Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsunfähigkeit - zumutbarer Verweisungsberuf - Wertigkeit - Neubergmann - Facharbeiterstatus - Voraussetzung - arbeitsmarktgängiger Beruf - Auslieferungsfahrer im Arzneimittelgroßhandel - Beweiserhebung
Leitsatz (redaktionell)
Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Neubergmann Facharbeiterstatus genießt und auf die Tätigkeit eines "Auslieferungsfahrers im Arzneimittelgroßhandel" verwiesen werden kann.
Stand: 25. März 2002
Normenkette
SGB VI § 43 Abs. 2, § 302b Abs. 1, § 240; SGG § 103
Beteiligte
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Mai 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Gründe
I
Der 1952 geborene Kläger streitet um eine Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit (BU). Er war – nach den Feststellungen des LSG – in den Jahren 1973 bis 1989 im Bergbau zunächst als Neubergmann und seit Februar 1978 als Hauer im Streckenausbau und Transport, eingruppiert in die Facharbeiterlohngruppe 9 der Lohnordnung für den Rheinisch-Westfälischen Steinkohlenbergbau, beschäftigt. Seit 1. Juli 1989 bezieht er eine Rente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit. Nachdem Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen als Gärtnergehilfe nicht zur Wiedereingliederung ins Erwerbsleben führten, ist er seit Juni 1993 arbeitslos.
Seinen Antrag ua auf Versichertenrente wegen BU vom 21. Dezember 1993 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Juni 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 1995 mit der Begründung ab, trotz der festgestellten Bronchial- und Wirbelsäulenbeschwerden könne er noch vollschichtig zB als Gabelstaplerfahrer arbeiten. Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 30. September 1996 verpflichtet, dem Kläger ab 1. Januar 1994 die Versichertenrente wegen BU zu gewähren. Es hat festgestellt, der Kläger habe den Status eines Facharbeiters und könne nach dem eingeholten Fachgutachten des Orthopäden Dr. J. aus gesundheitlichen Gründen keine der drei in Betracht kommenden Verweisungstätigkeiten – Gabelstaplerfahrer, Hauswart in der Wohnungswirtschaft und Auslieferungsfahrer im Arzneimittelgroßhandel – mehr verrichten. Wegen des häufigen Ein- und Ausparkens sei für die letztgenannte Tätigkeit die uneingeschränkte Drehbeweglichkeit des Kopfes erforderlich. Auslieferungsfahrer seien zudem Kälte, Nässe, Zugluft und Temperaturschwankungen ausgesetzt, Einwirkungen, die der Kläger aus ärztlicher Sicht vermeiden sollte.
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG mit Urteil vom 28. Mai 1999 die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert und die Klage abgewiesen. Nach weiterer medizinischer Sachaufklärung und gestützt auf Auskünfte von Arbeitgebern sowie des Bundesverbandes des pharmazeutischen Großhandels – PHAGRO – e.V., erteilt im Verfahren LSG NRW L 18 KN 20/94 und L 2 KN 112/96, hat es das Vorliegen von BU verneint: Der Kläger könne zwar nicht mehr als Hauer mit Facharbeiterstatus erwerbstätig sein. Er sei aber trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen zumutbar auf die Tätigkeit des Auslieferungsfahrers im Arzneimittelgroßhandel zu verweisen. Denn nach dem einschlägigen Lohnrahmenabkommen für den Groß- und Außenhandel in Nordrhein-Westfalen erfolge die Bezahlung eines Kraftfahrers der Führerscheinklasse III als Anlerntätigkeit in der Lohngruppe V, nur eine Stufe unter der für Gelernte (Lohngruppe VI). Diese von den Parteien des Tarifvertrages eingeräumte Rangstelle sei durch das besondere Anforderungsprofil (Zuverlässigkeit, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewußtsein, Pünktlichkeit und Sorgfalt beim Umgang mit Arzneimitteln) gerechtfertigt. Die Einarbeitungszeit betrage nicht mehr als drei Monate. Es handele sich aber auch nicht um einen „seltenen Beruf”, der ggf nur noch branchenintern besetzt werde. Der Auskunft des PHAGRO e.V. vom 19. Juni 1998 sei zu entnehmen, daß 1997 bundesweit noch 336 Auslieferungsfahrer in Vollzeit beschäftigt worden seien. Diese Zahl sei auch nicht annähernd „ganz gering”. Dem Antrag des Klägers, beim PHAGRO e.V. die Zahl der im Jahre 1999 beschäftigten Auslieferungsfahrer zu ermitteln, müsse nicht entsprochen werden, auch wenn wegen der Umstellung auf Teilzeitarbeitskräfte mit und ohne Sozialversicherungspflicht sowie Ausgliederung der Zustelltätigkeit auf selbständige Subunternehmer und Expreßdienste die Zahl der Auslieferungsfahrer, die in Vollzeit zu den Konditionen des Tarifvertrages beschäftigt werden, immer mehr abnehme. Entscheidend sei, daß es den Beruf in der Arbeitswelt zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nach wie vor gebe, denn die Zahl habe „in den Jahren davor (gemeint vor der Auskunft des PHAGRO e.V. vom 31. Oktober 1997) …. nicht sprunghaft, sondern nur um zirka 50 jährlich abgenommen …, zumal die Kündigung fest angestellter Mitarbeiter arbeitsrechtlich nicht ohne weiteres möglich ist.”
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger, das Urteil des LSG beruhe auf Verfahrensfehlern. Das LSG sei dem im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellten formellen Beweisantrag, durch Einholung einer weiteren Auskunft des PHAGRO e.V. Beweis darüber zu erheben, ob Arbeitsplätze für Auslieferungsfahrer im Arzneimittelgroßhandel zur Zeit der mündlichen Verhandlung nur noch in geringerer Zahl als 336 vorhanden und überdies nicht zugänglich seien, ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt. Die Zahlen auf der Basis der Verbandsauskunft aus dem Jahre 1997 seien zwei Jahre alt gewesen. Mittlerweile seien durch die Neuordnung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse Änderungen eingetreten, die zu einem weiteren Stellenabbau geführt hätten. Daß der Beruf nach wie vor tarifvertraglich erfaßt sei, reiche nach der Rechtsprechung des BSG nicht für die Annahme aus, er sei in „nicht ganz geringer Zahl” vorhanden. Zudem hätte bedacht werden müssen, daß selbst bei dem vom LSG unterstellten Abbau auf 1999 (Zeitpunkt der Entscheidung) 236 Personen (pro Jahr seit 1997 je 50) bereits der Grenzwert unterschritten sei und bundesweit keine reelle Chance mehr bestanden habe, im Verweisungsberuf unterzukommen. Weiter habe das LSG mit unzureichender Begründung den auf § 109 SGG gestützten Hilfsantrag abgelehnt, ein arbeitsmedizinisches Gutachten von Dr. H. einzuholen. Schließlich beruhe die Feststellung des LSG, Auslieferungsfahrer im Arzneimittelgroßhandel seien nur bei außergewöhnlichen Verkehrs- und Witterungsverhältnissen einem besonderen Zeitdruck ausgesetzt, auf einer unzutreffenden Auswertung der von ihm selbst beigezogenen Arbeitgeberauskünfte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Mai 1999 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 30. September 1996 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
Sie verteidigt das Berufungsurteil und trägt vor, die vom LSG zugrunde gelegte Qualität des Hauptberufes des Klägers sei ungenügend ermittelt. Unter Zugrundelegung der von der Rechtsprechung des BSG aufgestellten Kriterien (Urteil des BSG vom 28. Januar 1982 – 5a RKn 2/81 – BSGE 53, 69 = SozR 2600 § 45 Nr 33) bestünden Zweifel an der Qualifikation des Klägers als bergbaulicher Facharbeiter. Nach den vorliegenden Unterlagen sei der Kläger nicht als Hauer im Sinne der Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau anzusehen.
II
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Die bisherigen Feststellungen des LSG lassen keine abschließende Entscheidung darüber zu, ob der Kläger berufsunfähig ist oder nicht. Wie der Kläger zu Recht rügt, muß das LSG noch weitere Feststellungen zum Arbeitsmarkt für die Verweisungstätigkeit des Auslieferungsfahrers im Arzneimittelgroßhandel treffen (hierzu im folgenden unter 3b). Im Zuge der Zurückverweisung des Rechtsstreits wird vom LSG aber auch zu prüfen sein, ob seine bisherigen tatsächlichen Feststellungen ausreichen, um die Facharbeiterqualifikation des Klägers als Hauer zu bejahen (hierzu im folgenden unter 2).
1. Berufsunfähig sind nach § 43 Abs 2 SGB VI (in der bis zum 31. Dezember 2000 gültigen Fassung) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und den besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Nach den Übergangsvorschriften des § 300 Abs 2 und § 302b Abs 1 SGB VI, letztere neugefaßt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl I 1827), ist diese Vorschrift für einen am 31. Dezember 2000 bestehenden Anspruch auf Rente wegen BU weiterhin maßgebend (vgl auch BSG Urteil vom 24. Februar 1999 – B 5 RJ 28/98 R – SozR 3-2600 § 300 Nr 14 mwN). Ein danach entstehender Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei BU richtet sich nach § 240 SGB VI, neugefaßt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000, dessen Definition der BU im Vergleich zu der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Definition nur geringfügig verändert ist, so daß auch insoweit die bisherige Rechtsprechung des BSG herangezogen werden kann.
Ausgangspunkt ist dementsprechend bei der Prüfung der BU der bisherige Beruf des Versicherten. Darunter ist im allgemeinen diejenige der Versicherungspflicht unterliegende Tätigkeit zu verstehen, die zuletzt auf Dauer, dh mit dem Ziel verrichtet wurde, sie bis zum Eintritt der gesundheitlichen Unfähigkeit oder bis zum Erreichen der Altersgrenze auszuüben; in der Regel ist das die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls wenn sie die qualitativ höchste ist (vgl BSG Urteile vom 22. März 1988 – 8/5a RKn 9/86 – SozR 2200 § 1246 Nr 158, vom 22. Oktober 1996 – 13 RJ 35/96 – SozR 3-2200 § 1246 Nr 55 und vom 18. Februar 1998 – B 5 RJ 34/97 R – SozR 3-2200 § 1246 Nr 61 mwN).
Kann der bisherige Beruf nicht mehr ausgeübt werden, hängt der Rentenanspruch davon ab, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar ist und gesundheitlich wie fachlich noch bewältigt werden kann. Dabei richtet sich die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und der Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl BSG Urteile vom 22. Oktober 1996 – 13 RJ 35/96 – SozR 3-2200 § 1246 Nr 55 und vom 18. Februar 1998 – B 5 RJ 34/97 R – SozR 3-2200 § 1246 Nr 61, jeweils mwN).
Die nach diesem Schema vorzunehmende Einordnung sowohl des bisherigen Berufs als auch der zumutbaren Verweisungstätigkeiten erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten oder der erforderlichen förmlichen Ausbildung. Entscheidend ist die Qualität der verrichteten oder zu verrichtenden Arbeit, dh der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl BSG Urteile vom 8. Oktober 1992 – 13 RJ 49/91 – SozR 3-2200 § 1246 Nr 27, vom 24. April 1996 – 5 RJ 24/94 – nicht veröffentlicht und vom 27. Februar 1997 – 13 RJ 5/96 – SozR 3-2600 § 43 Nr 15). Davon ausgehend darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf grundsätzlich auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl BSG Urteile vom 9. September 1986 – 5b RJ 82/85 – SozR 2200 § 1246 Nr 140, vom 21. Juli 1987 – 4a RJ 39/86 – SozR 2200 § 1246 Nr 143, vom 26. Juni 1990 – 5 RJ 46/89 – BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 5 und vom 18. Februar 1998 – B 5 RJ 34/97 R – SozR 3-2200 § 1246 Nr 61).
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das LSG als bisherigen Beruf des Klägers denjenigen eines Hauers im Streckenausbau und Transport, eingestuft in die Lohngruppe 09 der Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau, ermittelt, diesen innerhalb des Mehrstufenschemas in die Gruppe der bergmännischen Facharbeiter eingeordnet und ausgeführt, daß der Facharbeiterberuf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausgeübt werden könne. Diese vom Revisionskläger nicht angegriffenen Feststellungen bzw Schlußfolgerungen sind von der Beklagten mit Schriftsatz vom 20. Juli 2001 in Zweifel gezogen worden. Sie rügt „die fehlende Feststellung der Qualität des Hauptberufs” im Urteil des LSG, denn sie habe unter Zugrundelegung der von der Rechtsprechung des BSG aufgestellten Kriterien Zweifel an der Qualifikation des Klägers als bergbaulicher Facharbeiter. Nach den vorliegenden Unterlagen sei er nicht als Hauer im Sinne der Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau anzusehen.
Ob in diesem Vorbringen der Beklagten eine sog „Gegenrüge” zu sehen ist und ob ihre Ausführungen den diesbezüglichen Darlegungsanforderungen genügen, kann hier dahingestellt bleiben (vgl zur Möglichkeit einer – grundsätzlichen bis zur Schließung der mündlichen Verhandlung zulässigen – Gegenrüge und ihren formalen Darlegungserfordernissen: BSG Urteile vom 24. November 1982 – 8 RK 12/81 – SozR 1500 § 164 Nr 24, vom 12. Dezember 1984 – 7 RAr 16/84 – SozR 4100 § 117 Nr 14, vom 29. Oktober 1997 – 7 RAr 48/96 – SozR 3-4100 § 64 Nr 3 und vom 18. April 2001 – B 9 VG 3/00 R – zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; Meyer-Ladewig, Komm zum SGG, 6. Aufl, § 170 RdNr 4a). Denn selbst wenn das Vorbringen der Beklagten nicht den formalen Anforderungen für eine Revisionsgegenrüge gerecht geworden sein sollte, wird das LSG – da die Revision des Klägers im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits begründet ist – ohnehin zu prüfen haben, ob seine bisherigen Feststellungen ausreichen, um die Facharbeiterqualifikation des Klägers als Hauer zu bejahen; eine Frage, die – nach seiner bisherigen, den Klageanspruch wegen der genannten Verweisungstätigkeit verneinenden Rechtsauffassung – keiner vertieften Prüfung bedurfte.
Unter welchen Voraussetzungen Neubergleute (ohne Knappen- oder Hauerprüfung) unter Berücksichtigung der Erläuterungen zur Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau als Hauer einzustufen und der Gruppe der Facharbeiter zuzuordnen sind, hat der Senat in Fortführung der bisherigen Rechtsprechung (BSG Urteile vom 28. Januar 1982 – 5a RKn 2/81 – BSGE 53, 69 = SozR 2600 § 45 Nr 33 und vom 29. Mai 1984 – 5a RKn 15/83 – BSGE 57, 35 = SozR 2600 § 45 Nr 36) zuletzt im Urteil vom 18. März 1993 (8 RKn 5/92 – SozR 3-2600 § 43 Nr 2) mit den in Betracht kommenden Varianten dargestellt. Danach kommt es in erster Linie darauf an, ob der Arbeitgeber nach zweijähriger Untertagetätigkeit dem Neubergmann ggf nachträglich schriftlich bestätigt, daß er die Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, die ihn befähigen, die in der Gewinnung, Aus-, Vor- und Herrichtung vorkommenden wesentlichen bergmännischen Arbeiten zu verrichten. Die Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung hat das LSG im Fall des Klägers nicht festgestellt. Auf die schriftliche Bestätigung kann zwar verzichtet werden, wenn anderweitig der Nachweis einer entsprechenden Qualifikation geführt wird, dh nach den genannten Kriterien die schriftliche Bestätigung nach Maßgabe der Lohnordnung hätte erteilt werden müssen. Zudem ist es als ausreichend anzusehen, wenn der Neubergmann in langjährig und vollwertig ausgeübten Teilbereichen ein Maß an Erfahrung als Hauer gewonnen hat, das es ihm ermöglicht, nach kurzer Einweisung auch die anderen Bereiche der Hauerarbeit zu bewältigen, wofür – entsprechend einem früheren Zusatz in der Lohnordnung (zitiert im Urteil vom 29. Mai 1984) und den Eingruppierungsbeispielen der Lohnordnung (vgl Lohngruppe 08/Schlüssel Nr 089) vom 3. Jahr der Untertagetätigkeit an eine allerdings widerlegbare Vermutung spricht (vgl BSG Urteile vom 29. Mai 1984 BSGE 57, 35, 38 = SozR 2600 § 45 Nr 36, S 104 und vom 18. März 1993 – 8 RKn 5/92 – SozR 3-2600 § 43 Nr 2).
3. Die Verfahrensrügen des Revisionsklägers beziehen sich allein auf die Grundlagen der weiteren Feststellungen des LSG. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, der Kläger könne sozial zumutbar auf die in ausreichender Zahl vorhandene Tätigkeit eines Auslieferungsfahrers im Arzneimittelgroßhandel verwiesen werden, diese Tätigkeit sei nur bei besonderen Verkehrs- und Witterungsverhältnissen einem besonderen Zeitdruck ausgesetzt und der Kläger könne sie trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen ganztägig verrichten. Nur hinsichtlich des erstgenannten Punktes ist die Revision begründet.
a) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Wertigkeit des Verweisungsberufs halten der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand. Zutreffend hat das LSG angenommen, daß ein Facharbeiter nur auf solche Tätigkeiten verwiesen werden kann, die eine betriebliche Anlernzeit von wenigstens drei Monaten erfordern oder sich aus dem Kreis der ungelernten Tätigkeiten nach der tariflichen Eingruppierung durch den Arbeitgeber bzw der tarifvertraglichen Eingruppierung oder aufgrund besonderer qualitativer Merkmale hervorheben und deshalb einer Anlerntätigkeit gleichstehen. Für die Ermittlung der Wertigkeit sowohl des bisherigen Berufs aber auch der ins Auge gefaßten Verweisungstätigkeit haben nach der Rechtsprechung des BSG tarifliche Regelungen unter zwei Gesichtspunkten Bedeutung: Zum einen wird eine – „tarifliche” – Eingruppierung des Versicherten in eine Tarifgruppe des jeweils geltenden Tarifvertrages durch den Arbeitgeber als Hinweis dafür gewertet, daß die vom Versicherten ausgeübte Tätigkeit in ihrer Wertigkeit der Berufs- und Tarifgruppe entspricht, nach der er bezahlt wird (vgl zB BSG Urteil vom 28. Mai 1991 – 13/5 RJ 69/90 – SozR 3-2200 § 1246 Nr 14). Diese Einstufung kann allerdings widerlegt werden (vgl BSG vom 28. Mai 1991 – aaO, vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 14/90 = BSGE 70, 56 = SozR 3-2200 § 1246 Nr 21, vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 22/90 = SozR 3-2200 § 1246 Nr 22). Zum anderen geht die Rechtsprechung des 13. und 5. Senats des BSG davon aus, daß die abstrakte – „tarifvertragliche” – Einstufung einer bestimmten Tätigkeit in das Lohngruppengefüge eines nach Qualitätsmerkmalen geordneten Tarifvertrages in der Regel auch den qualitativen Rang dieser der Tätigkeit widerspiegelt (vgl zB BSG Urteile vom 28. November 1985 – 4a RJ 51/84 – BSGE 59, 201 = SozR 2200 § 1246 Nr 132, vom 28. Mai 1991 – 13/5 RJ 69/90 – SozR 3-2200 § 1246 Nr 14, vom 22. Oktober 1996 – 13 RJ 35/96 – SozR 3-2200 § 1246 Nr 55 und vom 1. Dezember 2000 – B 5 RJ 28/99 R – nicht veröffentlicht, jeweils mwN). Dieser Rechtsprechung hat sich der erkennende Senat mit Blick auf die besonderen qualitätsfremden Belastungen im Bergbau, die in den einschlägigen Tarifverträgen ihren Niederschlag fanden, nicht angeschlossen und in der tarifvertraglichen Einstufung lediglich ein „gutes Indiz” für den qualitativen Wert der ausgeübten Tätigkeit gesehen (Urteile des Senats vom 7. April 1992 – 8 RKn 2/90 – Kompaß 1992, 450; vom 27. Februar 1996 – 8 RKn 16/94 – Kompaß 1997, 37, vom 18. März 1993 – 8 RKn 5/92 – SozR 3-2600 § 43 Nr 2 und vom 1. Februar 2000 – B 8 KN 5/98 R – nicht veröffentlicht). Es besteht kein Anlaß, diese Rechtsprechung aufzugeben. Denn auch nach der Rechtsprechung des 5. und 13. Senats ist die „tarifvertragliche” Einstufung dann für die Wertigkeit des bisherigen Berufs oder der Verweisungstätigkeit unbeachtlich, wenn sie auf qualitätsfremden Gesichtspunkten – wie Dienstzeit, Lebensalter, Bewährungsaufstieg, äußeren Belastungen durch Schmutz, Geruch, Witterungseinflüsse oder nur einer lohnpolitischen Gleichstellung mit den Dienstbezügen von Beamten auf entsprechendem Posten – beruht (vgl zB BSG Urteile vom 8. September 1982 – 5b RJ 16/81 – SozR 2200 § 1246 Nr 101, vom 28. Mai 1991 – 13/5 RJ 69/90 – SozR 3-2200 § 1246 Nr 14, vom 11. Juli 1985 – 5b RJ 88/84 – BSGE 58, 239 = SozR 2200 § 1246 Nr 129, vom 16. November 2000 – B 13 RJ 79/99 R – SozR 3-2600 § 43 Nr 23 und vom 13. Dezember 2000 – B 5 RJ 28/99 R – nicht veröffentlicht, jeweils mwN).
Für die Prüfung, ob eine tarifliche Eingruppierung der Verweisungstätigkeit als Qualitätsmerkmal iS des Mehrstufenschemas herangezogen werden kann, ist demzufolge von dem zur Zeit der Entscheidung des LSG zeitlich und örtlich einschlägigen Tarifvertrag auszugehen. Der Tarifvertrag ist sodann daraufhin zu überprüfen, ob die Lohngruppen allgemein nach Qualitätsstufen geordnet sind und ob der zu prüfende Beruf darin als solcher eingestuft ist, oder ob der Tarifvertrag insoweit lediglich allgemeine Merkmale enthält, anhand deren der jeweilige Arbeitgeber eine Eingruppierung der betreffenden Tätigkeit vorzunehmen hat (BSG Urteile vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 14/90 – BSGE 70, 56 = SozR 3-2200 § 1246 Nr 21, vom 18. September 1996 – 5 RJ 106/95 – nicht veröffentlicht, vom 22. Oktober 1996 – 13 RJ 35/96 – SozR 3-2200 § 1246 Nr 55 und vom 1. September 1999 – B 13 RJ 89/98 R, jeweils nicht veröffentlicht). Auf der Suche nach der für die Wertigkeit der für die Verweisungstätigkeit relevanten Lohngruppe sind dabei alle Merkmale auszuscheiden, die im wesentlichen auf qualitätsfremden Gesichtspunkten beruhen.
Das LSG hat die Wertigkeit des dem Kläger allein benannten Verweisungsberufs „Auslieferungsfahrer im Arzneimittelgroßhandel” anhand des (für allgemeinverbindlich erklärten – vgl § 5 Tarifvertragsgesetz) „Lohnrahmenabkommens für Arbeiter” vom 14. März 1980, abgeschlossen zwischen der Tarifgemeinschaft der Verbände des Groß- und Außenhandels in Nordrhein-Westfalen und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen; Landesbezirksleitung Nordrhein-Westfalen (BAnz 1980, Nr 175, S 4) überprüft, dessen örtlicher Geltungsbereich nach § 1 Nr 2 auf das Land Nordrhein-Westfalen beschränkt ist. Da es sich somit um die Auslegung von Landesrecht handelt, dessen Geltungsbereich sich ersichtlich nicht über den Bezirk des Berufungsgerichts erstreckt, ist der Senat gemäß § 162 SGG an die Feststellungen des LSG zu dessen Inhalt gebunden. Selbst wenn in Bezirken anderer Landessozialgerichte ähnliche Regelungen existieren sollten, hat dies der Senat mangels entsprechenden Vorbringens der Beteiligten nicht zu prüfen (vgl BSG Urteile vom 12. Dezember 1984 – 7 RAr 16/84 – SozR 4100 § 117 Nr 14 und vom 18. Oktober 1995 – 6 RKa 52/94 – SozR 3-2500 § 95 Nr 7). Nach den somit maßgebenden Feststellungen des LSG ist die dem Kläger benannte Verweisungstätigkeit tarifvertraglich in die Lohngruppe V der „Angelernten” mit dem Tätigkeitsbeispiel „Kraftfahrer der Führerscheinklasse III”, nur eine Stufe unter der „Facharbeiterlohngruppe” VI, eingestuft und damit sozial zumutbar. Verbindlich ist ebenfalls die Feststellung des LSG, dieser tarifliche Rang sei wegen besonderer Anforderungen (Zuverlässigkeit, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewußtsein, Pünktlichkeit und Sorgfalt beim Umgang mit Arzneimitteln) auch sachlich begründet.
b) Zu Recht hat jedoch der Kläger die weitere Feststellung des LSG angegriffen, die Tätigkeit des „Auslieferungsfahrers im Arzneimittelgroßhandel” sei ein „arbeitsmarktgängiger”, „nicht seltener” bzw kein „Phantasieberuf” (dazu mwN, Urteil des BSG vom 14. Mai 1996 – 4 RA 60/94 – BSGE 78, 207 = SozR 3-2600 § 43 Nr 13). Diese Feststellung beruht auf einer Verletzung des § 103 SGG, denn das LSG ist dem im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellten formellen Beweisantrag, ua „durch Einholung einer Auskunft des Bundesverbandes PHAGRO e.V. Beweis darüber zu erheben, daß Arbeitsplätze für Auslieferungsfahrer im Arzneimittelbereich 1999 nur noch in geringerer Zahl als 336 vorhanden sind und überdies besetzt sind, wie ausweislich des Schreibens des PHAGRO e.V. vom 12. Juni 1998 mitgeteilt”, ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt.
Tatsächlich lag der Feststellung der Zahl von ca 236 in Vollzeit beschäftigten und nach Lohngruppe V als Anlerntätigkeit eingestuften Auslieferungsfahrern im Arzneimittelgroßhandel zur Zeit der mündlichen Verhandlung (28. Mai 1999) eine Fortschreibung des Stellenabbaus zugrunde, wie er aus der vom PHAGRO e.V. zum Schreiben vom 19. Juni 1998 gefertigten Tabelle auf der Grundlage einer Mitgliederbefragung betreffend die Jahre 1990 bis 1997 ersichtlich ist (vgl Bl 254 LSG-Akte). Der Stellenabbau im hier interessierenden Bereich der Vollzeitkräfte (die Teilzeitkräfte blieben nahezu konstant) war aber nach den vorgelegten Zahlen keinesfalls linear und damit schon deshalb nicht in die Zukunft projizierbar. Es ist nicht ausgeschlossen, daß im Jahre 1999 zB nur noch ca 150 Vollzeitkräfte zu den Konditionen des Lohnrahmenabkommens für den Groß- und Außenhandel in Nordrhein-Westfalen, die möglicherweise bundesweit gelten, beschäftigt wurden. Der Hinweis auf die Kündigungsfristen ist nicht schlüssig, denn die bereits vor dem Jahre 1997 laufenden Kündigungen, die damals noch nicht zu einer Entlassung geführt hatten, wirken sich beim Stellenabbau im Folgejahr ebenfalls aus. Im übrigen können innerhalb von zwei Jahren auch ordentliche betriebsbedingte Kündigungen, bzw ein „outsourcing”, zu einem Absinken der Beschäftigungszahlen führen. Das LSG hat nach Auswertung der Arbeitgeberauskünfte selbst festgestellt, daß der Trend zur versicherungspflichtigen oder versicherungsfreien Teilzeitkraft, zum Subunternehmer oder zum externen Zustelldienst geht. Ob in dem letztgenannten Wirtschaftsbereich vergleichbare tarifvertragliche Eingruppierungen bestehen, die für die Tauglichkeit als zumutbarer Verweisungsberuf das Entscheidende sind, ist unwahrscheinlich, sonst wäre zweifelhaft, ob sich die Umstellung der Vertriebsstruktur „rechnet”.
Auch wenn dies zu einer Verfahrensverzögerung führt, ist grundsätzlich eine konkret mögliche Beweiserhebung (durch abermalige Befragung des PHAGRO e.V. oder der Mitgliedsunternehmen betreffend die Jahre 1998 ff) einer unsicheren Trendfortschreibung vorzuziehen (vgl auch Senatsurteil vom 28. Oktober 1996 – 8 RKn 19/95 – SozR 3-2600 § 123 Nr 1 S 4 f). Dies mußte sich dem LSG vor allem deshalb aufdrängen, weil sich bereits die Zahlen aus dem Jahr 1997 im Grenzbereich bewegen.
Die Rechtsprechung des BSG hat sich bisher nicht auf einen Wert festgelegt, bei dessen Unterschreiten die Zahl der vorhandenen allgemein zugänglichen Arbeitsplätze (der „arbeitsmarktgängigen”) „ganz gering” bzw „nicht ins Gewicht fallend” oder „unbedeutend” ist. In diesem Zusammenhang ist auch die Zahl der potentiellen Bewerber zu berücksichtigen, vor allem dann, wenn es sich um einen „idealtypischen” Verweisungsberuf für Facharbeiter auf der Ebene der Anlerntätigkeiten handelt (keine besonderen körperlichen/geistigen Anforderungen, als Qualifikation nur Führerschein der Klasse III, Einarbeitungszeit unter drei Monaten aber dennoch hohe tarifvertragliche Eingruppierung und Bezahlung). Die Verweisung auf die wenigen vorhandenen Stellen bedürfte dann einer besonderen Rechtfertigung (BSG Urteile vom 30. November 1983 – 5a RKn 28/82 – BSGE 56, 64 = SozR 2600 § 1246 Nr 110 und vom 12. Oktober 1993 – 13 RJ 41/92 – veröffentlicht in JURIS). Der 4. Senat des BSG hat im Urteil vom 14. Mai 1996 (4 RA 60/94 – BSGE 78, 207 = SozR 3-2200 § 43 Nr 13) – unter Auswertung der bisherigen Rechtsprechung des BSG – festgestellt, daß eine Anzahl von mehr als 300 Arbeitsplätzen in einem Vergleichsberuf von vornherein nicht ganz gering sein könne. Dem ist auch der 13. Senat im Beschluß vom 4. November 1998 (B 13 RJ 145/98 B – veröffentlicht in JURIS) im Grundsatz gefolgt.
Im vorliegenden Fall ist aber nicht auszuschließen, daß dieser obere Grenzwert zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung bereits deutlich unterschritten war. Ob zB bei 150 „arbeitsmarktgängigen” (dh es erfolgen bei dieser Zahl auch noch Neueinstellungen in nennenswertem Umfang) tarifvertraglich auf der Anlernebene bezahlten Vollzeit-Arbeitsplätzen als Auslieferungsfahrer im Arzneimittelgroßhandel dieser Verweisungsberuf noch benannt werden kann, unterliegt der Einschätzung durch das LSG. Diese kann aber erst dann erfolgen, wenn die Vergleichbarkeit auf Bundesebene überhaupt festgestellt, die Zahlen gesichert und das Verhalten der potentiellen Arbeitgeber bei Neueinstellungen abgeklärt ist. Nur wenn die Ermittlungen des LSG nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten zu keinem Ergebnis führen sollten (vgl hierzu BSG Urteil vom 5. April 2001 – B 13 RJ 23/00 R – veröffentlicht in JURIS, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), würde sich – falls keine andere Verweisungstätigkeit in Betracht kommt – die Frage stellen, wer die Feststellungslast (sog objektive Beweislast) dafür trägt, daß die Verweisungstätigkeit nur noch „in ganz geringer Zahl” vorhanden ist (vgl dazu die Urteile des BSG vom 23. Oktober 1996 – 4 RA 1/96 – SozR 3-2600 § 43 Nr 14 S 36, 46 f, vom 28. August 1991 – 13/5 RJ 47/90 – SozR 3-2200 § 1247 Nr 8 S 22 f und vom 12. Oktober 1993 – 13 RJ 41/92 – veröffentlicht in JURIS).
Weiterhin ist darauf hinzuweisen, daß das LSG nicht ausdrücklich, sondern allenfalls indirekt durch Bezugnahme auf die Auskunft des PHAGRO e.V. von der Annahme ausging, daß die tarifvertraglichen Regelungen des Wirtschaftsbereiches Groß- und Außenhandel speziell für den „Kraftfahrer der Führerscheinklasse III” in den übrigen Bundesländern weitgehend identisch seien mit denjenigen des vom LSG allein geprüften Lohnrahmenabkommens vom 22. August 1980 mit dem Geltungsbereich Land Nordrhein-Westfalen – nur dann kann überhaupt auf die Zahlenverhältnisse im Bundesgebiet abgestellt werden. Sollte dies der Fall sein und sollten insoweit – was der Kläger in seiner Revisionsbegründung allerdings nicht dargelegt hat – die Regeln über die revisionsgerichtliche Überprüfung der Anwendung von Bundesrecht eingreifen, könnten die – auf der Grundlage des Landesrechts für das BSG nicht überprüfbaren – Ausführungen des LSG zu Bedenken Anlaß geben. Denn der „Auslieferungsfahrer im Arzneimittelgroßhandel” ist nicht konkret im Lohnrahmenabkommen als Tätigkeitsbeispiel für die Lohngruppe V benannt, sondern der „Kraftfahrer der Führerscheinklasse III” als Gattungsbegriff, so daß nach den allgemeinen Grundsätzen für die Einstufung nach dem Rahmenabkommen, dh vorrangig unter Anwendung der Oberbegriffe (vgl § 2 Nr 1 bis 3 des Rahmenabkommens, für die Lohngruppe V: Arbeiten, die in der Regel nach einer Anlernzeit mit anschließender mehrjähriger praktischer Tätigkeit ausgeführt werden. Arbeiten, die entsprechende Prüfungen oder Kenntnisse voraussetzen) es möglicherweise auf die „tarifliche” Eingruppierung durch den jeweiligen Arzneimittelgroßhändler ankommen könnte. Diese Eingruppierung in die Lohngruppe V des Rahmenabkommens könnte widerlegbar sein, da für die Tätigkeit eines Auslieferungsfahrers neben dem Führerschein der Klasse III, den ein Großteil der Bevölkerung besitzt, nach den Feststellungen des LSG nur eine Einweisungszeit von wenigen Tagen erforderlich ist und die vom LSG angeführten besonderen Qualitätsmerkmale auch den Allgemeintugenden zugeordnet werden können, über die jeder Arbeitnehmer ohnehin verfügen muß (vgl zum gleichen Lohnrahmenabkommen mit diesem Ergebnis – Urteil des LSG Niedersachsen vom 17. April 1997 – L 6/1 Kn 27/96 – veröffentlicht in JURIS). Dies könnte darauf hindeuten, daß ein Auslieferungsfahrer tariflich niedriger eingestuft werden müßte als nach Lohngruppe V und demgemäß seine Tätigkeit als Verweisungsberuf für einen Facharbeiter ausfiele. Dem vom LSG herangezogenen Urteil des 5. Senats des BSG vom 14. September 1994 (5 RJ 2/94 – nicht veröffentlicht) ist nicht zu entnehmen, daß Facharbeiter zumutbar generell auf die Tätigkeit eines Auslieferungsfahrers verwiesen werden können. Vielmehr hatte die Vorinstanz für das BSG verbindlich festgestellt, die Verweisungstätigkeit eines „Warenausfahrers” sei in der Lohngruppe V des „Lohntarifvertrages für den Groß-, Ein- und Ausfuhrhandel in Schleswig-Holstein” als Anlerntätigkeit konkret tarifvertraglich erfaßt. Eigene Feststellungen zur Wertigkeit dieses Verweisungsberufs sind durch das BSG nicht getroffen worden. Soweit das BSG zu den rechtlichen Wirkungen einer bei Vertragsabschluß bestehenden Uneinigkeit unter den Tarifvertragsparteien (wie vom damaligen Kläger vorgetragen) Ausführungen gemacht hat, erfolgten diese ebenfalls auf der Grundlage der bindenden Feststellungen des LSG zum Inhalt des Tarifvertrages.
c) Nicht durchgreifend ist die Rüge von Verfahrensmängeln, soweit der Kläger zum einen vorträgt, das LSG habe verfahrensfehlerhaft festgestellt, die Tätigkeit eines Auslieferungsfahrers im Arzneimittelgroßhandel sei nur bei besonderen Verkehrs- und Witterungsverhältnissen besonderem Zeitdruck ausgesetzt und zum anderen beanstandet, daß die nach § 109 SGG beantragte Begutachtung durch den Arbeitsmediziner Dr. H. nicht hätte abgelehnt werden dürfen. Insoweit wird von einer weiteren Begründung abgesehen, zumal sich die Zulassungsentscheidung des Senats ausdrücklich nur auf einen Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG (also nicht auf eine Verletzung des § 109 SGG und des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG) bezieht (vgl § 170 Abs 3 SGG).
Die abschließende Kostenentscheidung obliegt dem LSG.
Fundstellen