Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung des Arbeitslosengeldes. Verspätete Meldung
Leitsatz (amtlich)
- Im Rahmen des Kriteriums “ohne schuldhaftes Zögern” ist zu prüfen, ob der Leistungsempfänger zumindest fahrlässig in Unkenntnis war, wobei wie auch in anderen Bereichen des Sozialrechts ein subjektiver Maßstab anzuwenden ist. Zu prüfen ist mithin, ob der Leistungsempfänger nach seinem individuellen Vermögen fahrlässig in Unkenntnis über die ihm auferlegte Obliegenheit war und sich fahrlässig nicht unmittelbar nach dem Zeitpunkt der Kenntnis über die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses bei der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet hat.
- Für die Feststellung des Fahrlässigkeitsvorwurfs hinsichtlich der Obliegenheitsverletzung gem. § 37b SGB III spielt es keine Rolle, dass der Arbeitslose fest mit einer Wiedereinstellung bei seinem bisherigen Arbeitgeber rechnet und rechnen kann.
Normenkette
SGB III §§ 37b, 140; BGB § 121 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. September 2004 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Kläger wendet sich gegen die Minderung seines Arbeitslosengeldes (Alg) um 1.500,00 EUR für den Zeitraum von 15. Dezember 2003 bis zum 15. Februar 2004 wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend.
Der im August 1955 geborene Kläger ist italienischer Staatsangehöriger und seit 1995 jeweils von Mitte Februar bis Mitte Dezember bei dem Grabmalfertigungsbetrieb Georg F… (G.F.) Grabmale beschäftigt. Der Arbeitgeber händigte ihm am 29. September 2003 – ähnlich wie in den Vorjahren – ein Kündigungsschreiben aus, wonach das bestehende Arbeitsverhältnis zum 1. Dezember 2003 wegen winterlicher Witterung bzw Arbeitsmangel gekündigt werde und nach jeweiliger Auftragslage der Zeitpunkt der vorläufigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen könne. Die Wiedereinstellung erfolge im Laufe des Monats Februar 2004, entsprechend der Witterungs- und Auftragslage. Der Kläger arbeitete tatsächlich noch bis zum 14. Dezember 2003. In der Arbeitsbescheinigung der Firma G…F… vom 18. Dezember 2003 war vermerkt, dass das Arbeitsverhältnis am 30. September 2003 zum 14. Dezember 2003 durch Kündigung des Arbeitgebers beendet worden sei. Der Kläger meldete sich am 15. Dezember 2003 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg.
Mit Schreiben vom 9. Januar 2004 teilte die Beklagte dem Kläger ergänzend zu dem ihm noch gesondert zugehenden Bewilligungsbescheid mit, er sei nach § 37b Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) verpflichtet gewesen, sich unverzüglich beim Arbeitsamt arbeitsuchend zu melden, sobald er den Zeitpunkt der Beendigung seines Versicherungspflichtverhältnisses gekannt habe. Dieser Pflicht sei er nicht rechtzeitig nachgekommen, denn er habe sich spätestens am 11. Oktober 2003 beim Arbeitsamt arbeitsuchend melden müssen. Tatsächlich habe er sich erst am 15. Dezember 2003 gemeldet, sodass die Meldung um 65 Tage zu spät erfolgt sei. Nach § 140 SGB III mindere sich sein Anspruch auf Leistungen um 50,00 EUR für jeden Tag der verspäteten Meldung, längstens jedoch für 30 Tage, sodass sich ein Minderungsbetrag in Höhe von insgesamt 1.500,00 EUR errechne. Die Höhe des Abzuges von der täglichen Leistung betrage 22,65 EUR. Die Anrechnung beginne am 15. Dezember 2003 und sei voraussichtlich ab dem 19. Februar 2004 beendet.
Mit Bescheid vom 13. Januar 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg ab dem 15. Dezember 2003 unter Berücksichtigung eines abzusetzenden wöchentlichen Anrechnungsbetrages in Höhe von 161,91 EUR (wöchentliches Bemessungsentgelt 844,96 EUR, Leistungsgruppe C/0, wöchentlicher Leistungssatz 323,82 EUR). Zur näheren Begründung der Minderung verwies sie auf das gesonderte Schreiben vom 9. Januar 2005. Ab dem 16. Februar 2004 war der Kläger wieder beschäftigt. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2004 zurück.
Auf die Klage änderte das Sozialgericht (SG) die angefochtenen Bescheide ab und verurteilte die Beklagte, dem Kläger Alg in voller Höhe ohne die Minderung nach § 140 SGB III für die Zeit ab 15. Dezember 2003 zu gewähren (Urteil vom 15. April 2004).
Mit Urteil vom 22. September 2004 hat das Landessozialgericht (LSG) auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es zunächst klargestellt, dass Gegenstand des Rechtsstreites lediglich der Bewilligungsbescheid vom 13. Januar 2004 sei. Das Schreiben vom 9. Januar 2004 enthalte keine zusätzliche Regelung hinsichtlich der Minderung und stelle deswegen keinen Verwaltungsakt dar. Die Minderung des Anspruches des Klägers auf das ihm dem Grunde nach zustehende Alg sei gemäß §§ 37b, 140 SGB III um 30 Tage zu je 50,00 EUR zu Recht erfolgt. Der Kläger habe gewusst, dass sein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis enden werde, denn der Arbeitgeber habe am 29. September 2003 das Arbeitsverhältnis schriftlich zum 1. Dezember 2003 gekündigt und diese Kündigung am selben Tag übergeben. Auch wenn der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben ausgeführt habe, dass nach jeweiliger Auftragslage der Zeitpunkt der vorläufigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen könne – was tatsächlich eingetreten sei, weil das Arbeitsverhältnis erst am 14. Dezember 2003 geendet habe – sei dem Kläger jedenfalls bekannt gewesen, dass im Dezember 2003 das Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis enden werde. Der Kläger habe sich auch nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet. Die persönliche Meldung habe ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch ≪BGB≫) zu erfolgen, wenn die versicherungspflichtige Person vom Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungsverhältnisses Kenntnis erlangt habe. Eine Verletzung dieser Obliegenheitspflicht sei dem Arbeitnehmer nur dann nicht vorzuhalten, wenn er dieser im Hinblick auf objektiv vorliegende Hindernisse zunächst nicht habe nachkommen können. Unerheblich sei es, dass der Kläger die zum 1. Juli 2003 in Kraft getretene gesetzliche Regelung nicht gekannt habe, denn nach dem Grundsatz der formellen Publizität hätten die Gesetze grundsätzlich allen Normadressaten als bekannt zu gelten.
Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Arbeitgeber es entgegen § 2 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB III unterlassen habe, den Arbeitnehmer über die Meldepflicht zu informieren. Die Meldepflicht des Arbeitnehmers aus § 37b SGB III bestehe rechtlich unabhängig von der Wahrnehmung dieser Verpflichtung des Arbeitgebers. Der Kläger könne sich schließlich nicht darauf berufen, dass die Beklagte zumindest seit Dezember 1995 ihm regelmäßig für die Zeit von Anfang/Mitte Dezember bis zur erneuten Einstellung durch seinen bisherigen Arbeitgeber im Februar des jeweiligen Folgejahres Alg gezahlt und dabei keine Vermittlungsbemühungen, auch nicht für befristete Beschäftigungen, vorgenommen habe.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 2 Abs 2 Nr 3, 37b SGB III sowie des § 121 Abs 1 Satz 1 BGB. Zwar gehe das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass der Begriff “unverzüglich” in § 37b SGB III zur entsprechenden Anwendbarkeit der Kriterien des § 121 Abs 1 Satz 1 BGB führe. Bei der Beurteilung der Frage, was im konkreten Fall als “schuldhaftes Zögern” anzusehen sei, seien dem Berufungsgericht jedoch Rechtsfehler unterlaufen. Unzutreffend sei bereits die Feststellung, er habe gewusst, dass sein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis enden werde. Die vom LSG angenommene Gewissheit lasse sich dem Kündigungsschreiben des Arbeitgebers vom 29. September 2003 nicht entnehmen. Dort werde zwar “zum 01. Dezember 2003 gekündigt”. Die Kündigung werde jedoch ausdrücklich auf Arbeitsmangel gestützt. Im zweiten Absatz der Kündigung werde ausgeführt, dass “nach jeweiliger Auftragslage” das Arbeitsverhältnis “auch zu einem späteren Zeitpunkt” aufgelöst werden könne. Zum Zeitpunkt der Übergabe des Schreibens vom 29. September 2003 habe er gerade noch nicht gewusst, ob sein Arbeitsverhältnis zum 1. Dezember 2003, im Dezember 2003 oder ggf zu einem späteren Zeitpunkt enden werde. Zu Recht habe das LSG insoweit auch ausgeführt, dass das Arbeitsverhältnis nicht zum 1. Dezember 2003, sondern erst zum 14. Dezember 2003 beendet worden sei. Auch aus diesem Grund fehle es schon an einem objektiven Pflichtverstoß, denn er habe zum Zeitpunkt des 29. September 2003 allenfalls pauschal mitteilen können, dass irgendwann in Zukunft sein Arbeitsverhältnis enden werde. Zudem könne der Verschuldensmaßstab nicht allein auf objektiver Ebene geprüft werden. Der Grundsatz der formellen Publizität bei der Verkündung von Gesetzen bedeute lediglich, dass die Gesetze mit deren Verkündung für alle betroffenen Bürger gälten. Eine ganz andere Frage sei es aber, welche nachteiligen Konsequenzen sich aus einer Rechtsverletzung ergeben dürften. In subjektiver Hinsicht sei ihm jedenfalls kein Vorwurf zu machen, denn er sei davon ausgegangen, dass sich alles so verhalten werde, wie in den vergangenen Jahren. Zudem sei bei fehlender Aufklärung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber gemäß § 2 SGB III davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer seine Obliegenheit nicht schuldhaft verletzt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 22. September 2004 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. April 2004 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, dem Kläger sei zwar eine angemessene Überlegungsfrist für die Arbeitsuchendmeldung zuzugestehen. Sie erachte eine Frist von einer Woche, beginnend mit dem Tag nach Kenntnis des Klägers von der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses, als angemessen. Dass der genaue Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt des Zugangs des Kündigungsschreibens noch nicht bekannt gewesen sei, könne keine entscheidende Rolle spielen. Unbeachtlich sei auch, dass in den zurückliegenden Jahren von ihr Vermittlungsmaßnahmen für die Wintermonate nicht eingeleitet worden seien. Ob dem Kläger die Pflicht aus § 37b SGB III bekannt gewesen sei, sei unerheblich.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung der Entscheidung des LSG und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Es fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG für eine abschließende Entscheidung darüber, ob die Beklagte zu Recht den Alg-Anspruch des Klägers gemäß § 140 SGB III (hier idF, die die Norm durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 – BGBl I 4607 – erhalten hat) wegen eines Verstoßes des Klägers gegen § 37b SGB III gemindert hat.
Gegenstand des Verfahrens und damit auch des Revisionsverfahrens sind das Schreiben der Beklagten vom 9. Januar 2004 und der Bewilligungsbescheid vom 13. Januar 2004, die eine rechtliche Einheit im Sinn eines einheitlichen Bescheides über die Bewilligung des Alg und damit auch die Höhe des Alg-Anspruchs darstellen (Bundessozialgericht ≪BSG≫, Urteile vom 25. Mai 2005 – B 11a/11 AL 81/04 R und B 11a/11 AL 47/04 R; vgl auch die Urteile des Senats vom 18. August 2005 – B 7a AL 4/05 R und B 7a/7 AL 94/04 R; zu anderen entsprechenden Konstellationen im Arbeitsförderungsrecht vgl Eicher in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 40 RdNr 9 mwN zur Rechtsprechung des BSG). Die Einheit ergibt sich hier bereits formal daraus, dass zum einen der Bescheid vom 9. Januar 2004 ergänzend auf den späteren, gesondert zugehenden Bewilligungsbescheid Bezug nimmt, und zum anderen daraus, dass der Bewilligungsbescheid seinerseits hinsichtlich der Minderung selbst wiederum auf das Schreiben (= Bescheid) vom 9. Januar 2004 verweist (vgl im Einzelnen BSG Urteil vom 18. August 2005 – B 7a AL 4/05 R). Bei einem Rechtsstreit über die Minderung des Alg handelt es sich zwar um einen sog Höhenstreit, bei dem nach der ständigen Rechtsprechung des 7. und 11. Senats des BSG grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen sind (BSG, Urteile vom 25. Mai 2005 – B 11a/11 AL 81/04 R und B 11a/11 AL 47/04 R). Dieser Überprüfung und der des bei der Alg-Bewilligung zu Grunde gelegten Bemessungsentgelts bedarf es aber dann nicht, wenn der Kläger – in der Regel nach entsprechender Erörterung bzw Nachfrage – seine Klage ausdrücklich auf die Anfechtung der Minderung selbst beschränkt (BSG, Urteil vom 18. August 2005 – B 7a AL 4/05 R). Dies hat der Kläger vorliegend im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht getan. Er hat ausdrücklich klargestellt, dass er die Klage auf die Beseitigung der Minderung des Alg beschränkt. Es ist deshalb gerechtfertigt, die Überprüfung auf die Minderung als solche zu beschränken. Dies folgt – wie der Senat an anderer Stelle ausführlich begründet hat (BSG, Urteil vom 18. August 2005 – B 7a AL 4/05 R) – aus dem Charakter des Bewilligungsbescheids. Dieser besteht insgesamt aus zwei Teilen: Der Verfügung über die Höhe des ungeminderten Alg und derjenigen über den Minderungsbetrag. Diese Trennung erlaubt es, entgegen der bei Klagen auf höhere Leistung üblicherweise vorzunehmenden vollen Überprüfung aller die Leistungshöhe und auch den Leistungsgrund bestimmenden Faktoren einen beschränkten Streitgegenstand des Verfahrens anzunehmen, wenn der Kläger eine solche Beschränkung will.
Ob allerdings vorliegend die Voraussetzungen des § 37b SGB III (hier idF des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 – BGBl I 4607) für die gemäß § 140 SGB III vorzunehmende Minderung erfüllt sind, kann nicht abschließend entschieden werden. Nach § 37b Satz 1 SGB III sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis (hier das Beschäftigungsverhältnis, § 25 SGB III) endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Hierbei handelt es sich um eine typische versicherungsrechtliche Obliegenheit (BSG, Urteil vom 25. Mai 2005 – B 11a/11 AL 81/04 R). Zu deren Konkretisierung ist auf die Legaldefinition des § 121 Abs 1 Satz 1 BGB (“ohne schuldhaftes Zögern”) zurückzugreifen (BSG aaO). Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Unkenntnis über die Obliegenheit nicht ohne rechtliche Bedeutung (BSG aaO). Vielmehr ist im Rahmen des Kriteriums “ohne schuldhaftes Zögern” zu prüfen, ob der Leistungsempfänger zumindest fahrlässig in Unkenntnis war (BSG aaO), wobei wie auch in anderen Bereichen des Sozialrechts anders als nach dem BGB ein subjektiver Maßstab anzuwenden ist (BSG aaO). Zu prüfen ist mithin, ob der Leistungsempfänger nach seinem individuellen Vermögen fahrlässig in Unkenntnis über die ihm auferlegte Obliegenheit war und sich fahrlässig nicht unmittelbar nach dem Zeitpunkt der Kenntnis über die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses bei der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet hat (dazu etwa Otto, NZS 2005, 288, 290).
Diese Prüfung wird das LSG nachzuholen haben. Das LSG ist bei seiner Entscheidung zu Unrecht nicht von einem subjektiven (zu diesem Maßstab BSG aaO), sondern von einem objektiven Fahrlässigkeitsmaßstab ausgegangen. § 37b SGB III geht jedoch von einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab aus, wobei die Norm keinen gesteigerten Fahrlässigkeitsvorwurf (BSG aaO) verlangt, wie ihn der Senat in einem anderen Fall der Obliegenheitsverletzung angenommen hat, weil dort die Obliegenheit selbst nicht im Gesetz vorgesehen war (BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 3).
Das LSG wird im Rahmen der nachzuholenden tatsächlichen Ermittlungen dabei zunächst festzustellen haben, wann der Kläger sicher davon ausgehen konnte, dass sein Beschäftigungsverhältnis zu einem konkreten Zeitpunkt enden werde. Zu Recht hat die Revision insoweit vorgetragen, dass aus dem Inhalt des Kündigungsschreibens vom 29. September 2003 nicht notwendigerweise gefolgert werden kann, dass das Arbeitsverhältnis zum 1. Dezember 2003 gekündigt werden sollte. Nach dem Inhalt dieser Kündigungserklärung hätte der Zeitpunkt der – möglicherweise lediglich vorläufigen – Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch zu einem späteren Zeitpunkt als dem 1. Dezember 2003 erfolgen können, was hier auch tatsächlich der Fall war, weil der Kläger tatsächlich bis 14. Dezember 2003 weiter gearbeitet hat. Es ist daher zunächst genau festzustellen, zu welchem Zeitpunkt der Kläger auf Grund einer Kündigungserklärung seines Arbeitgebers wusste, dass er ab 15. Dezember 2003 nicht mehr in einem Versicherungspflichtverhältnis stehen bzw arbeitslos sein wird. Die Arbeitsbescheinigung weist insofern eine Kündigung am 30. September 2003 zum 14. Dezember 2003 aus, die bislang so nicht festgestellt ist. Das LSG ist zu Unrecht davon ausgegangen, für die Kenntnis vom Beendigungszeitpunkt iS des § 37b Satz 1 SGB III reiche es aus, dass ein Arbeitnehmer wisse, dass sein Arbeitsverhältnis irgendwann im Verlauf eines Monats enden werde. § 37b SGB III verlangt vielmehr die Kenntnis des konkreten Beendigungszeitpunkts des Versicherungspflichtverhältnisses (vgl auch Coseriu/Jakob in PK-SGB III, 2. Aufl 2004, RdNr 6 zu § 37b; Brand in Niesel, SGB III, 3. Aufl 2005, RdNr 7 zu § 37b).
Für die Feststellung des Fahrlässigkeitsvorwurfes hinsichtlich der Obliegenheitsverletzung gemäß § 37b SGB III dürfte es hingegen keine Rolle spielen, dass der Kläger ab Februar 2004 fest mit einer Wiedereinstellung bei seinem bisherigen Arbeitgeber rechnen konnte. Ergibt sich hingegen nach den weiteren Ermittlungen des LSG, dass der Kläger aus bislang noch nicht festgestellten Gründen fahrlässig in Unkenntnis über seine Meldepflicht war und stellt das LSG auch den Zeitpunkt fest, zu dem der Kläger sichere Kenntnis vom tatsächlich eingetretenen Beendigungszeitpunkt seines Versicherungspflichtverhältnisses hatte, so tritt ab diesem Zeitpunkt die Obliegenheit gemäß § 37b SGB III ein, sich unverzüglich arbeitsuchend zu melden. Der Senat ist insofern zur Bestimmung des Begriffs unverzüglich nicht der Verwaltungspraxis der Beklagten gefolgt, die aus Kulanzgründen eine Arbeitsuchendmeldung am siebten Tag nach Kenntniserlangung noch ausreichen lässt (hierzu und zur Berechnung der Tage der Minderung des Alg gemäß § 140 Satz 2 SGB III vgl Urteil des Senats vom 18. August 2005 – B 7a/7 AL 94/04 R).
Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.
Fundstellen