Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des BSG vom 15.7.2020 - B 6 KA 12/19 R, das vollständig dokumentiert ist.
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 1. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Honorars der Klägerin im Hinblick auf die Leistungen von angestellten Ärzten für Pathologie und Transfusionsmedizin, deren Anstellungsgenehmigung einem Versorgungsauftrag von 0,5 bzw 0,25 entspricht, im Quartal 3/2013.
Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) berechnete auch nach dem Ende der bundesgesetzlich vorgeschriebenen Verteilung des vertragsärztlichen Honorars auf der Grundlage von Regelleistungsvolumen (RLV) mit Ablauf des Jahres 2011 das Honorar übergangsweise weiterhin nach RLV. Für Arztgruppen, für die kein RLV vorgesehen war und zu denen auch die Fachärzte für Pathologie und Transfusionsmedizin gehörten, wurden die Leistungen grundsätzlich nach den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet. Abweichend hiervon unterlagen Ärzte mit einem anteiligen Versorgungsauftrag und angestellte Ärzte mit einer Anstellungsgenehmigung für einen hälftigen oder noch geringeren Versorgungsauftrag ab dem 1.4.2013 - bis zur Neuordnung des Vergütungssystems ab dem Quartal 4/2013 - einer arztgruppenspezifischen Vergütungsobergrenze. Diese bemaß sich nach dem anteiligen arztstellengewichteten durchschnittlichen Umsatz der jeweiligen Arztgruppe im Vorjahresquartal. Vergütungsanteile oberhalb der Vergütungsobergrenze wurden lediglich mit abgestaffelten Preisen (Abstaffelungsfaktor 0,1) vergütet.
Die Klägerin, eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH), ist Trägerin des Medizinischen Versorgungszentrums "Ambulanzzentrum des UKSH K." (im Folgenden: MVZ), das für die Fachbereiche Pathologie und Transfusionsmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. Im Quartal 3/2013 beschäftigte sie ua zwei Fachärzte für Transfusionsmedizin und drei Fachärzte für Pathologie als angestellte Ärzte in Teilzeit mit einem Anteil von 0,25 sowie eine angestellte Fachärztin für Pathologie mit einem Anteil von 0,5.
Die Beklagte setzte auf der Grundlage des ab dem 1.4.2013 geltenden Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) die "Honorarobergrenze" für das Quartal 3/2013 für die bei dem MVZ der Klägerin angestellten Transfusionsmediziner mit anteiliger Arztstelle auf 25 637,27 Euro (0,25 x 102 549,07 Euro durchschnittliches Honorar der Arztgruppe) und für die Pathologen auf 14 552,64 Euro (0,25 x 58 210,55 Euro durchschnittliches Honorar der Arztgruppe) bzw 29 105,28 Euro (0,5 x 58 210,55 Euro durchschnittliches Honorar der Arztgruppe) fest (Bescheide vom 28.6.2013, Widerspruchsbescheid vom 30.7.2014).
Die Beklagte bewilligte der Klägerin für das Quartal 3/2013 ein Honorar in Höhe von 742 867,97 Euro (Honorarbescheid vom 14.1.2014). Dabei berücksichtigte sie die von den beiden Transfusionsmedizinern erbrachten Leistungen mit 34 405,75 Euro und 28 255,76 Euro anstelle der geforderten 113 322,09 Euro und 51 822,16 Euro. Die Leistungen der Pathologen wurden in Höhe von 18 446,57 Euro (erbrachte Leistungen 53 491,93 Euro), 17 814,42 Euro (erbrachte Leistungen 47 170,43 Euro),17 687,92 Euro (erbrachte Leistungen 45 905,47 Euro) und 30 214,11 Euro (erbrachte Leistungen 40 193,53 Euro) vergütet. Die Honorarforderungen oberhalb der jeweiligen Vergütungsobergrenze erfüllte die Beklagte dabei nur in Höhe von 10 %. Im anschließenden Widerspruchsverfahren nahm die Beklagte für die beiden Fachärzte für Transfusionsmedizin eine Neuberechnung unter Einbeziehung der Daten der Transfusionsmediziner aus den KÄV-Bezirken Westfalen-Lippe sowie Baden-Württemberg vor und erhöhte die Vergütungsobergrenze für eine 0,25-Arztstelle auf 31 434,58 Euro. Hieraus errechnete die Beklagte Nachzahlungen in Höhe von jeweils 5 217,58 Euro (insgesamt 10 435,16 Euro; Bescheid vom 5.9.2016). Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 20.7.2017).
Das SG hat die gegen die Festsetzung der Vergütungsobergrenzen sowie den Honorarbescheid gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 29.8.2017). Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG die Bescheide betreffend die Vergütungsobergrenzen der beiden Transfusionsmediziner sowie der vier Pathologen und die jeweiligen Honorarbescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Klägerin hinsichtlich des Honorars für das Quartal 3/2013 neu zu bescheiden (Urteil vom 1.10.2019). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Begrenzung des Honorars der anteilig tätigen Ärzte verstoße gegen den aus Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Denn bei Arztgruppen, für die - wie bei Pathologen und Transfusionsmedizinern - kein RLV zu bilden sei, unterlägen Ärzte mit einer vollen Stelle keinen Wachstumsbegrenzungen oder Abstaffelungen ihres Honorars, während das Honorar der anteilig tätigen Ärzte durch den HVM limitiert sei. Eine Rechtfertigung hierfür sei nicht erkennbar. Zwar regele § 87b Abs 2 Satz 1 SGB V, dass die Honorarverteilung eine übermäßige Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit verhindern solle. Die Beklagte begrenze den Leistungsumfang jedoch einseitig zu Lasten der anteilig zugelassenen Ärzte. Sie müsse daher eine neue Berechnung des Honorars der Klägerin nach einem anderen Verteilungsschlüssel vornehmen. Dabei müsse sie den anteilig zugelassenen Ärzten nicht die unbegrenzten Praxisgrößen oder Honorarzuwächse ermöglichen wie den mit vollem Versorgungsauftrag zugelassenen Ärzten. Stärkere Einschränkungen seien zulässig, um den anteiligen Versorgungsauftrag hervorzuheben. Es müsse den anteilig tätigen Ärzten jedoch ein ähnlicher "Puffer" eingeräumt werden wie den mit vollem Auftrag zugelassenen Ärzten, der in seinen Auswirkungen der Abstaffelung bei den RLV-gebundenen Ärzten entspreche.
Die Beklagte rügt mit ihrer Revision sinngemäß eine Verletzung des § 87b Abs 2 Satz 1 SGB V sowie des aus Art 3 Abs 1 iVm Art 12 Abs 1 GG abzuleitenden Grundsatzes der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Zu Unrecht habe das LSG eine Ungleichbehandlung von Ärzten mit voller und anteiliger Arztstelle bzw vollem und anteiligen Versorgungsauftrag angenommen. Zwischen diesen Gruppen bestünden jedenfalls im Hinblick auf den Umfang des Teilnahmerechtes an der vertragsärztlichen Versorgung und damit korrespondierend im Hinblick auf den Honoraranspruch Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie eine Differenzierung im Rahmen der Honorarverteilung rechtfertigten. Dies ergebe sich schon aus den gesetzlichen Vorgaben des SGB V. Gemäß § 87b Abs 2 Satz 1 SGB V habe der HVM Regelungen vorzusehen, die verhinderten, dass die Tätigkeit eines Leistungserbringers über seinen Versorgungsauftrag nach § 95 Abs 3 SGB V ausgedehnt werde. Für das MVZ der Klägerin bewirke dessen Zulassung nach § 95 Abs 3 Satz 2 SGB V, dass die dort angestellten Ärzte Mitglieder der für den Sitz des MVZ zuständigen KÄV würden und das MVZ "insoweit" zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet sei. Durch honorarbegrenzende Maßnahmen sei sicherzustellen, dass Ärzte mit zeitlich beschränkter Tätigkeitsberechtigung die zeitlichen Grenzen einhielten. Den ihr dabei zustehenden Gestaltungsspielraum, der auch Pauschalierungen und Typisierungen umfasse, habe sie - die Beklagte - mit den streitigen Regelungen nicht überschritten. Zwar sei bei den nicht der RLV-Systematik unterliegenden Arztgruppen - zu denen auch die Pathologen und Transfusionsmediziner ungeachtet ihres Status als Vertragsarzt oder angestellter Arzt gehörten - eine Begrenzung lediglich für anteilig beschäftigte Ärzte erfolgt, während voll zugelassene Ärzte für Pathologie und Transfusionsmedizin weder durch ein RLV beschränkt seien noch einer Abstaffelung unterlägen. Jedoch stehe bei dem Arzt mit anteiligem Versorgungsauftrag mit einer anteiligen Arztstelle eine - selbst gewählte - Beschränkung des Leistungsumfangs im Vordergrund, während bei einem Vertragsarzt mit Vollzulassung an diese Stelle die persönliche Leistungsfähigkeit trete. Dem Umfang der Tätigkeit eines in Vollzeit tätigen Arztes werde letztlich aus zeitlichen und physischen Gründen eine natürliche Grenze gesetzt. Dies sei zwar auch bei einem Arzt mit einer anteiligen Arztstelle der Fall, allerdings sei die Spanne, in der dieser über den zugestandenen Versorgungsauftrag hinaus Leistungen erbringen könne, ohne an diese natürliche Grenze zu stoßen, ungleich größer. Bei der Ermittlung der Grenze für das Leistungsvolumen der anteilig beschäftigten Ärzte habe sie auf die durchschnittliche Leistungsfähigkeit der Vertragsärzte abstellen dürfen. Das Abstellen auf besonders effiziente oder leistungsstarke Ärzte sei dagegen nicht erforderlich. Die Beklagte verweist im Übrigen auf die Rechtsprechung des Senats zur Plausibilitätsprüfung, der zufolge Leistungen, die ein angestellter Arzt außerhalb des genehmigten Tätigkeitsumfangs erbringt, im Grundsatz nicht rechtmäßig erbracht sind, sodass dem Anstellungsträger dafür keine Vergütung zusteht (Hinweis auf BSG Urteil vom 30.10.2019 - B 6 KA 9/18 R - juris RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 106a Nr 25 vorgesehen). Soweit das LSG ausgeführt habe, den anteilig tätigen Ärzten sei ein ähnlicher "Puffer" einzuräumen wie den mit vollem Auftrag zugelassenen Ärzten, für die ein RLV gebildet werde, sei dies zudem faktisch nicht umsetzbar.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 1. Oktober 2019 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. August 2017 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. In Vollzeit tätigen Ärzten werde ein großer Praxisbestand ermöglicht, während die Praxen der anteilig tätigen Ärzte faktisch auf den anteiligen Fachgruppendurchschnitt "eingefroren" würden. Dies wiege bei Pathologen und Transfusionsmedizinern besonders stark, da sie ihre Fallzahl weit weniger steuern könnten als andere Arztgruppen. Die Auffassung der Beklagten, ein Teilzeitbeschäftigter habe Ungleichbehandlungen in Kauf zu nehmen, da es sich um eine "selbst gewählte" Beschränkung handele, sei bedenklich. Vielmehr bedürften derartige Regelungen einer sachlichen Rechtfertigung. Die Beklagte unterstelle dagegen, dass sämtliche Ärzte mit anteiligen Arztstellen über diese hinaus bis zu einer vollen Arztstelle tätig würden, die Bedarfsplanung mithin missbrauchen würden.
Entscheidungsgründe
Die Revision der beklagten KÄV hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das LSG die Beklagte zur Neubescheidung verurteilt. Die Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig. Die zum 1.4.2013 in Kraft getretene Differenzierung bei der Zuweisung von RLV und QZV zwischen Ärzten mit voller Zulassung und solchen mit "anteiligen Arztstellen" ist mit dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit unvereinbar.
A. Die Revision ist zulässig. Nach § 162 SGG kann die Revision nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung gerecht. Zwar sind die Regelungen des HVM kein revisibles Recht. Die Normen einer von den zuständigen Vertragspartnern auf Landesebene mit Geltung für das Land - hier Schleswig-Holstein - geschlossenen Vereinbarung sind Landesrecht und kein Bundesrecht. Dieses Landesrecht wird weder dadurch zu Bundesrecht, dass es auf bundesrechtlicher Grundlage beruht noch dadurch, dass auf bundesrechtliche Bestimmungen Bezug genommen wird (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 162 RdNr 6b). Die Beklagte legt jedoch mit der Rüge der Verletzung des § 87b Abs 2 Satz 1 SGB V sowie des Grundsatzes der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art 3 Abs 1 iVm Art 12 Abs 1 GG) hinreichend dar, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhen kann (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG).
B. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind das Urteil des LSG, der Honorarbescheid der Beklagten vom 14.1.2014 in der Gestalt des Bescheids vom 5.9.2016 und des Widerspruchsbescheids vom 20.7.2017, aber auch die Bescheide der Beklagten vom 28.6.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.7.2014 über die Festsetzung der Vergütungsobergrenzen für die zwei Transfusionsmediziner und vier Pathologen für das Quartal 3/2013. Dieses Vorgehen entspricht der Rechtsprechung des Senats, nach der die Zuweisung des RLV ebenso wie andere per Verwaltungsakt geregelte Bemessungsgrundlagen für die Honorarfestsetzung jedenfalls so lange gesondert anfechtbar sind, wie ein denselben Zeitraum betreffender Honorarbescheid noch nicht bestandskräftig geworden ist (vgl BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 38/11 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 1 RdNr 10 f, 13 ff; BSG Urteil vom 2.8.2017 - B 6 KA 16/16 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 11 RdNr 38 zur Rechtslage ab dem 1.1.2012; BSG Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 28/17 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 18 RdNr 11).
C.1. Die Revision ist unbegründet. Gesetzliche Grundlage der hier anzuwendenden Verteilungsregelungen ist § 87b Abs 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl I 2983). Nach dieser Vorschrift verteilt die KÄV die vereinbarten Gesamtvergütungen an die Ärzte, Psychotherapeuten, MVZ sowie ermächtigten Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung. Sie wendet dabei den Verteilungsmaßstab an, der im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzt worden ist. Nach § 87b Abs 2 Satz 1 SGB V hat der Verteilungsmaßstab Regelungen vorzusehen, die verhindern, dass die Tätigkeit des Leistungserbringers über seinen Versorgungsauftrag nach § 95 Abs 3 SGB V oder seinen Ermächtigungsumfang hinaus übermäßig ausgedehnt wird; dabei soll dem Leistungserbringer eine Kalkulationssicherheit hinsichtlich der Höhe seines zu erwartenden Honorars ermöglicht werden.
Mit der Neufassung des § 87b SGB V durch das GKV-VStG ist der Gesetzgeber in wesentlichen Punkten zur Verteilungssystematik aus der Zeit vor Inkrafttreten der Änderungen durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) zum 1.1.2004 zurückgekehrt und hat die bundesgesetzlichen Vorgaben, insbesondere die Implementation von RLV, weitgehend zurückgenommen (BSG Urteil vom 2.8.2017 - B 6 KA 16/16 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 11 RdNr 27). Die KÄVen dürfen - im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen - seit 2012 die Honorarverteilung wieder weitgehend nach eigenen Präferenzen gestalten, wobei nach § 87b Abs 4 Satz 2 und 3 SGB V Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) zu beachten sind (vgl BSG Urteil vom 8.8.2018 - B 6 KA 26/17 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 17). Bis die KÄVen von dieser Befugnis Gebrauch gemacht hatten, galten die Vorschriften über arzt- und praxisbezogene RLV fort (§ 87b Abs 1 Satz 3 SGB V), im Bereich der Beklagten bis zum Ende des hier streitbefangenen Quartals 3/2013 (zu der ab dem Quartal 4/2013 geltenden Systematik auf der Grundlage eines "Punktzahlvolumens" vgl BSG Urteil vom 2.8.2017 - B 6 KA 16/16 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 11 RdNr 27).
a) Fachärzte für Pathologie und Transfusionsmedizin sind zwar ab dem 1.1.2013 in die Bedarfsplanung einbezogen (vgl § 48 Abs 1 Nr 8 und 9 Bedarfsplanungs-Richtlinie idF des Beschlusses des GBA vom 6.9.2012, BAnz AT 06.09.2012 B6; BAnz AT 21.9.2012 B4; § 14 Abs 1 Nr 7 und 8 Bedarfsplanungs-Richtlinie idF des Beschlusses des GBA vom 20.12.2012, BAnz AT 31.12.2012 B7 und hierzu BSG Urteil vom 4.5.2016 - B 6 KA 24/15 R - BSGE 121, 154 = SozR 4-2500 § 103 Nr 19, RdNr 23 - Strahlentherapeuten). Sie gehörten jedoch im Bereich der Beklagten auch ab diesem Zeitpunkt nicht zu den RLV-relevanten Arztgruppen (Teil B Ziffer 1.2 Abs 1 iVm Anl 2 des HVM der KÄV Schleswig-Holstein in der Beschlussfassung der Vertreterversammlung vom 13.2.2013 und 22.3.2013 - im Folgenden: HVM 2013; vgl zu den Pathologen: BSG Beschluss vom 5.6.2013 - B 6 KA 53/12 B - RdNr 7 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 3.2.2010 - B 6 KA 31/08 R - BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 27 - Nephrologen). Bis zum Ende des hier streitbefangenen Quartals 3/2013 erhielten Pathologen und Transfusionsmediziner daher grundsätzlich ihre als sachlich-rechnerisch richtig anerkannten Leistungen zu den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung und damit voll vergütet (Teil C Ziffer 1 Abs 1 HVM 2013; zu den RLV-relevanten Arztgruppen vgl BSG Urteil vom 15.7.2020 - B 6 KA 12/19 R - juris RdNr 17, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
b) Mit Wirkung zum 1.4.2013 (Teil C Ziffer 1 Abs 7 HVM 2013) änderte die Beklagte ihren HVM "aus Gründen der Verhinderung der übermäßigen Ausdehnung vertragsärztlicher Tätigkeit" dahingehend, dass abweichend hiervon Ärzte mit einer "anteiligen Arztstelle" einer arztgruppenspezifischen Vergütungsobergrenze unterlagen. Dabei bezieht der Begriff der "Ärzte mit anteiligen Arztstellen" nach den Ausführungen des LSG, dessen Auslegung des landesrechtlichen HVM 2013 für den Senat bindend ist (vgl § 162 SGG), alle Formen der vertragsärztlichen Tätigkeit, insbesondere auch die bei dem MVZ der Klägerin in Teilzeit angestellten Ärzte, in den Begriff der "Ärzte mit anteiligen Arztstellen" ein (vgl auch LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 27.3.2019 - L 3 KA 78/16 - juris RdNr 26: angestellte Ärzte nicht von der Formulierung "Ärzte mit zeitlich hälftigem Versorgungsauftrag" erfasst).
Die Vergütungsobergrenze bemaß sich nach dem "entsprechenden anteiligen arztstellengewichteten durchschnittlichen Umsatz" der jeweiligen Arztgruppe im Vorjahresquartal. Erfasst wurden hiervon die Honorare innerhalb der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (Teil C Ziffer 1 Abs 3 HVM 2013). Vergütungsanteile oberhalb der Vergütungsobergrenze wurden nur noch abgestaffelt vergütet, wobei der Abstaffelungsfaktor 0,1 betrug. Der einbehaltene Honoraranteil wurde den Honorarausgleichsfonds zugeführt (Teil C Ziffer 1 Abs 4 HVM 2013). Von diesen Regelungen ausgenommen werden konnten Ärzte, die einen vorherigen Arztsitz anteilig übernommen haben (Teil C Ziffer 1 Abs 5 HVM 2013). Nach Teil C Ziffer 1 Abs 6 HVM 2013 konnte "nur in besonderen Fällen" auf Antrag ein Ausgleich zwischen den Ärzten in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) oder einem MVZ vorgenommen werden.
2. Aus dem Umstand, dass Pathologen und Transfusionsmedizinern kein RLV zugewiesen wurde, kann nicht geschlossen werden, dass deren Leistungen generell ohne Begrenzung oder Quotierung zu vergüten seien. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, ist kein Leistungsbereich generell von Steuerungsmaßnahmen ausgenommen (BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 6 KA 34/14 R - BSGE 119, 231 = SozR 4-2500 § 87b Nr 7, RdNr 28; BSG Urteil vom 23.3.2016 - B 6 KA 33/15 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 8 RdNr 17 mwN; vgl auch BSG Urteil vom 30.11.2016 - B 6 KA 4/16 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 10 RdNr 22 ff). Dies gilt auch für Arztgruppen, die - wie Pathologen und Transfusionsmediziner (vgl § 13 Abs 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte) - nur auf Überweisung tätig werden können und die die Menge der erbrachten Leistungen nur in begrenztem Maße steuern können (zu Laborärzten vgl BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 6 KA 34/14 R - BSGE 119, 231 = SozR 4-2500 § 87b Nr 7, RdNr 54 mwN; zu Radiologen vgl BSG Urteil vom 9.9.1998 - B 6 KA 55/97 R - BSGE 83, 1 = SozR 3-2500 § 85 Nr 26 S 182 ff; BSG Urteil vom 3.3.1999 - B 6 KA 8/98 R - SozR 3-2500 § 85 Nr 30 S 225, 230; zu Pathologen vgl BSG Urteil vom 9.12.2004 - B 6 KA 73/03 R - Urteilsumdruck S 20 ff; BSG Beschluss vom 17.9.2008 - B 6 KA 62/07 B - juris; BSG Urteil vom 23.3.2016 - B 6 KA 33/15 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 8 RdNr 21).
3. Jedoch bleibt auch nach der Erweiterung der Gestaltungsspielräume der Gesamtvertragspartner bei der Ausgestaltung der Honorarverteilung seit der Neufassung des § 87b SGB V durch das GKV-VStG der aus Art 12 iVm Art 3 Abs 1 GG abgeleitete Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit zu beachten. Damit ist die im HVM getroffene Regelung für Ärzte mit hälftigem Versorgungsauftrag oder angestellte Ärzte mit einer Anstellungsgenehmigung für einen hälftigen oder noch geringeren Versorgungsauftrag nicht vereinbar.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist dieser Grundsatz verletzt, wenn vom Prinzip der gleichmäßigen Vergütung abgewichen wird, obwohl zwischen den betroffenen Ärzten bzw Arztgruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen (so bereits BSG Urteil vom 21.10.1998 - B 6 KA 71/97 R - BSGE 83, 52, 58 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 207; vgl zuletzt BSG Urteil vom 30.10.2019 - B 6 KA 21/18 R - juris RdNr 31, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, zu sog Wachstumsärzten; vgl auch BSG Urteil vom 11.12.2019 - B 6 KA 12/18 R - juris RdNr 17, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, zur Altersversorgung der Vertragsärzte im Wege der Erweiterten Honorarverteilung). Dabei ist von den Gerichten der Gestaltungsspielraum des jeweiligen Normgebers zu beachten; dieser kann von dem Grundsatz einer leistungsproportionalen Verteilung des Honorars aus sachlichem Grund abweichen (BSG Urteil vom 25.3.2015 - B 6 KA 22/14 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 82 RdNr 36 mwN; BSG Urteil vom 30.10.2019, aaO).
Auch bei Beachtung dieser Grenzen gerichtlicher Kontrolle sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass es mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit nicht zu vereinbaren ist, die Leistungen der nicht der RLV-Systematik unterfallenden, in Teilzeit tätigen Ärzte - anders als die Leistungen der in Vollzeit tätigen Ärzte ihrer Fachgruppe - nur bis zu einer Obergrenze voll und alle darüber hinausgehenden Leistungen lediglich abgestaffelt mit 10 % zu vergüten. Der eingeschränkte Umfang des Versorgungsauftrags berechtigt allenfalls zur Einführung einer der Reduzierung entsprechenden niedrigeren Vergütungsobergrenze oder Quote, soweit die Vergütung der betreffenden Arztgruppe begrenzt oder Leistungen quotiert werden (dazu a). Ein sachlicher Grund, eine Begrenzung lediglich bei der Gruppe der "freien" Ärzte vorzunehmen, die nicht im Umfang eines vollen Versorgungsauftrages tätig sind, und somit allein für diese Teilgruppe Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung zu treffen, ist nicht ersichtlich (dazu b). Die Differenzierung zwischen beiden Gruppen von Ärzten ist insoweit noch schärfer als bei den dem RLV unterfallenden Ärzten (vgl hierzu BSG Urteil vom 15.7.2020 - B 6 KA 12/19 R - juris RdNr 19 f, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Denn während bei den nicht RLV-relevanten Gruppen der Pathologen und Transfusionsmediziner in Vollzeit tätige Ärzte keiner Beschränkung unterlagen und ihre Leistungen voll vergütet wurden, erhielten Teilzeitärzte bei jeder Überschreitung des Durchschnitts nur eine minimale, beinahe symbolische Vergütung. Die Ungleichbehandlung ist auch als Übergangsregelung nicht hinnehmbar (dazu c).
a) Im Grundsatz zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass § 87b Abs 2 Satz 1 SGB V mit der Vorgabe, nach der die Honorarverteilung eine übermäßige Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit verhindern soll, ua an den Versorgungsauftrag des Vertragsarztes bzw des MVZ nach § 95 Abs 3 SGB V anknüpft. Nach § 95 Abs 3 Satz 1 SGB V bewirkt die Zulassung, dass der Vertragsarzt "an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen Versorgungsauftrages berechtigt oder verpflichtet ist". Dem entsprechend darf der Umfang des Versorgungsauftrags bei der Honorarverteilung nicht vollkommen unberücksichtigt bleiben. Deshalb hat der Senat etwa Regelungen zu Strukturzuschlägen im Bereich der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen gebilligt, die bewirken, dass ein Psychotherapeut, der einen halben Versorgungsauftrag wahrnimmt, von diesen Zuschlägen in gleicher Weise profitiert wie ein Psychotherapeut, der seinen vollen Versorgungsauftrag erfüllt (BSG Urteil vom 11.10.2017 - B 6 KA 37/17 R - BSGE 124, 218 = SozR 4-2500 § 87 Nr 35, RdNr 62). Dadurch dass die Zuschläge bei einer hälftigen Zulassung bereits beim Erreichen der Hälfte der Punktzahl eingreifen, die bei Psychotherapeuten mit voller Zulassung gefordert werden, ist die erforderliche Gleichbehandlung nicht verletzt, sondern erst hergestellt worden. Auch eine Regelung, die die Fallzahlzuwachsbegrenzungen eines Arztes mit vollem Versorgungsauftrag davon abhängig macht, dass der Arzt die durchschnittliche Fallzahl seiner Fachgruppe überschreitet, während die Fallzahlzuwachsbegrenzung bei Ärzten mit halbem Versorgungsauftrag bereits bei der Hälfte der durchschnittlichen Fallzahl eingreift, begegnet ersichtlich keinen Bedenken im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG, weil maßgeblicher Anknüpfungspunkt hier die durchschnittlichen Fallzahlen der Fachgruppe sind. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, wenn Ärzten mit halbem Versorgungsauftrag ein entsprechend geringerer Zuwachs zugebilligt wird als Ärzten mit vollem Versorgungsauftrag. Dasselbe gilt für eine Regelung, nach der bei Vertragsärzten mit hälftigem Versorgungsauftrag für die fallzahlbedingte Abstaffelung, die bei Überschreitung der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe um mehr als 200 % eingreift, entsprechend geringere durchschnittliche Fallzahlen zugrunde zu legen sind (vgl BSG Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 28/17 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 18 RdNr 19 zu § 14 und § 10 Abs 1 Satz 3 HVM der KÄV Hessen in den Beschlussfassungen der Vertreterversammlung vom 23.2.2013/25.5.2013 und 22.2.2014).
b) Der Umfang des Versorgungsauftrags bzw der Anstellungsgenehmigung eines Arztes für sich genommen ist dagegen kein geeignetes sachliches Unterscheidungskriterium für eine Regelung, die eine Sonderregelung allein für Ärzte mit einer anteiligen Arztstelle trifft und nicht lediglich die für einen Vollzeitarzt festgesetzte Grenzen entsprechend anwendet. Dass sich eine Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung vorliegend nicht daraus ergibt, dass bei dem MVZ der Klägerin nur angestellte Ärzte und keine Vertragsärzte tätig sind, liegt - spätestens seit dem Urteil des Senats vom 30.10.2019 zur Plausibilitätsprüfung und Vertretungsreglungen im MVZ (B 6 KA 9/18 R - juris RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 106a Nr 25 vorgesehen) - auf der Hand.
Dabei muss der Senat nicht klären, ob der zur Rechtfertigung der Differenzierung von der Beklagten angeführte Gesichtspunkt eines stetig steigenden Honorarvolumens für nur anteilig tätige Ärzte (vgl etwa Nordlicht aktuell, Ausgabe 3/2013, S 7: Honorarbegrenzungen für anteilige Arztstellen) infolge einer Überschreitung des (zeitanteilig berechneten) Fallzahlendurchschnitts der Arztgruppe tatsächlich belegbar ist. Es ist nicht ausgeschlossen, dass infolge des Anstiegs der Zahl der nur zeitanteilig tätigen Ärzte auch die Zahl der Ärzte aus dieser Gruppe, die überdurchschnittlich abrechnen, angestiegen ist. Das bedarf jedoch keiner weiteren Klärung, weil selbst dann, wenn tatsächlich iS der Einschätzung der Beklagten immer mehr in Teilzeit tätige Ärzte überdurchschnittlich hohe Fallzahlen generieren würden, dieser Umstand keine Schlechterstellung gegenüber in Vollzeit tätigen Ärzten rechtfertigen würde. Normativ hat dies keine Relevanz, weil der "anteilige" Versorgungsauftrag oder die "anteilige" Anstellungsgenehmigung grundsätzlich kein legitimes Differenzierungskriterium für eine Beschränkung bildet, die über das hinausgeht, was dem zeitlichen Anteil entspricht.
Ärzte mit hälftigem Versorgungsauftrag haben Sprechstundenverpflichtungen, die ihrem Anteil am vollen Versorgungsauftrag entsprechen (vgl § 17 Abs 1a Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte ≪BMV-Ä; Stand 1.1.2013≫; jetzt § 17 Abs 1a Satz 4 BMV-Ä ≪Stand 20.4.2020≫; vgl entsprechend für in einem MVZ angestellte Ärzte § 17 Abs 1a Satz 4 BMV-Ä ≪Stand 1.1.2013≫; jetzt § 17 Abs 1b BMV-Ä ≪Stand 20.4.2020≫ allgemein für angestellte Ärzte) und müssen entsprechend diesem Anteil auch am Bereitschaftsdienst mitwirken (vgl BSG Urteil vom 13.2.2019 - B 6 KA 51/17 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 20 RdNr 18, 20 mwN; vgl allerdings für angestellte Ärzte, bei denen sich die an den Zulassungsstatus anknüpfende Verpflichtung zur Teilnahme am Not- bzw Bereitschaftsdienst nicht unmittelbar an sie, sondern an das zugelassene MVZ richtet: BSG Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 39/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 14). Soweit beim Honorar auf durchschnittliche Fallzahlen und Durchschnittswerte abgestellt wird, gelten die auf den Anteil des Versorgungsauftrags bzw den Umfang der Anstellungsgenehmigung bezogenen Anteile. Das gilt auch zu Lasten etwa eines dem RLV-System unterliegenden Arztes mit hälftigem Versorgungsauftrag oder hälftiger Anstellungsgenehmigung, der nicht mit der Begründung, er könne sich seinen Patienten intensiver widmen, einen höheren RLV-Fallwert beanspruchen kann. Es war deshalb auch nie umstritten, dass die Berechnung von RLV und QZV in der Zeit bis Ende 2012 für Ärzte mit vollem und mit anteiligem Versorgungsauftrag nach denselben Grundsätzen zu erfolgen hatte.
Auch hinsichtlich der Plausibilitätsprüfung nach Tages- und Quartalsprofilen (§ 106d Abs 2 SGB V) ist durch den Senat geklärt worden, dass beide Gruppen von Ärzten gleich zu behandeln sind. Dementsprechend liegen Auffälligkeiten, die eine weitere Überprüfung erforderlich machen, bei einem auf einer halben Stelle tätigen Arzt nicht bereits bei einer Quartalsarbeitszeit von nur 260, sondern erst bei 390 Stunden vor, wenn die einschlägigen Richtlinien die Grenze für die Auffälligkeit bei einer Vollzeittätigkeit im Quartalszeitprofil auf 780 Stunden festlegen (vgl BSG Urteil vom 30.10.2019 - B 6 KA 9/18 R - juris RdNr 11, 20 f, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 106a Nr 25 vorgesehen; vgl jetzt auch § 8 Abs 4 Satz 2 der Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfung der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenkassen ≪AbrPr-RL≫ vom 11.5.2019: "Ein reduzierter Umfang des Versorgungsauftrages bzw. des Tätigkeitsumfangs des angestellten Arztes bzw. Therapeuten ist anteilig zu berücksichtigen"). Wenn dies dazu führt, dass ein Arzt mit halbem Versorgungsauftrag mit 390 Stunden im Quartal eine Stundenzahl "plausibel" abrechnen kann, die der Untergrenze der Tätigkeit bei vollem Versorgungsauftrag nahe kommen könnte, ist das hinzunehmen (allg zur Problematik, zeitliche Ober- bzw Untergrenzen des Versorgungsauftrages zu bestimmen, vgl Amoulong/Willaschek, ZMGR 2017, 291, 293 ff).
Soweit eine KÄV der Auffassung ist, Ärzte weiteten ihre Tätigkeit zu sehr aus, ist sie nach dem seit 2013 geltenden Recht nicht gehindert, darauf im HVM durch mengenbezogene Abstaffelungsregelungen deutlich unterhalb der Plausibilitätsgrenzen zu reagieren. Allerdings muss sie dies für in Vollzeit und in Teilzeit tätige Ärzte in gleicher Weise umsetzen und zwar unabhängig davon, ob es sich um von dem RLV-System erfasste Arztgruppen handelt oder nicht. Dass Ärzte im Bereich von RLV anderen Beschränkungen als die "freien" Arztgruppen unterliegen und deshalb stärker in ihren Wachstumsmöglichkeiten beschränkt sind - wie es das SG erwogen hat -, spielt hier dagegen keine entscheidende Rolle.
Ob darüber hinaus auch eine faktische Benachteiligung von Frauen (Art 3 Abs 2, Abs 3 Satz 1 GG; vgl etwa BVerfG Urteil vom 26.5.2020 - 1 BvL 5/18 - NJW 2020, 2173 = juris RdNr 68 zum Versorgungsausgleich) und eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts iS der Rechtsprechung des EuGH vorliegen (vgl EuGH Urteil vom 10.3.2005 - C-196/02 - Slg 2005, I-1789 = juris RdNr 44, Nikoloudi), kann der Senat offenlassen.
c) Die Ungleichbehandlung kann nicht deswegen als hinnehmbar eingestuft werden, da sie nur für kurze Zeit griff (hier: zwei Quartale). Zwar kann es nach der Rechtsprechung des BVerfG, der sich der Senat für die untergesetzliche Normsetzung angeschlossen hat, im Fall komplexer Sachverhalte vertretbar sein, dem Normgeber zunächst eine angemessene Zeit zur Sammlung von Erfahrungen einzuräumen und ihm in diesem Anfangsstadium zu gestatten, sich mit gröberen Typisierungen und Generalisierungen zu begnügen, die unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität gerechtfertigt werden können (BSG Urteil vom 13.11.1996 - 6 RKa 15/96 - SozR 3-2500 § 85 Nr 16 S 107 = juris RdNr 23 unter Hinweis auf BVerfG Beschluss vom 10.5.1972 - 1 BvR 286/65 ua - BVerfGE 33, 171, 189 = SozR Nr 12 zu Art 12 GG und BVerfG Beschluss vom 14.5.1985 - 1 BvR 449/82 ua - BVerfGE 70, 1, 34 = SozR 2200 § 376d Nr 1; vgl auch BSG Urteil vom 7.2.1996 - 6 RKa 6/95 - SozR 3-5533 Nr 763 Nr 1 S 5 = juris RdNr 16; BSG Urteile vom 29.1.1997 - 6 RKa 3/96, 6 RKa 18/96 - SozR 3-2500 § 87 Nr 15 S 60 und Nr 16 S 66 = jeweils juris RdNr 14 mwN; BSG Urteil vom 16.5.2001 - B 6 KA 20/00 R - BSGE 88, 126, 133 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 29, alle zum EBM-Ä). Jedoch handelt es sich hier schon weder um einen komplexen Sachverhalt noch um eine grundlegend strukturelle Änderung der Honorarverteilungsmechanismen, etwa in Vorbereitung der Umstellung zum 1.10.2013.
D. Soweit das LSG hinsichtlich der Neuberechnung des Honorars der Klägerin ausgeführt hat, der neue Verteilungsschlüssel müsse den anteilig zugelassenen Ärzten nicht die unbegrenzten Praxisgrößen oder Honorarzuwächse ermöglichen wie den mit vollem Versorgungsauftrag zugelassenen Ärzten, vielmehr seien stärkere Einschränkungen denkbar, muss offen bleiben, ob der Spielraum der Beklagten bei der Neubescheidung tatsächlich so groß ist wie das LSG angenommen hat. Da lediglich die Beklagte Revision eingelegt hat, ist der Senat gehindert, den Ausspruch des LSG durch Maßgaben zu ersetzen, die sich zu Lasten der Beklagten auswirken würden (zur Rechtskraftwirkung eines Bescheidungsurteils vgl etwa BSG Urteil vom 13.5.2015 - B 6 KA 20/14 R - BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 § 120 Nr 4, RdNr 17; BSG Urteil vom 11.10.2017 - B 6 KA 37/17 R - BSGE 124, 218 = SozR 4-2500 § 87 Nr 35, RdNr 31). Deshalb muss sich der Senat auf eine Zurückweisung der Revision beschränken.
E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des von ihr ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen.
Fundstellen
NZS 2021, 405 |
SGb 2020, 547 |