Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsatz der Einheit des Versicherungsfalles
Leitsatz (amtlich)
Der in RVO § 183 Abs 2 festgelegte Zeitraum "von je 3 Jahren" ist nach der Methode der starren Rahmenfrist (Blockfrist) zu berechnen. Danach setzt der erstmalige Eintritt von Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit eine Kette aufeinanderfolgender Dreijahreszeiträume in Gang.
Ist der Versicherungsfall - die Krankheit - während einer Mitanspruch auf Krankengeld ausgestatteten Mitgliedschaft bei einer KK eingetreten, so lebt der Krankengeldanspruch nach Ablauf der Dreijahresfrist auch dann wieder auf, wenn die Arbeitsunfähigkeit erst nach Beendigung dieser Mitgliedschaft während eines Versicherungsverhältnisses ohne Krankengeldberechtigung eingetreten ist.
Der Anspruch auf Krankengeld ruht auch bei ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit, solange der Berechtigte, dessen Leistungsanspruch innerhalb des ersten Dreijahreszeitraums nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erschöpft war (RVO § 183 Abs 2), nach Beginn des nächsten Dreijahreszeitraums die Arbeitsunfähigkeit nicht der KK gemeldet hat.
Leitsatz (redaktionell)
Sämtliche Ansprüche eines Versicherten aus dem Versicherungsfall Krankheit setzten sowohl hinsichtlich ihrer Entstehung als auch ihres Fortbestandes allein voraus, daß die Krankheit während eines Versicherungsverhältnisses mit entsprechender Anspruchsberechtigung eingetreten ist; sofern diese Grundvoraussetzung vorliegt, ist es für die weitere Abwicklung des Versicherungsfalles ohne Bedeutung, wenn die Mitgliedschaft des Versicherten bei der Krankenkasse erlischt oder sich in eine Mitgliedschaft wandelt, die einen Anspruch dieses Inhalts nicht mehr umfaßt (Grundsatz der Einheit des Versicherungsfalles).
Normenkette
RVO § 183 Abs. 2 Fassung: 1961-07-12, § 216 Abs. 3 Fassung: 1930-07-26
Tenor
Auf die Revision der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse H wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 15. April 1969 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin bezieht seit Jahren eine Witwenrente. Daneben ist sie mit Unterbrechungen versicherungspflichtig beschäftigt gewesen, zuletzt vom 14. Juni bis 27. August 1965.
Seit 18. April 1963 war sie wegen derselben Krankheit wiederholt arbeitsunfähig. Sie erhielt von der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse Krankengeld: für die Zeit vom 19. April bis 23. Oktober 1963 = 188 Tage, vom 17. März bis 14. Mai 1964 = 59 Tage, vom 13. bis 17. Juni 1964 = 5 Tage, vom 18. Juli bis 13. August 1964 = 27 Tage, vom 13. Oktober bis 8. November 1964 = 27 Tage, vom 18. Dezember 1964 bis 24. Januar 1965 = 38 Tage, vom 15. März bis 23. Mai 1965 = 69 Tage und vom 23. Juni bis 2. November 1965 = 133 Tage, insgesamt also in der Zeit vom 19. April 1963 bis 2. November 1965 für 546 Tage = 78 Wochen.
Mit Bescheid vom 16. November 1967 bewilligte die Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt H der Klägerin Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) für die Zeit vom 30. März 1966 bis 31. März 1968.
Die Klägerin, die über das Ende des letzten Krankengeldbezuges - den 2. November 1965 - hinaus wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig geblieben ist, beantragte am 10. Januar 1968, ihr vom 18. April 1966 an erneut Krankengeld zu zahlen. Die Beklagte lehnte dies - auch nach Widerspruch der Klägerin - ab: Am 18. April 1966 - dem Beginn einer neuen Dreijahresfrist i.S. des § 183 Abs. 2 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) - habe ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld nicht mehr bestanden (§ 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO). Selbst wenn aber die Klägerin noch einmal einen neuen Krankengeldanspruch erlangt habe, ruhe dieser nach § 216 Abs. 3 RVO für seine gesamte Dauer; denn das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit über den ersten Dreijahreszeitraum hinaus sei ihr - der Kasse - erst mit Schreiben vom 9. Januar 1968 angezeigt worden.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab 18. April 1966 erneut Krankengeld bis zur gesetzlichen Höchstdauer zu gewähren, die Klage jedoch insoweit abgewiesen, als es die Anrechenbarkeit der BU-Rente bejaht hat (Urteil vom 25. September 1968).
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Sei der Versicherungsfall - die Krankheit - während des Bestehens eines Versicherungsverhältnisses mit Krankengeldberechtigung eingetreten, so sei der Anspruch auf Krankengeld in diesem Zeitpunkt dem Grunde nach entstanden. Es könne ihn nicht mehr berühren, wenn der Versicherte später Mitglied der Rentnerkrankenversicherung werde. Der am 18. April 1966 wiederaufgelebte Krankengeldanspruch der Klägerin habe auch nicht nach § 216 RVO geruht. Ein Versicherter, der seit seiner letzten Meldung durchgehend arbeitsunfähig gewesen sei, brauche sich bei Beginn einer neuen Dreijahresfrist nicht erneut arbeitsunfähig zu melden (Urteil vom 15. April 1969).
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision trägt die Beklagte vor: Wenn der Anspruch auf Krankengeld nach Ablauf der Dreijahresfrist wiederauflebe, obwohl der Versicherte inzwischen Empfänger einer Rente wegen BU geworden sei, dann könne dieser Versicherte - jeweils mit Unterbrechungen von 78 Wochen - im Extremfall sein Leben lang Krankengeld erhalten. Das widerspreche dem Wesen der gesetzlichen Krankenversicherung, die primär für kurzfristige Risiken eingerichtet sei. Die erneute Meldung auch einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit bei Beginn einer neuen Dreijahresfrist müsse deshalb gefordert werden, weil die Krankenkasse sonst vor die Notwendigkeit gestellt sei, die Arbeitsunfähigkeit einer großen Zahl von Versicherten auch in den langen Zeiträumen zu überwachen, in denen diese Versicherten keinen Anspruch auf Krankengeld hätten, und in denen es überdies zweifelhaft sei, ob es im Laufe des Versicherungsfalls jemals wieder zu einem Krankengeldbezug kommen werde.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG Hamburg vom 15. April 1969 und des SG Hamburg vom 25. September 1968, soweit sie dem Klageanspruch stattgegeben haben, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision ist begründet.
Nach § 183 Abs. 2 Satz 1 RVO wird Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung gewährt, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für höchstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Wie der Senat in seinem Urteil vom 28. April 1967 (BSG 26, 243) entschieden hat, kann eine Krankenkasse, die innerhalb von drei Jahren bis 78 Wochen Krankenhauspflege wegen derselben Krankheit gewährt hat, die weitere Gewährung von Krankengeld oder Krankenhauspflege nach Ablauf von drei Jahren nicht deswegen verweigern, weil die Arbeitsunfähigkeit oder Krankenhauspflegebedürftigkeit ununterbrochen fortbestanden hat. Ein nach § 183 Abs. 2 RVO erschöpfter Krankengeldanspruch lebt nach Ablauf der Dreijahresfrist aber auch dann wieder auf, wenn keine dauernde Arbeitsunfähigkeit des Versicherten vorgelegen hat, sondern die Zeit der Arbeitsunfähigkeit durch eine Zeit der Arbeitsfähigkeit unterbrochen worden ist (Urteil des Senats vom 20. März 1969 - 3 RK 34/67 -, WzS 1969, 241). Ein solcher Fall liegt hier vor: Die Klägerin ist wegen derselben Krankheit ab 18. April 1963 mit Unterbrechungen über einen längeren Zeitraum als drei Jahre arbeitsunfähig gewesen. Der innerhalb des ersten Dreijahreszeitraums erschöpfte Krankengeldanspruch lebte also am 18. April 1966 wieder auf.
Wie das LSG zutreffend angenommen hat, konnte das Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs am 18. April 1966 nicht daran scheitern, daß die Klägerin seit dem 30. März 1966 als Rentnerin (§ 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO) krankenversichert ist und als solche nach § 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO keinen Anspruch auf Krankengeld hat. Nach der feststehenden Rechtsprechung des Senats sind alle Ansprüche des Versicherten, die aus dem Versicherungsfall - der Krankheit - entstehen können, ihrem Rechtsgrunde nach auf den Eintritt des Versicherungsfalls - die Erkrankung - zurückbezogen (Grundsatz der Einheit des Versicherungsfalls; vgl. BSG 5, 283, 286; 16, 177, 179; 18, 122, 125; 22, 115, 116; 25, 37, 38; 26, 57, 58; SozR Nr. 10 zu § 183 RVO; Urteile des Senats vom 31. Okt. 1967 - 3 RK 12/64 - und vom 18. November 1969 - SozR Nr. 43 zu § 183 RVO). Die Entstehung und der Fortbestand aller dieser Ansprüche setzen allein voraus, daß der Versicherungsfall während eines Versicherungsverhältnisses mit entsprechender Anspruchsberechtigung eingetreten ist. Ist diese "Grundvoraussetzung" (RVA in GE Nr. 5545, AN 1944, 38, 39) einmal gegeben, so hat es für die weitere Abwicklung des Versicherungsfalls keine Bedeutung, wenn die Mitgliedschaft des Versicherten bei der Krankenkasse erlischt (BSG 22, 115, 116; 26, 57, 58; Urteil des Senats vom 18. November 1969 aaO) oder sich in eine Mitgliedschaft wandelt, die einen Anspruch dieses Inhalts nicht mehr umfaßt (BSG 25, 37, 39; SozR Nr. 10 zu § 183 RVO; Urteil des Senats vom 31. Oktober 1967 - 3 RK 12/64 -). Wie der Senat in SozR Nr. 10 zu § 183 RVO und BSG 25, 37, 39 dargelegt hat, bleibt insbesondere ein aus dem früheren Versicherungsverhältnis "nachgehender" Anspruch auf Krankengeld auch dann bestehen, wenn die Arbeitsunfähigkeit erst während einer Mitgliedschaft ohne Krankengeldberechtigung eingetreten ist. Das muß um so mehr gelten, wenn die Arbeitsunfähigkeit - wie die im vorliegenden Fall maßgebende - noch während einer krankengeldberechtigten Mitgliedschaft eingesetzt und über die Umgestaltung des Versicherungsverhältnisses hinaus fortbestanden hat.
Allerdings betreffen die zuletzt genannten Entscheidungen des Senats nur Fälle aus der Übergangszeit nach Inkrafttreten des Leistungsverbesserungsgesetzes (LeistungsverbesserungsG) vom 12. Juli 1961 (BGBl I 913), in denen die nach neuem Recht geltende längere Bezugsdauer von 78 Wochen noch nicht erschöpft war. In den Urteilen vom 28. April 1967 (BSG 26, 243) und vom 20. März 1969 - 3 RK 34/67 - (WzS 1969, 241), in denen ausgesprochen ist, daß ein innerhalb von drei Jahren (nach neuem Recht) erschöpfter Anspruch auf Krankengeld (Krankenhauspflege) nach Ablauf der Dreijahresfrist erneut für die gesetzlich vorgesehene Dauer aufleben kann, brauchte der Senat die hier anstehende Frage nicht zu entscheiden; denn in beiden Fällen bestand zu Beginn des neuen Dreijahreszeitraums noch eine Mitgliedschaft, die den Anspruch auf Krankengeld (Krankenhauspflege) einschloß.
Die Erwägungen, von denen sich der Senat in den Übergangsfällen hat leiten lassen, sind jedoch nicht auf eine besondere, nur in diesen Fällen gegebene Interessenlage beschränkt. Es handelt sich vielmehr um Überlegungen, die allgemein aus dem Grundsatz der Einheit des Versicherungsfalls abgeleitet sind (vgl. insbes. BSG 16, 177, 178 f). Nach diesem kann es keinen Unterschied machen, aus welchem Grunde - Inkrafttreten des neuen Leistungsrechts oder Beginn einer neuen Dreijahresfrist i.S. des § 183 Abs. 2 Satz 1 RVO - ein (vorläufig) erschöpfter Anspruch auf Krankengeld (Krankenhauspflege) wiederauflebt. Stets sind - von gesetzlich geregelten Ausnahmen abgesehen (vgl. § 206 i.V.m. § 306 Abs. 1 RVO und dazu BSG 18, 122) - auch die neuen Leistungszeiten den versicherungsrechtlichen Bedingungen unterworfen, die bei Eintritt des Versicherungsfalls vorgelegen haben; es kommt nicht darauf an, daß zu Beginn eines neuen Leistungszeitraums noch eine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld (Krankenhauspflege) besteht, sofern diese nur bei Eintritt des Versicherungsfalls bestanden hat.
Es widerspräche auch dem Willen des Gesetzgebers, die sich aus der Einheit des Versicherungsfalls ergebenden Konsequenzen auf den ersten Dreijahreszeitraum zu beschränken. Der Zweck der Neuregelung, vor allem den schwer und langdauernd erkrankten Versicherten einen besseren Versicherungsschutz zu gewährleisten (vgl. die Begründung zu § 196 des Entwurfs eines Krankenversicherungs-Neuregelungsgesetzes, BT-Drucks. Nr. 1540, 3. Wahlp.), würde weitgehend verfehlt, wenn der erneute Bezug von Krankengeld nach Ablauf von drei Jahren an das Vorliegen einer Mitgliedschaft mit entsprechender Anspruchsberechtigung gebunden wäre. Unter dieser Voraussetzung würde nämlich der überwiegende Teil solcher Versicherten nicht in den Genuß einer erneuten Krankengeldzahlung kommen: Nach Abschn. I Nr. 6 "zu § 311 Satz 1 RVO" des Verbesserungserlasses vom 2. November 1943 (AN S. 485) bleiben Arbeitsunfähige Mitglieder, solange die Kasse ihnen Krankengeld zu gewähren hat oder Krankengeld oder Krankenhauspflege gewährt. Wird die Zahlung des Krankengeldes wegen Ablaufs der gesetzlich vorgesehenen Leistungsdauer eingestellt, so endet regelmäßig die Mitgliedschaft. Da diese nach Auffassung der Beklagten Voraussetzung für den erneuten Bezug von Krankengeld innerhalb einer neuen Dreijahresfrist ist, könnte sie folgerichtig auch nicht mit einem - von ihr abhängenden - Wiedereinsetzen des Krankengeldanspruchs wiederaufleben (vgl. dazu BSG 22, 115, 117; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II/2, Stand: Dez. 1969, Anm. 4 a zu § 311 RVO). Sie könnte also bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit nur noch auf § 165 Abs. 1 Nr. 3 oder § 313 RVO beruhen. Den nach § 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO versicherten Rentnern (Rentenantragstellern) steht aber kein Anspruch auf Krankengeld zu (§ 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO). Nichts anderes gilt in der Regel für die gemäß § 313 RVO Weiterversicherten; denn die gesetzlichen Krankenkassen haben fast durchweg von der in § 215 RVO vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Gewährung von Krankengeld und Hausgeld an diese Versicherten auszuschließen (vgl. Kagerer, WzS 1968, 136, 137 f).
Schließlich würde es nicht dem Sinn der Rentnerkrankenversicherung entsprechen, wenn mit ihrem Einsetzen die Rechtsstellung der Rentner in der Krankenversicherung gemindert würde (Urteil des Senats vom 25. November 1964 - SozR Nr. 10 zu § 183 RVO).
Der seit dem 18. April 1966 erneut gegebene Krankengeldanspruch hat aber nach § 216 Abs. 3 Satz 1 RVO bis zur erneuten Meldung der Arbeitsunfähigkeit am 10. Januar 1968 geruht. Zwar ist die Klägerin nach den unangefochtenen Feststellungen des LSG seit ihrer letzten Meldung durchgehend arbeitsunfähig gewesen. Zu Unrecht meint sie aber, sich auf die Grundsätzliche Entscheidung Nr. 4625 (AN 1933, 230) des Reichsversicherungsamts (RVA) berufen zu können, wonach bei einem solchen Sachverhalt nur eine einmalige Meldung erforderlich ist. Das RVA hat dazu ausgeführt: Zweck jener Vorschrift sei es, der Kasse die Nachprüfung der Voraussetzungen des Krankengeldbezuges zu erleichtern. Es bleibe aber Aufgabe der Krankenkasse, von sich aus festzustellen, wie lange die rechtzeitig gemeldete Arbeitsunfähigkeit wirklich bestehe.
Diese Entscheidung ist jedoch zu einer Zeit ergangen, als die Krankengeldbezugsdauer 26 Wochen betrug und dann der Versicherte ausgesteuert wurde, somit der Versicherungsfall in dieser Beziehung für die Krankenkasse sein Ende fand. Durch die neue Fassung des § 183 Abs. 2 RVO hat sich aber die Rechtslage grundlegend geändert. Jetzt wird Krankengeld für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit für höchstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren gewährt. Auch bei ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit kann es also zu einem ständigen Wechsel von Bezugszeiten und leistungsfreien Zeiten kommen. Angesichts dessen hieße es die Kontrollpflicht der Krankenkasse überspannen, wollte man sie nunmehr noch mit der Aufgabe belasten, das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit auch während der leistungsfreien Zeiten laufend zu überwachen. Vielmehr kann es dem Versicherten als demjenigen, der Leistungen von der Krankenkasse begehrt, zugemutet werden, nach Ablauf des leistungsfreien Intervalls bei Einsetzen der neuen Dreijahresfrist seine Arbeitsunfähigkeit bei der Krankenkasse zu melden und seine Ansprüche auf abermalige Gewährung des Krankengeldes geltend zu machen. § 216 Abs. 3 Satz 1 RVO ist hier entsprechend anzuwenden.
Das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld hat zur Folge, daß die bis zum Tage der Meldung verstrichene Bezugszeit nicht zu Leistungen führt, daß also die Leistungsdauer um die Zeit, in welcher der Anspruch ruht, gekürzt wird (BSG 29, 271, 274 = SozR Nr. 8 zu § 216 RVO).
Zur Zeit der erneuten Meldung der Arbeitsunfähigkeit war unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Zeitraum des Ruhens des Anspruchs nach § 216 Abs. 3 Satz 1 RVO auf die Bezugszeit nach § 183 Abs. 2 Satz 1 RVO anzurechnen ist, die weitere Bezugszeit abgelaufen. Bei der Berechnung des Dreijahreszeitraums des § 183 Abs. 2 Satz 1 RVO ist nach dem Grundsatz der starren Rahmenfrist (Blockfrist) vorzugehen, d.h. der erstmalige Eintritt der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit setzt eine Kette aufeinanderfolgender Dreijahreszeiträume in Gang, innerhalb derer jeweils bis zu 78 Wochen Krankengeld bezogen werden kann (so u.a. Schmatz/Fischwasser, Das Gesetz zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle, 4. Aufl. 1961 S. 203; Schmatz, BABl 1961, 504, 507; Richter, WzS 1966, 73, 77 ff; Pfahler, ZfS 1969, 197 jeweils mit weiteren Nachweisen). Dafür spricht die Fassung des Gesetzes: Wenn § 183 Abs. 2 Satz 1 RVO den Tag des Beginns "der" Arbeitsunfähigkeit für die Berechnung der Zeiträume "von je drei Jahren" maßgebend sein läßt, so ist damit die Auffassung, "die" Arbeitsunfähigkeit sei die bei oder nach Eintritt des Versicherungsfalls erstmals auftretende Arbeitsunfähigkeit, besser vereinbar als die Meinung, im Rahmen desselben Versicherungsfalls könne jede in Erscheinung tretende Arbeitsunfähigkeit eine neue Dreijahresfrist auslösen, so daß mehrere solcher Zeiträume nebeneinander laufen können. Der letztgenannten Auffassung (vgl. die Nachweise im Urteil des Senats vom 18. November 1969, SozR Nr. 1 zu § 185 RVO) vermochte der Senat nicht beizutreten. Die Methode der "gleitenden Rahmenfrist" würde den Versicherten, der - um seiner erweiterten Meldepflicht genügen zu können - den Ablauf der Dreijahresfristen selbst verfolgen muß, oft vor eine für ihn kaum lösbare Aufgabe stellen. Der vorliegende Fall zeigt, welche Bedeutung dem Gesichtspunkt zukommt, daß die Fristberechnung auch für den Versicherten überschaubar und anwendbar ist. Dies ist aber nur bei Zugrundelegung der "Blockfristberechnung" gewährleistet. Regelmäßig wird diese Methode, bei der nur der Beginn der ersten maßgeblichen Arbeitsunfähigkeit festzustellen ist und damit die sich hieraus ergebenden Dreijahresfristen in einfachster Weise festgelegt sind, auch für die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung weniger Verwaltungsaufwand als die der gleitenden Rahmenfrist verursachen. Daß - als Folge der hier vertretenen Auffassung - ein Versicherter u.U. durchgehend bis zu 156 Wochen Krankengeld beziehen kann, widerspricht nicht der Absicht des Gesetzgebers, wie der Senat in seinem bereits genannten Urteil vom 18. November 1969 (aaO) näher dargelegt hat.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen