Beteiligte
Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen |
Westfälische landwirtschaftliche Alterskasse |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23. Oktober 1997 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander für beide Rechtszüge keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die am 2. Oktober 1950 geborene und mit einem von der Versicherungspflicht befreiten Nebenerwerbslandwirt verheiratete Klägerin wendet sich gegen die grundsätzliche Feststellung ihrer Versicherungs- und Beitragspflicht nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) für die Zeit ab 1. Januar 1995 (Bescheid vom 29. Dezember 1994, Widerspruchsbescheid vom 4. April 1995).
Das landwirtschaftliche Unternehmen des Ehemannes der Klägerin hatte eine Größe von rund 24 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche mit einem Wirtschaftswert von rund 67.400 DM. Nach dem Einkommensteuerbescheid für 1995 betrugen die Einkünfte des Ehemannes der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft 2.135 DM und aus nichtselbständiger Arbeit – Bruttolohn – 67.277 DM. Die Mitarbeit der Klägerin in dem landwirtschaftlichen Unternehmen beschränkte sich auf einen täglichen Kontrollgang durch die Ställe sowie auf die im Betrieb anfallende Buchführung. Seit dem 5. Juni 1997 war die Klägerin von der Beklagten vorübergehend wegen der Pflege ihrer Eltern von der Versicherungs- und Beitragspflicht nach dem ALG befreit worden (Bescheid vom 28. Juli 1997).
Das Sozialgericht (SG) Dortmund hat mit Urteil vom 23. Oktober 1997 den Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 1995 aufgehoben. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei weder als Landwirt noch als Ehegatte eines Landwirts versicherungs- und beitragspflichtig geworden. § 1 Abs 3 Satz 1 ALG müsse verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, daß nur diejenigen Ehefrauen von Nebenerwerbslandwirten erfaßt seien, die tatsächlich in nennenswertem Umfang das landwirtschaftliche Unternehmen mitbewirtschafteten. Die Grenze sei bei einer Arbeitsleistung zu ziehen, die in abhängiger Beschäftigung zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führen würde.
Mit der Sprungrevision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 1 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 3 Satz 1 ALG. Der vom SG gefundenen verfassungskonformen Auslegung stehe nicht nur der eindeutige Gesetzeswortlaut, sondern auch die Intention des Gesetzgebers entgegen. Ziel des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung (ASRG 1995) sei es gewesen, eine eigenständige Sicherung der Bäuerinnen einzuführen. Dessen Verwirklichung laufe es zuwider, den Eintritt der Versicherungspflicht von der tatsächlichen, auf Dauer nicht zu überprüfenden Mitarbeit und damit von der Disposition der Ehegatten abhängig zu machen. Unabhängig davon fehle es an einem Verfassungsverstoß.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt – unter näherer Darlegung –,
die Revision zurückzuweisen.
Zu der Frage, welcher Anteil der Landwirtsehefrauen im landwirtschaftlichen Betrieb nicht mitgearbeitet hat, hat der Senat Auskünfte und Stellungnahmen des Deutschen Bauernverbandes vom 20. August 1998, des Deutschen Landfrauenverbandes eV vom 31. August 1998, des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 24. September 1998, des Arbeitskreises „Alterskassenzwang” vom 11. September 1998 und der Bayerischen Landesanstalt für Ernährung (Dr. Weinberger-Miller) vom 5. Oktober 1998 eingeholt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) einverstanden erklärt.
II
Die Revision ist begründet. Die Beklagte hat ungeachtet der späteren temporären Befreiung die grundsätzliche Versicherungspflicht der Klägerin für die Zeit ab dem 1. Januar 1995 zu Recht festgestellt.
(1) Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist nach § 1 ALG in der ab 1. Januar 1995 gültigen Fassung des Agrarsozialreform-Änderungsgesetzes (ASRG-ÄndG) vom 15. Dezember 1995 (BGBl I, 1814) zu beurteilen. Nach Abs 1 Nr 1 dieses Gesetzes sind Landwirte versicherungspflichtig. Landwirt ist, wer als Unternehmer ein auf Bodenbewirtschaftung beruhendes Unternehmen der Landwirtschaft betreibt, das die Mindestgröße gemäß Abs 5 erreicht (Abs 2 Satz 1). Unternehmer ist, wer seine berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (Abs 2 Satz 2). Darüber hinaus gilt als Landwirt der Ehegatte eines Landwirts nach Abs 2, wenn beide Ehegatten nicht dauernd getrennt leben und der Ehegatte nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht erwerbsunfähig unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage ist (Abs 3 Satz 1). Diese Voraussetzungen lagen vor. Nach den (in der Sprungrevision) unangreifbaren und damit den Senat bindenden (§ 161 Abs 4, § 163 SGG) Feststellungen des SG lebte die nicht erwerbsunfähige Klägerin in ehelicher Gemeinschaft mit ihrem Ehegatten, der ein landwirtschaftliches, die Mindestgröße übersteigendes Unternehmen betrieb.
Die Klägerin ist nicht kraft Gesetzes versicherungsfrei. Nach § 2 ALG idF des ASRG-ÄndG sind Landwirte und mitarbeitende Familienangehörige, die das 18. Lebensjahr noch nicht oder das 65. Lebensjahr bereits vollendet haben (Nr 1a) oder bei Beginn der Versicherung die Wartezeit nach § 13 Abs 1 Nr 3 für eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht mehr erfüllen können (Nr 1b) oder Landwirte, die eine Rente unter Berücksichtigung von § 21 Abs 6 ALG beziehen (Nr 2), versicherungsfrei. Diese Voraussetzungen sind bei der im Jahre 1950 geborenen Klägerin nicht erfüllt. Auch die Übergangsregelung des § 85 Abs 1 Satz 1 ALG, wonach Personen, die am 31. Dezember 1994 als Landwirte oder mitarbeitende Familienangehörige von der Beitragspflicht in der Altershilfe für Landwirte befreit oder kraft Gesetzes beitragsfrei waren, in dieser Tätigkeit versicherungsfrei bleiben, findet keine Anwendung. Diese Vorschrift gilt kraft ausdrücklicher Regelung nicht für Ehegatten eines Landwirts, der am 31. Dezember 1994 nur deshalb nicht beitragspflichtig war, weil der Landwirt das Unternehmen der Landwirtschaft überwiegend geleitet hat; er gilt als Landwirt nach § 1 Abs 3 ALG (§ 85 Abs 1 Satz 3 ALG).
Unerheblich für die hiernach bestehende Versicherungspflicht der Klägerin ist, ob sie im landwirtschaftlichen Betrieb ihres Ehemannes tatsächlich mitarbeitet oder nicht. Eine entsprechende Voraussetzung enthält der Wortlaut des § 1 Abs 2 ALG nicht. Sie ist auch vom Gesetzgeber nicht gewollt. Im Gegenteil begründet § 1 Abs 3 Satz 1 ALG gerade eine Fiktion („Der Ehegatte eines Landwirts … gilt als Landwirt …”), für deren Eintritt weitere Voraussetzungen nicht vorgesehen sind. Dies bestätigt auch die Gesetzesbegründung (BT-Drucks 12/5700, S 69 zu § 1 Abs 3 ALG): „Der Ehegatte eines Unternehmers wird im Wege einer Fiktion wie ein selbständig tätiger Landwirt versichert. Dies gilt nur dann nicht, wenn beide Ehegatten dauernd getrennt leben oder sie … erklären, daß sie beide das Unternehmen gemeinsam betreiben” (zur näheren Begründung s das Urteil des Senats vom 12. Februar 1998, BSGE 81, 294, 296).
(2) Der Einbeziehung der Klägerin in die Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte steht nach Überzeugung des Senats Verfassungsrecht nicht entgegen. Dies gilt sowohl dann, wenn man auf das ursprüngliche gesetzgeberische Motiv abstellt, den mitarbeitenden Ehegatten eines Landwirts sozial abzusichern (a), als auch dann, wenn man das Ziel der ins Werk gesetzten Neuregelung dahingehend versteht, ausnahmslos allen Landwirtsehegatten eine eigenständige sozialrechtliche Alterssicherung zu gewährleisten, indem deren Versicherungspflicht nicht an eine Form der Mitarbeit, sondern allein an den Status der intakten Ehe geknüpft wird (b). Unerheblich ist schließlich auch, ob nach steuerlicher Beurteilung mit dem landwirtschaftlichen Unternehmen nur geringe oder gar negative Einkünfte erzielt wurden (c).
(a) Die Regelung des § 1 Abs 3 Satz 1 ALG verfolgt vor allem den gesetzgeberischen Zweck, die Bäuerinnen, die im landwirtschaftlichen Betrieb mitarbeiten, sozial abzusichern (hierzu ausführlich das Senatsurteil vom 12. Februar 1998, BSGE 81, 294, 297; vgl auch Rombach, SGb 1994, 455, 458 f). Daß eine Versicherungspflicht für diesen Personenkreis mit dem Grundgesetz (GG) übereinstimmt, hat der Senat (aaO S 296 ff) im einzelnen dargelegt. Bedenken ergeben sich insoweit weder aus der Eigentumsgarantie in Art 14 Abs 1 Satz 1 GG noch der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit des Art 2 Abs 1 GG oder dem Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG, ggf auch iVm Art 6 Abs 1 GG, der Ehe und Familie dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung unterstellt. Ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) ist von vornherein nicht ersichtlich. Ebenso hat der Senat (aaO S 305 f) die Neuregelung für mit dem Europarecht vereinbar gehalten und dies im einzelnen begründet.
Der Senat bejaht jedoch im vorliegenden Fall auch die damals (aaO S 298, 302) ausdrücklich offengelassene Frage, ob in der Alterssicherung der Landwirte die Einbeziehung jener Ehegatten, die keine landwirtschaftlichen Tätigkeiten – auch nicht im weiteren Sinn – verrichten, mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Der Gesetzgeber kann sich insoweit auf die Notwendigkeit einer Pauschalierung und Typisierung stützen. Dies gilt sowohl im Prüfungszusammenhang der Verhältnismäßigkeit (Geeignetheit, Erforderlichkeit, Zumutbarkeit) des Eingriffs in die wirtschaftliche Handlungsfreiheit (Art 2 Abs 1 GG) als auch im Rahmen der Prüfung, ob nicht die Gleichbehandlung mitarbeitender und nicht mitarbeitender Ehegatten einen Verstoß gegen das in Art 3 Abs 1 GG ebenso enthaltene Verbot darstellt, wesentlich Ungleiches gleich zu behandeln. In beiderlei Hinsicht erweist es sich als gerechtfertigt, die – vom og ursprünglichen gesetzgeberischen Motiv nicht erfaßten – nicht mitarbeitenden Ehegatten ebenfalls in die Alterssicherung der Landwirte einzugliedern.
Der Senat geht dabei davon aus, daß der zahlenmäßige Anteil der nicht im Betrieb mitarbeitenden Landwirtsehegatten sich in einer Größenordnung bewegt, die ein derartiges Vorgehen unter Berücksichtigung der hierbei maßgebenden besonderen Gesichtspunkte rechtfertigt. Zwar liegt gesichertes und aussagekräftiges Zahlenmaterial zu der Frage, welcher Anteil nicht mitarbeitender Landwirtsehegatten durch die Versicherungspflicht nach § 1 Abs 3 Satz 1 ALG betroffen ist, nicht vor. Das vom Senat ermittelte Zahlenmaterial läßt jedoch den Schluß zu, daß es sich hier allenfalls um eine Größenordnung von 8 bis 10 % handelt.
Von vornherein unzuverlässig ist der sich aus der jährlich wiederholten Arbeitskräfteerhebung des Statistischen Bundesamts ergebende Wert von 24 % (nach der Arbeitskräfteerhebung 1988, erwähnt im Agrarbericht 1990, BR-Drucks 95/90, S 52 Nr 80) bzw von 35 % (nach der Arbeitskräfteerhebung 1995, s die im vorliegenden Verfahren beigezogene Auskunft des BMA vom 24. September 1998, S 2 f mit näheren Erläuterungen). Denn die landwirtschaftliche Arbeitskräftestatistik des Statistischen Bundesamts verwertet Angaben für sämtliche landwirtschaftlichen Betriebe entweder ab 1 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche oder mit natürlichen Erzeugungseinheiten, die mindestens dem durchschnittlichen Wert einer jährlichen Markterzeugung von 1 ha solcher Fläche entsprechen (s Statistisches Jahrbuch 1997 für die Bundesrepublik Deutschland, S 158, Tabelle 8.12.2 Fußnote 1). Demgegenüber werden von der Versicherungspflicht des § 1 Abs 3 ALG nur die Ehegatten von solchen Landwirten erfaßt, deren landwirtschaftlicher Betrieb die Mindestgröße (§ 1 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 5 ALG) – typischerweise ca 4 bis 5 ha (s Rombach, Alterssicherung der Landwirte, 1995, S 343 f) – erreicht. Je kleiner aber der landwirtschaftliche Betrieb, desto geringer ist die (Notwendigkeit einer) Mitarbeit des Landwirtsehegatten. Immerhin weisen knapp 30 % der landwirtschaftlichen Betriebe ab 1 ha nur 1 bis 5 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche auf (errechnet aus den Angaben in: Statistisches Jahrbuch aaO, S 149, Tabelle 8.4.1).
Auf der anderen Seite können jedoch auch jene Angaben nicht als für den Personenkreis des § 1 Abs 3 ALG repräsentativ angesehen werden, die den Anteil der im Betrieb nicht mitarbeitenden Landwirtsehefrauen nur mit ca 4 oder 5 % beziffern. Zu der im Agrarbericht 1991 (BR-Drucks 80/91, S 52 Nr 75) insoweit zitierten Untersuchung von Claupein/ Günter (Die Lebens- und Arbeitssituation von Bäuerinnen, Schriftenreihe des BMELF, Heft 398, S 16), hat der Senat bereits im Urteil vom 12. Februar 1998 Stellung genommen (BSGE 81, 294, 303) und diesen Wert als nicht verläßlich betrachtet, da die Untersuchung ihr Zahlenmaterial aus einer Befragung von Mitgliedern der Landfrauenverbände gewonnen hat, also eines Personenkreises, bei dem von vornherein ein besonderes Engagement in der Landwirtschaft unterstellt werden kann. Nichts anderes gilt aber hinsichtlich der Veröffentlichung, auf die sich das BMA in seiner Auskunft vom 24. September 1998 beruft, die zum vorliegenden Verfahren beigezogen wurde (Zeitschrift „top agrar”, Heft 5/1998, 138, 140); hiernach seien 5 % der Bäuerinnen „gar nicht” im Betrieb engagiert. Diese Veröffentlichung beruht auf der Umfrage einer landwirtschaftlichen Fachzeitschrift, bei deren Leserinnen ebenfalls ein überdurchschnittliches Interesse der Landwirtschaft vorausgesetzt werden kann; ausdrücklich wird das Ergebnis dieser Umfrage auch als nicht repräsentativ bezeichnet (aaO S 142).
Als repräsentativ jedenfalls für die landwirtschaftlichen Haushalte in Bayern (ab 3 ha landwirtschaftliche Nutzfläche) sieht sich der von der Beklagten mit ihrer Äußerung vom 24. September 1998 vorgelegte Forschungsbericht (Weinberger-Miller/Burkhardt/Blümel, Der Beitrag der Bäuerin zur Existenzsicherung, Schriftenreihe der Bayerischen Landesanstalt für Ernährung, September 1997, Heft 6, S 3), der auf einem Rücklauf von ca einem Drittel von 3.000 versandten Fragebögen, ergänzt durch ca 100 Interviews, beruht. Im Rahmen des zugrundeliegenden Forschungsvorhabens wurde auch ein hier besonders interessierender – im oa Forschungsbericht nicht wiedergegebener – Wert von 10,4 % ermittelt (Auskunft der Bayerischen Landesanstalt für Ernährung vom 5. Oktober 1998 ≪Dr. Weinberger-Miller≫); zu diesem Anteil habe jeweils die befragte Bäuerin angegeben, keinen Arbeitseinsatz in der Landwirtschaft zu erbringen. Allerdings wurde insoweit die Versorgung der Altenteiler (s hierzu das Urteil des Senats vom 12. Februar 1998) nicht bewertet.
Eine örtlich noch eingeschränktere Erhebung des Jahres 1991 hat für 680 landwirtschaftliche Haushalte eines niedersächsischen und eines hessischen Landkreises ermittelt, daß ca 26,5 % aller Ehefrauen des Betriebsleiters angaben, nicht „regelmäßig” im landwirtschaftlichen Betrieb tätig zu sein (Schulz-Greve, Agrarwirtschaft 44 ≪1995≫, S 293, 295).
Legt man aber das aufgeführte Zahlenmaterial zugrunde, so läßt sich eine grobe Schätzung kaum widerlegen, wonach höchstens ca 8 bis 10 % aller Ehefrauen von Landwirten im Betrieb nicht mitarbeiten, ohne über eine Befreiungsmöglichkeit nach § 3 ALG zu verfügen. Von allen og Werten sind nämlich jeweils noch diejenigen im Betrieb nicht mitarbeitenden Ehegatten abzuziehen, denen die Befreiungsmöglichkeiten nach § 3 Abs 1 ALG zugute kommen, also insbesondere bei nicht nur geringfügigem außerlandwirtschaftlichem Arbeitsentgelt oder -einkommen (§ 3 Abs 1 Nr 1 ALG) und bei Erziehung von Kindern bis zu drei Jahren (§ 3 Abs 1 Nr 2 ALG). Hierbei dürfte es sich um einen großen Teil, wenn nicht sogar die Mehrzahl der nicht mitarbeitenden Ehegatten handeln. So sind immerhin 13,8 % aller Landwirte nach § 1 Abs 3 ALG (befreite und nicht befreite Landwirtsehegatten) nach § 3 Abs 1 Nr 1 ALG von der Versicherungspflicht befreit (Quartalsstatistik der Landwirtschaftlichen Alterskassen ≪LAKn≫ – Alterssicherung der Landwirte – II. Quartal 1998, Tabellen A 301 und 302) und weitere 8,5 % aufgrund anderer Regelungen (außerhalb des Übergangsrechts). Hinzu kommt zum einen, daß sich auch unter den 22,8 % aufgrund von Übergangsregelungen Befreiten weitere Landwirtsehegatten befinden dürften, die gleichzeitig einen Befreiungsanspruch nach § 3 Abs 1 ALG hätten; zum anderen aber auch, daß möglicherweise die Zahlen über den Anteil der (nicht) mitarbeitenden Ehegatten solche Tätigkeiten vernachlässigen, die ebenfalls landwirtschaftstypisch sind und in gleichem Maße wie eine Mithilfe im Stall oder auf dem Acker einer eigenen Erwerbstätigkeit des Ehegatten entgegenstehen (wie zB die Versorgung der Altenteiler, soweit noch keine Pflegebedürftigkeit – § 3 Abs 1 Nr 3 ALG – vorliegt; hierzu das Urteil des Senats vom 12. Februar 1998).
Gegen die Berücksichtigung entsprechender Belastungen läßt sich nicht einwenden, daß das ALG ausweislich der Regelungen des § 1 Abs 1, Abs 2 und Abs 8 für die Versicherungspflicht grundsätzlich an die Mitarbeit im Unternehmen anknüpfe, nicht an soziale Dienstleistungen wie die Betreuung von Altenteilern. Diese Argumentation verkennt, daß (s das Urteil des Senats vom 12. Februar 1998, aaO S 297 f) die Versicherungspflicht der Landwirtsehegatten nicht durch deren Mitarbeit in der Landwirtschaft als solche gerechtfertigt werden kann, sondern durch die hierauf beruhende soziale Schutzbedürftigkeit eines Personenkreises, der hierdurch am Aufbau einer eigenständigen Alterssicherung gehindert wird. Dieser Gesichtspunkt aber trifft ebenso auf Landwirtsehegatten mit anderen landwirtschaftstypischen Belastungen – wie die Versorgung der Altenteiler – zu.
Schließlich sind von der hier allein maßgebenden Zahl der von der Versicherungspflicht nach § 1 Abs 3 ALG erfaßten, jedoch im Betrieb nicht mitarbeitenden Ehegatten jene abzuziehen, die wegen eines hohen Beitragszuschusses (§ 32 ALG) nur einen geringen Beitragsanteil selbst zu tragen haben. Für diese gereicht die Begründung der Versicherungspflicht von vornherein eher zum Vorteil als zum Nachteil.
Dann jedoch ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände die Einbeziehung auch solcher Landwirtsehegatten in die Versicherungspflicht zur Alterssicherung der Landwirte im Rahmen des durch den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG vorgegebenen Prüfungsmaßstabs (vgl insoweit im einzelnen das Urteil des Senats vom 12. Februar 1998) als erlaubte Pauschalierung und Typisierung anzusehen. Jedenfalls bei den im vorliegenden Fall zu diskutierenden Größenordnungen bis ca 10 % (zu dieser Grenze s zB BVerwG vom 19. September 1983, BVerwGE 68, 36, 41) ist insoweit nicht allein der rechnerisch zu ermittelnde Anteil der vom Gesetzeszweck eigentlich nicht Betroffenen maßgebend; entscheidend ist vielmehr neben der Schwere des Eingriffs auch, mit welchem Aufwand eine durch die typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit vermeidbar ist (vgl BVerfG vom 8. Februar 1983, BVerfGE 63, 119, 128), oder ob eine der Verfassung besser entsprechende Typisierung genauso möglich ist (vgl BVerfG vom 26. April 1978, BVerfGE 48, 227, 239). Insoweit sind folgende Gesichtspunkte anzuführen:
Bereits die Schwere des Eingriffs (zu diesem Abwägungsmoment bei der verfassungsrechtlichen Prüfung einer Typisierung zB BVerfG vom 8. Oktober 1991, BVerfGE 84, 348, 360 f) ist zu relativieren. Zwar folgt aus der Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte eine nicht unerhebliche Beitragspflicht (ansteigend von 291,– DM/Monat im Jahre 1995 auf 335,– DM/Monat im Jahre 1998). Diese Beiträge sind jedoch – im Gegensatz zu Steuern oder Sonderabgaben (s hierzu BVerfG vom 8. April 1987, BVerfGE 75, 108, Leitsatz 1c sowie BVerfG vom 23. Januar 1990, BVerfGE 81, 156, 186 f) – nicht „verloren”, mit ihnen werden vielmehr Anwartschaften auf Leistungen der Alterssicherung erworben, dh neben Altersrenten (§§ 11, 12 ALG) Renten wegen Erwerbsunfähigkeit bzw Erwerbsminderung (§ 13 ALG) sowie Witwen- bzw Witwer- und Waisenrenten (§§ 14, 15 ALG), ferner auch medizinische und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation (§§ 7 ff ALG). Dabei wird aus den Beiträgen zur Alterssicherung der Landwirte, wie ebenfalls bereits im Urteil des Senats vom 12. Februar 1998 (aaO S 298 f) ausgeführt, kein geringerer Wert erzielt als aus den Beiträgen zur Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten. Der Beitragsabschlag zugunsten der Landwirte (und Landwirtsehegatten) von 20 % (s § 68 Satz 1 ALG) erklärt sich aus dem geringeren Leistungsspektrum in der Versicherung der Landwirte verglichen mit der gesetzlichen Rentenversicherung.
Soweit dem entgegengehalten werden sollte, der Abschluß einer privaten Versicherung werfe demgegenüber eine höhere „Rendite” ab, so kann zwar insoweit eine allgemeingültige Prognose für die zukünftigen Leistungsfälle nicht abgegeben werden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß viele entsprechende Berechnungen für die Vergangenheit, soweit sie überhaupt mit zutreffenden Zahlen gearbeitet haben, nur einen Teil des Leistungsspektrums der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt (zB nicht die Renten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit, nicht die Rehabilitationsleistungen, nicht die Dynamisierung der Renten) und daher kein zutreffendes Bild vermittelt haben (vgl hierzu im einzelnen Schneider, BB 1997, 2649 ff).
Die negativen Folgen der Typisierung werden weiterhin durch eine Härtefallregelung abgemildert (s hierzu zB BVerfG vom 13. Januar 1976, BVerfGE 41, 128, 188). In allen Zeiträumen, in denen die Zahlung eines monatlichen Beitrags in der angegebenen Höhe unzumutbar ist, greift die Regelung zum Beitragszuschuß (§ 32 ALG) ein. Sie bewirkt, daß erst dann der volle Beitrag aufzubringen ist, wenn das gemeinschaftliche Jahreseinkommen der Eheleute 80.000 DM übersteigt (§ 32 Abs 1, Abs 2 Satz 1 ALG). Insoweit trifft zwar zu, daß damit im Ergebnis das bereits mit Beiträgen belegte außerlandwirtschaftliche Einkommen von Nebenerwerbslandwirten zur Bemessung der Beitragshöhe ihrer Ehefrauen erneut herangezogen wird. Auch hier ist jedoch wiederum auf die Ausführungen des Senats im Urteil vom 12. Februar 1998 (aaO S 299 f zum Vorwurf der unzumutbaren Überversicherung) hinzuweisen. Immerhin sind (nach der Quartalsstatistik der LAKn – Alterssicherung der Landwirte – II. Quartal 1998, Tabellen A 301 und 303) von den Landwirten iS des § 1 Abs 2 ALG (Unternehmer) 61,8 % beitragszuschußberechtigt, hingegen von den Landwirten iS des § 1 Abs 3 ALG (Ehegatten eines Unternehmers) 75,0 %. Dies bedeutet, daß auch bei einem ganz erheblichen Prozentsatz der Ehegatten von versicherungsbefreiten Nebenerwerbslandwirten trotz Berücksichtigung von deren außerlandwirtschaftlichen Einkommen bei der Berechnung dieser Leistung ein Anspruch auf Beitragszuschuß bestehen muß, also die Härteregelung „greift”. In Grenzfällen steht zudem dem Landwirtsehepaar die Möglichkeit offen, durch Verringerung der Hoffläche die Mindestgröße nach § 1 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 5 ALG zu unterschreiten und damit auch die Versicherungspflicht nach Abs 3 dieser Vorschrift zu vermeiden.
Die Einführung der Versicherungspflicht der Landwirtsehegatten hat der Gesetzgeber im Ergebnis für die Betroffenen als eher vorteilhaft angesehen. Dies ergibt sich auch daraus, daß infolge der Neuregelungen des ASRG – zu denen vor allem auch jene über die Versicherungspflicht der Landwirtsehegatten gehörte – Mehrbelastungen des Bundeshaushalts (für die Jahre 1996 bis 1998) in Höhe von über 400 Mio DM/Jahr für die Alterssicherung der Landwirte vorhergesehen worden ist (BT-Drucks 12/7599, S 29).
Der hohe Anteil der Beitragszuschußempfänger unter den versicherungspflichtigen Ehegatten eines Landwirts (§ 1 Abs 3 ALG) verdeutlicht auch, daß eine Erstreckung der Versicherungspflicht nur auf mitarbeitende Ehegatten praktischen Erfordernissen der Verwaltung in besonders starkem Maße zuwiderlaufen würde (zur Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes zB BVerfG vom 8. Februar 1983, BVerfGE 63, 119, 128). Das trifft – was das SG Koblenz (Vorinstanz zum Senatsurteil vom 12. Februar 1998) nicht ausreichend berücksichtigt hat – zum einen auf die Überprüfung zu, ob solche Landwirtsehegatten, die sich der Versicherungspflicht entziehen wollen, tatsächlich nicht im Betrieb mitarbeiten. Wie aufwendig derartige Ermittlungen sind, wird deutlich, wenn man berücksichtigt, daß nicht nur in aller Regel entsprechende Tätigkeiten ohne große Kontrollmöglichkeiten in einem Familienbetrieb verrichtet werden, sondern auch jede Feststellung eines gegenwärtig bestehenden Zustands unter dem Vorbehalt steht, daß er sich jederzeit ohne jegliche Formalität (wie zB den Abschluß eines Arbeitsvertrages) wieder ändern kann. Zum anderen aber käme auf die LAK die zahlenmäßig ungleich umfangreichere Aufgabe zu, auch zu kontrollieren, ob die nach § 1 Abs 3 ALG versicherten Ehegatten von Landwirten dadurch zu Recht einen Anspruch auf Beitragszuschuß geltend machen, daß sie tatsächlich auch im Betrieb mitarbeiten. Jede Lösung, die insoweit zuvörderst auf die eigenen Angaben der Betroffenen abstellt, muß sich mit dem Vorwurf auseinandersetzen, es hiermit letztlich der eigenen Entscheidung der Betroffenen zu überlassen, ob sie sich von einer Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte Vorteile versprechen oder nicht. Damit wären auch Situationen nicht auszuschließen, in denen Druck auf die Bäuerin ausgeübt wird, falsche Angaben zu machen, damit die vermeintlich „teure” Versicherung in der Alterssicherung der Landwirte umgangen wird (s auch Rombach, SGb 1994, 455, 459) oder umgekehrt trotz fehlender Mitarbeit der Anspruch auf den Beitragszuschuß erhalten bleibt. Davon aber kann eine derartige Versicherungspflicht nicht abhängen.
Die insgesamt aufgeworfenen Probleme der tatsächlichen Feststellung der aktuellen (Nicht-)Mitarbeit würden angesichts der Amtsermittlungspflicht sowohl der Versicherungsträger (§ 20 Abs 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) als auch der Sozialgerichte (§ 103 Satz 1 SGG) auch dadurch nicht entscheidend verringert, wenn man von einer widerlegbaren Vermutung ausginge, der Ehegatte eines Landwirts arbeite im Betrieb mit. Wenn sich auch aufgrund der nach wie vor erforderlichen Ermittlungen nicht feststellen ließe, ob der Ehegatte mitarbeitet, würde eine derartige Regelung lediglich zu einem anderen Ergebnis führen, nämlich zur Einbeziehung in die Versicherungspflicht.
Gegen die vom Senat vertretene Auffassung kann schließlich nicht eingewandt werden, bei mitarbeitenden Familienangehörigen (§ 1 Abs 8 ALG) und bei den Landwirten selbst (§ 1 Abs 2 ALG) müßte die LAK bereits jetzt deren (Mit-)Arbeit im landwirtschaftlichen Unternehmen überprüfen. Diese Argumentation verkennt hinsichtlich der mitarbeitenden Familienangehörigen zum einen die Größenordnung des Problems: Die Statistik (Quartalsstatistik der LAKn – Alterssicherung der Landwirte II. Quartal 1998, Tabellen A 301 und 302) weist (versichert oder versicherungsfrei bzw von der Versicherungspflicht befreit) ca 288.000 Landwirtsehegatten (§ 1 Abs 3 ALG) auf, hingegen lediglich ca 26.000 mitarbeitende Familienangehörige. Zum anderen besteht bei diesem Personenkreis weitaus eher als bei einem (nicht getrennt lebenden) Ehepaar ein Interessengegensatz, der von vornherein zu klaren geregelten Verhältnissen führen wird. Hinsichtlich der Versicherungspflicht der Landwirte selbst hat die Alterskasse im Regelfall lediglich festzustellen, daß bewirtschaftete Flächen vorhanden sind; wer hierfür zuständig ist, wird kaum streitig sein.
- Unter dem vorgenannten Gesichtspunkt untauglich ist auch die Lösung des SG Dortmund (als Vorinstanz), wonach die Versicherungspflicht nach § 1 Abs 3 ALG nicht nur von der Mitarbeit, sondern auch von der mehr als nur geringfügigen Mitarbeit des Landwirtsehegatten abhängen soll. Diese Lösung erscheint zwar auf den ersten Blick als folgerichtig, besteht doch in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten (noch) eine Geringfügigkeitsgrenze, der in der Alterssicherung der Landwirte die Regelung entspricht, daß Landwirte (und Landwirtsehegatten) nur dann versicherungspflichtig sind, wenn das landwirtschaftliche Unternehmen die Mindestgröße erreicht (§ 1 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 5 ALG). Ist aber die Kontrolle, ob überhaupt Mitarbeit im landwirtschaftlichen Unternehmen stattfindet, praktisch nicht durchführbar, so gilt dies erst recht für die Kontrolle, ob die Mitarbeit nur geringfügigen oder aber mehr als geringfügigen Umfang einnimmt.
(b) Die Einbeziehung auch der in der Landwirtschaft nicht mitarbeitenden Landwirtsehegatten in die Versicherungspflicht zur Alterssicherung der Landwirte hält der Prüfung am Maßstab des Grundgesetzes jedoch auch aus einem anderen Gesichtspunkt stand. Die ins Werk gesetzte Neuregelung verschafft ausnahmslos allen Landwirtsehegatten dadurch eine eigenständige sozialrechtliche Alterssicherung, daß deren Versicherungspflicht nicht an eine Form der Mitarbeit, sondern allein an den Status der intakten Ehe geknüpft wird.
(aa) Die verfassungsrechtliche Prüfung ist nicht auf den im Gesetzgebungsverfahren in den Vordergrund gestellten ursprünglichen Gesetzeszweck beschränkt. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich ergibt, daß die schließlich beschlossene gesetzliche Regelung, gemessen an einem weiteren im Gesetzestext angelegten und im Einklang mit einem Verfassungsauftrag stehenden Grund des öffentlichen Interesses, den grundrechtlichen Anforderungen (Art 14 Abs 1, Art 2 Abs 1, Art 3 Abs 1 – insoweit auch iVm Art 6 Abs 1 GG) entspricht. So liegt der Fall hier.
Der insoweit heranzuziehende Grund des öffentlichen Interesses ist das Bedürfnis, auch für Frauen eine eigenständige Alterssicherung aufzubauen, dh im Regelungsbereich der Alterssicherung der Landwirte: eine eigenständige Absicherung auch der (aller) Landwirtsehegatten. Dieses Ziel findet seinen Ausdruck in der Regelung des § 1 Abs 3 ALG, die – wie bereits im Senatsurteil vom 12. Februar 1998 (aaO S 295 f) ausgeführt – gerade nicht danach differenziert, inwieweit der Landwirtsehegatte im Betrieb mitarbeitet oder nicht.
Der genannte Gesichtspunkt stellt einen verfassungsrechtlich erlaubten, wenn nicht sogar gebotenen Gesetzeszweck dar. Legt man ihn zugrunde, dient die Regelung des § 1 Abs 3 ALG der Verwirklichung des (im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem ASRG durch das Gesetz vom 27. Oktober 1994, BGBl I, 3146 konkretisierten) Verfassungsauftrags der Gleichberechtigung von Männern und Frauen (Art 3 Abs 2 GG; dessen neuer Satz 2 lautet: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin”).
Typischerweise traf bisher gerade die Ehefrauen von Landwirten (also der weitaus überwiegende Teil der von § 1 Abs 3 ALG erfaßten Landwirtsehegatten) hinsichtlich ihrer eigenständigen Alterssicherung ein Nachteil. Durch den bis zum 31. Dezember 1994 in § 4 Abs 1 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) geregelten Verheiratetenzuschlag wurde nur eine abgeleitete Sicherung in Höhe der Hälfte des einem Unverheirateten zustehenden Altersgeldes erreicht. Hieran änderte die Regelung in § 29 Abs 4 GAL (idF des 3. Agrarsozialen Ergänzungsgesetzes vom 20. Dezember 1985, BGBl I, 2475), wonach der Verheiratetenzuschlag unmittelbar dem Ehegatten auszuzahlen war, nichts. Denn auch angesichts dessen blieb die Versorgung der Ehefrau eine abgeleitete; sie lag zudem betragsmäßig erheblich unter der des Ehemannes. Dem Gesetzgeber ist es aber schon grundsätzlich nicht verwehrt, einen nur abgeleiteten Sozialversicherungsschutz durch eine eigenständige, wenn auch mit Beitragspflichten verbundene Versicherung zu ersetzen (vgl BSG vom 20. Juli 1994, BSGE 75, 11, 16 zur Krankenversicherung selbständiger Musiklehrer unter dem Gesichtspunkt des Art 3 Abs 1 GG). Hinzu kommt, daß der bisher gewährleistete Sozialversicherungsschutz die Ehegatten solcher Unternehmer von vornherein nicht erreichte, die als Nebenerwerbslandwirte von der Versicherungspflicht zur Altershilfe für Landwirte befreit waren (vgl § 14 Abs 2 GAL), da diese endgültig aus jenem Sicherungssystem ausschieden. Mit der Neuregelung des § 1 Abs 3 ALG hat der Gesetzgeber einen Weg gefunden, den Nachteil der fehlenden eigenständigen Alterssicherung für Ehefrauen von Landwirten im Sinne des Gleichberechtigungsgebotes auszugleichen (s zur Zulässigkeit ausgleichender Regelungen, BVerfG vom 28. Januar 1992, BVerfGE 85, 191, 207).
(bb) Auch für den Gesetzeszweck der eigenständigen Sicherung der Frau kann im übrigen hinsichtlich der Vereinbarkeit des § 1 Abs 3 ALG mit dem Grundgesetz auf die grundsätzlichen Ausführungen im Urteil des Senats vom 12. Februar 1998 (BSGE 81, 294) verwiesen werden. Bei dem hier gewählten Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Prüfung verstößt die Belastung mit dem (Einheits-)Beitrag zur Alterssicherung der Landwirte ebenfalls nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 GG (Senatsurteil vom 12. Februar 1998, aaO S 296).
(cc) Der Zweck der eigenständigen Sicherung der Frau rechtfertigt auch den in der Versicherungspflicht liegenden Eingriff in die wirtschaftliche Handlungsfreiheit. Die Regelung des § 1 Abs 3 ALG ist im Rahmen des Prüfungsmaßstabes des Art 2 Abs 1 GG zur Erreichung des og Zweckes geeignet und erforderlich, ferner für die Betroffenen zumutbar.
Insbesondere ist ein milderes Mittel als die Einbeziehung in die Versicherungspflicht zur Alterssicherung der Landwirte nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Höhe der Beiträge kann jenem Zweck nur dann angemessen Rechnung getragen werden, wenn sie den Beiträgen entsprechen, die von den landwirtschaftlichen Unternehmern zu tragen sind, damit auch hinsichtlich der Leistungshöhe kein Unterschied besteht. Der Zweck der eigenständigen Sicherung aller Landwirtsehegatten läßt von vornherein keinen Raum, insoweit (als „milderes Mittel”) danach zu differenzieren, ob der Ehegatte im landwirtschaftlichen Betrieb mitarbeitet oder nicht. Folgerichtig kann lediglich dann eine Ausnahme von der Versicherungspflicht in jenen Fällen gelten, in denen der Ehegatte bereits in ein Alterssicherungssystem einbezogen ist. Dem aber tragen die Befreiungstatbestände des § 3 Abs 1 ALG Rechnung. Im übrigen wirken die bereits unter (a) näher erläuterten Härteregelungen einer Unzumutbarkeit der Beitragsbelastung entgegen. Verfassungsrechtlich war es auch nicht erforderlich, generell bei Abschluß einer privaten Lebensversicherung eine Befreiungsmöglichkeit einzuräumen. Dem steht schon das bei jedem öffentlich-rechtlichen Sicherungssystem bestehende Interesse an der Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft entgegen (s BVerfG vom 9. Februar 1977, BVerfGE 44, 70 zur Krankenversicherung der Landwirte).
(dd) Ebensowenig verstößt die Regelung des § 1 Abs 3 ALG, orientiert am Regelungszweck der eigenständigen Sicherung der Frau, gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG.
Der Gesichtspunkt der Typisierung und Pauschalierung (s oben unter ≪a≫) ist von vornherein unerheblich. Denn die Differenzierung zwischen im Unternehmen mitarbeitenden Landwirtsehegatten und solchen, die dort nicht mitarbeiten, ist gemessen am oa Regelungszweck irrelevant. Die fehlende Mitarbeit im landwirtschaftlichen Unternehmen ist kein vernünftiger Grund, die Ehefrau von der eigenständigen Alterssicherung auszuschließen.
In der Ehe umfaßt die Pflicht zur gemeinsamen Lebensführung (§ 1353 Abs 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch ≪BGB≫) auch die Haushaltsführung und die Regelung der Erwerbstätigkeit (§ 1356 BGB). Beide Ehegatten sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit (auch in Gestalt der Haushaltsführung) und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten (§ 1360 BGB); eine Verpflichtung zur Mitarbeit zB im landwirtschaftlichen Unternehmen des Ehegatten kennt das Gesetz indessen nicht mehr (vgl § 1356 Abs 2 BGB). Überläßt das eheliche Unterhaltsrecht aber den Eheleuten die Bestimmung von Art und Umfang ihrer jeweiligen (Erwerbs-)Tätigkeit im Rahmen des Familienunterhalts, so ist der Gesetzgeber gleichwohl nicht verpflichtet, hieran anzuknüpfen, strebt er die eigenständige Sicherung aller Frauen an. Er ist auch berechtigt, der nicht – auch nicht im Betrieb des Ehemannes – erwerbstätigen Ehefrau ohne eigenes Einkommen eine Beitragspflicht aufzuerlegen. Denn die Ehe ist das hervorragende Beispiel einer spezifischen Solidaritäts- oder Verantwortlichkeitsbeziehung, die die umstrittene besondere Beitragsbelastung rechtfertigt (s zu dem Begriff der spezifischen Solidaritäts- oder Verantwortlichkeitsbeziehung, BVerfG vom 8. April 1987, BVerfGE 75, 108, 158). Auch soweit nur der Ehemann aus dem Betrieb eines landwirtschaftlichen Unternehmens Erwerbseinkommen erzielt, fließt dies dennoch in das eheliche Gesamteinkommen (als Maß des Unterhalts, vgl § 1578 BGB) ein. Geleitet vom Gleichberechtigungsgedanken ordnet es der Gesetzgeber im vorliegenden Zusammenhang beiden Eheleuten (anteilig) je für sich zu. Die entsprechenden Beiträge sind dann aufgrund des der Ehefrau gegen den Ehemann zustehenden Unterhaltsanspruchs zu zahlen.
Wird bei kleinen Nebenerwerbsbetrieben eines (befreiten) Landwirts die Einkommensgrenze für den Beitragszuschuß (80.000 DM) überschritten, ist auch das verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Folge, daß der Beitrag für den (nicht seinerseits nach § 85 Abs 3a ALG wegen Unterschreitung des Wirtschaftswerts von 20.000 DM am 1. Januar 1995 befreiten) Ehegatten praktisch aus dem Arbeitsentgelt der Haupttätigkeit bestritten werden muß, stellt sich als eine Belastung dar, die mit Blick auf das Ziel zumutbar ist, die Gleichberechtigung durch eine eigenständige Sicherung des Ehegatten – zumal angesichts der gegebenen wirtschaftlichen Verhältnisse – herzustellen (vgl Senatsurteil vom 12. Februar 1998, aaO S 299 f). Auch das Argument, diese Frauen seien bereits durch die außerlandwirtschaftliche Altersversorgung ihrer Ehemänner angemessen versorgt, so daß die Belastung mit einer „Doppelversorgung” nicht zumutbar sei, greift nicht. Erfaßt die Versicherungspflicht Ehegatten eines befreiten Nebenerwerbslandwirts ohne abgeleitete Ansprüche aus der landwirtschaftlichen Altershilfe, ist die damit verbundene zusätzliche Belastung (auch der außerlandwirtschaftlichen Einkünfte) jedenfalls durch den Gesichtspunkt der Gleichberechtigung aus Art 3 Abs 2 Satz 2 GG gerechtfertigt.
Der Gesetzgeber hat mit der Einführung der Versicherungspflicht in den vorliegenden Fällen das Rechtsinstitut der Ehe in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise ausgestaltet und an die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft spezielle soziale und wirtschaftliche Rechtsfolgen geknüpft (vgl BVerfG vom 3. Oktober 1989, BVerfGE 81, 1, 6 ff mwN, „Schlüsselgewalt”; stRspr). Aus dieser Sicht begründet die Beitragspflicht keine neue Rechtspflicht, sondern gestaltet die eherechtliche Unterhaltspflicht sozialrechtlich aus.
Legt man den Prüfungsmaßstab des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) unter den og Voraussetzungen an die Vorschrift des § 1 Abs 3 ALG an, so kann auch vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks der eigenständigen Absicherung der Frau hinsichtlich der Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber
- einer unverheirateten Partnerin eines Landwirts,
- einer Ehefrau eines selbständigen Handwerkers oder eines (nur) versicherungspflichtig Beschäftigten,
- ihrem Ehemann
auf die Ausführungen des Senats im Urteil vom 12. Februar 1998 (aaO S 300 ff) verwiesen werden. Die dortigen Erwägungen sind hier ebenso anwendbar.
Ergänzend ist insoweit darauf hinzuweisen, daß die Einführung der eigenständigen Alterssicherung der Frau zunächst in der Landwirtschaft aus mehreren Gründen besonders nahelag. Zum einen bestand, wie bereits erwähnt, innerhalb der Altershilfe für Landwirte bereits der erste Ansatz eines eigenen, wenn auch nicht eigenständigen, Alterssicherungsanspruchs in Form des Verheiratetenzuschlags, der an den Ehegatten auszuzahlen war (vgl dazu die Ausführungen des Parlamentarischen Staatssekretärs Günther, BT-Protokoll vom 19. Mai 1994, S 19741 ≪B≫). Zum anderen verfolgte der Gesetzgeber, wie verschiedene Äußerungen innerhalb des Gesetzgebungsverfahrens zeigen, mit der Einführung der Versicherungspflicht der Landwirtsehegatten nach § 1 Abs 3 ALG auch strukturpolitische Zwecke.
Das Instrument der eigenständigen Alterssicherung der Ehegatten gewinnt den Charakter einer auf die bäuerliche Landwirtschaft zugeschnittenen Maßnahme, die es ermöglicht, gleichzeitig eine funktionierende Betriebsform im Strukturwandel und den ihr zugrundeliegenden Familiengedanken zu fördern (vgl Parlamentarischer Staatssekretär Kraus, BT-Protokoll 12/176 vom 23. September 1993 S 15176 ≪A≫). Es sollten junge Frauen für die Landwirtschaft gewonnen werden (vgl Abgeordneter Fuchtel ≪CDU/CSU≫, BT-Protokoll vom 19. Mai 1994, S 19737 ≪D≫); daneben fördert auch die Koppelung der Leistungen aus der Alterssicherung für die Landwirtsehegatten an die vorherige Abgabe des Unternehmens (§ 11 Abs 1 Nr 3, § 13 Abs 1 Nr 4 ALG) die strukturpolitischen Ziele. Sie bewirkt, daß auch die davon betroffenen landwirtschaftlichen Grundstücke in den Verkehr gelangen und ua damit die gesetzlichen Regelungen greifen, die aus strukturpolitischen Gründen den Bodenverkehr regeln. Die Koppelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG – Dreier-Ausschuß vom 18. Dezember 1981, SozR 5850 § 2 Nr 8; BSG vom 10. August 1989, SozR 5850 § 4 Nr 9).
Schließlich hat der Senat bereits im Urteil vom 12. Februar 1998 (aaO S 304) ausgeführt, daß auch solche Landwirtsehegatten, die (ohne Befreiungsmöglichkeit) im Betrieb nicht mitarbeiten, typischerweise größere Hindernisse zu überwinden haben als „normale” Hausfrauen, einer außerhäuslichen Erwerbstätigkeit nachzugehen und sich damit eine eigene Alterssicherung zu erarbeiten: Im ländlichen Raum dürfte es nicht nur schwieriger sein, eine Betreuung der Kinder während der Abwesenheit der Mutter sicherzustellen, sondern es wird sich – wegen der Bindung an das landwirtschaftliche Unternehmen – grundsätzlich als unmöglich erweisen, an einen Ort umzuziehen, an dem beide Ehegatten ohne Schwierigkeiten einen angemessenen Arbeitsplatz finden können. Auch dies spricht – als stützendes Argument – dafür, bei nicht mitarbeitenden Landwirtsehegatten zumindest insoweit ein besonderes soziales Schutzbedürfnis anzunehmen.
(c) Soweit sich die Beitragspflicht in Fällen wie dem vorliegenden auf das landwirtschaftliche Unternehmen auch dann erstreckt, wenn dort steuerlich geringe oder gar negative Einkünfte erzielt werden, begegnet dies keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Bereits die Anspruchsvoraussetzungen für die Beitragszuschüsse schließen einen Ausgleich mit Verlusten aus verschiedenen Einkommensarten aus (§ 32 Abs 3 Satz 2 ALG). Damit wird eine im Steuerrecht eingeräumte Subventionierung des Hofs (eingehend dazu das Senatsurteil vom 8. Oktober 1998 – B 10 LW 1/97 R –, zur Veröffentlichung bestimmt) zB durch die Besteuerung nach Durchschnittssätzen, Abschreibungsmöglichkeiten usw nicht auf den Beitragszuschuß übertragen. Eine solche „Verdoppelung” steuerlicher Vorteile durch eine Übertragung negativer Einkünfte in das Sozialversicherungsrecht ist jedenfalls von Verfassungs wegen nicht geboten (vgl Senatsurteil vom 8. Oktober 1998, – B 10 LW 6/97 R – mwN).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen