Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Bemessungsentgelt. Einmalzahlungen. tarifliche regelmäßige Arbeitszeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Erhöhung des Bemessungsentgelts nach Maßgabe des § 434c SGB III für die Zeit vor dem 1.1.1997 ist ausgeschlossen.
2. Die Regelung des § 112 Abs. 3 Satz 1 AFG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; AFG § 111 Abs. 1, §§ 112, 112a; SGB III § 434c Abs. 1
Beteiligte
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 13. Mai 1996 bis 31. Juli 1997.
Der 1943 geborene Kläger war von April 1983 bis Dezember 1994 in einem Milchwerk als Kraftfahrer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Manteltarifvertrag für Molkereien und Käsereien im Land Nordrhein-Westfalen Anwendung; dieser sah eine tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 37 Stunden vor.
Vom 1. Januar 1995 bis 12. Mai 1996 bezog der Kläger Kranken- bzw Übergangsgeld. Am 10. Mai 1996 meldete er sich mit Wirkung zum 13. Mai 1996 arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte bewilligte ihm Alg ab 13. Mai 1996 für die Dauer von 676 Tagen. Der Bemessung legte die Beklagte den erhöhten Leistungssatz nach Leistungsgruppe C und ein Bemessungsentgelt von 790 DM bzw von 820 DM ab Dezember 1996 zu Grunde (Bescheid vom 3. Juli 1996, Widerspruchsbescheid vom 20. September 1996, Bescheide vom 16. Dezember 1996 und 13. Januar 1997).
Während des Klageverfahrens hat der Kläger eine Arbeitsentgeltbescheinigung seines Arbeitgebers vom 29. Oktober 1997 vorgelegt, wonach er in der Zeit von Juni bis November 1994 ein Arbeitsentgelt von insgesamt 41.366,57 DM zuzüglich 780 DM Urlaubsgeld und 3.307,20 DM Weihnachtsgeld erzielt habe. Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Abänderung der erlassenen Bescheide verurteilt, dem Kläger Alg ab 13. Mai 1996 unter Zugrundelegung eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 890 DM bzw ab 2. Dezember 1996 von 920 DM zu gewähren; die weiter gehende Klage hat das SG abgewiesen (Urteil vom 4. Oktober 1999). Zur Begründung hat das SG nach Hinweisen auf die §§ 111 und 112 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ua ausgeführt: Bei der Berechnung des der Bemessung zugrundezulegenden Stundenlohnes seien auch die Überstunden einschließlich der Mehrarbeitszuschläge in vollem Umfang zu berücksichtigen. Nicht berücksichtigt werden könnten allerdings steuer- und beitragsfreie Zuschläge sowie das Urlaubs- und das Weihnachtsgeld, sodass insgesamt 41.366,57 DM verblieben. Nach Teilung durch die bescheinigte Stundenzahl von 1763,6 ergebe sich ein Stundenlohn von 23,46 DM sowie nach Vervielfältigung mit der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit von 37 Stunden ein Bemessungsentgelt von (gerundet) 870 DM bzw nach Anpassung gemäß § 112a AFG von 890 DM. Ab 2. Dezember 1996 sei das Entgelt auf 920 DM zu dynamisieren. Darüber hinaus habe der Kläger keine Ansprüche.
Nach Einlegung der Berufung durch den Kläger hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht (LSG) ein Teilanerkenntnis dahin abgegeben, dem Kläger vom 1. Januar bis 31. Juli 1997 Alg nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 1.010 DM zu zahlen; der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis nicht angenommen. Das LSG hat daraufhin die Berufung des Klägers mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Kläger Alg nur in der Zeit vom 13. Mai 1996 bis 31. Juli 1997 zustehe, und zwar vom 1. Januar bis 31. Juli 1997 in Höhe des Teilanerkenntnisses der Beklagten (Urteil vom 4. Juli 2001). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt: Dem Kläger stehe Alg nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt für die Zeit ab 13. Mai 1996 von 890 DM, ab 2. Dezember 1996 von 920 DM und ab 1. Januar 1997 von 1.010 DM zu. Wegen der rechtlichen Grundlagen für die Berechnung des Alg und hinsichtlich der Berechnung des Lohnfaktors (Stundenlohn 23,46 DM) werde auf das Urteil des SG gemäß § 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen. Das SG habe ferner zu Recht einen Zeitfaktor von 37 Stunden zu Grunde gelegt. Auf das Beschäftigungsverhältnis sei der Manteltarifvertrag für Molkereien und Käsereien im Land Nordrhein-Westfalen vom 9. August 1990 anwendbar; er gelte auch für Kraftfahrer. Während des Beschäftigungsverhältnisses seien die Arbeitsvertragsparteien von der tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit von 37 Stunden ausgegangen; dies ergebe sich daraus, dass nach den Lohnabrechnungen die über 37 hinausgehenden Arbeitsstunden als Überstunden vergütet worden seien. Es sei weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen, dass sein Arbeitgeber ihm eine wöchentliche Mindeststundenzahl habe garantieren wollen. Die Regelung des § 112 Abs 3 AFG sei nicht verfassungswidrig. Gegenteiliges sei auch nicht dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 24. Mai 2000 zu entnehmen. Auch das Bundessozialgericht (BSG) habe in einem Urteil vom 14. Dezember 2000 in Kenntnis der Rechtsprechung des BVerfG die Anwendung des § 112 Abs 3 und 4 AFG für unproblematisch gehalten. Entgegen der Auffassung des Klägers sei das Bemessungsentgelt gemäß § 434c Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nur für die Zeit ab 1. Januar 1997 pauschal um 10 % zu erhöhen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht der Kläger geltend: Das LSG habe seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass bei der Berechnung des Lohnfaktors und des Zeitfaktors im Rahmen der Ermittlung der Höhe des Alg allein § 112 AFG anzuwenden sei; dies führe dazu, dass beim Zeitfaktor die durchschnittliche tarifliche regelmäßige Arbeitszeit von 37 Stunden wöchentlich zu Grunde zu legen sei. Dies bedürfe der Überprüfung. Denn darin liege ein Verstoß gegen Art 3 Grundgesetz (GG). Er habe im Bemessungszeitraum eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 64,62 Stunden erbracht; es würden also 27,62 Wochenstunden bei der Bemessung des Alg nicht berücksichtigt, obgleich auch für diesen Anteil Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet worden seien. Dies bedeute, dass 42,75 % der wöchentlichen Arbeitszeit bei der Alg-Bemessung keine Rolle spielten. Es sei nicht nachvollziehbar und vom Gesetzgeber auch offensichtlich nicht gewollt, dass ein Lohnanteil von 42,75 % für die Berechnung des Alg wertlos sein solle.
Während des Revisionsverfahrens hat die Beklagte das Alg unter Zugrundelegung des nach der Beurteilung des LSG für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 1997 anzusetzenden Bemessungsentgelts von 1.010 DM bewilligt (Bescheid vom 4. Oktober 2001).
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des SG vom 4. Oktober 1999 sowie das Urteil des LSG vom 4. Juli 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 3. Juli 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 1996, der Bescheide vom 16. Dezember 1996 und 13. Januar 1997, des Änderungsbescheides aus September 2000 und des Änderungsbescheides vom 4. Oktober 2001 zu verurteilen, ihm das Alg nach einem im Zeitraum Juni bis November 1994 erzielten Arbeitsentgelt von 45.453,77 DM und nach einem Zeitfaktor von mindestens 64,62 Stunden wöchentlich zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor, das LSG habe unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zutreffend entschieden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des LSG beruht nicht auf einer Verletzung revisiblen Rechts. Das dem Kläger zustehende Alg ist – wie das LSG zutreffend entschieden hat – nach wöchentlichen Bemessungsentgelten von 890 DM (ab 13. Mai 1996), 920 DM (ab 2. Dezember 1996) und 1.010 DM (ab 1. Januar 1997) zu berechnen.
1. Die Höhe des an den Kläger in der Zeit ab 13. Mai 1996 zu zahlenden Alg, dessen Anspruchsvoraussetzungen unzweifelhaft erfüllt sind, bestimmt sich nach § 111 AFG in der Fassung, die die Vorschrift durch das Erste Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1. SKWPG) vom 21. Dezember 1993, BGBl I 2353, erhalten hat. Nach § 111 Abs 1 AFG beträgt das Alg für Arbeitslose mit mindestens einem Kind – wie hier der Kläger – 67 vom Hundert des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts. Arbeitsentgelt im Sinne des § 111 Abs 1 AFG ist gemäß § 112 AFG in der hier anwendbaren Fassung, die die Vorschrift durch das Zweite Gesetz zur Änderung des AFG im Bereich des Baugewerbes vom 15. Dezember 1995, BGBl I 1809, erhalten hat, das Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose in den abgerechneten Lohnabrechnungszeiträumen der letzten sechs Monate der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor dem Entstehen des Anspruchs durchschnittlich in der Woche erzielt hat (§ 112 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 AFG). Für die Berechnung des in der Woche durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelts wird das im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Arbeitsstunde erzielte Arbeitsentgelt mit der Zahl der Arbeitsstunden vervielfacht, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt (§ 112 Abs 3 Satz 1 AFG).
Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, das hinsichtlich der Berechnung des Alg auf die Gründe des Urteils des SG Bezug genommen hat, hat der Kläger im Bemessungszeitraum der letzten sechs abgerechneten Monate seiner Beschäftigung (Juni bis November 1994) ein Bruttoarbeitsentgelt von 41.366,57 DM in 1.763,6 Arbeitsstunden erzielt. An diese Feststellungen ist der Senat gebunden (§ 163 SGG). Soweit das SG bei der Ermittlung des Bruttoarbeitsentgelts von 41.366,57 DM unter Hinweis auf das Urteil des 7. Senats des BSG vom 25. Juni 1999, B 7 AL 16/98 R, DBlR 4546a AFG § 112, steuer- und beitragspflichtige Mehrarbeitszuschläge einbezogen hat, bedarf es keiner rechtlichen Überprüfung durch den Senat, ob dies zu Recht oder zu Unrecht geschehen ist. Denn die Nichtberücksichtigung von Zuschlägen würde bei gleicher Stundenzahl allenfalls zu einer Verminderung des ermittelten durchschnittlich in der Arbeitsstunde erzielten Arbeitsentgelts, mithin zu einem für den Kläger ungünstigeren Zwischenergebnis, führen.
Auf die Unrichtigkeit der Berechnung des Betrages von 41.366,57 DM durch SG und LSG beruft sich der Kläger, der allein deren Urteile angefochten hat, auch nicht; er macht vielmehr – wie sich auch seinem Revisionsantrag entnehmen lässt – nur geltend, es seien zusätzlich Urlaubsgeld von 780 DM und Weihnachtsgeld von 3.307,20 DM (insgesamt also 45.453,77 DM) zu berücksichtigen. Diese einmaligen Zuwendungen müssen jedoch gemäß § 112 Abs 1 Satz 2 AFG für die Zeit bis Ende Dezember 1996 außer Betracht bleiben. Denn nach § 434c Abs 1 SGB III – eingefügt durch das Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz vom 21. Dezember 2000, BGBl I 1971 – ist das Bemessungsentgelt in Fällen, in denen – wie hier – § 112 AFG in der bis 31. Dezember 1997 geltenden Fassung Anwendung findet, erst für die Zeit ab 1. Januar 1997 um 10 Prozent zu erhöhen.
Entgegen dem Vortrag des Klägers ist deshalb eine Erhöhung nach Maßgabe des § 434c SGB III für die Zeit vor dem 1. Januar 1997 ausgeschlossen. Dies ist auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht unbedenklich. Denn das BVerfG hat in Entscheidungen vom 11. Januar 1995 und vom 24. Mai 2000, worauf das LSG zutreffend hingewiesen hat, klargestellt, dass das frühere – beanstandete – Recht der Nichtberücksichtigung von zu Beiträgen herangezogenen Einmalzahlungen bei der Leistungshöhe im Interesse der Rechtssicherheit jedenfalls noch bis zum 31. Dezember 1996 angewendet werden kann (BVerfGE 92, 53, 73 f = SozR 3-2200 § 385 Nr 6; BVerfGE 102, 127, 146 = SozR 3-2400 § 23a Nr 1). Bei der Regelung des § 434c SGB III handelt es sich im Übrigen um eine pauschalierende und typisierende Regelung, die, auch soweit sie in Einzelfällen mit Härten verbunden sein mag, als notwendig und damit als verfassungsrechtlich unbedenklich anzusehen ist (vgl BT-Drucks 14/4371 S 14; Schlegel in Hennig, SGB III, § 434c Rz 31).
Auszugehen ist somit bei einem in insgesamt 1.763,6 Arbeitsstunden erzielten Entgelt von 41.366,57 DM von einem durchschnittlich in der Arbeitsstunde erzielten Entgelt von 23,46 DM. SG und LSG haben diesen Betrag von 23,46 DM mit der Zahl von 37 Arbeitsstunden, nämlich der für die letzte Beschäftigung des Klägers maßgeblichen tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit, vervielfacht (§ 112 Abs 3 Satz 1 AFG); dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Das LSG hat die Stundenzahl von 37 und deren rechtliche Einordnung als tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit den Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Molkereien und Käsereien im Land Nordrhein-Westfalen entnommen und es hat darüber hinaus festgestellt, dass die tariflichen Bestimmungen auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fanden. Dies deckt sich mit dem Inhalt der Gerichts- und Leistungsakten, auf die das LSG im Tatbestand seines Urteils ergänzend Bezug genommen hat: Der Arbeitsvertrag des Klägers enthält einen Hinweis auf die Anerkennung des jeweils gültigen Tarifvertrages und die für die Beschäftigung des Klägers maßgebliche Betriebsordnung sieht ausdrücklich vor, dass als regelmäßige Arbeitszeit die im Manteltarif für Molkereien und Käsereien in Nordrhein-Westfalen festgelegte Arbeitszeit gilt (Bl 19 und 35 SG-Akten). Ferner hat das LSG darauf abgestellt, dass nach den Lohnabrechnungen für alle über 37 hinausgehenden Arbeitsstunden Überstundenvergütungen gezahlt wurden. Die Auslegung des Manteltarifvertrages (tarifliche regelmäßige Arbeitszeit von 37 Stunden) durch das LSG vermag der Senat nicht zu überprüfen. Denn der herangezogene Tarifvertrag hat kein Bundesrecht zum Inhalt und sein Geltungsbereich erstreckt sich nicht über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus (§ 162 SGG); auch ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass bewusst und gewollt inhaltlich gleiche Vorschriften außerhalb Nordrhein-Westfalens vereinbart wären (vgl BSGE 50, 121, 123 f = SozR 4100 § 117 Nr 3; SozR 4100 § 117 Nr 14). Soweit das LSG die im Tarifvertrag vorgesehene regelmäßige Arbeitszeit von 37 Stunden deswegen als tarifliche regelmäßige Arbeitszeit im Sinne des § 112 Abs 3 Satz 1 AFG angesehen hat, weil die Arbeitsvertragsparteien die Anwendung der tariflichen Bestimmungen vereinbart und auch durch die Zahlung bzw den Erhalt von Überstundenvergütungen ab der 38. Arbeitsstunde praktiziert haben, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden (vgl BSGE 51, 64, 67 f = SozR 4100 § 112 Nr 15). Auch der Kläger erhebt in seiner Revisionsbegründung keine Einwendungen mehr dagegen, dass die durchschnittliche tarifliche regelmäßige Arbeitszeit mit 37 Stunden anzusetzen ist.
Aus dem maßgeblichen Stundensatz von 23,46 DM und der tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit von 37 Stunden errechnet sich unter Berücksichtigung von § 112 Abs 10 AFG ein gerundetes wöchentliches Bemessungsentgelt von 870 DM. Dieser Betrag war gemäß § 112a AFG in der Fassung des 1. SKWPG in Verbindung mit § 1 Nr 2 der AFG-Anpassungsverordnung 1995 vom 11. Mai 1995, BGBl I 688, nach Ablauf eines Jahres seit dem Ende des Bemessungszeitraums (Ende November 1994), also ab Dezember 1995, mit einem Faktor von 1,0218 anzupassen, woraus sich ein der Bemessung ab 13. Mai 1996 zugrundezulegendes – gerundetes – Arbeitsentgelt von 890 DM ergibt. Hiervon sind die Vorinstanzen somit zu Recht ausgegangen.
2. Mit ihrem Einwand, diese Bestimmung des Bemessungsentgelts verstoße im vorliegenden Fall der erheblichen Überschreitung der tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit gegen Art 3 GG, kann die Revision nicht durchdringen. Nach der bereits mehrfach zum Ausdruck gebrachten Auffassung des Senats ist vielmehr die den Zeitfaktor begrenzende Regelung des § 112 Abs 3 Satz 1 AFG in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (vgl zuletzt Urteil des Senats vom 8. November 2001, B 11 AL 43/01 R, mwN).
Die Begrenzung auf eine tarifliche regelmäßige Arbeitszeit beruht ua auf der Erwägung, es könne nicht unterstellt werden, dass der Leistungsempfänger, der im Bemessungszeitraum eine besonders hohe Arbeitsleistung erbracht hat, Gelegenheit haben wird, diese fortlaufend auch in einer anderen Beschäftigung zu erbringen (BSGE 51, 64, 66 = SozR 4100 § 112 Nr 15; Urteil des Senats vom 14. Dezember 2000, B 11 AL 60/00 R, unveröffentlicht). Die Regelung des § 112 Abs 3 Satz 1 AFG ist deshalb nicht willkürlich; soweit in Einzelfällen Unterschiede bei der Bemessung von Alg auftreten, handelt es sich um notwendige und verfassungsrechtlich hinnehmbare Folgen einer typisierenden Regelung (BVerfGE 51, 115, 122 f = SozR 4100 § 112 Nr 10). Auch ist der Gesetzgeber bei der Gestaltung sozialrechtlicher Systeme nicht gehalten, Geldleistungen der Höhe nach in voller Äquivalenz zu den Beiträgen festzusetzen (BVerfGE aaO S 124).
Eine Verfassungswidrigkeit des § 112 Abs 3 Satz 1 AFG kann auch nicht etwa den Entscheidungen des BVerfG vom 11. Januar 1995 und vom 24. Mai 2000 (aaO) entnommen werden. Diese Entscheidungen betreffen gerade nicht die Begrenzung der Höhe von Alg durch den Zeitfaktor. Vielmehr hat das BVerfG in beiden Entscheidungen ausdrücklich an seiner früheren Rechtsprechung festgehalten, wonach es bei der Bemessung kurzfristiger Lohnersatzleistungen von Verfassungs wegen nicht geboten ist, eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen entrichteten Beiträgen und Leistungshöhe herzustellen (BVerfGE 92, 53, 71 = SozR 3-2200 § 385 Nr 6 mit Hinweis ua auf BVerfGE 51, 115, 124 = SozR 4100 § 112 Nr 10; BVerfGE 102, 127, 142 = SozR 3-2400 § 23a Nr 1; vgl im Übrigen das Urteil des Senats vom 8. November 2001, B 11 AL 43/01 R).
3. Nicht zu beanstanden ist das Urteil des LSG, soweit es die Entscheidung des SG hinsichtlich des Bemessungsentgelts für die Zeit ab 2. Dezember 1996 bestätigt hat. Da nach § 112a Abs 1 AFG das für die Bemessung maßgebende Arbeitsentgelt „jeweils” nach Ablauf eines Jahres seit dem Ende des Bemessungszeitraums anzupassen ist, ist auch für die Zeit ab Dezember 1996 gemäß § 1 Nr 2 der AFG-Anpassungsverordnung 1996 vom 12. Juni 1996, BGBl I 817, eine Änderung unter Heranziehung eines Anpassungsfaktors von 1,0342 vorzunehmen. Der Betrag von 890 DM ist deshalb ab 2. Dezember 1996 – der 1. Dezember 1996 war ein Sonntag, vgl § 114 AFG – auf (gerundet) 920 DM zu erhöhen.
4. Ebenso rechtsfehlerfrei hat das LSG für die Zeit vom 1. Januar 1997 bis 31. Juli 1997 die Beklagte, deren Teilanerkenntnis der Kläger nicht angenommen hat, verpflichtet, das Bemessungsentgelt für die genannte Zeit auf 1.010 DM zu erhöhen. Diese Verpflichtung folgt aus § 434c Abs 1 SGB III. Danach ist § 112 AFG mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bemessungsentgelt, das sich vor der Rundung ergibt, ab 1. Januar 1997 um 10 Prozent zu erhöhen ist. Das im Dezember 1996 angepasste Bemessungsentgelt von ungerundet 920,438 erhöht sich demnach um 10 Prozent auf 1.012,481 und sodann in Anwendung des § 112 Abs 10 AFG nach Rundung auf 1.010 DM.
5. Die Revision des Klägers bleibt somit ohne Erfolg. Die Entscheidung des Senats umfasst nicht den erst im Revisionsverfahren ergangenen Bescheid vom 4. Oktober 2001. Soweit der Kläger die Unrichtigkeit der durch diesen Bescheid erfolgten Umsetzung des Urteils des LSG hinsichtlich des Zeitraums ab 1. Januar 1997 geltend machen sollte, ist auf § 171 Abs 2 SGG hinzuweisen, wonach ein während des Revisionsverfahrens erlassener Verwaltungsakt unter den dort bezeichneten Voraussetzungen als mit der Klage beim SG angefochten gilt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 708099 |
SozSi 2003, 399 |