Beteiligte
Kläger und Revisionsbeklagter |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Streitig ist die Gewährung von Haushaltshilfe.
Der Kläger ist Mitglied der Beklagten. Seine Ehefrau mußte wegen eines terminalen Nierenversagens wöchentlich dreimal an ein Dialysegerät (sogenannte künstliche Niere) angeschlossen werden. Sie hielt sich deshalb jeweils etwa 6 Stunden in einem Krankenhaus auf. Während dieser Zeit ließ der Kläger seinen Haushalt, in dem zwei noch nicht 8 Jahre alte Kinder lebten, von einer durch einen Caritasverband vermittelten Ersatzkraft besorgen. Unter Hinweis auf eine Aufstellung über die von der Ersatzkraft in der Zeit von 24. März bis 16. Juni 1977 geleisteten Arbeitsstunden beantragte er am 26. Juli 1977 die Gewährung von Haushaltshilfe. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom selben Tage ab, weil es sich bei der Dialysierung nicht um Krankenhauspflege handele. Der Widerspruch hatte keinen Erfolg. Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte für verpflichtet erklärt, dem Kläger Haushaltshilfe zu gewähren, soweit er nicht durch Tarifurlaub oder aus anderen Gründen gegebener Arbeitsfreiheit in der Lage sei, den Haushalt allein zu führen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Gestellung einer Haushaltshilfe i. S. des § 185b der Reichsversicherungsordnung (RVO) seien an den Tagen gegeben, an denen sich die Ehefrau des Klägers im Krankenhaus an eine künstliche Niere habe anschließen lassen müssen. Eine stationäre Behandlung sei nach dieser Vorschrift nicht Leistungsvoraussetzung.
Mit der - zugelassenen - Sprungrevision rügt die Beklagte Verletzung des § 185b RVO. Unter einem Aufenthalt in einem Krankenhaus sei nach dieser Vorschrift nur eine mehrere Tage dauernde Abwesenheit von der Familiengemeinschaft zu verstehen.
Die Beklagte beantragt,das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,die Revision zurückzuweisen.
Er meint, falls die Gewährung der Haushaltshilfe von einer stationären Krankenhausbehandlung hätte abhängig gemacht werden sollen, wäre vom Gesetzgeber eine Formulierung zu wählen gewesen, wie sie sich beispielsweise in den §§ 569a und 1237 b RVO sowie in § 56 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) finde.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Entgegen der Auffassung des SG war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger Haushaltshilfe zu gewähren.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist der durch das Gesetz zur Verbesserung von Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 12. Dezember 1973 (Leistungsverbesserungsgesetz - KLVG, BGBl. I 1925) mit Wirkung vom 1. Januar 1974 in die RVO eingefügte § 185b (vgl. § 1 Nr. 2, § 5 KLVG; geändert mit Wirkung vom 1. Oktober 1974 - § 45 Abs. 1 Rehabilitations-Angleichungsgesetz, Reha-AnglG - durch § 21 Nr. 10 RehaAnglG vom 7. August 1974, BGBl. I 1881). Nach Absatz 1 dieser Vorschrift erhalten Versicherte Haushaltshilfe, wenn ihnen oder ihrem Ehegatten wegen Aufenthalts in einem Krankenhaus oder in einer Entbindungsanstalt oder wegen eines Kuraufenthalts, dessen Kosten von der Krankenkasse ganz oder teilweise getragen werden, die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist, eine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann und in dem Haushalt ein Kind lebt, das das 8. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Diese Voraussetzungen waren nicht gegeben; die Ehefrau des Klägers war nicht "wegen Aufenthalts in einem Krankenhaus" an der Weiterführung des Haushalts gehindert.
Wird die Dialysierung - wie hier - in einem Krankenhaus durchgeführt, so handelt es sich bei der damit zwangsläufig verbundenen Anwesenheit des Dialysepatienten nicht um einen "Aufenthalt in einem Krankenhaus" i. S. des § 185b RVO. Entgegen der Auffassung des SG erfaßt diese Vorschrift als "Aufenthalt in einem Krankenhaus" ausschließlich die stationäre Krankenhausunterbringung. Das zeigt bereits die in ihr erfolgte Gleichstellung des "Aufenthalts in einem Krankenhaus" mit einem Kuraufenthalt; denn bei einem solchen handelt es sich schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch stets um eine stationäre Unterbringung außerhalb des eigenen Haushalts.
Daß unter einem "Aufenthalt in einem Krankenhaus" i.S. des § 185b RVO ausschließlich eine stationäre Krankenhausunterbringung zu verstehen ist, zeigen entgegen der Auffassung des Klägers auch die §§ 569a Nr. 4, 1237b Abs. 1 Nr. 5 RVO sowie § 14b Abs. 1 Nr. 5 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG), 36b Abs. 1 Nr. 5 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG), 26 Abs. 3 Nr. 4 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und § 56 Abs. 3 Nr. 4 AFG. Diese Vorschriften sind erst durch das Reha-AnglG geschaffen bzw. entsprechend geändert worden (vgl. § 21 Nrn. 53, 69; § 22 Nr. 7; § 23 Nr. 8; 27 Nr. 17; § 36 Nr. 4 RehaAnglG). Sie machen ebenso wie § 12 Nr. 6 RehaAnglG die Gewährung der Haushaltshilfe als "ergänzende Rehabilitationsleistung" ausdrücklich davon abhängig, daß der Behinderte, Verletzte, Betreute oder Beschädigte "außerhalb des eigenen Haushalts", also stationär untergebracht und ihm aus diesem Grund die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Die Pflichtleistung "Haushaltshilfe" ist in der gesetzlichen Krankenversicherung aber schon durch das KLVG eingeführt worden, und zwar als leistungsverbessernde Maßnahme (vgl. Urteil des Senats vom 10. Oktober 1978 - 3 RK 82/77 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Sie bestand hier also bereits vor dem Ergehen des RehaAnglG und wurde von diesem lediglich übernommen. Der Entwurf des RehaAnglG sah ihre Gewährung allerdings zunächst nicht vor (vgl. BT-Drucks. 7/1237 S. 7 § 12). Sie wurde erst auf Antrag des Bundestagsausschusses für Arbeit- und Sozialordnung in den Gesetzentwurf aufgenommen, und zwar durch Erweiterung des § 12 und damit als "ergänzende Leistung zur Rehabilitation" (vgl. BT-Drucks. 7/2245 S. 11 § 12). Das war ebenfalls als eine verbessernde Maßnahme gedacht; denn das RehaAnglG erklärt erstmals auch die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung zu Rehabilitationsträgern und verpflichtet alle Rehabilitationsträger zur Zusammenarbeit, zugleich aber jeden einzelnen von ihnen dazu, die Leistungen der Rehabilitation so vollständig und umfassend zu erbringen, daß Leistungen eines anderen Trägers nicht erforderlich werden (vgl. § 2 Abs. 1 , § 5 Abs. 1 und 2 RehaAnglG). Die in der gesetzlichen Krankenversicherung damals als Pflichtleistung bereits bestehende Haushaltshilfe sollte deshalb nunmehr als Rehabilitationsleistung auch von den übrigen Rehabilitationsträgern im Rahmen ihrer Zuständigkeit erbracht werden können. Wäre ihre Gewährung aber in der gesetzlichen Krankenversicherung - wie der Kläger und das SG meinen - nicht ebenfalls von der stationären, also "außerhalb des eigenen Haushalts" erfolgenden Unterbringung des Leistungsberechtigten oder seiner Ehefrau abhängig, dann wäre diese für die Gewährung der Rehabilitationsleistung "Haushaltshilfe" ausdrücklich geforderte Voraussetzung hier eine den Berechtigten benachteiligende Einschränkung; dem sie bedeutete gegenüber der für die gesetzliche Krankenversicherung bereits früher geschaffenen Pflichtleistungen 'Haushaltshilfe" eine Erweiterung der Gewährungsvoraussetzungen. Es bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür, daß die eine Verbesserung der Rehabilitationsmaßnahmen, bezweckende Einführung der Haushaltshilfe als Rehabilitationsleistung mit einer solchen den Berechtigten benachteiligenden Einschränkung verbunden worden sein könnte. Die für die Rehabilitationsleistung "Haushaltshilfe" nunmehr ausdrücklich normierte Gewährungsvoraussetzung der Unterbringung "außerhalb des eigenen Haushalts" muß deshalb für die in der gesetzlichen Krankenversicherung schon früher eingeführte Pflichtleistung "Haushaltshilfe" ebenfalls gelten, auch wenn sie hier nicht ausdrücklich normiert worden ist.
Schließlich darf nicht übersehen werden, daß - wäre die Auffassung des SG zutreffend - die Entscheidung der Frage, ob die Krankenkasse Haushaltshilfe zu gewähren hat, in vielen Fällen allein vom Willen des Versicherten abhinge. Das wird gerade bei der Dialysierung besonders deutlich. Diese Benutzung einer technischen Apparatur durch einen Nierenkranken kann bei dem Vorhandensein der erforderlichen technisch-apparativen Möglichkeiten sowohl in einem Krankenhaus, als auch in einer freien Dialysepraxis und schließlich als sogenannte Heimdialyse sogar im häuslichen Bereich des Kranken erfolgen. Der hierfür benötigte, bis zu 9 Stunden betragende Zeitaufwand (vgl. RdSchr des Bundesarbeitsministers vom 6. November 1975; BVBl. 1976, 2) hängt dabei ebensowenig vom Ort der Durchführung ab wie die Erfolgswirkung. Dennoch wäre Haushaltshilfe, setzte sie nicht auch die stationäre Krankenhausunterbringung voraus, beim Vorliegen ihrer sonstigen Voraussetzungen hier lediglich zu gewähren, wenn die Versicherte die Dialysierung in einem Krankenhaus vornehmen ließe. Als weiteres derartiges Beispiel kann die Schwangerenbetreuung (Schwangerschaftsüberwachung) dienen, deren Durchführung von der Feststellung der Schwangerschaft an üblicherweise alle vier bis sechs Wochen erfolgt. Sie kann ebenfalls sowohl in einer freien Arztpraxis als auch - z.B. bei Risikoschwangeren - in einer entsprechend eingerichteten Abteilung eines Krankenhauses und schließlich auch in einer Entbindungsanstalt vorgenommen werden (siehe die Mutterschaftsrichtlinien vom 16. Dezember 1974, DOK 1975, 303) - In § 185b RVO ist aber nur der Aufenthalt in einer Entbindungsanstalt einem Aufenthalt im Krankenhaus gleichgestellt. Auch hier wäre mithin Haushaltshilfe beim Vorliegen ihrer sonstigen Voraussetzungen nur zu gewähren, wenn die schwangere Versicherte sich in einem Krankenhaus oder einer Entbindungsanstalt betreuen ließe. Das Gesetz bietet jedoch keine Anhaltspunkte für die Annahme, daß der Gesetzgeber die Verpflichtung der Krankenkasse zur Gewinnung von Haushaltshilfe derart vom Willen des Versicherten hat abhängig machen wollen.
Nach alledem muß die Revision der Beklagten Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen