Beteiligte
Landesverband der Betriebskrankenkassen Baden-Württemberg |
Landesapothekerverband Baden-Württemberg e.V. |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. September 2000 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten und des Beigeladenen in allen Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand
I
Der klagende eingetragene Verein ist ein Fachverband, in dem ca 250 Betriebe von Orthopädiemechanikern und Bandagisten mehrerer Bundesländer organisiert sind. Aufgabe des Verbandes ist die Förderung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder. Im Juni 1996 hat er mit dem beklagten Landesverband der Betriebskrankenkassen einen Vertrag über die Lieferung von Hilfsmitteln nach § 127 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) abgeschlossen. Mit seiner Klage begehrt er die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung, soweit dieser eine am 20. August 1996 auch mit dem beigeladenen Landesapothekerverband (LAV) geschlossene „Vereinbarung über die Lieferung von Hilfsmitteln durch Apotheken gem. § 127 SGB V” (im folgenden: Vertrag) laufend anwendet und durchführt. Nach dem Vertrag gilt die Zulassung der Apotheker gemäß § 126 SGB V zur Abgabe von Hilfsmitteln als erteilt, wenn diese weder handwerklich individuell angefertigt noch behinderten- oder therapiegerecht zugerichtet werden (Hilfsmittel der Gruppe 3). Bei bestimmten Hilfsmitteln, die behinderten- und/oder therapiegerecht zugerichtet werden, ist für die Zulassung die Teilnahme an Fortbildungsseminaren mit unterschiedlichem Inhalt und Umfang erforderlich. Der Beigeladene führt diese Seminare selbst durch, nimmt einen Abschlußtest ab und stellt ein Zertifikat aus, das von dem Beklagten als Nachweis der persönlichen Zulassungsvoraussetzungen anerkannt wird. Im einzelnen handelt es sich um a) Hilfsmittel zur Dekubitusversorgung und Stomaerstversorgung, b) medizinische Bandagen und medizinische Hilfsmittel zum Halten von Körperteilen, Alltagshilfen zur Krankenpflege und Rehabilitation, Hilfsmittel zur Lagerung, Umlagerung und zum Transport, c) Hilfsmittel zur künstlichen Ernährung, Beatmungs- und Sauerstoffgeräte, Hilfsmittel zur Inhalations- und Atemtherapie, d) Kompressionsstrümpfe und -strumpfhosen (Hilfsmittel der Gruppe 2). Nicht im Streit sind handwerklich individuell angefertigte oder handwerklich zugerichtete Hilfsmittel, für die es bei den allgemeinen Anforderungen nach § 126 SGB V bleibt (Hilfsmittel der Gruppe 1).
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen, seine Klagebefugnis ergebe sich daraus, daß durch die Vereinbarung sein Recht zum Vertragsabschluß auf Verbandsebene nach § 127 Abs 1 SGB V verkürzt werde. Der Beklagte habe seine im SGB V abschließend geregelte Befugnis zum Abschluß von Verträgen überschritten; denn das SGB V unterscheide zwischen den „Beziehungen zu Leistungserbringern von Hilfsmitteln” einerseits sowie „Beziehungen zu Apotheken und pharmazeutischen Unternehmen” andererseits, weshalb Apotheken nicht zur Versorgung mit Hilfsmitteln herangezogen werden könnten. Die Inhaber von Apotheken erfüllten auch nicht die Zulassungsvoraussetzungen zum Vertrieb der im Vertrag genannten Hilfsmittel, was sich aus § 126 SGB V sowie dem andersartigen Ausbildungsgang der Apotheker ergebe. Die Durchführung des Vertrages stelle einen dauerhaften Verstoß gegen § 25 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) dar. Schließlich gründe sich sein Unterlassungsanspruch auf die §§ 1, 13 Abs 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mangels Klagebefugnis abgewiesen (Urteil vom 21. Oktober 1998), das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 22. September 2000). Das LSG hat ausgeführt, ein möglicher Rechtsanspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Unterlassung sei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu erkennen. Die §§ 126 und 127 SGB V hätten keinen drittschützenden Charakter, für § 13 Abs 2 Nr 2 UWG fehle es an einem Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Kläger bzw seinen Mitgliedern einerseits und dem Beklagten andererseits. Der Beklagte erfülle lediglich seinen gesetzlichen Auftrag.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung der §§ 126 Abs 1, 127 SGB V sowie des § 13 Abs 2 Nr 2 UWG. Zusätzlich trägt er vor, seine Klagebefugnis ergebe sich auch aus § 13 Abs 2 Nr 2 UWG, weil dieser im Allgemeininteresse auch Verbände berechtige; dabei genüge es, daß der Beklagte zur Förderung fremden Wettbewerbs gehandelt habe. Im Rahmen des § 1 UWG sei darüber hinaus die Systematik der §§ 126 ff SGB V zu berücksichtigen, außerdem § 25 ApBetrO, der mit seinen Einschränkungen die Kehrseite des Arzneimittelmonopols und als Norm zum Schutz der Volksgesundheit eine sog Wertvorschrift iS des UWG sei. Der angegriffene Vertrag verstoße als Ursache ständiger Rechtsverletzungen gegen die guten Sitten iS des UWG.
Der Kläger beantragt zu entscheiden wie folgt:
Das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Oktober 1998 und das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. September 2000 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, den zwischen dem Beklagten einerseits und dem Beigeladenen andererseits am 20. August 1996 geschlossenen Hilfsmittellieferungsvertrag anzuwenden und durchzuführen, soweit hierin den Apotheken die Möglichkeit eingeräumt wird, an Versicherte Hilfsmittel im Sinne der §§ 126 ff SGB V abzugeben, gleich ob sie eine behinderten- und therapiegerechte Zurichtung erfordern oder nicht, wobei handwerklich individuell angefertigte oder handwerklich zugerichtete Hilfsmittel nicht erfasst sind. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Festsetzung eines Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000 DM gegen ihn oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten gegen seine gesetzlichen Vertreter angedroht.
Der Beklagte und der Beigeladene beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Eine Verletzung seiner Vertragskompetenz liegt nicht vor. Einen etwaigen Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen durch Verletzung apothekenbetriebsrechtlicher oder handwerksrechtlicher Vorschriften kann der Kläger seit dem 1. Januar 2000 nicht mehr geltend machen. Insoweit fehlt ihm seitdem schon die Klagebefugnis.
1) Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, soweit der Kläger eine Verletzung seiner Vertragskompetenz nach § 127 SGB V geltend macht. Der Beklagte hat sich nicht geweigert, mit dem Kläger einen Vertrag über die Versorgung der Versicherten mit orthopädischen Hilfsmitteln zu schließen, sondern einen solchen im Juni 1996 abgeschlossen.
Ein Monopol zum Abschluß von Rahmenverträgen über die Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln steht dem Kläger (und anderen Verbänden oder dem Bundesverband der Orthopädietechniker, vgl Urteil des Senats vom 25. September 2001 im Parallelverfahren B 3 KR 3/01 R) auf der anderen Seite nicht zu. Der Kläger beruft sich zu Unrecht darauf, der Gesetzessystematik des SGB V, das die einzelnen Gruppen und Bereiche der Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte, Leistungserbringer von Heilmitteln, Leistungserbringer von Hilfsmitteln, Apotheken und pharmazeutische Unternehmen, sonstige Leistungserbringer) deutlich voneinander trenne, liege der Gedanke zugrunde, jede im Gesetz aufgeführte Gruppe dürfe nur in dem ihr zugewiesenen Bereich Verträge abschließen und dort tätig werden. Diese Rechtsauffassung ist zumindest für den hier relevanten Bereich der Hilfsmittelversorgung aus dem geltendem Recht nicht herzuleiten. Vielmehr sprechen das Gebot zur Beachtung der Vielfalt der Leistungsanbieter (§ 2 Abs 3 SGB V) und der Umstand, daß im Gegensatz zur Arzneimittelversorgung (Rahmenvertrag nach § 129 Abs 2 SGB V und ergänzende Apothekenlieferungsverträge nach § 129 Abs 5 SGB V) der Kreis der Vertragspartner für Hilfsmittel nach § 126 SGB V (ebenso wie der für Heilmittel nach § 124 SGB V) gesetzlich nicht festgelegt worden ist, dafür, daß hier keine Exklusivität der Vertragsbeziehungen zu einzelnen Gruppen von Leistungserbringern besteht. Alle geeigneten Leistungserbringer haben unabhängig von ihrer Berufsgruppe bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen einen bedarfsunabhängigen („zuzulassen ist”) Rechtsanspruch auf Zulassung zur Versorgung der Versicherten (vgl BSG, Urteile vom 29. November 1995 – 3 RK 25/94 – BSGE 77, 108, 115 = SozR 3-2500 § 126 Nr 1 und vom 17. Januar 1996 – 3 RK 2/95 – BSGE 77, 219, 222 = SozR 3-2500 § 124 Nr 3; von Maydell in: GK-SGB V, § 126 RdNr 24; Knittel in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 126 SGB V RdNr 4).
Eine Auslegung unter Einschränkung des Wortlauts des § 126 SGB V in dem Sinne, daß jede im Gesetz aufgeführte Gruppe von Leistungserbringern dürfe nur in dem ihr traditionell zugewiesenen Bereich Verträge abschließen und tätig werden dürfe, verstieße zudem gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art 12 Abs 1 Grundgesetz (GG). Da Heil- und Hilfsmittel nach den §§ 124, 126 SGB V nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden dürfen, hat die Zulassung hier eine ähnliche wirtschaftliche Bedeutung wie eine Zulassung für die Vertragsärzte. Die Verweigerung einer Zulassung stellt deshalb eine Begrenzung der Berufsfreiheit auf der Stufe der Berufsausübung dar, die in ihrer Wirkung einer Beschränkung der Berufswahl iS des Art 12 Abs 1 GG nahe kommen kann (BSG SozR 3-2500 § 124 Nr 7; Knittel in: Krauskopf, aaO, § 124 RdNr 4; vgl hierzu auch BVerfGE 69, 233, 244); Apotheker werden allerdings bei der Zulassung zur Hilfsmittelerbringung nur in einem Randbereich betroffen. Aber auch insoweit ist die Einschränkung der Berufsfreiheit nur zum Schutze wichtiger Gemeinschaftsgüter und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig (BSG aaO; BGH, Urteil vom 21. September 2000 – I ZR 216/98; Knittel, aaO).
Zum Schutze wichtiger Gemeinschaftsgüter wie der Gesundheit der Versicherten ist es nicht erforderlich, allein der Berufsgruppe der Orthopädietechniker die Versorgung mit Hilfsmitteln zu übertragen. Entscheidend ist nicht,wer die Versorgung durchführt, sondernwie die Versorgung durchgeführt wird. Die Krankenkassen haben im Rahmen ihres Sicherstellungsauftrags (vgl § 70 SGB V) dafür zu sorgen, daß die Versorgung in der fachlich gebotenen Qualität und wirtschaftlich erfolgt. Die Gewährleistung der erforderlichen Qualität ist vor der Zulassung zu prüfen (§ 126 Abs 1 Satz 2 SGB V). Ob die zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen abgeschlossenen Verträge über die Lieferung von Hilfsmitteln geeignet sind, die gebotene Qualität in allen Fällen zu gewährleisten, kann hier dahinstehen. Denn dies stellt die grundsätzliche Berechtigung der Krankenkassen, derartige Verträge mit anderen Leistungserbringern als den Orthopädietechnikern abzuschließen, nicht in Frage. Ein wesentliches Instrument zur Erreichung größtmöglicher Wirtschaftlichkeit in der Versorgung der Versicherten ist gerade der Wettbewerb unter verschiedenen Leistungserbringern. Die Zuerkennung einer Monopolstellung für eine bestimmte Berufsgruppe läuft dem zuwider; sie bedarf deshalb einer besonderen Rechtfertigung.
Eine solche Monopolstellung zum Abschluß von Verträgen kommt allerdings dem Beigeladenen als der maßgeblichen Organisation der Apotheker bei der Arzneimittelversorgung im betroffenen Bundesland zu (§ 129 SGB V). Diese beruht auf der ausschließlichen gesetzlichen Befugnis von Apothekern zur Abgabe von apothekenpflichtigen Arzneimitteln (§ 1 Apothekengesetz ≪ApoG≫). Der Gesetzgeber hat der Arzneimittelsicherheit und der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung einen besonders hohen Rang eingeräumt, so daß beim Nichtzustandekommen von Rahmenverträgen über die Arzneimittelversorgung sogar ein Ersatz durch eine Schiedsstellenentscheidung vorgesehen ist (vgl § 129 Abs 7 und 8 SGB V). Aus dieser Sonderregelung läßt sich nicht ableiten, daß auch für andere Leistungserbringer in ihrem traditionellen Berufsfeld ein Betätigungsmonopol und damit eine ausschließliche Vertragskompetenz besteht.
Daß die Apotheker neben Arzneimitteln auch zur Abgabe sonstiger apothekenüblicher Waren, insbesondere zur Abgabe von Mitteln zur Krankenpflege, berechtigt sind, ergibt sich aus § 25 ApBetrO iVm § 21 ApoG. Was im Einzelnen darunter fällt und in welchem Umfang „Nebengeschäfte” dieser Art zulässig sind, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen. Soweit die Abgabe gesetzlich zulässig ist, dürfen die Krankenkassen mit den Apothekern und ihren Verbänden auch Verträge darüber abschließen, selbst wenn Waren gleicher Art auch von den Orthopädietechnikern geliefert werden. Ein Monopol dieser Berufsgruppe besteht insoweit nicht.
Allerdings ist es den Apothekern nicht erlaubt, neben dem Apothekenbetrieb selbständig einen Handwerksbetrieb zu führen, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein (§ 1 Handwerksordnung ≪HwO≫). Das gilt auch für die Führung als sog Nebenbetrieb, sofern die Unerheblichkeitsgrenze überschritten wird (§ 3 Abs 2 HwO). Der Revision ist darin zu folgen, daß zB viele Prothesen nur handwerksmäßig (vgl dazu Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht II, 5. Aufl 1987, RdNr 1094 ff) hergestellt werden können, weil sie hohes handwerkliches Wissen und Können („meisterlich-geistige Beherrschung der Materie”, vgl Stober aaO RdNr 1098) voraussetzen. Das Leistungserbringerrecht hat den Vorrang des Berufs- und Gewerberechts zu wahren (vgl BSGE 77, 108 = SozR 3-2500 § 126 Nr 1; SozR 3-2500 § 124 Nr 2). Dadurch, daß der Beklagte in dem neuen Vertrag alle Produkte der Gruppe 1 ausgeklammert hat, hat er diesem Einwand von vornherein Rechnung getragen.
Soweit die Revision aber geltend macht, daß auch die Hilfsmittel der Gruppe 2, die eine behinderten- und therapiegerechte Zurichtung erfordern, wie zB Kompressionsstrümpfe, ebenfalls handwerksmäßig bearbeitet werden müssen, kann dahingestellt bleiben, ob die Anforderungen an die fachgerechte Beherrschung aller erforderlichen Fertigkeiten auch hier so hoch sind, daß sie „meisterliches” Niveau erreichen. Denn selbst wenn dies bei einzelnen Hilfsmitteln dieser Gruppe der Fall sein sollte, wie zB komplizierten Bandagen oder technischen Hilfsmitteln wie Beatmungsgeräten oder Liftern, so folgt daraus aber nicht eine Verletzung der Vertragskompetenz des Klägers mit der Folge, daß er von dem Beklagten die Unterlassung derartiger Vertragsabschlüsse verlangen könnte. Die dem Kläger im Leistungserbringerrecht eingeräumte Kompetenz zum Abschluß von Rahmenverträgen ist nur eine Befugnis; sie wird weder durch den Abschluß noch den Inhalt der mit anderen Verbänden von Leistungserbringern geschlossenen Verträge in Frage gestellt. Der Kläger hat als Zusammenschluß selbständiger Handwerksbetriebe auch keinen gesetzlichen Auftrag, Rechtsverstöße der Kassen und anderer Leistungserbringer zu beanstanden und ihre Unterlassung zwangsweise durchzusetzen. Insbesondere ist es nicht seine Aufgabe, darüber zu wachen, daß die Vorschriften der ApBetrO über den Umfang der Nebengeschäfte der Apotheker und die Vorschriften der HwO über die Zulässigkeit von Handwerksbetrieben eingehalten werden. Vielmehr ist er nach seiner Satzung nur berechtigt, die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder zu fördern.
Nur soweit es sich um Verstöße gegen den lauteren Wettbewerb iS der §§ 1 ff UWG handelt, können nach § 13 Abs 2 Nr 2 UWG auch Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen wie der Kläger Unterlassungsansprüche geltend machen. Dabei handelt es sich aber nicht um die Wahrnehmung eigener Rechte des Verbandes, sondern um die Geltendmachung der Rechte seiner Mitgliedsunternehmen im eigenen Namen (sog Prozeßstandschaft). In diesem Rahmen war der Kläger bis zum 31. Dezember 1999 berechtigt, im Klagewege geltend zu machen, der Beklagte habe mit dem abgeschlossenen Vertrag ua gegen Vorschriften der HwO verstoßen und damit einen unlauteren Wettbewerb betrieben oder gefördert. Insoweit konnte er sich auch auf höchstrichterliche Rechtsprechung der Zivilgerichte berufen, wonach Verstöße gegen die HwO gleichzeitig einen Wettbewerbsverstoß darstellen können (vgl BGHZ 119, 93, 98).
2) Die Klage ist aber mangels Klagebefugnis des Klägers seit dem 1. Januar 2000 bereits unzulässig, soweit der Unterlassungsanspruch auf den Vorwurf unlauteren Verhaltens des Beklagten gestützt wird. Auf die Frage, ob der Vertrag mit § 25 ApBetrO oder den Vorschriften der HwO vereinbar ist, kommt es daher auch in diesem Rahmen nicht mehr an. Etwaige Verstöße gegen das deutsche Wettbewerbsrecht kann der Kläger gegen den Beklagten nicht mehr geltend machen, weil das UWG aufgrund der Neuregelung des § 69 SGB V ab 1. Januar 2000 auf das Verhältnis der Krankenkassen zu den Leistungserbringern nicht mehr anwendbar ist und daher auch die allein auf § 13 UWG zu stützende Befugnis zur Verbandsklage entfallen ist.
Durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2626) ist § 69 SGB V neu gefaßt worden. Nach Satz 1 werden nunmehr die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Leistungserbringern und deren Verbänden abschließend durch die §§ 69 bis 140h SGB V sowie die §§ 63 und 64 SGB V geregelt. Satz 3 ordnet ergänzend die entsprechende Heranziehung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) an, soweit diese mit den Vorgaben des SGB V vereinbar sind. Nach Satz 4 gelten die Sätze 1 und 3 auch, soweit durch die Rechtsbeziehungen Rechte Dritter berührt werden. Außerdem sind dem § 51 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und den §§ 87 Abs 1 und 96 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) jeweils Bestimmungen angefügt worden, mit denen die kartellrechtliche Zuständigkeit der Zivilgerichte für den durch § 69 SGB V erfaßten Bereich ausdrücklich ausgeschlossen wird (Art 8 Nr 1b, Art 9 Nr 1, 2 GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000). Während im Gesetzentwurf zunächst nur die Neufassung des § 69 SGB V vorgesehen war, sind im Zuge der Ausschußberatungen zusätzlich die prozeßrechtlichen Änderungen beschlossen worden (vgl BT-Drucks 14/1977 S 131 zu Art 10a Nr 1, 2 und BT-Drucks 14/1245 S 8 zu Art 1 Nr 29).
Die Neuregelung diente der Beseitigung einer unklaren Rechtslage, und zwar gleichermaßen in prozessualer und materieller Hinsicht. Seit Jahren war umstritten, ob die Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern bzw davon betroffenen Dritten dem öffentlichen oder dem privaten Recht zuzuordnen sind und dementsprechend die Zuständigkeit der Zivilgerichte oder Sozialgerichte gegeben ist. Mit Ausnahme des Vertragsarztrechts, das unzweifelhaft dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist, sowie des Krankenhausrechts (vgl BSGE 86, 166 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1) wurde überwiegend die zivilrechtliche Natur von Verträgen mit den Leistungserbringern bejaht (BSG SozR 3-2500 § 125 Nr 5, 6). Ferner kam die Zivilrechtsprechung zur Annahme bürgerlich-rechtlicher Streitigkeiten auf Grundlage einer „Doppelnatur” von Handlungen der Krankenkassen (BGHZ 82, 375, 382; GemSOBG BGHZ 102, 280). Die öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der Beziehung der Krankenkassen zu ihren Mitgliedern änderte danach nichts an der Rechtsnatur der davon zu trennenden Wettbewerbsbeziehungen zu den betroffenen Leistungsanbietern, die bürgerlich-rechtlicher Natur seien. Konsequenz dieser „Doppelqualifizierung” war, daß selbst bei eindeutig hoheitlichen Akten wie der Festsetzung von Arzneimittelfestbeträgen (§§ 35, 36 SGB V) oder dem Erlaß von Richtlinien nach § 92 Abs 1 SGB V bürgerlich-rechtliche Wettbewerbsstreitigkeiten angenommen und die Zuständigkeit der Kartellgerichte bejaht wurde (OLG Düsseldorf NZS 1998, 567; OLG München NZS 2000, 457).
Schon mit dem Gesundheitsreformgesetz (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) hatte der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 51 Abs 2 SGG den Rechtsweg regeln und alle Streitigkeiten aus dem Leistungserbringerrecht den Sozialgerichten zuweisen wollen, auch soweit die Rechte Dritter berührt waren. Die Zivilgerichte vertraten demgegenüber die Auffassung, § 87 GWB gehe weiterhin als Spezialregelung vor, so daß für auf kartellrechtliche Ansprüche gestützte Klagen weiterhin ihre Zuständigkeit gegeben sei (BGHZ 114, 218). Auf der anderen Seite hatte das Bundessozialgericht entschieden, die Sozialgerichte seien auch für auf kartellrechtliche Anspruchsgrundlagen gestützte Klagen zuständig, wenn vorrangig andere nichtkartellrechtliche Ansprüche geltend gemacht würden; die Zuständigkeit der Kartellgerichte beschränke sich auf ausschließlich auf kartellrechtliche Ansprüche gestützte Klagen (BSG SozR 3-2500 § 125 Nr 1).
Nicht mehr umstritten sind die Folgen der Rechtswegzuweisung durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000. Nunmehr sind für alle Streitigkeiten aus dem Leistungserbringerrecht (mit Ausnahme bestimmter Fragen des Krankenhausbereichs) ausschließlich die Sozialgerichte zuständig. Unabhängig von dem materiell-rechtlichen Gehalt der Neufassung des § 69 SGB V folgt dies schon aus den Klarstellungen in § 51 Abs 2 Satz 2 SGG bzw den §§ 87 Abs 1 Satz 3, 96 Satz 2 GWB, wonach sich die kartellrechtliche Zuweisung nicht auf die in § 69 SGB V genannten Rechtsbeziehungen erstreckt. Dies gilt für alle Kartellrechtsstreitigkeiten unabhängig davon, ob sie auf das deutsche oder das europäische Kartellrecht gestützt werden, und zwar auch dann, wenn Dritte geltend machen, durch die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern in ihren Rechten berührt zu sein.
Der Neuregelung des § 69 SGB V kommt aber auch auf materiell-rechtlicher Ebene Bedeutung zu. Der Senat hat bereits entschieden, daß seit dem 1. Januar 2000 auf die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern die Vorschriften des GWB nicht mehr anwendbar sind (Urteil vom 31. August 2000 – B 3 KR 11/98 R – BSGE 87, 95 = SozR 3-2500 § 35 Nr 1). Gleiches gilt aber auch für das UWG (so auch Knispel NZS 2001, 466; Neumann WuW 1999, 961; Schwerdtfeger PharmInd 2000, 105, 185; Boecken NZS 2000, 269; aA Engelmann NZS 2000, 213).
Der Wortlaut des Satzes 1, wonach die Vorschriften des Vierten Kapitels und die §§ 63, 64 SGB V (Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Versorgung) die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern „abschließend” regeln, bedeutet, daß in diesem Bereich jetzt nur öffentliches Recht gilt. Dies ergibt sich ferner aus Satz 3, wonach die Vorschriften des BGB nicht unmittelbar, sondern lediglich „entsprechend” gelten, soweit ihre Anwendung nicht den Bestimmungen des SGB V widerspricht. Bestätigt wird diese Auslegung durch die Gesetzesbegründung (BT-Drucks 14/1245 S 67): Die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern seien notwendiger Bestandteil des Gesamtsystems der GKV, denn die Krankenkassen erfüllten über diese Rechtsbeziehungen ihren öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag, den Versicherten die im Dritten Kapitel geregelten Leistungen in Natur zur Verfügung zu stellen. Wegen dieser Einbindung der Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Leistungserbringern in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag seien die in Satz 1 genannten Rechtsbeziehungen allein sozialversicherungsrechtlicher und nicht privatrechtlicher Natur. Die Krankenkassen und ihre Verbände handelten deshalb nicht als Unternehmen im Sinne des Privatrechts, einschließlich des Wettbewerbs- und Kartellrechts. Somit sind abweichend von der bisher überwiegend vertretenen Auffassung alle Leistungsbeschaffungsverträge der Krankenkassen mit den Leistungserbringern als öffentlich-rechtliche Verträge zu qualifizieren. Nach Satz 4 gelten die Sätze 1 und 3 auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter berührt sind. Auch im Verhältnis zwischen Krankenkassen bzw -verbänden und diesen Dritten soll also ausschließlich öffentliches Recht Anwendung finden. Eine „Doppelqualifizierung” von Handlungen der Krankenkassen in diesem Bereich ist damit nicht mehr möglich.
Mit der Anordnung der ausschließlichen Geltung öffentlichen Rechts im Bereich der Leistungsbeschaffung hat der Gesetzgeber verdeutlicht, daß er auch diesen Teil des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung als „mittelbare Staatsverwaltung” (dazu BSGE 82, 78, 80 = SozR 3-2500 § 4 Nr 1) ansieht, die einem ausschließlich öffentlich-rechtlichen Regime unterliegen soll. Daraus ergibt sich, daß das deutsche Wettbewerbs- und Kartellrecht keine Anwendung mehr finden kann. Sowohl das UWG wie das GWB setzen das Vorliegen bürgerlich-rechtlicher Streitigkeiten voraus, so daß das Wettbewerbs- und Kartellrecht bei öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen nicht eingreift (BSG SozR 3-4300 § 36 Nr 1; BGHZ 119, 93, 98; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Aufl 1999, § 1 RdNr 921). Seit dem 1. Januar 2000 müssen somit alle Handlungen der Krankenkassen und ihrer Verbände, die ihre Beziehungen zu den Leistungserbringern sowie zu hiervon berührten Dritten betreffen, ausschließlich nach öffentlichem Recht beurteilt werden.
Der Senat teilt nicht die Auffassung, die Formulierung in der Gesetzesbegründung, die Krankenkassen und ihre Verbände handelten nicht als Unternehmen im Sinne des Privatrechts (BT-Drucks 14/1245 S 68), beziehe sich nur auf den Rechtsweg (so Engelmann NZS 2000, 213). Diese Feststellung ist nach dem Gesamtzusammenhang nur die Quintessenz der vorangehenden Ausführungen, in denen ausführlich der öffentlich-rechtliche Charakter aller Handlungen und Entscheidungen der Krankenkassen im Zusammenhang mit den Beziehungen zu den Leistungserbringern dargestellt wird. Wenn es zu Satz 4 heißt, auch der sozialversicherungsrechtliche Charakter der sich aus den Leistungsbeziehungen ergebenden Rechte Dritter werde klargestellt, und dabei die Rechtswegzuweisung wegen der Doppelqualifizierung angesprochen wird, bedeutet die Absage an die Doppelqualifizierung zugleich, daß zivilrechtliche und damit wettbewerbsrechtliche Ansprüche Dritter ausgeschlossen sind (so auch Knispel NZS 2001, 466). Dementsprechend sind auch die im Gesetzgebungsverfahren eingefügten Änderungen der §§ 51 Abs 2 SGG, 87 Abs 1, 96 GWB ausdrücklich nur als „klarstellende Folgeregelungen” bezeichnet worden. Dem Gesetzgeber würde eine überflüssige Regelung unterstellt, wenn auch der Regelungsgehalt des § 69 SGB V nur auf eine Zuweisung des Rechtswegs beschränkt würde. Dann hätte sich der Gesetzgeber nämlich auf die verfahrensrechtlichen Regelungen der §§ 51 Abs 2 Satz 2 SGG, 87 Abs 1 Satz 3, 96 Satz 2 GWB beschränken können.
Wenn somit die öffentlich-rechtliche Qualifizierung aller Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den unmittelbar und mittelbar betroffenen Leistungserbringern durch die Neuregelung des § 69 SGB V zur Unanwendbarkeit der Vorschriften des GWB (BSGE 87, 95 = SozR 3-2500 § 35 Nr 1) und des UWG führt, haben die Verbände auch das Recht zur Verbandsklage nach § 13 UWG und damit der Kläger seine Klagebefugnis verloren. Damit weicht der Senat nicht von dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. September 2000 – I ZR 216/98 – ab, in dem § 1 UWG auf das Verhältnis zweier Leistungsanbieter (Apotheke und Sanitätshaus) auch nach dem 31. Dezember 1999 angewandt worden ist; die Neufassung des § 69 SGB V ist dort offensichtlich übersehen worden.
Der Wegfall wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche führt aber nicht dazu, daß nunmehr auch die einzelnen Leistungsanbieter ebenfalls keine Abwehransprüche mehr gegen sie beeinträchtigendes bzw diskriminierendes Verhalten der Krankenkassen geltend machen könnten. Unterlassungsansprüche können von diesen seit dem 1. Januar 2000 immer noch auf eine Verletzung der Art 12 und 3 GG gestützt werden, wenn Krankenkassen durch ihr hoheitliches Verhalten das Recht der freien Berufsausübung oder der Gleichbehandlung im Wettbewerb beeinträchtigen. Dabei kann hier offenbleiben, ob die von der Zivilrechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Untersagung unlauteren Wettbewerbs von Seiten der Krankenkassen in vollem Umfang auf die nunmehr ausschließlich öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen übertragen werden können. Jedenfalls ist der verfassungsrechtlich gebotene Mindestschutz sowohl prozessual als auch materiell weiterhin gewährleistet (aA Schwerdtfeger aaO).
3) Im vorliegenden Fall ist nicht zu prüfen, ob der Vertrag gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstößt. Die Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags (Art 81, 82, 86) bleiben durch die Neufassung des § 69 SGB V zwar unberührt; sie sind unmittelbar geltendes Recht, gehen den nationalen Bestimmungen vor und berücksichtigen grundsätzlich nicht die nationale Unterscheidung zwischen privatrechtlichem und öffentlich-rechtlichem Handeln. Die gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsvorschriften sind hier schon deshalb nicht einschlägig, weil dem Sachverhalt jeder grenzüberschreitende Bezug fehlt; insbesondere findet keine Ungleichbehandlung zwischen in- und ausländischen Anbietern statt.
4) Mit dieser Entscheidung weicht der Senat auch nicht von dem Urteil des 6. Senats vom 28. Juni 2000 – B 6 KA 26/99 R – (BSGE 86, 223 = SozR 3-2500 § 138 Nr 1) ab. Soweit darin die Ansicht vertreten wird, die Neuregelung des § 69 SGB V habe über die geänderte Rechtswegzuweisung hinaus auch zur Folge, daß die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit verpflichtet seien zu prüfen, ob die Auswirkungen des Handelns der Institutionen der gesetzlichen Krankenversicherung im Verhältnis zu den Leistungserbringern materiell kartellrechtswidrig sind (was zugleich bedeuten würde, daß auch Verstöße gegen das UWG zu untersuchen wären), handelt es sich um die Entscheidung nicht tragende und auch den vorliegenden Fall nur mittelbar betreffende Ausführungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen