Beteiligte
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 22. Juli 1998 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Streitig ist die Beitragspflicht zur Krankenversicherung.
Der Kläger bezog seit dem 1. April 1993 Arbeitslosengeld (Alg) und war versicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Krankenkasse. Der Leistungsbezug endete am 6. Dezember 1993. Ab 7. Dezember 1993 erhielt der Kläger Erziehungsgeld (Erzg) und blieb Pflichtmitglied der Beklagten. Nach dem Ende des Erzg-Bezuges am 13. März 1994 widmete sich der Kläger weiter der Erziehung seines Kindes. Er hielt die Versicherung bei der Beklagten aufrecht. Seine Ehefrau war berufstätig und privat krankenversichert. Ab Januar 1994 betrug ihr Einkommen 4.800 DM monatlich.
Nach vorangegangenem Schriftwechsel stellte die Beklagte mit Bescheid vom 12. September 1994 und Widerspruchsbescheid vom 21. April 1995 fest, daß der Kläger seit dem 14. März 1994 freiwilliges Mitglied und unter Berücksichtigung der Einnahmen seiner Ehefrau in die Beitragsklasse 720 (Monatsbeitrag 204 DM) einzustufen sei. Nach dem Ende des Bezuges von Erzg bleibe eine bisher bestehende Pflichtmitgliedschaft zwar erhalten, wenn Erziehungsurlaub in Anspruch genommen werde. Der Kläger befinde sich jedoch nicht im Erziehungsurlaub. Diesen erhalte nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) nur ein Arbeitnehmer; für Arbeitslose fehle eine entsprechende Vorschrift. Der Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder ohne eigenes Einkommen seien nach dem Gesetz und der Satzung der Kasse die Einnahmen des Ehegatten anteilig zugrunde zu legen. Für den Kläger ergäben sich daher unter Berücksichtigung eines unterhaltsberechtigten Kindes beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 1.920 DM. Dem entspreche die Einstufung in die Beitragsklasse 720.
Mit der Klage hat der Kläger die beitragsfreie Fortführung seiner Versicherung bei der Beklagten über den 13. März 1994 hinaus begehrt. Er müsse als Arbeitsloser ebenso behandelt werden wie bisher pflichtversicherte Arbeitnehmer während des Erziehungsurlaubs. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 17. Dezember 1996). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 22. Juli 1998). Die für den Kläger beitragsfreie Pflichtmitgliedschaft während des Bezugs von Erzg habe nicht nach § 192 Abs 1 Nr 2 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) über den 13. März 1994 hinaus fortbestanden. Denn der Kläger habe sich anschließend nicht im Erziehungsurlaub befunden. Es verstoße nicht gegen Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG), daß Arbeitslose wie der Kläger Erziehungsurlaub nicht beanspruchen könnten und deshalb die Pflichtmitgliedschaft nicht fortbestehe. Art 6 Abs 1 GG werde nicht verletzt, weil der Familienlastenausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Familienversicherung sichergestellt werde. Der Kläger sei hiervon aus Gründen ausgeschlossen, die mit der Kindererziehung nichts zu tun hätten. Der Sozialstaatsgedanke werde nicht verletzt, weil die Versicherung als freiwillige fortgesetzt werden könne und dadurch Krankenversicherungsschutz gewährleistet sei. Die Beitragsbemessung zur freiwilligen Versicherung sei nach § 12 der Satzung der Beklagten nicht zu beanstanden.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V enthalte eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Regelungslücke. Die Vorschrift solle sicherstellen, daß Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen im Erziehungsurlaub beitragsfrei weiterversichert seien. Dabei sei übersehen worden, daß die Vorschrift dann nicht greife, wenn wie hier ein Arbeitsloser betroffen sei. Unter Berücksichtigung des Art 3 Abs 1 GG sei diese Regelungslücke dahingehend zu füllen, daß ein Arbeitsloser einem Arbeitnehmer gleichzustellen sei. Arbeitslosen müsse ebenfalls die Möglichkeit eingeräumt werden, sich in den ersten Lebensjahren ausschließlich der Betreuung des Kindes zu widmen. Auch diese müßten frei entscheiden können, ob sie weiterhin auf dem Arbeitsmarkt eine Beschäftigung suchten oder sich dem Kind widmeten. Hierfür benötigten sie wie Arbeitnehmer einen Anspruch auf Freistellung. Solange sie sich dem Arbeitsamt zur Vermittlung zur Verfügung stellten, sei die Betreuung des Kindes nicht gewährleistet. Durch eine Ausgrenzung aus der beitragsfreien Versicherung würden Arbeitslose bestraft. Sie verfügten vor der Geburt des Kindes über erheblich geringere Einkünfte als ein Arbeitnehmer, müßten aber während des Erziehungsurlaubs Beiträge für eine freiwillige Krankenversicherung aufbringen und stünden nach Ablauf des Erziehungsurlaubs vor der Schwierigkeit, einen Arbeitsplatz zu finden, obwohl die Unterbrechung dann ggf bereits mehrere Jahre bestanden habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des LSG vom 22. Juli 1998 und das Urteil des SG vom 17. Dezember 1996 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. September 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 1995 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger beitragsfrei für den Zeitraum zu versichern, für den ein Arbeitnehmer Erziehungsurlaub erhalte.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat seine Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger begehrt, über den 13. März 1994 hinaus für die Dauer eines Erziehungsurlaubs iS des § 15 Abs 1 BErzGG, dh bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres seines Kindes, beitragsfrei bei der Beklagten versichert zu sein. Dies hat die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid zutreffend abgelehnt. Das SG hat diese Entscheidung zu Recht bestätigt.
Der Kläger war seit dem 1. April 1993 aufgrund des Bezuges von Alg gemäß § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V iVm § 155 Abs 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung. Dieser Versicherungspflichttatbestand endete am 6. Dezember 1993 mit dem Ende des Leistungsbezuges (§ 155 Abs 3 Satz 2 AFG). Die Pflichtmitgliedschaft blieb jedoch für die Zeit des Erzg-Bezuges, dh vom 7. Dezember 1993 bis zum 13. März 1994, nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V erhalten. Während des Bezuges von Erzg hatte der Kläger keine Beiträge zu zahlen. Dies beruhte auf der in § 224 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V in der seit 1. Januar 1992 geltenden Fassung des Rentenreformgesetzes (RRG) 1992 vom 18. Dezember 1989 (BGBl I 2261) angeordneten Beitragsfreiheit des Erzg. Über andere eigene und beitragspflichtige Einnahmen (§§ 226 ff SGB V) verfügte der Kläger nicht, wie den tatsächlichen Feststellungen des LSG zu entnehmen ist. Die im Ergebnis beitragsfreie Pflichtmitgliedschaft endete jedoch mit dem letzten Tage des Bezuges von Erzg. Sie bestand nach dem 13. März 1994 nicht fort. Nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V bleibt eine Pflichtmitgliedschaft zwar auch erhalten, solange Erziehungsurlaub in Anspruch genommen wird. Der Kläger befand sich ab 14. März 1994 jedoch nicht im Erziehungsurlaub iS dieser Vorschrift.
Wann ein Erziehungsurlaub vorliegt, regelt § 192 SGB V selbst nicht. Die Entwicklung der Vorschrift läßt jedoch keinen Zweifel daran, daß hierunter der Erziehungsurlaub iS des BErzGG zu verstehen ist. Der Erhalt der Pflichtmitgliedschaft knüpfte ursprünglich nicht an die Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub an, sondern lediglich an den Bezug von Erzg (§ 311 Nr 2 der Reichsversicherungsordnung idF des BErzGG vom 6. Dezember 1985 ≪BGBl I 2154≫, in Kraft getreten am 1. Januar 1986; seit 1. Januar 1989: § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V idF des Art 1 des Gesundheits-Reformgesetzes ≪GRG≫ vom 20. Dezember 1988 ≪BGBl I 2477≫). Hierbei blieb es so lange, wie der Anspruch auf Erziehungsurlaub nach dem BErzGG nur bei Anspruch auf Erzg bestand und für denselben Zeitraum wie das Erzg gewährt wurde (vgl § 15 Abs 1 BErzGG idF vom 6. Dezember 1985, aaO). Als jedoch mit Wirkung zum 1. Januar 1992 der Anspruch auf Erziehungsurlaub von dem Anspruch auf Erzg abgekoppelt und für Kinder, die nach dem 31. Dezember 1991 geboren sind, über die Dauer des Anspruchs auf Erzg hinaus bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes verlängert wurde (§ 15 Abs 1 BErzGG idF des Art 1 Nr 15 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des BErzGG und anderer Vorschriften vom 6. Dezember 1991 ≪BGBl I 2142≫), hat der Gesetzgeber auch § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V geändert: Seither begründet die Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub das Fortbestehen der Pflichtmitgliedschaft (§ 192 Abs 1 Nr 2 SGB V idF des Art 3 des Gesetzes vom 6. Dezember 1991, aaO). Auch der zunächst gestrichene Erzg-Bezug wurde rückwirkend zum 1. Januar 1992 wieder als die Pflichtmitgliedschaft erhaltender Tatbestand in § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V eingefügt (Art 1 Nr 120 iVm Art 35 Abs 2 des Gesundheitsstrukturgesetzes ≪GSG≫ vom 21. Dezember 1992 ≪BGBl I 2266≫). Mit diesen Änderungen sollte die Weiterversicherung für die gesamte Dauer des Erziehungsurlaubs nach dem BErzGG sichergestellt und klargestellt werden, daß während des Erzg-Bezugs die Pflichtmitgliedschaft auch für die „Nur-Erzg-Bezieher” erhalten bleibt, die nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen und daher keinen Anspruch auf Erziehungsurlaub haben (vgl Begründung des Gesetzes vom 6. Dezember 1991, BT-Drucks 12/1125 S 9 zu Art 3 und 4; Begründung des GSG, BT-Drucks 12/3608 S 114 zu Nr 103).
Der Erziehungsurlaub iS des § 15 Abs 1 BErzGG ist ein arbeitsrechtlicher Anspruch. Er gewährt Arbeitnehmern, die in einem Arbeits- oder Berufsbildungsverhältnis stehen (§ 20 Abs 1 BErzGG; vgl BSGE 80, 205 = SozR 3-2200 § 1267 Nr 5), in Heimarbeit beschäftigt oder diesen gleichgestellt sind (§ 20 Abs 2 BErzGG) einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit zum Zweck der Kindesbetreuung. Der Anspruch auf Erziehungsurlaub stellt für diesen Personenkreis die notwendige arbeitsrechtliche Ergänzung des Anspruchs auf Erzg dar, weil Erzg nur erhält, wer keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (§ 1 Abs 1 Nr 4 BErzGG). Für Arbeitnehmer, insbesondere für solche in einem Vollzeitarbeitsverhältnis, wäre die Inanspruchnahme von Erzg ohne diesen Freistellungsanspruch gegen ihren Arbeitgeber ausgeschlossen. Seit der Verlängerung der Anspruchsdauer über die des Erzg hinaus (§ 15 Abs 1 BErzGG idF des Gesetzes vom 6. Dezember 1991, aaO) kommt dem Erziehungsurlaub darüber hinaus eine eigenständige Bedeutung für die mit dem BErzGG verfolgten Ziele zu. Wie das Erzg soll er es den im Arbeitsverhältnis stehenden Eltern ermöglichen oder erleichtern, daß sich ein Elternteil der Betreuung und Erziehung des Kindes in der für die ganze spätere Entwicklung entscheidenden ersten Lebensphase widmen kann (vgl Begründung des Gesetzes vom 6. Dezember 1991, aaO, BT-Drucks 12/1125 S 7 unter I). Trotz der nunmehr selbständigen Regelung des Anspruchs auf Erziehungsurlaub ist es bei seiner arbeitsrechtlichen Ausgestaltung geblieben (vgl Zmarzlik/Zipperer/Viethen, BErzGG 1992, § 15 RdNr 5). Der Kläger stand nach dem Ende des Erzg-Bezuges nicht in einem Arbeitsverhältnis, in dessen Rahmen er Erziehungsurlaub hätte beanspruchen können. Demnach erfüllte er nicht den Tatbestand für den Erhalt der Pflichtmitgliedschaft nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V.
Die Vorschrift des § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V ist nicht entsprechend auf Zeiten anzuwenden, in denen sich ein Arbeitsloser der Betreuung und Erziehung seines Kindes widmet. Es kann insoweit nicht von einer „unbewußten” Gesetzeslücke ausgegangen werden, die durch richterliche Rechtsfortbildung ausgefüllt werden dürfte. Der Gesetzgeber hat das Fortbestehen der Pflichtmitgliedschaft allein an den Bezug von Erzg geknüpft, solange der Anspruch auf Erzg anspruchsbegründend für den Erziehungsurlaub war. Seit der eigenständigen Regelung des Anspruchs auf Erziehungsurlaub führt auch dessen Inanspruchnahme zum Erhalt der Pflichtmitgliedschaft. Der Gesetzgeber hat sich schon im Gesetzgebungsverfahren zum BErzGG mit der Frage der Einbeziehung Arbeitsloser in den Kreis der Anspruchsberechtigten befaßt (vgl Begründung zum BErzGG, BT-Drucks 10/3926 S 1 zu § 2). Die daraufhin getroffenen Regelungen sind im Zusammenhang mit den Änderungen des BErzGG und Änderungen des Arbeitsförderungsrechts fortlaufend angepaßt worden. In Anbetracht dieser Gesetzgebungspraxis hätte es einer ausdrücklichen Regelung bedurft, wenn der Gesetzgeber die Pflichtmitgliedschaft von arbeitslosen Leistungsempfängern (§ 155 Abs 1 AFG) nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V auf Zeiten hätte erstrecken wollen, in denen diese Arbeitslosen keine Leistungen mehr beziehen, sondern sich der Betreuung eines Kindes widmen und für sie nicht schon aufgrund des Erzg-Bezuges die Pflichtmitgliedschaft erhalten bleibt. Eine solche Vorschrift fehlt. Die auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwendenden Regelungen für Arbeitslose während einer Zeit der Kindesbetreuung beziehen sich nur auf das Erzg. Die Zeit des Bezuges von Erzg ist einer die Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung und damit anwartschaftsbegründenden Beschäftigung gleichgestellt (§ 107 Satz 1 Nr 5 Buchst c AFG). Der Bezug von Alg steht grundsätzlich einer vollen Erwerbstätigkeit gleich und schließt den Anspruch auf Erzg aus (§ 1 Abs 1 Nr 4 iVm § 2 Abs 2 Nr 1 BErzGG idF des Gesetzes zur Änderung des BErzGG und anderer Vorschriften vom 30. Juni 1989 ≪BGBl I 1297≫; vgl BSG SozR 3-7833 § 2 Nr 7). Dagegen ist es während des Bezuges von Erzg für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) unschädlich, daß der Arbeitslose wegen der Betreuung und Erziehung eines Kindes nicht verfügbar ist. Das Arbeitsförderungs-Reformgesetz (AFRG) vom 24. März 1997 (BGBl I 594), das das AFG aufgehoben hat und in Art 1 das Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III) regelt, hat für den Erzg-Bezug von Arbeitslosen zwei Änderungen gebracht: Die anwartschaftsbegründende Wirkung des Erzg-Bezuges in der Arbeitslosenversicherung ist im SGB III nicht mehr vorgesehen; die Begünstigung des Anspruchs auf Alhi in § 2 Abs 4 BErzGG nF ist aufgehoben worden (Art 74 Nr 2 Buchst b AFRG). Erstmals wird unabhängig vom Bezug von Erzg die Zeit der Betreuung und Erziehung eines Kindes des Arbeitslosen, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, in der Arbeitslosenversicherung berücksichtigt (vgl § 124 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB III, § 192 Satz 2 Nr 3 und § 196 Abs 1 Satz 1 Nr 2 iVm Satz 2 Nr 3 SGB III idF des 1. SGB III-Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1997 ≪BGBl I 2970≫). Diese Vorschriften sind jedoch erst am 1. Januar 1998 in Kraft getreten (Art 83 Abs 1 AFRG, Art 32 Abs 1 Gesetz vom 16. Dezember 1997, aaO) und hier noch nicht anzuwenden.
Die Beschränkung des Erhalts der Pflichtmitgliedschaft nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V auf bisher versicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer, die während des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses Erziehungsurlaub nach § 15 Abs 1 BErzGG in Anspruch nehmen, verstößt nicht gegen das Grundgesetz, insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG.
Der Kläger hält die Ungleichbehandlung von bisher versicherungspflichtigen Arbeitslosen während der anschließenden Zeit der Kindesbetreuung, in der sie nicht im Leistungsbezug stehen und kein Erzg (mehr) erhalten, im Vergleich zu Arbeitnehmern im Erziehungsurlaub für verfassungswidrig, weil sie für Arbeitslose zu einer ungerechtfertigten Beitragsbelastung führe. Hieran ist zutreffend, daß Arbeitnehmer im Erziehungsurlaub, die nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V Pflichtmitglieder bleiben, in der Regel keine Beiträge zahlen, weil sie nach § 226 Abs 1 Satz 1 Nrn 2 bis 4 SGB V beitragspflichtige Einnahmen aus einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, aus Versorgungsbezügen oder Arbeitseinkommen regelmäßig nicht haben. Bisher versicherungspflichtige Arbeitslose sind jedoch hinsichtlich der Beitragsbelastung während einer anschließenden Zeit der Kindesbetreuung vielfach nicht schlechter gestellt. Sie bleiben zwar nicht Pflichtmitglieder. Sie sind aber, wenn sie verheiratet sind und ihr Ehegatte gesetzlich krankenversichert ist, nach § 10 Abs 1 Satz 1 SGB V beitragsfrei familienversichert, sofern sie nicht über eigene Einkünfte verfügen, die die Familienversicherung ausschließen (vgl § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V). Demgegenüber benachteiligt sind nur Arbeitslose, die unverheiratet sind oder deren Ehegatte wie beim Kläger nicht gesetzlich krankenversichert ist. Diese beiden Gruppen von Arbeitslosen können sich bei Vorliegen einer ausreichenden Vorversicherungszeit zwar freiwillig weiterversichern (§ 9 Abs 1 Nr 1 SGB V). Die freiwillige Versicherung führt jedoch, ebenso wie eine private Krankenversicherung, zwangsläufig zur Beitragsbelastung. Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder hat deren volle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen (§ 240 Abs 1 Satz 2 SGB V). Soweit der Versicherte keine oder nur geringe eigene Einnahmen hat, ist auch das Ehegatteneinkommen anteilig anzurechnen (vgl BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 26 S 96 ff mwN). Bei fehlenden oder nur geringen berücksichtigungsfähigen Einnahmen sind Beiträge jedenfalls nach den Mindesteinnahmen des § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V zu zahlen. Für Versicherte wie den Kläger bedeutet die freiwillige Versicherung daher das Ende der Beitragsfreiheit.
Für die Verschiedenbehandlung der Arbeitnehmer im Erziehungsurlaub und der bisher versicherungspflichtigen Arbeitslosen in der Zeit der Kindesbetreuung sprechen jedoch gute Gründe. Der Gesetzgeber hat mit der Abkoppelung des Erziehungsurlaubs vom Erziehungsgeld für die in einem Arbeitsverhältnis stehenden Arbeitnehmer eine Vergünstigung geschaffen. Entsprechend ist für diesen Personenkreis das Fortbestehen des Krankenversicherungsschutzes in der bisherigen Ausgestaltung (als Pflichtmitgliedschaft) geregelt worden. Das war naheliegend und gerechtfertigt. Die gesetzliche Krankenversicherung ist typischerweise die Krankenversicherung der Beschäftigten. Während des Erziehungsurlaubs besteht jedenfalls eines der die Versicherungspflicht auslösenden Tatbestandsmerkmale, das Beschäftigungsverhältnis, weiter. Die Regelung des § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V steht in Einklang mit den Vorschriften, die auch sonst bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis ohne Entgeltzahlung für längstens einen Monat bzw die Dauer eines rechtmäßigen Arbeitskampfes den Erhalt des bisherigen Versicherungsverhältnisses vorschreiben (vgl § 192 Abs 1 Nr 1 SGB V und seit 1. Januar 1999 auch § 7 Abs 3 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung ≪SGB IV≫ idF des RRG 1999 vom 16. Dezember 1997 ≪BGBl I 2998≫).
Der Erziehungsurlaub findet im Recht der Arbeitslosenversicherung in der Form, wie er Arbeitnehmern in einem Arbeitsverhältnis gewährt wird (Freistellung von der Arbeitsleistung bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses), keine Entsprechung. Widmet sich der Arbeitslose iS eines Erziehungsurlaubs der Betreuung und Erziehung seines Kindes, scheidet er mangels Verfügbarkeit oder der Fähigkeit zur Teilnahme an einer Maßnahme zur beruflichen Fortbildung mit ganztägigem Unterricht (§ 44 Abs 1 AFG) aus dem Leistungsbezug von Alg, Alhi oder Unterhaltsgeld (Uhg) aus; der Leistungsanspruch entfällt (vgl § 100 Abs 1, § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 1, § 44 Abs 1 AFG). Anders als bei Arbeitnehmern im Erziehungsurlaub sind bei Arbeitslosen während der Zeit der Kindesbetreuung die aktuellen, Versicherungspflicht begründenden Rechtsbeziehungen zur Arbeitslosenversicherung (der Leistungsbezug iS des § 155 Abs 1 AFG oder ein entsprechender Leistungsanspruch, vgl BSG SozR 4100 § 159 Nrn 2, 5) gelöst. Es ist daher vertretbar, von einem Erhalt der Pflichtmitgliedschaft bei Arbeitslosen abzusehen. Dem kann die Versicherungspflicht für die Dauer einer Sperrzeit (§ 155 Abs 2 Satz 2, § 155a AFG, § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V nF) nicht entgegengehalten werden. Während einer Sperrzeit ruht zwar der Zahlungsanspruch, besteht aber dem Grunde nach fort, so daß die Versicherungspflicht hieran anknüpfen kann; die Rechtslage ist mit dem Beschäftigungsverhältnis ohne Entgeltzahlung vergleichbar. Es ist zwar grundsätzlich denkbar, den Erhalt des Krankenversicherungsschutzes für Arbeitslose auf einen Zeitraum zu erstrecken, für den bei fortbestehender Verfügbarkeit oder Teilnahme an der Maßnahme noch Leistungen in Anspruch genommen werden könnten. Dies würde jedoch nur im Einzelfall und nicht für eine allgemeingültige Dauer (bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes) das Fortbestehen der Pflichtmitgliedschaft während der Kindesbetreuung sicherstellen. Denn Ansprüche auf Alg und Uhg sind zeitlich begrenzt (vgl § 106, § 44 Abs 1 AFG); der Anspruch auf Alhi ist vom Bestehen und Fortbestehen der Bedürftigkeit abhängig (vgl § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG). Würde der Gesetzgeber dagegen den Erhalt der Pflichtmitgliedschaft während der Erziehungszeit unabhängig vom Bestehen und Fortbestehen des Leistungsanspruchs aus der Arbeitslosenversicherung gewähren, zöge das neue Gleichbehandlungsprobleme nach sich. Es wäre kaum zu rechtfertigen, daß die Pflichtmitgliedschaft nur für bisher versicherungspflichtige Arbeitslose erhalten bleiben sollte und nicht auf alle Gruppen von Versicherungspflichtigen erstreckt wird, die wie Arbeitslose aus sozialpolitischen Gründen in den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen worden sind, wie beispielsweise die Studenten, Praktikanten und Personen in Einrichtungen der Jugendhilfe (vgl § 5 Abs 1 Nrn 5 bis 10 SGB V). Der Erziehungsurlaub hätte dann den Charakter einer (öffentlich-rechtlichen) Sozialleistung, vergleichbar dem Erziehungsgeld (vgl § 25 Abs 2 des Sozialgesetzbuchs – Allgemeiner Teil ≪SGB I≫). Dem Gesetzgeber ist es unbenommen, aus sozialpolitischen Gründen eine solche Regelung zu treffen. Er ist hierzu jedoch aufgrund der bisherigen Ausgestaltung des Erziehungsurlaubs als eines arbeitsrechtlichen, auf Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis beschränkten Anspruchs verfassungsrechtlich nicht verpflichtet.
Eine Verletzung des Art 6 Abs 1 GG und des Sozialstaatsprinzips hat das LSG mit zutreffenden Gründen zu Recht verneint.
Die Berechnung der Beiträge zur freiwilligen Versicherung wird von der Revision nicht angegriffen. Sie ist nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt nicht zu beanstanden.
Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen
Haufe-Index 542741 |
FA 1999, 416 |
AuA 1999, 375 |
NZS 2000, 87 |
SGb 1999, 465 |
SozSi 2000, 397 |