Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermächtigung zur Erbringung von ambulanten ärztlichen Leistungen
Beteiligte
…, Kläger und Revisionskläger |
Berufungsausschuß für Ärzte in Rheinland-Pfalz,Koblenz, Emil-Schüller-Straße 14-16, Beklagter und Revisionsbeklagter |
1. Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V., Neu-Isenburg, Emil-von-Behring-Passage 60, Proz.-Bev.: …, 2. Kassenärztliche Vereinigung Trier, Trier, Balduinstraße 10-14, Proz.-Bev.: …, 3. AOK-Landesverband.. |
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Der als Kassenarzt zugelassene Kläger erbringt seit dem Jahre 1973 ambulante Dialyseleistungen in seiner Praxis in G. Die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) Trier (Beigeladene Ziffer 2) hat mit Bescheid vom 24. Februar 1987 das Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. in Neu-Isenburg (Beigeladener Ziffer 1) ermächtigt, ambulante Dialyseleistungen in einem Dialysezentrum in Trier zu erbringen. Dieses Zentrum ist in einem Gebäude des Brüderkrankenhauses untergebracht; es wird geleitet vom Chefarzt des Zentrums für Dialyse und Nephrologie des Brüderkrankenhauses. Der Kläger, der früher selbst Chefarzt der Dialyseabteilung des Brüderkrankenhauses war, hat gegen die genannte Ermächtigung des Beigeladenen Ziffer 1 Widerspruch eingelegt, der von der beigeladenen KÄV als unzulässig verworfen wurde (Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 1987). Zur Begründung wurde ausgeführt, daß der Widerspruchsführer nicht in seinen rechtlichen Interessen berührt sei; der mit der Zulassungsvorschrift des § 368a Abs 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO) verbundene Schutzzweck erstrecke sich nicht auf einen Schutz des Kassenarztes vor einer Konkurrenz durch die an der kassenärztlichen Versorgung Beteiligten oder Ermächtigten. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage des Kassenarztes als unbegründet abgewiesen. Entgegen der Auffassung der KÄV stehe dem Kläger ein Widerspruchsrecht zu. Das ergebe sich aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. Oktober 1987, 6 RKa 57/86 (BSGE 62, 231 = SozR 2200 § 368b Nr 4), wonach Rechte von Kassenärzten verletzt, ihre rechtlichen Interessen berührt sein könnten, wenn die KÄV die Vorrangstellung der Kassenärzte unberücksichtigt lasse und diese hierdurch in der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben beeinträchtigt würden. Eine solche Rechtsverletzung liege aber nicht vor; die Ermächtigung sei rechtmäßig. Der Kläger hat Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens haben sich die KÄV und der Beigeladene Ziffer 1 in einem anderen Rechtsstreit (SG Mainz S 1a Ka 92/87) am 6. Juli 1988 vergleichsweise dahin geeinigt, daß die Ermächtigung bis zum 31. Dezember 1992 und auf die 14 bisherigen Dialyseplätze beschränkt sein soll. Durch Urteil vom 21. Dezember 1989 hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung des Klägers zurück- und die Klage gegen die Änderung der Ermächtigung des Beigeladenen Ziffer 1 (durch gerichtlichen Vergleich vom 6. Juli 1988) abgewiesen. Die Klagebefugnis sei zu bejahen, da die streitige Ermächtigung zu einer Existenzgefährdung des Kassenarztes führen könne. Für die Annahme einer solchen besonderen, die schutzwürdigen Interessen des Kassenarztes berührenden Konkurrenzlage sei es nicht notwendig, eine akute Existenzgefährdung konkret festzustellen. Es genüge vielmehr, daß deren Möglichkeit naheliege. Der Kläger befinde sich in einer solchen Ausnahmesituation. Da er aber bei einer alleinigen Behandlung der anfallenden Patienten bei weitem überfordert wäre, sei die Ermächtigung rechtens. Der Kläger hat die vom Senat zugelassene Revision eingelegt, mit der er beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. Dezember 1989 und des Sozialgerichts Mainz vom 8. Juni 1988 und den Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 1987 sowie den Ermächtigungsbescheid vom 24. Februar 1987 in der Gestalt des gerichtlichen Vergleichs vom 6. Juli 1988 aufzuheben,hilfsweise unter Aufhebung des zweitinstanzlichen Urteils die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Der beklagte Berufungsausschuß und die Beigeladenen Ziffer 1 und 2 beantragen,die Revision zurückzuweisen.
Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Der Senat ist unter Änderung seiner bisherigen, zur sogenannten Konkurrentenklage im Urteil vom 27. Oktober 1987 ergangenen Rechtsprechung zu dem Ergebnis gekommen, daß dem Kläger keine Klagebefugnis zusteht.
1. Gemäß § 54 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Klage gegen einen Verwaltungsakt zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch ihn beschwert, das heißt in seinen rechtlich geschützten Interessen verletzt zu sein (Meyer-Ladewig, Komm SGG, 3. Aufl, RdNr 10). Der Kläger muß also Tatsachen vortragen, aus denen sich eine solche Verletzung ergeben kann. Zwar dürfen an die Substantiierungspflicht keine großen Anforderungen gestellt werden (Meyer-Ladewig, aaO; BSGE 62, 231, 232 mit zahlreichen Nachweisen = SozR 2200 § 368b Nr 4). Es genügt also regelmäßig, wenn der Kläger behauptet, daß der in seine Rechte eingreifende Verwaltungsakt nicht rechtmäßig sei (Meyer-Ladewig, aaO, mwN). Das bedeutet aber nicht, daß die (genannten) geringen Anforderungen sich auch auf die Frage zu erstrecken hätten, ob überhaupt eine Rechtssphäre vorliegt, in die der Verwaltungsakt hätte eingreifen können. In diesem Sinne muß sowohl bei der Klage als auch schon beim Widerspruch eine "Beschwer" vorliegen; auch der Widerspruch (§ 83 SGG) ist nur zulässig, wenn der Widerspruchsführer durch den Verwaltungsakt beschwert ist (Redeker/von Oertzen, Komm VerwGO, 9. Aufl, RdNr 11 zu § 70). Zur Annahme einer solchen Beschwer genügt es, wie schon der Ausschluß der sogenannten Popularklage zeigt, aber nicht, wenn der Kläger bzw Widerspruchsführer behauptet, der Verwaltungsakt sei unrechtmäßig. Vielmehr müssen wirkliche Rechtsbeziehungen bestehen, auf die der Verwaltungsakt in einer dem Kläger nachteiligen Weise überhaupt einwirken kann (vgl auch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Januar 1991 - 1 BvR 207/87 -).
Freilich ist die Verletzung eigener Rechtspositionen auch dann möglich, wenn der Verwaltungsakt zwar gegenüber einem Dritten ergangen ist, aber wenigstens mittelbar in eigene rechtlich geschützte Interessen eingreift (Meyer-Ladewig, aaO, RdNr 12 mwN; vgl die dort angeführten Fälle). Dementsprechend heißt es auch in § 12 Abs 2 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X), daß die Behörde diejenigen, deren "rechtliche Interessen" berührt werden können, zu dem Verfahren hinzuziehen kann. Anders als in der Beiladungsbestimmung des § 75 Abs 1 SGG, wo nur von "berechtigten Interessen" die Rede ist, genügen also dort, wo "rechtliche Interessen" verlangt werden, keine bloß finanziellen, wirtschaftlichen oder gar ideellen Interessen, wie sie bei § 75 Abs 1 SGG ausreichen (vgl von Wulffen in Schroeder-Printzen ua, Komm SGB X, 2. Aufl, Nr 7 zu § 12).Ein rechtliches Interesse ist dann gegeben, wenn der Kläger zu dem Streitgegenstand in einer solchen Beziehung steht, daß durch den Verwaltungsakt seine Rechtslage, sei es auch nur mittelbar, in irgendeiner Weise verändert werden kann.
Der Senat hat daher in seinem Urteil vom 27. Oktober 1987, 6 RKa 57/86, durchaus folgerichtig die Frage gestellt, ob die kassenarztrechtlichen Vorschriften über die "Zulassung, Beteiligung und Ermächtigung" Rechtssätze enthalten, welche die Möglichkeit der Verletzung von Rechtspositionen der jeweils anderen Kassenärzte implizieren (BSGE aaO, S 232 ff; vgl auch das Urteil des Senats vom 9. Mai 1990, 6 RKa 27/88 = SozR 3-2200 § 368n Nr 1: Konkurrentenklage in einer Großgerätesache). Er hat zum Ausdruck gebracht, daß diesen Vorschriften als solchen keine derartige Wirkung zukommt, daß durch die Ermächtigung von Nichtkassenärzten auch keine kassenärztlichen Rechte verletzt sein können, welche die freie Berufsausübung nach Art 12 des Grundgesetzes (GG), die Wettbewerbsfreiheit nach Art 2 Abs 1 GG und die Eigentumsrechte nach Art 14 Abs 1 GG schützen, daß eine solche Rechtsverletzung aber auch nicht insoweit vorliegen kann, als die Beteiligung und Ermächtigung beschränkt sind und nur mit der rechtlichen Maßgabe der Priorität der niedergelassenen Kassenärzte zu erfolgen haben.
Soweit der Senat in diesem Urteil (vom 27. Oktober 1987) trotz der obengenannten Verneinungen dann doch von der Möglichkeit einer Verletzung der Rechte des Kassenarztes durch anderweitige konkurrierende Zulassungen/Ermächtigungen ausgegangen ist, kann er diese Ansicht nicht länger aufrechterhalten. Die Bejahung wurde damit begründet, daß Rechte der zugelassenen Kassenärzte, die von der KÄV bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben zu beachten seien, sich aus der gesetzlichen Regelung über die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung bzw aus "den Besonderheiten des zwischen der KÄV und ihren Mitgliedern bestehenden Rechtsverhältnisses" ergäben. Daraus folge, daß die KÄV gegenüber den Kassenärzten verpflichtet sei, "bei ihren eigenen Maßnahmen" systemgerecht die Vorrangstellung der Kassenärzte zu beachten. An dieser Auffassung hält der Senat nicht fest.Die von der Verpflichtung der KÄV zur Beachtung der Vorrangstellung der niedergelassenen Ärzte berührten wirtschaftlichen Interessen dieser Ärzte sind, wie noch näher darzulegen sein wird, rechtlich nicht geschützt.
2. Wie bereits ausgeführt, darf bei einer Bejahung der Klagebefugnis die Möglichkeit einer Verletzung von Rechten des Klägers nicht ausgeschlossen sein (vgl das oben zitierte Urteil des Senats vom 9. Mai 1990, mwH). Diese Rechte müssen vom Schutzzweck der dem Bescheid zugrundeliegenden Norm erfaßt sein (BSG, aaO). Die Klagebefugnis ist gegeben, wenn dieser Norm ein Rechtssatz zu entnehmen ist, der zumindest auch den Individualinteressen des Klägers zu dienen geeignet ist (BVerfGE 27, 297, 307; BSG, aaO). Die hier maßgeblichen Ermächtigungsnormen (§ 368c Abs 2 Nr 12 RVO iVm § 31 ZOÄ) enthalten aber nicht zugleich einen auf eine Einkommenssicherung des Kassenarztes gerichteten Rechtssatz.
Der Kläger will die von ihm beanspruchte Klagebefugnis offenbar auf die Behauptung stützen, daß die Ermächtigung des Beigeladenen Ziffer 1 ihn in seinen rechtlich geschützten Interessen an einer wirtschaftlich ungefährdeten kassenärztlichen Tätigkeit verletze. Eine solche Verletzung könnte unter zwei Voraussetzungen vorliegen. Entweder, daß der Gesetzgeber schon mit der Ermächtigungsnorm diese Interessen schützen wollte, daß er also bei der Art und Weise, wie er diese Ermächtigungsnorm gestaltete, von der Vorstellung motiviert (und getragen) wurde, daß sie zur Sicherung der genannten Wirtschaftslage zumindest wesentlich beitrage, wenn nicht gar als einzige Möglichkeit hierfür anzusehen sei. Oder, daß die von ihm gesetzte Ermächtigungsnorm tatsächlich auf eine solche Wirkung hinausliefe, ungeachtet dessen, daß der Gesetzgeber eine solche Wirkung gar nicht im Auge hatte bzw ihrer nicht sicher war. Auch dann, wenn, wie im letztgenannten Falle, ohne einen erkennbar hierauf gerichteten Willen des Gesetzgebers mit der Realisierung der Ermächtigungsnorm nachweislich (auch) eine Sicherung der kassenärztlichen Wirtschaftslage verbunden wäre, müßte die Ermächtigungsnorm als (auch) im Interesse dieser Sicherung erlassen angesehen werden. Anderenfalls würde man für die Klagebefugnis den Nachweis verlangen, daß die vom Kläger behauptete Wirkung nicht nur objektiv besteht, sondern daß sie den Gesetzgeber auch zu der den Verwaltungsakt tragenden (Direkt-)Norm motivierte. Wollte man aber bei der Feststellung der Klagebefugnis im Hinblick auf einen nicht ausdrücklich normierten Gestaltungswillen des Gesetzgebers (ob er also mit der hier erklärten Ermächtigungsnorm zugleich auch eine unerklärte Schutzwirkung in sein rechtliches Wollen aufgenommen hat) trotz des Umstandes, daß die Direkt-Norm objektiv nicht nur ihre eigentliche Erstwirkung, sondern in zweiter Linie auch die hier streitige Schutzwirkung entfaltet, zusätzlich den Nachweis eines entsprechenden gesetzgeberischen Willens verlangen, so würde man die an die Klagebefugnis zu stellenden Anforderungen überspannen, zumal das Recht auf die Objektivierbarkeit seiner Voraussetzungen abzustellen hat und ein unerklärt gebliebener Wille des Gesetzgebers nur in den seltensten Fällen objektiv nachweisbar ist. Wäre dagegen umgekehrt ein solcher (auf den Schutz Dritter gerichteter) gesetzgeberischer Wille objektiv nachweisbar, könnte die Direkt-Norm aber entgegen den Erwartungen des Gesetzgebers eine solche Wirkung objektiv gar nicht entfalten, so daß der Wille des Gesetzgebers insoweit ins Leere ginge, so würde dies einer Klagebefugnis entgegenstehen. Hier wäre zwar, sei es durch schriftliche Gesetzesmotive, sei es durch sonst objektivierbare Äußerungen der gesetzgebenden Organe, eine entsprechende Willensrichtung des Gesetzgebers feststellbar gewesen. Dadurch aber, daß der Gesetzgeber trotz der verfassungsrechtlich geforderten Gesetzesklarheit diese Willensrichtung weder in der Direkt-Vorschrift (hier: Ermächtigung) noch in einer speziellen, den streitigen Schutz zum Ausdruck bringenden Rechtsvorschrift niedergelegt hat, würde bei dem genannten Fehlen einer Drittwirkung die Verneinung der Klagebefugnis gerechtfertigt. Aus all dem folgt, daß es für die Klagebefugnis des Klägers erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn der Nachweis erbracht werden kann, daß die Ermächtigungsnorm zugleich die streitige Drittwirkung, also die Sicherung einer wirtschaftlich ungefährdeten kassenärztlichen Tätigkeit, objektiv wesentlich mitzutragen vermag.
Bei der Feststellung einer solchen Wirkung handelt es sich um eine Tatsachenfeststellung. Dabei geht es um sogenannte generelle Tatsachen, die auch vom Revisionsgericht festgestellt werden können. Die Frage, ob die gesetzliche Ermächtigungsnorm zugleich geeignet ist, eine wirtschaftliche Gefährdung der kassenärztlichen Tätigkeit zu vermeiden und so ein gewisses Einkommen des Kassenarztes zu sichern, sucht nach der Möglichkeit einer Kausalbeziehung zwischen den tatsächlichen Folgen der Ermächtigungsnorm und dem Einkommen der Kassenärzte, also danach, ob durch die Bedarfsregelung im Ermächtigungsbereich ein höheres Einkommen der Kassenärzte positiv bewirkt bzw das Absinken ihres Einkommens negativ verhindert wird. Das wäre dann der Fall, wenn durch das die Ermächtigungsmöglichkeiten einengende Bedarfsprinzip - sei es direkt durch ein gesetzlich gefordertes Verhalten der Ermächtigten, sei es dadurch, daß vom Gesetz entsprechende indirekte Anreize ausgehen - Geldmittel erspart werden würden, die aufgrund der sonstigen gesetzlichen Regelungen des Kassenarztrechtssystems den Kassenärzten zuzufließen hätten. Auch wenn eine solche Kausalwirkung von bestimmten Rechtsnormen abhängig ist, ist sie gleichwohl eine (Seins-)Tatsache und nicht eine (rechtliche) Sollensforderung.
Diese Tatsache bedarf des Nachweises. Ist dieser Nachweis nicht zu erbringen, so geht dies zu Lasten des Klägers. Denn von einem Verwaltungsakt beschwert ist regelmäßig der rechtlich unmittelbar Betroffene, und der Kläger beruft sich lediglich auf eine Ausnahme.
3. Der genannte Nachweis ist nicht zu erbringen.
a) Allein dadurch, daß bei den Zulassungen und Ermächtigungen der Grundsatz der Vorrangigkeit der niedergelassenen Ärzte einzuhalten ist, wird in die Rechtssphäre des Kassenarztes nicht eingegriffen. Etwas anderes wäre es, wenn zwischen der "Zulassung" des Krankenhausarztes (bzw der Krankenhauseinrichtung) einerseits und der Zulassung des Kassenarztes andererseits eine Alternativität bestünde. Das ist schon deshalb nicht der Fall, weil grundsätzlich jeder niedergelassene Arzt zuzulassen ist, eine Beschränkung also nur auf der Seite der Ermächtigung besteht. Eine Situation der Art, daß die Zulassung des niedergelassenen Arztes infolge einer Ermächtigung zu unterbleiben hätte, ist im System des Kassenarztrechts nicht angelegt. Das schließt freilich nicht aus, daß durch eine bestimmte Ermächtigung die bisherige Tätigkeit eines zugelassenen Kassenarztes wirtschaftlich erheblich gefährdet sein kann. Nicht also deshalb, weil der Beigeladene Ziffer 1 hier ermächtigt worden ist, die Zulassungsgremien also den gesetzlichen Bedarf insoweit bejaht haben, könnte dem Kläger eine Klagebefugnis zustehen, sondern allenfalls nur insoweit, als diese Ermächtigung eine wirtschaftliche Gefährdung derjenigen Tätigkeit des Klägers mit sich bringen kann, die er bisher im Rahmen der berufsrechtlich zulässigen Spezialisierung ausübte.
b) In der bis zum 31. Dezember 1988 in Geltung gewesenen Vorschrift des § 368g RVO (- Gesamtverträge; Mantelverträge -) wurde unter Abs 1 bestimmt:
Die kassenärztliche Versorgung ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien der Bundesausschüsse durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, daß eine gleichmäßige, ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Kranken gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden.
In der seit 1. Januar 1989 geltenden Vorschrift des § 72 Abs 2 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - (SGB V) lautet nun der daß-Satz:
..., daß eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden.
Damit hat der Gesetzgeber die angemessene Vergütung der ärztlichen Leistungen zum allgemeinen Rechtssatz erhoben; auch wenn dieser Rechtssatz erst innerhalb eines Regelungs-und Ermächtigungsauftrages aufgeführt wird - und nicht schon vorher allgemein niedergelegt wurde -, kann sein Normcharakter nicht bezweifelt werden. Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Vergütung kann auch davon ausgegangen werden, daß damit eine Vergütung gewährleistet sein soll, die jedenfalls nicht wesentlich unter den üblichen Vergütungen vergleichbarer Tätigkeiten liegen darf.
c) Auf diese Vergütungsvorschrift kann sich der Kläger zur Stützung einer Klagebefugnis schon deshalb nicht berufen, weil sie lediglich die Angemessenheit der Vergütung seiner kassenärztlichen Leistung bestimmt, nicht aber die Angemessenheit des kassenärztlichen Einkommens schlechthin zum Ziele hat. Selbst wenn man aber argumentieren würde, die Angemessenheit der Leistungsvergütung sei schwerlich von der Angemessenheit des Einkommens zu trennen, wäre festzustellen, daß in der Rechtsnorm des Ermächtigungstatbestandes, wonach also die Ermächtigung davon abhängig ist, daß ein über das Leistungsspektrum der niedergelassenen Ärzte hinausgehender Versorgungsbedarf besteht, weder ein Rechtssatz der einen (Vergütung) noch der anderen Art (Einkommen) enthalten ist. Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist grundsätzlich jeder Arzt als Kassenarzt zuzulassen. Die Ermächtigungsnorm mit dem implizit in ihr liegenden "Vorrang" der niedergelassenen Ärzte hat aber keinen inneren Zusammenhang mit deren Bezahlung. Der Gesetzgeber hätte auch bestimmen können, daß grundsätzlich alle Ärzte und ärztlichen Einrichtungen zur kassenärztlichen Versorgung zugelassen sind, eine Prüfung des Bedarfs also nicht nur, wie nach bestehender Gesetzeslage, im Bereich der niedergelassenen Ärzte, sondern im Gesamtbereich zu unterbleiben habe. Dies zeigt, daß die genannte Vergütungsvorschrift nur mit der genannten Zulassungsvorschrift für niedergelassene Ärzte zusammenhängt, nicht aber mit der hier in Frage stehenden Ermächtigungsvorschrift. Indem der Gesetzgeber sagt, im Bereich der Ermächtigungen komme es anders als im Bereich der niedergelassenen Ärzte auf den Bedarf an (vgl § 31 Abs 1 Zulassungsverordnung für Kassen(zahn)ärzte [ÄrzteZV] bzw [ZahnärzteZV]), setzt er im Ermächtigungsbereich lediglich ein anderes Organisationsprinzip fest. Dieses Bedarfsprinzip stellt aber keine unmittelbare rechtslogische Konsequenz aus der genannten Vergütungsvorschrift dar. Auch dann, wenn das Bedarfsprinzip im Ermächtigungsbereich entfiele, würde die Durchsetzbarkeit einer für die niedergelassenen Kassenärzte angemessenen Vergütung nicht notwendig gefährdet werden.
d) Aber auch dann, wenn man die Ermächtigungsnorm mit dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot, dem sie unterworfen ist, im Zusammenhang sieht, ergibt sich keine implizite Verbindung des Bedarfsprinzips mit dem genannten Vergütungsprinzip. Mit der Beachtung des das Gesamtsystem tragenden Prinzips der Wirtschaftlichkeit ist zwar das normative Anliegen verbunden, die Vergütung des niedergelassenen Kassenarztes nicht unangemessen hoch festzusetzen, nicht aber ein Anliegen, sie nicht darunter geraten zu lassen. Eine Untervergütung des Kassenarztes zu vermeiden, ist daher nicht aus Gründen der Wirtschaftlichkeit des Systems geboten, sondern aus dem vorgreiflicheren Grund, das System überhaupt erst dadurch zu ermöglichen, daß dem Arzt genügend Anreize geboten werden, sich für die Zulassung wirtschaftlich zu interessieren.
e) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß die Ermächtigungsnorm mit ihrem Bedarfsprinzip und dem sich aus ihm ergebenden "Vorrang" des Kassenarztes die Sicherung einer wirtschaftlich ungefährdeten kassenärztlichen Tätigkeit mitzutragen vermöchte (vgl oben Ziffer 2). Durch dieses Bedarfsprinzip werden keine Geldmittel erspart, die aufgrund der sonstigen gesetzlichen Regelungen des Kassenarztrechtssystems den Kassenärzten zuzufließen hätten.
4. Die erforderliche Klagebefugnis ergibt sich für den Kläger auch nicht aus seiner Mitgliedschaft in der KÄV. Aus allgemeinen Rechtsbegriffen wie dem des Mitgliedschaftsverhältnisses des Kassenarztes zu seiner KÄV und dem des Sicherstellungsauftrages der KÄV lassen sich noch keine Abwehrrechte des Kassenarztes gegen eine Ermächtigung bzw noch keine Ansprüche auf eine wirtschaftliche Absicherung des Kassenarztes herleiten. Dazu bedarf es der Feststellung konkreter, auf ein bestimmtes Tun oder Unterlassen gerichteter Rechtspflichten. Bloße Hinweise auf die Besonderheiten der zwischen der KÄV und ihren Mitgliedern bestehenden Rechtsbeziehungen reichen dazu nicht aus.
Der Kläger verlangt die Ablehnung einer Ermächtigung, die seinen Rechtskreis nicht berührt. Eine Klagebefugnis ergibt sich weder aus § 54 SGG, insbesondere nicht aus Abs 5 dieser Vorschrift ("..., auf die ein Rechtsanspruch besteht, ..."), noch aus den Grundrechten (BVerfG, Beschluß 1 BvL 43/81 vom 18. April 1984, BVerfGE 67, 26 = SozR 1500 § 54 SGG Nr 60; BSG, Urteil 8 RK 8/85 vom 24. September 1986, BSGE 60, 248, 250 = SozR aaO Nr 67). Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat zwar dem einzelnen Mitglied eines öffentlich-rechtlichen Zwangsverbandes unter dem Gesichtspunkt der verfassungsrechtlichen Freiheitsrechte ein Abwehrrecht gegen die Wahrnehmung nichtgesetzlicher Aufgaben eingeräumt (BVerwGE 59, 231 - allgemeinpolitische Erklärungen der Studentenschaft -; 54, 115 - obligatorischer Bezug einer Fachzeitschrift -, 298 - allgemeinpolitische Erklärungen einer Ärztekammer -; vgl auch BGHZ 81, 21, 27 - Überschreitung der Zuständigkeit einer KÄV -). Das kann aber jedenfalls nicht für Fälle der vorliegenden Art gelten, wo es nicht um einen gesetzlich nicht zugewiesenen Tätigkeitsbereich bzw um die Überschreitung einer Zuständigkeit geht, sondern um die gesetzlich vorgeschriebene Ermächtigung (von Krankenhausärzten), hinsichtlich derer der Kläger auch gar nicht eine solche Illegitimität, sondern nur das Nichtvorliegen des Tatbestandsmerkmals des "Bedarfs" geltend macht.
5) Damit fehlt es an der Klagebefugnis. Sie ist auch nicht insoweit gegeben, als der Kläger sich mit der Klage gegen die Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig wendet, ihm also ein Widerspruchsrecht abgesprochen worden ist. Es geht ihm um die Aufhebung des Ermächtigungsbescheides. Fehlte ihm aber mangels Beschwer ein Widerspruchsrecht, so kann ihm nicht die Klagebefugnis, deren Voraussetzungen hier mit den Voraussetzungen des Widerspruchsrechts identisch sind (siehe oben Ziffer 1), nur deshalb zugesprochen werden, weil er mit der Klage wiederum eine Beschwer bzw eine Klagebefugnis und damit eine insoweit unrichtige Widerspruchsentscheidung behauptet.
6. Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen. Das LSG hat im Ergebnis zutreffend die Berufung zurückgewiesen und die Klage gegen die Ermächtigungsänderung abgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen
BSGE, 291 |
AusR 1991, 12 |
AusR 1995, 18 |