Leitsatz (amtlich)
Von dem im Inland ansässigen Arbeitgeber ins Ausland zur vorübergehenden Dienstleistung "entsandt" iS von § 1 Abs 2 BErzGG iVm § 1 Abs 1 Nr 2 Buchst a BKGG ist ein Arbeitnehmer, der sich von der Bundesrepublik Deutschland in einen anderen Staat begibt, wenn die Beschäftigung dort von vornherein zeitlich beschränkt und sichergestellt wird, daß danach die Weiter- oder Wiederbeschäftigung bei dem "Entsendungsarbeitgeber" im Inland gewährleistet ist (Abgrenzung zu und Fortführung von BSG vom 14.1.1987 10 RKg 20/85 SozR 5870 § 1 Nr 11).
Normenkette
BErzGG § 1 Abs 2; BKGG § 1 Abs 1 Nr 2 Buchst a Fassung: 1985-06-27; SGB 4 § 4 Abs 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist Erziehungsgeld für die Zeit eines Auslandsaufenthaltes (5. April bis 14. Juli 1986).
Die Klägerin hat am 5. April 1986 in Kopenhagen ihren Sohn Andreas geboren. Dort lebte sie damals mit ihrem Ehemann, dem die S. (S.) AG in München in einer Bescheinigung vom 24. April 1986 bestätigte, daß er "seit 1. August 1984 zu S. Kopenhagen versetzt ist" mit dem Zusatz: "Für die Dauer der Versetzung (voraussichtlich bis 31. Juli 1986) ruht das Beschäftigungsverhältnis zur S. AG". Am 15. Juli 1986 verzogen die Eheleute von Kopenhagen nach Braunschweig, wo der Ehemann der Klägerin seit August 1986 bei der S. AG arbeitet. Vom 15. Juli 1986 bis zum 4. Februar 1987 wurde der Klägerin Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) vom 6. Dezember 1985 (BGBl I S 2154) gewährt.
Den bereits im April 1986 gestellten, zunächst auf Kindergeld und Erziehungsgeld gerichteten und später auf Erziehungsgeld beschränkten Antrag lehnte die Bundesanstalt für Arbeit (BA) wegen des fehlenden Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts der Klägerin im Bundesgebiet und deshalb ab, weil auch kein Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 BErzGG iVm § 1 Nr 1 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) vorliege: Der Ehemann der Klägerin sei nicht von einem inländischen Betrieb zur vorübergehenden Dienstleistung in das Ausland entsandt worden, sondern für die Dauer seines Aufenthaltes in Dänemark bei einer selbständigen Tochtergesellschaft der Fa. S. AG beschäftigt gewesen (Bescheid vom 18. Juni 1986, Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 1986).
Das Sozialgericht Braunschweig (SG) hat die BA am 26. November 1987 verurteilt, "an die Klägerin Erziehungsgeld für ihren Sohn Andreas bereits ab der Geburt am 5. April 1986 zu zahlen". Das Landessozialgericht Niedersachsen (LSG) hat die - vom SG zugelassene - Berufung der BA zurückgewiesen. In der angefochtenen Entscheidung vom 3. Mai 1988 ist im wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe zwar während der streitigen Zeit weder ihren Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt; es reiche nicht aus, daß sie für Bad B. , wo ihre Eltern lebten, gemeldet gewesen sei. Sie erfülle jedoch die Voraussetzungen des nach § 1 Abs 2 BErzGG sinngemäß anzuwendenden § 1 Nr 2a BKGG, weil ihr Ehemann für den streitigen Zeitraum zur vorübergehenden Dienstleistung nach Dänemark entsandt gewesen sei. Sein Arbeits-Grundverhältnis sei im S.-Konzern verblieben und habe nur aus konzern-und steuerrechtlichen Gründen im Verhältnis zur S. AG in München geruht. Durch die formell-rechtliche Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses mit der S. AG Dänemark sei der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses nicht ins Ausland verlegt worden. Die S. AG in der Bundesrepublik habe für ihn während seines Aufenthalts in Dänemark Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet, und er sei in Abständen von zwei bis drei Wochen aus dienstlichen Gründen nach Deutschland gekommen. Er habe wegen seiner Fachkenntnisse bereit sein müssen, für die von vornherein auf zwei Jahre befristete Zeit nach Dänemark zu gehen, sei nach Ablauf dieser Zeit "programmgemäß" in die Bundesrepublik zurückgekehrt und habe eine Aufgabe bei der S. AG in Braunschweig übernommen. Der Schwerpunkt seiner rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse als Arbeitnehmer habe im Inland gelegen. Es komme darauf an, daß er trotz des formal neu begründeten Arbeitsverhältnisses mit der S. AG Dänemark noch ein "Standbein" in der Bundesrepublik gehabt und nicht "alle Brücken hinter sich abgebrochen" habe.
Die Beklagte - während des Revisionsverfahrens ist mit Wirkung vom 1. Januar 1989 durch sog. Funktionsnachfolge die Stadt Braunschweig an die Stelle der BA getreten (§§ 39 Abs 2, 10 Abs 1 Satz 2 und 3 BErzGG; Art 1 § 1 der Niedersächsischen VO zur Änderung der Allgemeinen Zuständigkeits-VO für die Gemeinden und Landkreise zur Ausführung von Bundesrecht vom 9. Dezember 1986, Nds GVBl 1988, 221) - rügt mit der vom LSG zugelassenen Revision die Verletzung materiellen Rechts. Der Ehegatte der Klägerin sei nicht im Rahmen eines im Bundesgebiet bestehenden Beschäftigungsverhältnisses "entsandt" worden. Sein Arbeitsverhältnis zu "S. Dänemark" begründe keine Rechtsbeziehung zur im Inland ansässigen Muttergesellschaft (Hinweis auf BSG vom 28. Februar 1980 - 8b RKg 6/79 - in SozR 5870 § 1 BKGG Nr 7). Das inländische - ruhende - Arbeitsverhältnis sei nicht anspruchsbegründend, weil es im Vergleich zum ausländischen weder den tatsächlichen noch den rechtlichen "Schwerpunkt" bilde. Vereinbarungsgemäß seien Grundelemente eines Arbeitsverhältnisses, wie Arbeitspflicht, Weisungsbefugnis, Lohn-, Urlaub-, Fürsorgegewährung und Beschäftigungsanspruch im Inland suspendiert gewesen. Der Entsendungstatbestand erfasse dagegen nur Fälle, die sich allein durch den Ort der Arbeitserbringung unterschieden. Jedenfalls liege der maßgebliche Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses dann nicht mehr im Bundesgebiet, wenn der Arbeitnehmer in ein Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber im Ausland eintrete und dort hauptsächlich tätig werde. Dies gelte auch, wenn die selbständige inländische Muttergesellschaft hieran ein Interesse habe. Die Vereinbarung, daß der bisherige Arbeitgeber (wohl) freiwillige Rentenbeiträge für den Ehemann der Klägerin weiter entrichtet habe, entspreche nicht arbeitsrechtlichen Grundpflichten und sei daher unerheblich. Die Rechtsauffassung des LSG würde zu einer nicht mehr tragbaren Unschärfe der Kriterien einer "Entsendung" führen und dem Arbeitnehmer letztendlich größtmögliche Rechte bei geringsten sozialrechtlichen Pflichten eröffnen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 3. Mai 1988 und das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 26. November 1987 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, ins Ausland entsandte deutsche Arbeitnehmer entrichteten zur inländischen Solidargemeinschaft Beiträge und dürften bei der Gewährung von Erziehungsgeld nicht diskriminiert werden. Anderenfalls würde sich deren Bereitschaft zu einer - für die deutsche Wirtschaft äußerst bedeutsamen - Entsendung ins Ausland erheblich verringern.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem SG der Klägerin den Anspruch auf Erziehungsgeld für die streitige Zeit vom 5. April bis zum 14. Juli 1986 zuerkannt und demgemäß die Berufung zurückgewiesen. Allerdings bedarf der Tenor des zusprechenden erstinstanzlichen Urteils einer ergänzenden Korrektur insofern, als der Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 1986 und der Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 1986 zu ändern sind. Denn die Klage betrifft, anders als es nach dem Tenor des sozialgerichtlichen Urteils den Anschein erweckt, keine echte Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG, sondern die kombinierte Anfechtungs- und (unechte) Leistungsklage iS des Abs 4 aaO. Dementsprechend hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG auch die Abänderung der beiden Bescheide beantragt, und es ist offenbar nur versehentlich unterblieben, dies in den Urteilstenor einzubeziehen, wie die Gründe des SG-Urteils deutlich machen (S 7: "..., so daß die Beklagte unter Änderung der angefochtenen Bescheide zur Zahlung ... zu verurteilen war").
Anspruchsgrundlage ist § 1 BErzGG. Nach dessen Abs 1 hat Anspruch auf Erziehungsgeld, wer - neben den hier vorliegenden Voraussetzungen, für ein nach dem 31. Dezember 1985 geborenes Kind sorgeberechtigt zu sein, mit ihm in einem Haushalt zu leben, es zu betreuen und zu erziehen und selbst keine oder keine volle Erwerbstätigkeit auszuüben (aaO Nrn 2 bis 4) - einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat (aaO Nr 1). Beides ist für die strittige Zeit des Aufenthalts der Klägerin in Dänemark vom LSG verneint worden. Soweit es hierzu tatsächliche Feststellungen getroffen hat, sind diese von der Klägerin nicht mit (Gegen-) Rügen angegriffen worden und daher für den Senat gemäß § 163 SGG bindend; die Subsumtion der festgestellten Tatsachen unter die Begriffe des Wohnsitzes und/oder gewöhnlichen Aufenthalts (vgl hierzu die in § 30 Abs 3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch -SGB 1- enthaltene Legaldefinition beider Begriffe) läßt keine Rechtsfehler erkennen und ist im übrigen von der Klägerin auch nicht in Zweifel gezogen worden.
Das somit (auch) im BErzGG verankerte Territorialitätsprinzip (Wohnlandprinzip) gilt aber nicht ausnahmslos. Denn nach § 1 Abs 2 BErzGG ist § 1 Nr 2 BKGG sinngemäß anzuwenden, und dies gilt auch für den Ehegatten einer hiernach berechtigten Person, wenn die Eheleute - wie vorliegend vom LSG bindend festgestellt worden ist - in einem Haushalt leben. Die Bezugsvorschrift - ursprünglich § 1 Nr 2 BKGG, inzwischen aufgrund der Anfügung eines Abs 2 durch das 11. Änderungsgesetz vom 27. Juni 1985 (BGBl I S 1251) mit Wirkung vom 1. Januar 1986: § 1 Abs 1 Nr 2 BKGG - stellt einer Person, die im Geltungsbereich des BKGG einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, gleich, wer ua "a) von seinem im Geltungsbereich dieses Gesetzes ansässigen Arbeitgeber oder Dienstherrn zur vorübergehenden Dienstleistung in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt, abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist ...". Hierbei sollen sich die Begriffe der Abordnung, Versetzung und Kommandierung lediglich auf Personen beziehen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis stehen (hM; zB Grüner/Dalichau, Bundeserziehungsgeldgesetz/Sozialgesetzbuch, Kommentar, Stand Oktober 1988, § 1 BErzGG Anm VII S 56; Wiegand, Kommentar zum BErzGG, Stand April 1987, § 1 RdNr 39; Zmarzlik/Zipperer/Viethen, Mutterschutzgesetz, 5. Aufl 1986, BErzGG § 1 RdNr 19; Hönsch, Erziehungs- und Kindergeldrecht, 1988, BErzGG § 1 RdNr 32a iVm BKGG § 1 RdNr 328; Igl, Bundeskindergeldgesetz, Ergänzungslieferung 2/87 § 1 Anm 1.26). Der Senat hält diese - für die zu treffende Entscheidung allerdings nicht ausschlaggebende - Differenzierung für richtig. Es kommt demnach im vorliegenden Fall darauf an, ob der Ehemann der Klägerin während der streitigen Zeit von seinem im Geltungsbereich des BKGG ansässigen Arbeitgeber zur vorübergehenden Dienstleistung in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs "entsandt" gewesen ist. Diese Voraussetzungen sind in der Person des Ehemannes der Klägerin erfüllt. Das ergibt eine sowohl am Wortlaut der Vorschrift orientierte als auch mit dem Sinn und Zweck des BErzGG im Einklang stehende Auslegung.
Danach erfordert die "Entsendung" von einem inländischen Arbeitgeber in ein Gebiet außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, daß sich der Arbeitnehmer von seinem Beschäftigungsort in der Bundesrepublik Deutschland in einen anderen Staat begibt, was grundsätzlich voraussetzt, daß er für den Arbeitgeber bereits im Inland gearbeitet hat (vgl BSG SozR 2100 § 4 Nr 3; SozR 2200 § 625 Nr 3; SozR 5870 § 1 Nr 9). Da eine Entsendung "zur vorübergehenden Dienstleistung" vorausgesetzt wird, muß die Beschäftigung außerhalb des Inlands von vornherein, sei es durch Vertrag oder durch besondere, sich aus der Natur der Sache ergebende Umstände (zB durch einen begrenzten Auftrag) zeitlich beschränkt sowie sichergestellt sein, daß nach Beendigung der Beschäftigung außerhalb des Geltungsbereichs die Weiter- oder Wiederbeschäftigung bei dem "Entsendungsarbeitgeber" im Inland gewährleistet ist. Ob wegen des Kriteriums der nur vorübergehenden Dienstleistung eine zeitliche Höchstgrenze zu setzen ist, braucht für den vorliegenden Rechtsstreit nicht geklärt zu werden; denn schon nach der bisherigen Rechtsprechung ist jedenfalls eine Auslandsbeschäftigung von zwei Jahren noch als vorübergehende Dienstleistung zu werten (BSG SozR 5870 § 1 Nr 7 S 13; vgl ferner BSGE 40, 57 f).
Nicht anwendbar ist dagegen im Zusammenhang mit der hier auszulegenden Vorschrift § 4 Abs 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB 4; "Ausstrahlung"). Denn das SGB 4 erstreckt seinen sachlichen Geltungsbereich nur auf die Gebiete der Krankenversicherung sowie der Unfall- und der Rentenversicherung einschließlich der Altershilfe für Landwirte (§ 1 Abs 1 SGB 4), während nach der Planung des Gesetzgebers für Kindergeld und Erziehungsgeld (hinsichtlich der Zusammenfassung dieser beiden Sozialleistungen vgl § 25 Abs 1 und 2 SGB 1) ein anderes Buch des Sozialgesetzbuchs vorgesehen ist (Art II § 1 Nrn 13 und 20 SGB 1). § 4 Abs 1 SGB 4 ist auch weder nach seinem Wortlaut mit § 1 Abs 1 Nr 2a BKGG identisch noch nach seinem Inhalt mit dieser Vorschrift deckungsgleich; denn er betrifft nur Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung, die eine Beschäftigung voraussetzen, und er läßt diese Vorschriften, die sich im Grundsatz auf Beschäftigungen (oder selbständige Tätigkeiten) im Bundesgebiet beschränken (vgl § 3 Nr 1 SGB 4), auch für Personen gelten, "die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist". Beim Vergleich von § 1 Abs 1 Nr 2a BKGG mit § 4 Abs 1 SGB 4 fällt insbesondere auf, daß im Kindergeldrecht - und damit auch auf dem Rechtsgebiet des Erziehungsgeldes - der Passus "im Rahmen eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses" fehlt. Nach der Überzeugung des Senats ist es weder geboten noch angebracht, diesen einengenden Begriffskomplex in die Vorschriften des § 1 Abs 2 BErzGG iVm § 1 Abs 1 Nr 2a BKGG hineinzuinterpretieren. Denn das BErzGG stellt auf den "Erziehungsort", nicht auf den Ort der Beschäftigung ab. Während nun § 4 Abs 1 SGB 4 - ausnahmsweise - Versicherungspflicht und Versicherungsberechtigung auf eine Beschäftigung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland bei im Inland weiter "bestehendem Beschäftigungsverhältnis" ausdehnt, regeln die oben genannten Vorschriften des Kindergeld- und Erziehungsgeldrechts die - ausnahmsweise - Anspruchsberechtigung während eines vorübergehenden Auslandsaufenthaltes, wenn der Arbeitnehmer aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im Inland in das Ausland zur vorübergehenden Dienstleistung "entsandt" worden ist mit der Folge, daß er seinen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verloren hat. Es wird also hier eine mit der Entsendung durch den Arbeitgeber verbundene gewisse Zwangslage nur bei abhängig Beschäftigten (anders § 4 Abs 3 SGB 4: Entsprechende Anwendung der Absätze 1 und 2 auf selbständig Tätige) als Grund für eine Verdrängung des Territorialitätsprinzips angenommen. Anders ausgedrückt, der Sicherung des Zwecks des BErzGG - nämlich einem Elternteil zu ermöglichen oder zu erleichtern, sich in der für die spätere Entwicklung entscheidenden ersten Lebensphase eines Kindes vorrangig dessen Betreuung und Erziehung zu widmen, sowie durch Erziehungsgeld die Erziehungsleistung der Familie anzuerkennen (vgl BT-Drucks 10/3792 S 13 und hierzu Urteil des Senats vom 12. Juli 1988 - 4/11a REg 4/87 - S 9) - wird der Vorrang vor der Wahrung des Territorialitätsprinzips eingeräumt.
Aus alledem folgt, daß entgegen der vom LSG vertretenen Auffassung während der "Entsendung" der "Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses" nicht im Inland verblieben sein muß. Die arbeitsvertragliche (arbeitsrechtliche) Beziehung zum "Entsendungsarbeitgeber" im Inland braucht nur darin zu bestehen, daß - wie in anderem Zusammenhang bereits dargelegt - die Entsendungsdauer von vornherein begrenzt und die Weiter- oder Wiederbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber im Inland gewährleistet ist. Es reicht also aus, wenn aufgrund des inländischen Arbeitsverhältnisses, fixiert auf den Zeitpunkt der "Rückkehr", eine beiderseitige Treuepflicht besteht, nämlich die Arbeitsleistung dann (wieder) zur Verfügung zu stellen auf der einen Seite und entgegenzunehmen seitens des Arbeitgebers. Dabei mag es von untergeordneter Bedeutung sein, ob diese Treueverpflichtung als fortbestehendes, in seinem Kern nicht berührtes Beschäftigungsverhältnis (vgl BSG SozR 5870 § 1 Nr 11 Leitsatz und S 24, wo allerdings von einer "Übereinstimmung des Normengehalts mit § 4 Abs 1 SGB 4 ausgegangen wird") voll zutreffend charakterisiert ist.
Daß diese an eine "Entsendung" zu stellenden Anforderungen hier zutreffen, ergeben bereits die unbestrittenen und ihrem Inhalt nach unbedenklichen Feststellungen des LSG sowie obige Erörterungen, so daß es keiner weiteren Tatsachenfeststellungen bedarf (vgl zB BSGE 15, 197, 203). So steht fest, daß die S. AG in München (als im Inland ansässiger Arbeitgeber) den Ehemann der Klägerin nach Dänemark "versetzt" (also entsandt) hat, daß das Arbeitsverhältnis während der Entsendung "geruht" hat, also - wie das LSG sinngemäß in Auslegung einer nicht typischen Willenserklärung (vgl hierzu ua BSG SozR 1500 § 163 Nr 2 und SozR 1300 § 48 Nr 33 S 105 mwN, wonach das Revisionsgericht insoweit nur die Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere von Denkgesetzen und Erfahrungssätzen prüfen darf) ausführt - nur in Teilbereichen suspendiert gewesen ist, daß der Ehemann der Klägerin wegen seiner Fachkenntnisse hat bereit sein müssen, für die von vornherein auf zwei Jahre befristete Zeit nach Dänemark zum Tochterunternehmen der S. AG zu gehen, sowie daß er "programmgemäß" in die Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt ist und eine Aufgabe bei der S. AG in Braunschweig übernommen hat. Daneben hat das LSG die fortlaufende Entrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung durch die S. AG festgestellt und dies als Ausdruck fortbestehender arbeitsrechtlicher Beziehungen gewertet.
Gegen diese Feststellungen hat die Beklagte keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe iS von § 163 SGG vorgebracht, sondern aus ihnen nur andere rechtliche Folgerungen gezogen, die im wesentlichen darin münden, daß wegen der Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses bei dem selbständigen S.AG-Tochterunternehmen in Kopenhagen eine "Entsendung" ausscheiden müsse und es am Fortbestehen eines inländischen Arbeitsverhältnisses fehle. Die Beklagte hat auch demnach lediglich eine andere Rechtsauffassung vertreten.
Mit diesem Ergebnis weicht der erkennende Senat nicht entscheidungserheblich von anderen Urteilen ab, insbesondere auch nicht vom Urteil des 10. Senats vom 14. Januar 1987 - 10 RKg 20/85 - (SozR 5870 § 1 Nr 11), wo es heißt, für § 4 Abs 1 SGB 4 und § 2 Nr 2a BKGG werde vorausgesetzt, daß für die Einbeziehung einer Auslandsbeschäftigung in das deutsche Sozialversicherungs- und Kindergeldsystem ein im Inland begonnenes und durch die vorübergehende Entsendung ins Ausland in seinem Kern nicht berührtes Beschäftigungsverhältnis gefordert werde, das im Inland fortgesetzt werden solle. Selbst wenn als unerheblich angesehen wird, daß jenes Urteil das Kindergeld betrifft und hier ein Erziehungsgeld im Streit steht, so handelte es sich jedenfalls dort um einen deshalb wesentlich anderen Sachverhalt, weil der Kläger jenes Verfahrens von vornherein im Ausland beschäftigt worden ist und vorher nicht im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (vgl aaO S 25), so daß aus diesem Grunde auch der erkennende Senat keinen Anspruch zuerkannt hätte. Im übrigen können, wie dargelegt, die vom Senat für erforderlich, aber auch ausreichend gehaltenen Mindestanforderungen hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und "Entsendungsarbeitgeber" auch als das verstanden werden, was der 10. Senat mit einem in seinem Kern nicht berührten Beschäftigungsverhältnis umschrieben hat.
Nach alledem konnte die Revision der Beklagten keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen