Beteiligte
Landesversorgungsamt Nordrhein-Westfalen |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. Juni 1998 wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) hat.
Bei der am 19. März 1976 geborenen Klägerin stellte der Beklagte wegen einer Störung der geistigen Entwicklung einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 und die gesundheitlichen Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche „H”, „G” und „B” fest.
Im März 1992 beantragte die Klägerin die Gewährung von Leistungen nach dem OEG. Sie trug vor, ihre Behinderung sei darauf zurückzuführen, daß ihre Mutter während der Schwangerschaft innerhalb der Wohnung die Holzschutzmittel Xylamon-Bläuesperrgrund und Xyladecor der Fa. D. verarbeitet habe. Diese Mittel hätten die Wirkstoffe Pentachlorphenol (PCP) und Lindan enthalten, wobei PCP produktionsbedingt immer mit hochgiftigen Dioxinen und Furanen verunreinigt sei. In ihrem Falle komme erschwerend hinzu, daß sie den ausgasenden giftigen Chemikalien bis 1985 im Elternhaus ausgesetzt gewesen sei. Den verantwortlichen Leitern der Fa. D. seien die von ihren Produkten ausgehenden Gefahren bekannt gewesen.
Mit Bescheid vom 26. Januar 1993 und Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 1997 lehnte es der Beklagte ab, der Klägerin Versorgung zu gewähren, weil weder die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 OEG noch die einer vorsätzlichen Giftbeibringung iS des § 1 Abs 2 Nr 1 OEG vorlägen.
Im Klageverfahren hat die Klägerin auf das Strafverfahren gegen die früheren Geschäftsführer der Herstellerfirma der Holzschutzmittel – D. – vor dem Landgericht (LG) Frankfurt/M. hingewiesen und vorgetragen, dies Verfahren habe mit einer Verurteilung der Angeklagten wegen fahrlässiger Körperverletzung und „fahrlässiger Giftbeibringung” geendet. Allerdings habe der Bundesgerichtshof (BGH) dieses Urteil aufgehoben und die Sache an das LG Frankfurt/M. zurückverwiesen. Dort sei das Verfahren gemäß § 153a Strafgesetzbuch (StGB) eingestellt worden.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es näher ausgeführt, daß die verantwortlichen Personen der Fa. D. der Klägerin nicht vorsätzlich Gift beigebracht hätten. Dies habe auch das Holzschutzmittel-Strafverfahren ergeben. Die dort angeklagten Geschäftsführer der Fa. D. seien vom LG Frankfurt/M. nicht wegen Giftbeibringung, sondern wegen fahrlässiger „schwerer Gefährdung durch Freisetzung von Giften” (§ 330a StGB) verurteilt worden, wie aus dem veröffentlichten Urteil des BGH (NJW 1995, 2930) hervorgehe. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Versorgung nach § 1 Abs 2 Nrn 1 oder 2 OEG, denn die in § 330a StGB normierte Straftat reiche jedenfalls bei fahrlässiger Begehung nicht aus, einen Entschädigungsanspruch nach dem OEG auszulösen.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung, mit der die Klägerin vorgetragen hat, entgegen dem Urteil des SG habe das LG Frankfurt/M. die Geschäftsführer der Fa. D. auch wegen „fahrlässiger Giftbeibringung” verurteilt, zurückgewiesen. Zur Begründung hat das LSG gemäß § 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug genommen und sich bzgl der Schuldfrage ergänzend den ihm vorliegenden strafgerichtlichen Entscheidungen des LG Frankfurt/M. und des BGH im Holzschutzmittelprozeß angeschlossen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 153 Abs 1 und 2 und 136 Abs 1 Nr 6 SGG. Eine Bezugnahme durch das LSG auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe dürfe dann nicht erfolgen, wenn ein Beteiligter unrichtige Tatsachenfeststellungen des erstinstanzlichen Urteils im Berufungsverfahren richtiggestellt habe. Hier sei das SG unzutreffend davon ausgegangen, die Geschäftsführer der Fa. D. seien vom LG Frankfurt/M. nicht wegen „Giftbeibringung” verurteilt worden. In Wahrheit seien sie wegen „fahrlässiger Giftbeibringung” bestraft worden. Damit hätte sich das LSG auseinandersetzen müssen. Allerdings habe das LG Frankfurt/M. die Geschäftsführer wegen „fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger schwerer Gefährdung durch Freisetzung von Giften” verurteilt. Das Einatmenlassen von giftigen Holzschutzmittel-Inhaltstoffen stelle aber zugleich eine Giftbeibringung iS des § 229 aF StGB dar. Richtigerweise hätte deshalb von den Strafgerichten eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehung dieser Straftat erfolgen müssen. Das LSG hätte überdies nicht auf Urteile Bezug nehmen dürfen, die nicht zwischen den Parteien des hier geführten Rechtsstreits ergangen seien. Durch die Bezugnahme auf die Strafurteile sei für die Klägerin nicht nachvollziehbar, welche Gründe das LSG bewogen hätten, nur fahrlässiges Handeln anzunehmen.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
- die Urteile des Sozialgerichts Duisburg vom 1. August 1997 und des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. Juni 1998 und den Bescheid des Beklagten vom 26. Januar 1993 idF des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 1997 aufzuheben,
- den Beklagten zu verurteilen, die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen iS des Opferentschädigungsgesetzes anzuerkennen und ihr deshalb Versorgung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Jedenfalls sei der Sachantrag der Klägerin nicht begründet.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
II
Die vom Senat zugelassene Revision ist unbegründet. Der von der Klägerin gerügte Verfahrensfehler liegt nicht vor. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Entschädigung nach dem OEG.
1. Das LSG hat § 136 Abs 1 Nr 6 SGG iVm § 153 Abs 1 und 2 SGG nicht verletzt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 136 Abs 1 Nr 6 SGG müssen die Entscheidungsgründe zu allen entscheidungserheblichen Streitpunkten die Erwägungen, die zum Urteilsausspruch des Gerichts geführt haben, enthalten. Zum Mindestinhalt eines Urteils, der durch eine Bezugnahme auf vorinstanzliche Entscheidungen, Akten ua Unterlagen nicht ersetzt werden kann, gehört die Angabe der angewandten Rechtsnormen und der für erfüllt bzw nicht gegeben erachteten Tatbestandsmerkmale sowie der dafür ausschlaggebend gewesenen tatsächlichen und rechtlichen Gründe (vgl BSG SozR 1500 § 136 Nrn 8 und 10; SozR 2200 § 1246 Nr 152 sowie BSG SGb 1998, 13). Dies gilt jedoch nicht, wenn das LSG rechtsfehlerfrei von der in § 153 Abs 2 SGG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abzusehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückweist. Diese Vorschrift ist durch das Gesetz zur Vereinfachung der Rechtspflege vom 11. Januar 1993 (BGBl I, 50) mit Wirkung zum 1. März 1993 in das SGG eingefügt worden. Mit ihr hat der Gesetzgeber, § 130b Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) folgend, eine dem § 136 Abs 3 SGG entsprechende Regelung auch für die Berufungsinstanz eingeführt, damit „überflüssige Formulierungs- und Schreibarbeit” erspart wird, wenn und soweit das LSG die Berufung aus den den Beteiligten bereits bekannten Gründen des angefochtenen Urteils zurückweist (vgl Bley in Peters/Sautter/Wolff, Komm zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl, § 153 RdNrn 11, 13, Stand März 1993; BT-Drucks 12/1217 zu Nr 7 Buchst b S 52 und BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 3). Ob das LSG gemäß § 153 Abs 2 SGG verfährt, steht in seinem freien Ermessen. Das LSG kann auf diese Vorschrift stets dann zurückgreifen, wenn das Urteil des SG ausreichende Entscheidungsgründe iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG enthält und es lediglich aus diesen Gründen die Berufung zurückweisen will, weil dann, dem Normzweck der Vorschriften entsprechend, eine Wiederholung der Argumente vermieden wird. Hat ein Beteiligter allerdings im Berufungsverfahren neue rechtserhebliche Tatsachen oder substantiierte Einwendungen gegen die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe vorgebracht und überdies entsprechende Beweisanträge gestellt, muß sich das LSG in jedem dieser Fälle damit auseinandersetzen (vgl BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 3). Eine bloße Bezugnahme auf § 153 Abs 2 SGG ist in solchen Fällen nicht zulässig, denn anderenfalls würde das rechtliche Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz ≪GG≫) des betreffenden Beteiligten verletzt.
So liegt es hier indessen nicht. Das LSG hat ohne Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin deren erhebliches Vorbringen zur Kenntnis genommen und war befugt, gemäß § 153 Abs 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug zu nehmen. Das SG hat ausreichende Ausführungen dazu gemacht, daß die Geschäftsführer der Fa. D. der Klägerin nicht vorsätzlich gemäß § 1 Abs 2 Nr 1 OEG Gift beigebracht und auch nicht den Tatbestand des § 1 Abs 2 Nr 2 OEG erfüllt haben. Bei dieser Sachlage konnte das LSG gemäß § 153 Abs 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug nehmen. Dem steht kein neuer Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren, der rechtlich beachtlich wäre, entgegen, denn die Behauptung, die Geschäftsführer der Fa. D. seien entgegen den Feststellungen des SG wegen Giftbeibringung, wenn auch nur wegen „fahrlässiger Giftbeibringung”, verurteilt worden und dies sei rechtlich erheblich, trifft nicht zu. Deshalb bestand kein Anlaß für das Berufungsgericht, sich damit auseinanderzusetzen. Aus den Entscheidungsgründen des sozialgerichtlichen Urteils iVm den beigezogenen Strafurteilen des LG Frankfurt/M. und des BGH im sog Holzschutzmittelprozeß (Urteil vom 2. August 1995 - 2 StR 221/94 -) ergibt sich eindeutig, daß die Geschäftsführer der Fa. D. vom LG Frankfurt/M. wegen „fahrlässiger Körperverletzung” in Tateinheit mit „fahrlässiger schwerer Gefährdung durch Freisetzung von Giften” (§§ 230 aF, 330a Abs 1 und 2 StGB) verurteilt worden sind, und auch keine vorsätzliche Giftbeibringung nach dem bis zum 31. März 1998 geltenden § 229 StGB idF vom 10. März 1987 (BGBl I, 945, 1004; vgl nunmehr § 224 Abs 1 Nr 1 StGB) in Betracht kommt, der inhaltlich dem § 1 Abs 2 Nr 1 OEG weitgehend entspricht.
Das LSG durfte ohne Verstoß gegen § 136 Abs 1 Nr 6 SGG die Wertungen des BGH im Urteil vom 2. August 1995 zum Verschulden der Angeklagten übernehmen. Dieses Urteil gilt, weil es veröffentlicht worden ist, als bekannt (vgl Beschluß des BSG - B 6 KA 51/98 B - vom 25. November 1998 unter Hinweis auf BGH NJW 1991, 2761 f und BFHE 170, 129 f). Es ist, worauf bereits das SG in seinen Entscheidungsgründen hingewiesen hat, in einer juristischen Fachzeitschrift – der NJW 1995, 2930 – veröffentlicht worden. Deshalb konnte es der rechtskundig vertretenen Klägerin bekannt sein. Es genügt jedoch auch, wenn den Beteiligten des Verfahrens das Urteil, auf das das Berufungsgericht verweist, deshalb hätte bekannt sein können, weil sie Gelegenheit hatten, es anderweitig zur Kenntnis zu nehmen. Das war hier der Fall, denn das LSG hat ausweislich der Gerichtsakten die hier genannten Entscheidungen des BGH und auch des LG Frankfurt/M. beigezogen, so daß die Beteiligten Gelegenheit hatten, in diese Einsicht zu nehmen. Der Klägerin als Nebenklägerin im Strafverfahren müßte überdies das Urteil des LG Frankfurt/M. auch in dieser Eigenschaft bekannt geworden sein (vgl §§ 397, 385 Abs 1, 378, 268, 275, 260 Strafprozeßordnung).
Der Bezugnahme steht auch nicht entgegen, daß die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit im Opferentschädigungsverfahren grundsätzlich eigene Feststellungen zum Vorliegen der Tatbestände des OEG zu treffen und eine eigenständige Würdigung aller Beweismittel vorzunehmen haben. Auf die idR vorangegangenen Strafurteile und die dort verwendeten Begriffe können sie zurückgreifen; Feststellungen und Zeugenaussagen können, es sei denn, Beteiligte des OEG-Verfahrens widersprechen dem, im Wege des Urkundenbeweises gewürdigt werden (vgl BSGE 60, 147, 149 = SozR 1300 § 45 Nr 24; BSG SozR 3-3800 § 1 Nr 1 sowie BSGE 50, 95, 97 = SozR 3800 § 2 Nr 2; BSG SozR 3800 § 2 Nr 4). Hiergegen hat das SG nicht verstoßen. Es hat ausreichende Feststellungen zum tatbestandlichen Vorliegen der hier in Frage kommenden Vorschriften (§ 1 Abs 2 Nr 1 und § 1 Abs 2 Nr 2 OEG) getroffen. Der Rückgriff des LSG auf die Ausführungen des BGH dazu, daß beide Geschäftsführer die Straftaten, wegen deren Begehung sie vom LG verurteilt worden waren (§§ 230, 330a StGB), nicht vorsätzlich, sondern allenfalls fahrlässig begangen haben können, stellt deshalb nur eine Ergänzung der entsprechenden Gründe des SG dazu dar, daß die Geschäftsführer der Fa. D. die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 Nrn 1 und 2 OEG auch unter Berücksichtigung des vom LG ermittelten Sachverhalts nicht erfüllt haben und bedeutet iVm den Feststellungen des SG zum Nichtvorliegen einer vorsätzlichen Giftbeibringung nach § 1 Abs 2 Nr 1 OEG nichts anderes, als daß dieser Tatbestand auch deshalb nicht vorsätzlich verwirklicht worden sein kann, weil weder der weitgehend entsprechende Tatbestand des § 229 StGB aF noch der der Giftfreisetzung gemäß § 330a StGB von beiden Geschäftsführern der Fa. D. vorsätzlich erfüllt worden ist. Der BGH hat zwar auf die Revisionen der Angeklagten das Urteil des LG Frankfurt/M. vom 25. Mai 1993 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des LG Frankfurt/M. zurückverwiesen. Zugleich hat er jedoch die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des LG Frankfurt/M. verworfen und damit bindend entschieden, daß die Angeklagten nicht wegen vorsätzlichen Handelns, sondern allenfalls wegen fahrlässigen Handelns bestraft werden konnten. In dem Urteil heißt es insoweit: Die Auffassung des LG, die Geschäftsführer der Fa. D. hätten keine vorsätzliche Tat, sondern nur eine fahrlässige Körperverletzung in Tateinheit mit fahrlässigem Freisetzen von Giften begangen, sei aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Nach den Feststellungen des LG seien die Angeklagten „bis in die Tage der Hauptverhandlung” davon überzeugt gewesen, daß in den mit Holzschutzmitteln behandelten Häusern nur niedrige Giftwerte anzutreffen seien und eine Gesundheitsschädigung nicht eintreten könne. „Hiernach ist den Angeklagten lediglich der Vorwurf der unbewußten Fahrlässigkeit zu machen, der sich wohl im „Wissenselement” als auch im „Wollenselement” von bedingtem Vorsatz unterscheidet. Feststellungen, die die Annahme eines bedingten Vorsatzes rechtfertigen könnten, hat das LG nicht getroffen. Selbst wenn die Angeklagten aber ernsthaft in Erwägung gezogen haben sollten, daß die Verwendung der von ihnen vertriebenen Holzschutzmittel zu Gesundheitsschäden führt, so spricht nach den gesamten Umständen die Interessenlage der Angeklagten dafür, daß sie schließlich auf die Unschädlichkeit der Produkte vertrauten. Sie hatten selbst ein großes Interesse daran, daß die Produkte der von ihnen vertretenen Firma nicht in Verruf gerieten und diese Firma keinen Schadenersatzforderungen ausgesetzt werden würde”.
2. Da danach der insgesamt zu beurteilende Sachverhalt aus der Sicht der Strafgerichtsbarkeit mangels Vorliegens der entsprechenden subjektiven Tatbestandsmerkmale keine Hinweise für eine gezielte Schädigung der Klägerin durch die Angeklagten durch Beibringung von Gift iS von § 229 StGB aF enthält und auch keine (bedingt) vorsätzliche Giftfreisetzung vorgelegen hat, ist eine gezielte Schädigung der Klägerin iS des § 1 Abs 1 oder Abs 2 Nr 1 OEG mangels Vorsatzes iS des § 1 Abs 1 und Abs 2 Nr 1 OEG, ebenfalls ausgeschlossen. Unschädlich ist, daß der Vorsatz iS des § 1 Abs 1 OEG – anders als im Strafrecht – keine Schuldelemente umfaßt, sondern sich nur auf den Angriff als solchen, dh auf die unmittelbare Einwirkung auf den Körper des Opfers und nicht auf den entstandenen Körperschaden (vgl Urteil des Senats vom 3. Februar 1999 - B 9 VG 7/97 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen; BSG SozR 3-3800 § 10a Nr 1) bezieht. Dies gilt auch im Hinblick auf den vom BGH ebenfalls verneinten bedingten Vorsatz der Angeklagten (vgl BSG SozR 3-3800 § 1 Nrn 5 und 12 = BSGE 81, 288 sowie Senatsurteil vom 3. Februar 1999). Ob es bereits, wie das SG angenommen hat, an der Beibringung von Gift fehlt, dh an der Herstellung einer Verbindung von Gift mit dem Körper des Opfers (vgl näher Kunz/Zeller, OEG-Komm, 2. Aufl 1995, § 1 RdNrn 79 ff), bedarf deshalb keiner weiteren Erörterung. Die Ausführungen des BGH belegen ergänzend zu den Feststellungen des SG hinreichend, daß auch der Tatbestand des § 1 Abs 2 Nr 1 OEG gegenüber der Klägerin nicht (bedingt) vorsätzlich erfüllt ist.
Nach alledem konnte die Revision der Klägerin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen