Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtungsklage. Feststellungsklage. Klageänderung. Genehmigung. Satzung. Dienstordnung. Bindungswirkung. Besoldungsrecht. Essenszuschuß. Vereinheitlichung
Leitsatz (amtlich)
Die Aufsichtsbehörde darf eine Berufsgenossenschaft zur Änderung einer rechtswidrigen Dienstordnung verpflichten, auch wenn sie diese zunächst genehmigt hatte.
Normenkette
SGG § 54 Abs. 1, §§ 55, 162, 168; RVO §§ 356, 700; SGB V § 195; SGB IV §§ 29, 89; BesVNG 2 Art. 8 § 2 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. September 1995 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darum, wie hoch der Essenszuschuß sein darf, den die klagende Berufsgenossenschaft an ihre Dienstordnungs-Angestellten zahlt.
Die Klägerin ist landesunmittelbare Trägerin der landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Die Rechtsverhältnisse ihrer Angestellten sind durch Dienstordnung (DO) geregelt. Im Juli 1991 genehmigte die Aufsichtsbehörde des beklagten Landes die Erhöhung des Essenszuschusses an die DO-Angestellten von 1 DM auf 1,50 DM pro Essen. Ein Jahr später kam sie jedoch zum Ergebnis, daß die Erhöhung rechtswidrig sei; dieser in mehreren Schreiben geäußerten Rechtsauffassung konnte sich die Klägerin jedoch nicht anschließen. Mit Bescheid vom 7. Juni 1994 verpflichtete der Beklagte die Klägerin, die Zahlung des Essenszuschusses an die DO-Angestellten unverzüglich insoweit einzustellen, als dieser den Betrag von 1 DM übersteige, und § 6 der DO entsprechend zu ändern.
Mit Urteil vom 26. September 1995 hat das Sozialgericht (SG) die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der erhöhte Essenszuschuß verletze Art IV § 1 Satz 1 Nr. 2 des baden-württembergischen Landesbesoldungsanpassungsgesetzes (LBesAnpG) vom 3. April 1979, wie im angefochtenen Bescheid im einzelnen zutreffend ausgeführt sei. Das Vorbringen der Klägerin dagegen sei nicht stichhaltig. Die Kantinenordnung des Landes gelte auch für die Verpflegung in fremden (nicht landeseigenen) Kantinen und lasse einen erhöhten Essenszuschuß zum Ausgleich für dadurch bedingte finanzielle Nachteile nicht zu. Vielmehr würden Essenszuschuß als Geldleistung und verbilligtes Essen als geldwerte Leistung getrennt; es sei nicht zulässig, diese unterschiedlichen Leistungen hinsichtlich der Gemeinschaftsverpflegung zu einem einheitlichen Rahmen zusammenzufassen. Der von der Klägerin gewährte Essenszuschuß übersteige die staatlich festgesetzte Grenze und verstoße daher gegen das LBesAnpG.
Mit der Revision rügt die Klägerin eine fehlerhafte Auslegung des LBesAnpG, die Unanwendbarkeit der Kantinenordnung, die Nichtbeachtung des durch die frühere Genehmigung geschaffenen Vertrauenstatbestandes sowie eine unzureichnde Beratung iS des § 89 Abs. 1 Satz 1 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG vom 26. September 1995 und den Bescheid vom 7. Juni 1994 aufzuheben.
Das beklagte Land beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Das angefochtene Urteil sei zutreffend. Die zur Gemeinschaftsverpflegung zulässige Geldleistung sei nach dem LBesAnpG iVm der Kantinenordnung auf 1 DM beschränkt; davon sei die geldwerte Leistung in der Form eines verbilligten Kantinenessens zu trennen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Die Klägerin ist im Revisionsverfahren zwar zunächst zu einer Feststellungsklage übergegangen und dann – nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist – zur Anfechtungsklage zurückgekehrt, ohne dafür sachliche Gründe zu nennen. Das ist im Ergebnis unschädlich. Der Übergang von der Anfechtungs- zur Feststellungsklage und umgekehrt ist keine Klageänderung und daher auch im Revisionsverfahren zulässig (vgl Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫, 5. Aufl, § 168 RdNr. 2 mwN). Auch wenn davon bisher nur Fälle betroffen waren, bei denen sachliche Gründe (beispielsweise die zur Fortsetzungsfeststellungsklage berechtigende Erledigung des angefochtenen Verwaltungsakts) für die Änderung der Klageart sprachen, ist die Korrektur eines irrtümlich gestellten sachwidrigen Antrags dadurch nicht ausgeschlossen. § 106 Abs. 1 sowie § 112 Abs. 2 SGG lassen erkennen, daß das Gesetz der Stellung sachdienlicher Anträge große Bedeutung beimißt; § 112 Abs. 3 SGG läßt die Ergänzung und Berichtigung von Anträgen ausdrücklich zu. Diese Vorschriften gelten nach § 165 Satz 1, § 153 Abs. 1 SGG grundsätzlich auch im Revisionsverfahren, obwohl sie insofern eingeschränkt sind, als § 164 Abs. 2 Satz 3 SGG vom Revisionskläger innerhalb der Revisionsfrist einen bestimmten Antrag verlangt und § 168 Satz 1 SGG Klägeänderungen ausschließt.
Damit ist dem Revisionskläger jedoch die Rückkehr zu dem in der Vorinstanz gestellten Antrag nicht verwehrt, wenn damit der Streitgegenstand nicht geändert wird und keine neuen Revisionsrügen vorgebracht werden (BSG SozR Nr. 55 zu § 164 SGG). Beides ist hier nicht der Fall; umstritten ist nach wie vor die Rechtmäßigkeit einer Aufsichtsanordnung.
Die Aufsichtsanordnung des beklagten Landes ist rechtmäßig. Ermächtigungsgrundlage ist § 700 Abs. 4 iVm § 978 Reichsversicherungsordnung (RVO). Durch die frühere Genehmigung der DO ist die Aufsichtsbehörde rechtlich nicht gehindert, seinerzeit ungerügt gebliebene Rechtsverletzungen zu beanstanden. Dienstordnungen enthalten autonomes Recht, das in seiner Wirkung dem Satzungsrecht gleichsteht (BSGE 31, 247, 250 = SozR Nr. 1 zu § 690 RVO Bl Aa2 mwN; BSGE 37, 272, 276 = SozR 2200 § 690 Nr. 1 S 4). Daher ist die aufsichtsrechtliche Genehmigung einer DO als Teilnahme an einem Rechtsetzungsverfahren anzusehen, die keinen Vertrauensschutz vor späteren Beanstandungen begründet, denn ihre Wirkung ist mit dem Abschluß dieses Verfahrens und dem Inkrafttreten der genehmigten Rechtsnorm beendet. Im Verhältnis zum Versicherungsträger wird sie zwar als Verwaltungsakt behandelt; gleichzeitig ist die Genehmigung jedoch als Element der Rechtsetzung deren Regeln und nicht dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht (insbesondere den §§ 44 ff SGB X) unterworfen. Dann liegt entgegen der früheren, die Entscheidung aber letztlich offenlassenden, Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kein Widerspruch (so jedoch noch BSGE 29, 21, 23 f = SozR Nr. 122 zu § 54 SGG Bl Da39 mwN). Die Genehmigung einer in Kraft getretenen Norm kann nicht zurückgenommen werden, um die Norm rückwirkend zu Fall zu bringen (zum Bebauungsplan: BVerwGE 75, 142, 146 f; zur Krankenkassensatzung ≪damals „Kassenstatut”≫: PrOVG ArbVers 1905, 634, 635). Eine Änderung der Norm setzt nicht den Widerruf der ursprünglichen Genehmigung voraus, weil dieser unzulässig ist (zur Satzung einer Handwerksinnung: BVerwGE 90, 88, 90). Würde ein Widerruf zugelassen, wären zeitliche oder inhaltliche Lücken der Normgeltung nicht sicher ausgeschlossen: Könnte eine DO durch Widerruf der Genehmigung außer Kraft gesetzt werden, wären die Rechtsverhältnisse der Angestellten zunächst überhaupt nicht geregelt. Die fehlende Bindungswirkung der Genehmigung für die Zeit nach dem Inkrafttreten der Norm wird schließlich daran deutlich, daß eine neue Satzung auch insoweit der Genehmigung bedarf, als früher genehmigte Einzelbestimmungen unverändert übernommen werden (PrOVG a.a.O.). Die Genehmigung hat demnach keine über die Entstehung der genehmigten Norm hinausreichende Bedeutung; eventuellen Änderungen der Rechtsauffassung oder der Verhältnisse kann nur durch ein neues Rechtsetzungsverfahren Rechnung getragen werden. Dabei entfaltet die frühere Genehmigung keinerlei Wirkung mehr (so auch Bayerisches Landesversicherungsamt vom 15. März 1920, EuM 12, 75).
Die Initiative zu erneuter Rechtsetzung ist nicht dem beaufsichtigten Versicherungsträger vorbehalten. Vielmehr steht das Initiativrecht kraft der Befugnis zur Aufsichtsführung auch der Aufsichtsbehörde zu. Das ist in § 195 Abs. 2 und 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) (früher ähnlich; § 326 RVO) für Satzungen und in § 356 Satz 2 RVO für Dienstordnungen von Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich bestimmt. Obwohl die entsprechenden Vorschriften für die gesetzliche Unfallversicherung weniger deutlich formuliert sind, ist dort zumindest die DO im Ergebnis den gleichen Regeln unterworfen. Sie bedarf nach § 700 Abs. 2 RVO der Genehmigung der Aufsichtsbehörde und kann nach Abs. 3 von dieser erlassen werden, wenn sich Aufsichtsbehörde und Versicherungsträger nicht einigen. Nach § 700 Abs. 4 RVO gilt das auch für Änderungen. Die gleichen Regelungen enthält § 147 Abs. 2 bis 3 des Entwurfs zum Siebten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), während § 114 Abs. 2 Satz 2 des Entwurfs dem § 195 Abs. 2 SGB V entspricht (BT-Drucks 13/2204 S 38, 46). Das uneingeschränkte Recht zur Ersatzvornahme bei Änderungen der DO (§ 700 Abs. 4 iVm Abs. 3 RVO) spricht dafür, daß es sich dabei auch um von der Aufsichtsbehörde „angeordnete Änderungen” iS des § 356 Satz 2 RVO handeln kann; bei Änderungen der DO, die vom Versicherungsträger ausgehen, besteht wegen der Möglichkeit der Ablehnung der Genehmigung und der damit verbundenen Fortgeltung des bisherigen Rechts für eine Ersatzvornahme in der Regel kein Bedürfnis.
Der andere Wortlaut im Krankenversicherungsrecht steht dieser Auslegung nicht entgegen, wie sich aus der Entstehungsgeschichte des § 700 RVO ergibt. Zwar verwarf die 16. Kommission des Reichstags im endgültigen Beschluß den in zweiter Lesung eingefügten § 703b, der ebenso wie § 356 RVO (§ 366 des Entwurfs) „angeordnete Änderungen” vorgesehen hätte, und eisetzte ihn durch den späteren § 700 des Gesetzes (§ 703k des Entwurfs in der Fassung des Kommissionsbeschlusses); als einheitlicher Grund für die Abweichung von der zweiten Lesung in einer Reihe von Punkten wurde jedoch nicht die Abgrenzung zur Krankenversicherung, sondern die Angleichung an die inzwischen beschlossene Neufassung der entsprechenden Krankenversicherungsvorschriften genannt, die jedoch § 356 RVO (§ 366 des Entwurfs) gar nicht betroffen hatte (vgl Reichstags-Drucks 12. Legislaturperiode, II. Session, Nr. 946 3. Teil, S 128 und 7. Teil, S 136 f, 266 ff). Ein wesentlicher Unterschied in den aufsichtsrechtlichen Befugnissen gegenüber den Trägern der Krankenversicherung und denjenigen der Unfallversicherung wäre auch kaum verständlich. Zwar wurden in der Begründung zum Entwurf der RVO die Aufgaben der Angestellten von Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung eher mit denen von Privatangestellten für vergleichbar gehalten als im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (Reichstags-Drucks 12. Legislaturperiode, II. Session, zu Nr. 340 S 126 f). Ob diese Ansicht überholt ist, nachdem die meisten Krankenkassen nicht mehr von DO-Angestellten geleitet werden müssen (§ 35a SGB IV, in Kraft seit 1. Januar 1996), bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls wurde bereits bei Schaffung der RVO bei Krankenkassen und Berufsgenossenschaften ein gleicher Bedarf für eine inhaltliche Überprüfbarkeit der jeweiligen Dienstordnungen durch die Aufsichtsbehörde nach im wesentlichen gleichen Kriterien gesehen (Reichstags-Drucks 12. Legislaturperiode, II. Session, zu Nr. 340 S 127 bzw 315 f sowie BSGE 37, 272, 276 = SozR 2200 § 690 Nr. 1 S 4). Im übrigen hat auch § 89 Abs. 1 SGB IV im gesamten Sozialversicherungsrecht gleiche Aufsichtsbefugnisse geschaffen, die lediglich von einem rechtswidrigen Handeln oder Unterlassen des Versicherungsträgers abhängen. Das vorherige Verhalten der Aufsichtsbehörde spielt nach dem Gesetzeswortlaut dabei keine Rolle. Wenn der Selbstverwaltung unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes in rechtswidrige aufsichtsrechtliche Entscheidungen ein aufsichtsfreier Bereich eingeräumt werden sollte, hätte das als Ausnahme vom Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft. Deshalb sieht auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in der allgemeinen Aufsichtsbefugnis eine ausreichende Ermächtigung, um die Änderung einer bereits genehmigten Satzung anzuordnen (BVerwGE 90, 88, 90 zu § 75 der Handwerksordnung).
Die angefochtene aufsichtsrechtliche Anordnung entspricht sowohl § 700 Abs. 4 RVO als auch § 89 Abs. 1 SGB IV, so daß offenbleiben kann, ob sich beide Vorschriften ergänzen oder die allgemeine des SGB IV durch die Spezialnorm der RVO verdrängt ist. Die ausschließliche Nennung des § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB IV im angefochtenen Bescheid ist unschädlich, und es kommt hier nicht darauf an, inwiefern § 700 RVO besondere Befugnisse verleiht, die über die Rechtsaufsicht nach § 87 Abs. 1 SGB IV hinausgehen (dazu nochmals BSGE 37, 272, 276 = SozR 2200 § 690 Nr. 1 S 4). Die Anordnungsvoraussetzungen liegen in jedem Falle vor, denn die DO der Klägerin verstößt hinsichtlich der Höhe des Essenszuschusses gegen Landesrecht; ob sie deshalb auch unangemessen ist (vgl § 690 Abs. 1 iVm § 978 RVO), braucht nicht entschieden zu werden.
Das SG hat die Gewährung eines Essenszuschusses im Betrag von über 1 DM an die DO-Angestellten der Klägerin mit dem einschlägigen Landesrecht für unvereinbar erklärt. An diese Feststellung ist der Senat als Revisionsgericht nach § 162 SGG gebunden. Die Klägerin hat nicht dargetan, daß die vom SG angewandten Bestimmungen des Landesrechts nicht nur zufällig mit dem Recht in anderen Bundesländern inhaltlich übereinstimmen. Nur wenn das der Fall ist, darf der Senat die Anwendung und Auslegung des Landesrechts überprüfen (BSGE 56, 45, 51 = SozR 2100 § 70 Nr. 1 S 7 mwN; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 18 S 100 f; vgl auch BSGE 68, 93, 95 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 3 S 7). Der Senat hat auch nicht zu prüfen, ob das Vorbringen der Klägerin als Verfahrensrüge zu werten ist, denn bei einer Sprungrevision sind Verfahrensrügen nach § 161 Abs. 4 SGG unzulässig. Damit steht für das Revisionsverfahren fest, daß es der Klägerin landesrechtlich nicht gestattet ist, ihren DO-Angestellten den erhöhten Essenszuschuß zu zahlen.
Das SG hat durch Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid außerdem festgestellt, daß der Beklagte die Klägerin iS des § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IV beraten hat. Der gegenteilige Vortrag der Klägerin im Revisionsverfahren läßt nicht erkennen, inwiefern das SG die rechtlichen Voraussetzungen einer ausreichenden Beratung verkannt haben könnte; soweit er tatsächliche Behauptungen enthält, ist er im Revisionsverfahren unbeachtlich. Sollte das SG wegen entsprechenden Vorbringens im Klageverfahren Anlaß gehabt haben, auf diesen Punkt näher einzugehen, ist die Überprüfung auch insoweit dem Revisionsgericht entzogen (§ 161 Abs. 4 SGG).
Daß die vom SG gefundene Auslegung des Landesrechts im übrigen gegen höherrangiges Recht verstößt, ist nicht ersichtlich; einen solchen Verstoß hat die Klägerin auch nicht geltend gemacht. Art VIII § 2 Abs. 1 Nr. 1 iVm § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Zweiten Gesetzes zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern (2. BesVNG vom 23. Mai 1975, BGBl I 1173) bestimmt, daß alle Geld- und geldwerten Leistungen, die den DO-Angestellten neben der Besoldung gewährt werden, nach den Grundsätzen und im Rahmen der für Landesbeamte geltenden Bestimmungen zu regeln sind. Eine Verletzung dieser Vorschrift durch das SG ließe sich allenfalls dann begründen, wenn es dem Landesgesetz ein Gebot zur unterschiedlichen Behandlung von Beamten und DO-Angestellten entnommen hätte. Denn in Bezug auf die DO-Angestellten enthält das 2. BesVNG Rahmenvorschriften für die Anpassung der Besoldung an andere Bereiche des öffentlichen Dienstes (BSGE 55, 67, 72 = SozR 2200 § 355 Nr. 3 S 12). Geht der Landesgesetzgeber über das darin vorgegebene Mindestmaß der Vereinheitlichung hinaus, kann daraus eine Verletzung des Rahmengesetzes nicht abgeleitet werden. Auch ein Verstoß gegen sonstiges höherrangiges Recht ist nicht ersichtlich. In Bezug auf das Rahmengesetz kommt es darauf nicht an, weil das Landesrecht dadurch nicht berührt würde (BSGE 55, 67, 70 f = SozR 2200 § 355 Nr. 3 S 10 f mwN). Auf die Tatsache, daß der Landesgesetzgeber nach der vom SG in Bezug genommenen Begründung des angefochtenen Bescheids für die Beamten der Landesversicherungsanstalt Baden keine Regelung getroffen hat, die derjenigen für die DO-Angestellten entspricht, kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen. Dabei kann offenbleiben, ob darin eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz zu sehen ist. Im Hinblick auf das 2. BesVNG könnte der Landesgesetzgeber die mögliche Ungleichheit nur dadurch beseitigen, daß der Status der Körperschaftsbeamten dem Status der DO-Angestellten angeglichen wird, aber nicht umgekehrt. Das Ergebnis für die Klägerin wäre das gleiche.
Schließlich steht das vom SG angewandte Landesrecht auch nicht im Widerspruch zu dem der Klägerin bundesrechtlich eingeräumten Recht auf Selbstverwaltung. Nach § 29 Abs. 1 SGB IV sind die Träger der Sozialversicherung rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Ihr Selbstverwaltungsrecht ist weder verfassungsrechtlich begründet noch in seinem Bestand durch die Verfassung gewährleistet. Es ist lediglich durch § 29 Abs. 1 SGB IV, also durch einfaches Gesetz, eingeräumt worden und besteht nach § 29 Abs. 3 SGB IV nur im Rahmen des Gesetzes, so daß es durch Gesetz – dh auch durch Landesgesetze – eingeschränkt werden kann (BVerfGE 36, 383, 393; 39, 302, 314 f; BSGE 52, 294, 298 = SozR 2100 § 89 Nr. 2 S 5; BSGE 55, 67, 74 = SozR 2200 § 355 Nr. 3 S 14; BSGE 61, 254, 261 = SozR 7223 Art. 8 § 2 Nr. 3 S 8 mwN). Durch die Erstreckung der Bestimmungen des Landesbeamtenrechts auf die DO-Angestellten hat das LBesAnpG die Fragen der Besoldung und der Geld- und geldwerten Leistungen dem eigenverantwortlichen Bereich der Versicherungsträger entzogen (vgl schon BSGE 58, 247, 250 = SozR 1500 § 51 Nr. 38 S 60).
Ein Ermessensfehler kann dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden. Der Beklagte hat sich auf Grund der mit dem LBesAnpG beabsichtigten Vereinheitlichung und der finanziellen Gesamtbelastung der Klägerin durch zusätzliche laufende Leistungen zum aufsichtsrechtlichen Eingreifen veranlaßt gesehen. Das ist unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden, zumal § 700 RVO nicht ausdrücklich erkennen läßt, ob der Aufsichtsbehörde ein Ermessensspielraum eingeräumt wird.
Da das SG die Aufsichtsanordnung des Beklagten zu Recht bestätigt hat, ist die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 4 Satz 1 SGG.
Fundstellen