkeiten entsprechenden Arbeitsplatz erhält (vgl. Bethge, Die Arbeitsvermittlung im sozialen Rechtsstaat, Diss. Köln 1962, S.213). Wenn es Arbeitgebern (Unternehmern) freistände, ohne Prüfung unbeschränkt Arbeitskräfte, insbesondere Angehörige von Mangelberufen, im Anzeigenwege aus der Bundesrepublik für eine Beschäftigung im Ausland anzuwerben, könnte dies zu empfindlichen Störungen nicht nur auf dem Arbeitsmarkt, sondern für die gesamte Volkswirtschaft führen, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft herabsetzen, die Daseinsvorsorge für die Arbeitnehmerschaft beeinträchtigen sowie den allgemeinen Lebensstandard gefährden. Von dem Gesetzgeber mußte deshalb die Möglichkeit geschaffen werden, eine Abwerbung wertvoller Arbeitskräfte nach dem Ausland zu beeinflussen. Ohne die in § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG getroffene Regelung wäre die Beklagte außerstande, die ihr vom Gesetz übertragenen Aufgaben sachgerecht wahrzunehmen. Diese Bestimmung erscheint deshalb nicht nur zweckmäßig, sondern auf sie kann im Interesse des Gemeinwohls nicht verzichtet werden. Sie läßt sich von den für die Arbeitsvermittlung im Rahmen ihrer sozialstaatlichen Aufgaben geschaffenen sonstigen gesetzlichen Vorschriften nicht trennen, weil jene ohne die in § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG enthaltene Beschränkung der Anwerbung nach dem Ausland nicht vollständig wären. Von dem Gesetzgeber ist die Aufnahme von Stellenangeboten und Stellengesuchen in Zeitungen, Zeitschriften usw. in allen übrigen Fällen nicht eingeschränkt worden (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AVAVG). Die Arbeitsvermittlung auf privater Ebene wurde von ihm mithin nur insoweit ausgeschlossen, als er dies im Interesse des Gemeinwohls für erforderlich ansah. Damit wird der von ihm bezweckte Erfolg nicht mit rechtlichen Mitteln erstrebt, die gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit verstoßen (Hamann, Das Grundgesetz, 2. Aufl., Art. 12, Anm. B 5 d S. 149). Die Mißstände und Gefahren sind durch minderschwere Eingriffe nicht zu beseitigen. Die Regelung verstößt auch nicht gegen das Subsidiaritätsprinzip. Rechtlich und sachlich ist eine andere Institution oder ein anderer Weg, um den nach dem Grundgesetz zulässigen und vom Gesetzgeber gewollten Effekt zu erzielen, nicht vorhanden. Rahmenvorschriften, die gemäß Art. 75 Nr. 2 GG die "allgemeinen Rechtsverhältnisse der Presse" regeln und allenfalls etwa auch eine Art "Selbstkontrolle" für den Anzeigenteil im arbeitsrechtlichen und sozialpolitischen Bereich bringen könnten, hat der Bund bislang noch nicht erlassen; in den Pressegesetzen der verschiedenen Bundesländer aber finden sich diesbezügliche Bestimmungen nicht. Nach alledem greift die in § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG den Zeitungsverlegern auferlegte Beschränkung bei der Berufsausübung, die im Interesse des Allgemeinwohls notwendig erscheint, deshalb nicht in einer gegen Art. 12 GG verstoßenden Weise in die Freiheit der Berufsausübung der Klägerin ein.
VI. Ebensowenig widerstreitet § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit (Art. 20 GG). Das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ist auch im Rechtsstaat ein zulässiges gesetztechnisches Mittel, sofern bei ihm der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung beachtet wird. Das Gesetz muß also der Betätigungsfreiheit der Verwaltung hinreichende rechtliche Schranken setzen, die Tatsachen, unter denen sie eine Erlaubnis zu erteilen oder zu versagen hat, normieren und soweit Raum für ein behördliches Ermessen bleibt, dessen Grenzen abstecken (BVerfG 9, 83, 87). Bei der Prüfung der Frage, ob eine gesetzliche Bestimmung diesem Erfordernis entspricht, ist aber nicht nur der Wortlaut des Gesetzes, sondern auch sein Zweck zu beachten (BVerfG 2, 267, 282). Die Vermutung, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist, verlangt bei einem etwaigen Zweifel über seinen Inhalt eine verfassungskonforme Auslegung. Wie die Klägerin zutreffend vorträgt, verstoßen "vage Generalklauseln" gegen das Gebot der Bestimmtheit der Gesetze und damit gegen die verfassungsmäßige Ordnung (BVerfG 6,32, 42; 8, 274, 325). Die Voraussetzungen für die Zustimmung oder Versagung der Beklagten zur Veröffentlichung von Zeitungsanzeigen gemäß § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG sind jedoch weder unbestimmbar noch überhaupt unbestimmt. Nach § 38 AVAVG hat sie im Rahmen der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der Bundesrepublik dahin zu wirken, daß Arbeitslosigkeit und ein Mangel an Arbeitskräften vermieden oder behoben werden. Insofern bindet die gesetzliche Vorschrift die Beklagte in ihrer Zielsetzung durch einen gesetzlich fest umrissenen Aufgabenbereich. Weiterhin hat die Beklagte gemäß § 39 AVAVG durch ihre Arbeitsvermittlung dahin zu wirken, daß der Wirtschaft und Verwaltung die erforderlichen Arbeitskräfte erhalten bleiben. Den Vorschriften der §§ 38 und 39 AVAVG ist unzweideutig zu entnehmen, von welchen Gesichtspunkten sich die Beklagte bei ihren Maßnahmen insgesamt leiten lassen muß. Diese allgemeine Regelung gilt auch, soweit es sich um die Zustimmungsbedürftigkeit von Anzeigen nach § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG handelt. Danach hat die Beklagte ihre Zustimmung zu versagen, wenn ein Mangel an Arbeitskräften gleicher Fachrichtung in der inländischen Wirtschaft besteht und bei einer Abwanderung solcher Arbeitskräfte nach dem Ausland der inländischen Wirtschaft und Verwaltung die erforderlichen Arbeitskräfte verloren gingen. Damit sind Gegenstand, Inhalt, Zweck und Ausmaß des obrigkeitlichen Eingriffs durch das Gesetz selbst genügend bestimmt (BVerfG 13, 164). Die Beklagte ist bei der Abwägung, ob sie der Veröffentlichung von Stellenangeboten nach dem Ausland zustimmen muß oder sie zu versagen hat, weitgehend gebunden; ein Ermessensspielraum ist nur in engen, fest umrissenen Grenzen gegeben. Ihre Entscheidungen können deshalb nach Rechtsmaßstäben jederzeit nachgeprüft werden. Ein ungebundenes Ermessen steht ihr nicht zu. Fehlt ein gesetzlich zulässiger Versagungsgrund, so muß sie vielmehr die Genehmigung erteilen, und der betroffene Zeitungsverleger kann seinen Rechtsanspruch vor den Sozialgerichten geltend machen. Wenn die Beklagte verwaltungsintern sogenannte Mangelberufslisten aufgestellt hat, so ist hiergegen von Rechts wegen nichts einzuwenden, da diese lediglich zur Unterrichtung der nachgeordneten Dienststellen der Arbeitsverwaltung dienen, in welchen Berufen größerer Mangel an Arbeitskräften vorliegt und weshalb ihre Abwanderung oder Abwerbung nach dem Ausland unerwünscht und schädlich ist. Im übrigen wird es der Beklagten nur auf diese Art und Weise möglich, eine gleichmäßige Handhabung der gesetzlichen Vorschriften innerhalb eines größeren Bezirks zu erreichen und derart die ihr obliegenden Aufgaben wirksam durchzuführen.
VII. § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG verstößt ferner nicht gegen das Grundrecht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 GG), insbesondere nicht gegen die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung. Das BVerfG hat die Auffassung gebilligt, daß die Pressefreiheit mehr ist als nur ein Unterfall der Meinungsfreiheit, da darüber hinaus die institutionelle Eigenständigkeit der Presse gewährleistet ist (BVerfG vom 6. Oktober 1959 in NJW 1960, 29). Diese institutionelle Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG erstreckt sich auf das gesamte Pressewesen, also nicht allein auf die Tätigkeit der Schriftleiter, sondern auch auf die Nachrichtenübermittlung, die Verlags-, Vertriebs- und Anzeigengeschäfte (Hamann, aaO, Art. 5 Anm. B 6 S. 108). Die Pressefreiheit findet jedoch ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG). Das sind solche, die nicht gegen bestimmte Meinungen an sich gerichtet sind, sondern ein schutzwürdiges Rechtsgut ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung schlechthin sichern, weil es gegenüber der Betätigung der Pressefreiheit als vorrangig zu gelten hat (Hamann, aaO, Art. 5 Anm. B 10 S. 110; von Mangoldt/Klein, Art. 5 Anm. IX 3 S. 250; Bonner Kommentar, Art. 5 Anm. II 2 b S. 4). Zum Inbegriff aller Grundrechte gehört, daß sie nicht in Anspruch genommen werden dürfen, wenn dadurch für die Gemeinschaft notwendige Rechtsgüter gefährdet werden, weil jedes Grundrecht den Bestand der Gemeinschaft voraussetzt, durch den es gewährleistet ist. Ein Zeitungsverleger darf sich daher zur Rechtfertigung seiner Berufsausübung nicht auf die ihm durch ein Grundrecht eingeräumte Pressefreiheit berufen, wenn sein Verhalten über den eigenen Freiheitskreis hinauswirkt und höherwertige Rechte verletzt, welche durch allgemeine Gesetze geschützt werden. Das Recht der Pressefreiheit kann infolgedessen eine Beschränkung erfahren, wenn es mit schutzwürdigen Rechtsgütern von höherem Rang nicht in Einklang zu bringen ist. Nach § 217 Nr. 2 AVAVG handelt ordnungswidrig, wer ohne die nach § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG erforderliche Zustimmung der Beklagten ein Stellenangebot für die Beschäftigung im Ausland veröffentlicht. Diese Bestimmung soll ermöglichen, Schädigungen der Allgemeinheit durch Abwerbung von Fachkräften aus Mangelberufen nach Gebieten außerhalb der Bundesrepublik zu verhindern. Da dieses Ziel sich nur durch eine Prüfung von Anzeigen durch die Beklagte ermöglichen läßt, muß die Presse insoweit eine Beschränkung ihrer Freiheit im Interesse des Gemeinwohls hinnehmen.
Der Erlaubnisvorbehalt für Anzeigen nach dem Ausland nach § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG stellt sich auch nicht als Zensur dar, die nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG unzulässig wäre. Unter Zensur versteht man in der Zeitungswissenschaft wie im Rechtsleben, daß geistige Kundgebungen irgendwelcher Art von der vorherigen behördlichen Prüfung oder Erlaubnis aus politischen, ideologischen, kulturellen oder weltanschaulichen Gründen abhängig gemacht werden, nicht dagegen eine zulässige Überwachung der Presse gemäß den allgemeinen Gesetzen (von Mangoldt/Klein, Art. 5 GG Anm. VIII 2 S. 247). Die Prüfung der Auslandsanzeigen nach § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG wendet sich gegen eine bestimmte Form der Werbung von Arbeitskräften im Interesse des Gemeinwohls; durch sie wird jedoch nicht eine bestimmte Meinungsäußerung oder Meinungsbildung als solche verletzt oder verhindert. Also wird die geistige Freiheit und Unabhängigkeit der Presse nicht berührt. Im übrigen geht aus dem System des Grundgesetzes hervor, daß die Verfassung nicht die Presse als Einnahmequelle des Verlegers schützen will, sondern wegen der besonderen Funktion, die Sie im Interesse der Öffentlichkeit auszuüben hat (vgl. Schneider, Presse- und Meinungsfreiheit nach dem Grundgesetz, S. 141). Deshalb hat bereits der BGH (BGHSt 8, 379) festgestellt, daß unter den Begriff der Pressefreiheit nicht die völlige Freiheit zur Veröffentlichung von Werbeanzeigen Dritter zu verstehen ist, sondern die Freiheit der Berichterstattung und der Meinungsäußerung in der Presse.
§ 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG verstößt fernerhin nicht gegen das durch Art. 5 GG ebenfalls garantierte Recht der Staatsbürger, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Gewährleistung der Informationsfreiheit, die wegen der Erfahrungen aus der Praxis des totalitären Staates in das Grundgesetz mit aufgenommen wurde, dient in der Hauptsache dem Schutze des Bezugs ausländischer Presseerzeugnisse und bestimmten Schrifttums sowie der Abwehr staatlicher Verbote des Abhörens bestimmter Rundfunksender (Bonner Kommentar, Art. 5 GG Anm. II 1 d S. 3; von Mangoldt/Klein, Art. 5 GG Anm. V 1 S. 242). Wie die Pressefreiheit findet die Informationsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen. Sie kann deshalb durch solche zum Schutze höherwertiger Rechtsgüter ebenfalls beschränkt werden. Im übrigen wird durch den Prüfungs- und Erlaubnisvorbehalt des § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG kein Interessent daran gehindert, sich anderweit - sei es aus ausländischen Presseerzeugnissen, durch eigene Anzeigen oder durch Inanspruchnahme der Einrichtungen der Beklagten - über die Arbeitsmarktlage in außerdeutschen Ländern zu unterrichten.
VIII. Die Versagung der Zustimmung der Beklagten zur Veröffentlichung von Anzeigen gemäß § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG stellt eine Enteignung nach Art. 14 GG nicht dar. Zwar wird gegenwärtig überwiegend anerkannt, daß außer den sonstigen subjektiven privaten Vermögensrechten auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb unter den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff (BGHZ 6, 270 ff; BSG 5, 40 ff; BVerwG 3, 254 ff; BVerfG 1, 264, 277) und damit unter die institutionelle Garantie des Art. 14 GG fällt. Jene wird jedoch dadurch erheblich eingeschränkt, daß das Grundgesetz darauf verzichtet hat, den Inhalt und die Schranken des Eigentums zu bestimmen, dies vielmehr der einfachen Gesetzgebung überläßt. Gemäß Art. 14 Abs. 2 GG ist die Inhaltsbestimmung und Schrankenziehung entsprechend den Erfordernissen der organisierten Gemeinschaft vorzunehmen und darf das Grundrecht in gewissen Grenzen eingeengt, mit Pflichten belastet werden. Erst bei einer tatsächlichen Enteignung erwächst eine Entschädigungspflicht, wenn also die Substanz des Eigentums oder seine Verwendungsmöglichkeit dem Berechtigten entzogen werden (Hamann, aaO, Art. 14 Anm. B 6 S. 167; Bonner Kommentar, Art. 14, Anm. II 6 S. 7; von Mangoldt/Klein, Art. 14 Anm. VII 4 S. 443; Giese/Schunck, aaO, Art. 14, Anm. 5, 6 S. 40). Durch Versagung der Zustimmung zu einzelnen Auslandsanzeigen findet eine solche Entziehung jedoch nicht statt, sondern im Interesse des Gemeinwohls wird lediglich eine Chance der Klägerin, Gewinn in einer bestimmten Art und Weise aus ihre Gewerbebetrieb zu ziehen, begrenzt. Eine solche gesetzliche Maßnahme ist interessengerecht und sozialadäquat. Auch nach der vom BGH vertretenen Einzeleingriffstheorie (BGHZ 6, 270, 279 ff) stellt sich die Versagung der Zustimmung nach § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG nicht als Enteignung dar, weil kein zwangsweiser staatlicher Eingriff in der Gestalt der Entziehung oder Belastung vorliegt, der Einzelne oder Gruppen im Vergleich zu anderen ungleich trifft und sie zu einem besonderen, den übrigen nicht zugemuteten Opfer für die Allgemeinheit zwingt, und zwar zu einem Opfer, das gerade nicht den Inhalt und die Grenzen der betroffenen Rechtsgattung allgemein und einheitlich festlegt, sondern das aus dem Kreis der Rechtsträger Einzelne unter Verletzung des Gleichheitssatzes besonders belastet. Die Verweigerung der Zustimmung zu Auslandsanzeigen gemäß § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG kann nur in dem notwendigen sachlichen Zusammenhang mit den sonstigen Bestimmungen des AVAVG über die Arbeitsvermittlung und Daseinsvorsorge als generelle Regelung gesehen werden, also als ein gesetzlicher Eingriff in die Berufsausübung der Zeitungsverleger allgemein. Sie ist deshalb keine entschädigungslose Enteignung, sondern eine inhaltliche Begrenzung der Betätigungsbefugnisse aller von § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG betroffenen Zeitungsunternehmer (analog: BGHZ 6, 289). Der Wesensgehalt des Grundrechts und seine Substanz werden mithin durch diese Vorschrift nicht angegriffen, sondern nur inhaltliche Grenzen festgelegt. Die Folge eines gültigen Gesetzes ist, daß eine sich in seinem Rahmen haltende Durchführung der einschlägigen Vorschriften nicht rechtswidrig ist und somit der von der Klägerin erhobene Anspruch auf Entschädigung wegen enteignungsgleicher Eingriffe nicht begründet sein kann. Die gerügte Verletzung des Zitiergebotes des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG ist ebenfalls nicht zutreffend. Denn ein solches besteht nur für Gesetzesvorbehalte, die in den eigentlichen Inhalt des Grundrechts eingreifen und es seinem Wesen nach einschränken, nicht jedoch für Ausübungsbegrenzungen (vgl. Hamann, aaO, Art. 19, Anm. B 5 S. 196; Giese/Schunck, Art. 19, Anm. 4 S. 49; von Mangoldt/Klein, Art. 19, Anm. V 4 S. 557 ff; Bonner Kommentar, Art. 19, Anm. II 2 S. 7). Im übrigen gilt das Zitiergebot nicht für Gesetze, die vor Inkrafttreten des Grundgesetzes ergangen sind (BVerfG 2, 121 ff) und nicht für solche nach Inkrafttreten des Grundgesetzes erlassenen Normen, die bereits geltende Grundrechtseinschränkungen lediglich unverändert oder mit geringen Abweichungen wiederholen (BVerfG 5, 13, 16; vgl. auch oben: Art. 123 Abs. 1 GG). Selbst bei einem Eingriff durch § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG in den Wesensgehalt von Grundrechten läge deshalb die gerügte Verletzung des Zitiergebots nicht vor.
Durch § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG wird ebenfalls die Vertragsfreiheit der Klägerin nicht mißachtet (Art. 2 GG; vgl. Hamann, aaO, Art. 2, Anm. B 3 d S. 79). Es bleibt ihr unbenommen, Verträge über Anzeigen zur Anwerbung von Arbeitskräften nach dem Ausland abzuschließen. Soweit die Beklagte ihre Zustimmung zur Veröffentlichung alsdann rechtmäßig versagt, wird der Vertrag nicht unwirksam; es sind vielmehr die §§ 275, 323 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) anwendbar (vgl. Palandt, BGB § 275 Anm. 9 b).
IX. § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG widerstreitet fernerhin weder dem Recht auf Freizügigkeit, das alle Deutschen im ganzen Bundesgebiet genießen (Art. 11), noch der durch Art. 2 GG geschützten Ausreisefreiheit (Bonner Kommentar Art. 11 Anm. II 1; Hamann, Art. 11, Anm. B 2 S. 139). Niemandem wird hierdurch verwehrt, ins Ausland zu reisen und wieder in die Bundesrepublik zurückzukehren. Auch das Recht auf Auswanderung wird in keiner Weise berührt.
§ 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG verstößt schließlich nicht gegen Art. 10 GG der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 7. August 1952 (BGBl II 685, 953). Denn in dessen Abs. 2 wird ausdrücklich festgelegt, daß das Recht der freien Meinungsäußerung wie das Informationsrecht durch Gesetze im Interesse der öffentlichen Sicherheit und zur Aufrechterhaltung der Ordnung eingeschränkt werden dürfen.
§ 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG verletzt endlich nicht die Art. 48 ff des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (BGBl 1957 II 766); denn durch ein Veröffentlichungsverbot wird die Freizügigkeit, d.h. das Recht an jedem Ort innerhalb der Gemeinschaft Aufenthalt und Wohnung zu nehmen und sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben, nicht beeinträchtigt. Unabhängig davon ist jedoch die Schweiz bislang nicht Mitglied der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft geworden und die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gemäß diesen Bestimmungen insoweit noch nicht hergestellt.
X. Da von der Klägerin selbst nicht vorgetragen wurde, daß die Voraussetzungen, von denen das Arbeitsamt bei der Versagung der Zustimmung für Anzeigen im Südkurier ausgegangen ist, unrichtig oder daß die Maßnahmen der Arbeitsverwaltung gar mit dem Makel der Unsachlichkeit oder der Willkür behaftet waren, kommt eine funktionswidrige Ausübung der Rechte aus § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG (Rechtsmißbrauch) seitens der Beklagten nicht in Betracht.
Die Bescheide der Beklagten waren nach alledem rechtens.
Die Revision der Klägerin mußte daher zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 926767 |
BSGE, 169 |
NJW 1964, 1691 |
MDR 1964, 791 |