Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. selbstständige Tätigkeit. Beendigung. Aufnahme einer neuen selbstständigen Tätigkeit. Weiterbestehen der Antragspflichtversicherung
Leitsatz (amtlich)
Die Antragspflichtversicherung der Selbstständigen erstreckt sich auf jede selbstständige Tätigkeit und besteht fort, solange eine selbstständige Tätigkeit, die nicht einer vorrangigen Versicherungspflicht kraft Gesetzes unterliegt, ausgeübt wird.
Normenkette
SGB VI § 4 Abs. 2, 4 S. 2, § 7 Abs. 1 S. 1; RVO § 1227 Abs. 1 Nr. 9; AVG § 2 Abs. 1 Nr. 11 Fassung: 1989-12-18, Abs. 2 S. 3 Hs. 2 Fassung: 1989-12-18
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. November 2003 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 28. November 2001 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten der Beteiligten sind auch im Berufungs- und Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob das von dem Kläger durch Antrag begründete Pflichtversicherungsverhältnis im August 1999 auf Grund des Wechsels der ausgeübten selbstständigen Tätigkeit geendet hat und er deshalb ab September 1999 zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung berechtigt ist.
Der Kläger war seit März 1991 als Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) sowie in der Folgezeit als Geschäftsführer und Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) selbstständig tätig, deren Geschäftsgegenstand jeweils die Herstellung von sowie der Groß- und Einzelhandel mit Springbrunnen, Innendekorationen, Kunstpflanzen und Naturstein war. Auf Grund seines Antrags war er seit dem 1. März 1991 bei der Beklagten als Selbstständiger pflichtversichert. Zum 1. August 1999 meldete er eine gewerbliche Tätigkeit im Groß- und Einzelhandel sowie der Herstellung von Teichanlagen, Springbrunnen, Innendekoration, Wassertechnik und Zubehör als neues Gewerbe an. Mit Vertrag vom 20. August 1999 vereinbarte er sein Ausscheiden aus der OHG und trat mit weiterem Vertrag vom 24. August 1999 seinen Geschäftsanteil an der GmbH ab.
Die im August und Oktober 1999 gestellten Anträge des Klägers, ab 1. September 1999 als freiwilliges Mitglied versichert zu sein, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11. November 1999 ab. Der Kläger sei weiterhin selbstständig tätig und unterliege deshalb der Versicherungspflicht. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2000 zurück. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28. November 2001 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 20. November 2003 den Gerichtsbescheid des SG sowie den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger auf seinen Antrag vom 11. Oktober 1999 hin freiwillig zu versichern. Der Kläger habe Anspruch darauf, freiwillig versichert zu werden, weil er über den 1. September 1999 hinaus nicht mehr als Selbstständiger antragspflichtversichert sei. Für jede einzelne selbstständige Tätigkeit sei zu prüfen, ob die Antragspflichtversicherung weiter bestehe. Der Kläger übe seit August 1999 eine neue selbstständige Tätigkeit aus, auf die sich die Antragspflichtversicherung nicht erstrecke.
Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 4 Abs 2 des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Die Antragspflichtversicherung erstrecke sich auf alle selbstständigen Tätigkeiten, die nicht kraft Gesetzes einer vorrangigen Versicherungspflicht unterlägen. Sie bleibe bestehen, solange eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt werde bzw bis Versicherungspflicht kraft Gesetzes für die Tätigkeit eintrete.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. November 2003 aufzuheben und die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 28. November 2001 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage, mit der der Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 11. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2000 die Feststellung der Berechtigung, freiwillige Beiträge ab 1. September 1999 zu entrichten, begehrt hat, abgewiesen.
Der vom Kläger erst- und zweitinstanzlich gestellte Antrag ist dahin auszulegen, dass er neben der Aufhebung des angefochtenen Bescheides die Feststellung begehrt, dass er berechtigt ist, ab 1. September 1999 freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten. Diese Berechtigung wollte das LSG mit seinem insoweit allerdings missverständlichen Urteilstenor erkennbar feststellen. Bereits in der Berufungsinstanz hatte der Kläger dagegen sein Begehren, die Beendigung der Antragspflichtversicherung festzustellen, nicht mehr aufrecht erhalten.
Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist nicht ab 1. September 1999 zur freiwilligen Versicherung berechtigt. Gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 SGB VI können Personen, die nicht versicherungspflichtig sind, sich für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt, weil der Kläger auch ab 1. September 1999 weiter der Antragspflichtversicherung unterliegt.
Nach der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Vorschrift des § 2 Abs 1 Nr 11 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG –, eingefügt durch Art 1 § 2 Nr 2 Buchst b des Rentenreformgesetzes vom 16. Oktober 1972, BGBl I 1965 – RRG 1972 –) waren in der Rentenversicherung der Angestellten alle Personen versichert, die nicht nach den Nr 1 bis 9, § 1227 Abs 1 Satz 1 Nr 3 und 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO) oder dem Handwerkerversicherungsgesetz versicherungspflichtig waren und nicht nur vorübergehend im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübten, wenn sie die Versicherung innerhalb von zwei Jahren nach Aufnahme der selbstständigen Erwerbstätigkeit oder dem Ende der Versicherungspflicht beantragten. Nach Aufhebung des § 2 AVG regelt § 4 Abs 2 SGB VI seit dem 1. Januar 1992, dass auf Antrag Personen versicherungspflichtig sind, die nicht nur vorübergehend selbstständig tätig sind, wenn sie die Versicherungspflicht innerhalb von fünf Jahren nach der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit oder dem Ende einer Versicherungspflicht auf Grund dieser Tätigkeit beantragen.
Nach den Feststellungen des LSG hatte der Kläger von der für Selbstständige nach § 2 Abs 1 Nr 11 AVG bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht und war der Angestelltenversicherung beigetreten; die Beklagte hatte das Bestehen der Antragspflichtversicherung ab 1. März 1991 durch Bescheid bestätigt.
Der die Versicherungspflicht feststellende bestandskräftige Verwaltungsakt ist für die Beteiligten unverändert verbindlich (§ 77 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫, § 39 Abs 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz ≪SGB X≫). Er ist weder von der Beklagten aufgehoben noch ist seine Wirkung durch Gesetz oder eine Rechtsänderung beseitigt worden (vgl zur Beendigung der Wirksamkeit statusbegründender Verwaltungsakte auf Grund einer Rechtsänderung Urteil des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ vom 11. Juli 2000, B 1 KR 14/99 R, SozR 3-1300 § 39 Nr 7). Auch hat er sich nicht auf andere Weise, insbesondere nicht auf Grund der Beendigung der Antragspflichtversicherung, erledigt (vgl zur Erledigung eines Befreiungsbescheides bei Änderung des Status eines von der Versicherungspflicht Befreiten Urteil des Senats vom 30. Januar 1980, 12 RK 66/78, SozR 2200 § 1231 Nr 2).
Die Erklärung des Klägers, aus der Versicherungspflicht ausscheiden zu wollen, ist für den Fortbestand ohne rechtliche Bedeutung, denn eine einmal durch Antrag begründete Antragspflichtversicherung kann nicht gekündigt, widerrufen oder sonst durch Willenserklärung beendet werden (vgl Urteil des Senats vom 26. Januar 2005, B 12 RA 3/03 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
Auch die Änderung bzw Aufgabe der bisher ausgeübten selbstständigen Erwerbstätigkeit beendete die Antragspflichtversicherung nicht. Gemäß § 2 Abs 2 letzter Satz AVG endete die Antragspflichtversicherung mit Ablauf des Monats, in dem die Voraussetzungen für die Versicherung entfallen waren. Seit dem 1. Januar 1992 bestimmt § 4 Abs 4 Satz 2 SGB VI, dass die Versicherungspflicht mit Ablauf des Tages, an dem die Voraussetzungen weggefallen sind, endet. Aus den nicht mit zulässigen Rügen angegriffenen Feststellungen des LSG ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht auf Antrag gemäß § 2 Abs 1 Nr 11 AVG bzw nach dem ab 1. Januar 1992 für den Fortbestand der Antragspflichtversicherung gemäß § 300 Abs 1 SGB VI geltenden Vorschriften des § 4 Abs 2 und 4 SGB VI (vgl Urteil des Senats vom 25. Februar 1997, 12 RK 33/96, SozR 3-2200 § 1227 Nr 8 S 9 f) nicht zum 1. September 1999 entfallen waren.
Entgegen der Ansicht des LSG entfallen die Voraussetzungen für die Antragspflichtversicherung nicht bereits dann, wenn die zum Zeitpunkt der Antragstellung oder die in der Folgezeit ausgeübte selbstständige Erwerbstätigkeit eingestellt oder in anderer Art und Weise ausgeübt wird, der Versicherte aber weiterhin selbstständig erwerbstätig ist. Die allein in Betracht kommende Ausnahme, dass die geänderte Erwerbstätigkeit eine vorrangige Versicherungspflicht etwa nach § 2 SGB VI begründet, liegt hier erkennbar nicht vor. Im Übrigen ergibt sich aus den Vorschriften über die Antragspflichtversicherung nicht, dass die Art der Tätigkeit den Beginn oder Fortbestand in irgendeiner Weise bestimmt. Voraussetzung für die Antragspflichtversicherung sowohl nach § 2 Abs 1 Nr 11 AVG als auch gemäß § 4 Abs 2 SGB VI, der die Pflichtversicherung auf Antrag im Wesentlichen inhaltsgleich mit § 2 Abs 1 Nr 11 AVG fortführt (vgl Urteil des Senats vom 25. Februar 1997, 12 RK 33/96, SozR 3-2200 § 1227 Nr 8 S 9 ff), ist neben dem Antrag allein die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit. Die Art der selbstständigen Tätigkeit ist rechtlich nur insoweit erheblich, als es sich nicht um Tätigkeiten handeln darf, die eine vorrangige Versicherungspflicht, ua jetzt nach § 2 Satz 1 Nr 1 bis 8 SGB VI und früher nach den in § 2 Abs 1 Nr 11 AVG genannten gesetzlichen Bestimmungen, begründen. Im Übrigen erstreckt sich die Antragspflichtversicherung auf alle selbstständig ausgeübten Erwerbstätigkeiten.
Den gesetzlichen Regelungen ist keine darüber hinausgehende Differenzierung nach der Art der Tätigkeit zu entnehmen. Eine solche ergibt sich nicht aus dem Wortlaut der § 2 Abs 1 Nr 11 AVG und § 4 Abs 2 SGB VI. Auch die den Materialien zum RRG 1972 und zu § 4 Abs 2 SGB VI zu entnehmende vom Gesetzgeber gewollte Ausgestaltung der Antragspflichtversicherung lässt eine solche Unterscheidung nach der Art der Tätigkeit nicht zu. Danach sollte zwar die bereits bestehende Versicherungspflicht von Selbstständigen nach anderen gesetzlichen Bestimmungen unberührt bleiben, im Übrigen jedoch ein Versicherungsverhältnis entsprechend dem der pflichtversicherten abhängig Beschäftigten mit gleichen Rechten und Pflichten, insbesondere auch Beitragspflichten, begründet werden und bestehen, solange die selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wird (vgl BT-Drucks VI/2153 Vorblatt, S 8, 16; vgl auch schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, zu BT-Drucks VI/3767 S 5). § 4 Abs 2 SGB VI sollte § 1227 Abs 1 Satz 1 Nr 9 RVO und § 2 Abs 1 Nr 11 AVG ohne wesentliche Änderungen der bisherigen Rechtslage ersetzen (vgl BR-Drucks 120/89 S 150). Dem würde es widersprechen, den auf Antrag versicherungspflichtigen Selbstständigen die Möglichkeit einzuräumen, bei Ausübung mehrerer – wenn auch voneinander abgrenzbarer – selbstständiger Tätigkeiten zu wählen, für welche eine Pflichtversicherung auf Antrag begründet wird und aus welchem Bruttoeinkommen Beiträge zu entrichten sind, während abhängig beschäftigte Pflichtversicherte grundsätzlich vorbehaltlich der §§ 5 und 6 SGB VI die Versicherungs- und Beitragspflicht nicht auf eine oder auf einen Teil der abhängigen Beschäftigung begrenzen können.
Eine Beschränkung der Antragspflichtversicherung nach § 4 Abs 2 SGB VI auf die bei Antragstellung ausgeübte Tätigkeit kann auch nicht damit begründet werden, dass für Selbstständige in § 2 SGB VI (vgl früher § 2 Abs 1 Nr 3 bis 6 AVG) die Versicherungspflicht nur angeordnet wird, soweit diese in bestimmten Berufen und/oder unter bestimmten Modalitäten tätig sind. Die “berufsbezogene” Versicherungspflicht von Selbstständigen gilt für Berufsgruppen, die nach der Einschätzung des Gesetzgebers auch in dieser selbstständigen Tätigkeit besonders schutzbedürftig sind (vgl dazu BSG, Urteile vom 22. Juni 2005, B 12 RA 6/04 R und B 12 RA 12/04 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Aus diesen Vorschriften lässt sich damit nicht entnehmen, die Versicherungspflicht der selbstständig Tätigen sei im Gegensatz zur Versicherungspflicht der abhängig Beschäftigten allgemein nur jeweils auf eine bestimmte Tätigkeit bezogen.
Im Übrigen sprechen auch Gründe der Verwaltungspraktikabilität gegen die Beschränkung der Antragspflichtversicherung auf eine konkrete selbstständige Tätigkeit. Die Prüfung, ob eine abgrenzbare weitere Tätigkeit vorliegt und ob in der Änderung der Tätigkeitsbereiche oder der Art und Weise der Ausübung eine Aufgabe der bisher ausgeübten Tätigkeit zu sehen ist, wäre in Anbetracht der Vielgestaltigkeit der selbstständigen Tätigkeiten und auch im hier zu entscheidenden Fall mit erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten verbunden. Sie müsste zunächst bei Beginn der Antragspflichtversicherung in der Weise erfolgen, dass eine bestimmte Tätigkeit beschrieben wird, für die die Versicherungspflicht gelten soll. Der Versicherte und die Beklagte müssten außerdem ständig überprüfen, ob sich diese Tätigkeit nicht rechtserheblich geändert hat. Welche Schwierigkeiten insoweit auftreten können, zeigt schon der vorliegende Fall. So änderte sich nach den Feststellungen des LSG die ursprünglich ausgeübte selbstständige Erwerbstätigkeit des Klägers in einer OHG nach Beginn der Antragspflichtversicherung bereits vor dem Jahr 1999 mit der Aufnahme der Tätigkeit als Geschäftsführer und Gesellschafter einer GmbH. Folgte man der Ansicht des LSG, so sind nicht ohne weiteres Gründe erkennbar, weshalb dies keine rechtlich relevante Änderung der Tätigkeit gewesen sein sollte. Die in § 6 Abs 1a Satz 4 SGB VI genannten Kriterien für die Abgrenzung von Fortsetzung der oder Aufnahme einer neuen Tätigkeit sind auf die spezielle Situation der Tätigkeiten iS von § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI bezogen. Für die Vielzahl aller denkbaren Erwerbstätigkeiten wären sie nicht geeignet, eine kraft Gesetzes eintretende Beendigung der Antragspflichtversicherung hinreichend sicher erkennen zu lassen.
Soweit der Senat in mehreren Entscheidungen (vgl Urteile des Senats vom 1. Februar 1979, 12 RK 39/77, SozR 2200 § 1227 Nr 24, vom 13. September 1979, 12 RK 26/77, BSGE 49, 38 = SozR 2200 § 1227 Nr 29, vom 15. Dezember 1983, 12 RK 6/83, USK 83163, juris KSRE 021421117; vgl auch Urteil vom 25. Februar 1997, 12 RK 33/96, SozR 3-2200 § 1227 Nr 8) davon ausgegangen ist, dass eine Antragspflichtversicherung für eine konkrete selbstständige Erwerbstätigkeit begründet werden kann, ohne dass sie sich auf eine weitere ausgeübte Tätigkeit erstreckt, betrafen sie stets sog Doppelberufler, deren weitere Tätigkeit oder Beschäftigung – wenn auch nur dem Grunde nach – einer vorrangigen Versicherungspflicht kraft Gesetzes unterfiel. In diesen Fällen erstreckt sich die Antragspflichtversicherung auf nur eine selbstständige Tätigkeit, weil daneben noch eine weitere selbstständige Tätigkeit oder eine abhängige Beschäftigung ausgeübt wird, für die Versicherungspflicht auf Grund anderer Vorschriften besteht. Auch in diesen Fällen erstreckt sich die Antragspflichtversicherung auf jede selbstständige Tätigkeit, soweit keine vorrangige Pflichtversicherung auf Grund anderer Vorschriften besteht. Diesen Entscheidungen ist deshalb nicht die Aussage zu entnehmen, dass grundsätzlich zwischen einzelnen selbstständigen Erwerbstätigkeiten zu differenzieren ist und die Antragspflichtversicherung auf eine einzelne selbstständige Tätigkeit beschränkt ist oder werden kann. Soweit in der Literatur unter Berufung auf diese Entscheidungen der gegenteilige Standpunkt vertreten wird (Gürtner in Kasseler Kommentar, Stand März 2005, SGB VI § 4 RdNr 15, 17, und Klattenhoff in Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch, Stand Februar 2005, SGB VI § 4 RdNr 27, 47), berücksichtigt diese Ansicht nicht, dass die Entscheidungen stets die Konkurrenz von Tätigkeiten mit Versicherungspflicht kraft Gesetzes und daneben ausgeübten versicherungsfreien Tätigkeiten betrafen.
Nach den Feststellungen des LSG übte der Kläger mit dem zum 1. August 1999 angemeldeten Gewerbe eine selbstständige Erwerbstätigkeit aus. Die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung auf Antrag lagen damit weiterhin vor, sodass die Antragsversicherungspflicht über den 1. September 1999 hinaus fortbestand.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1398769 |
NWB 2005, 2697 |
StuB 2005, 990 |
NZS 2006, 321 |
SGb 2005, 447 |