Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Streitig ist der Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Der 1928 geborene Kläger war überwiegend im erlernten Beruf des Maurers beschäftigt, zuletzt seit 1962 als Kolonnenführer, bis er im Februar 1977 arbeitslos wurde. Die Beklagte lehnte den im Juni 1977 gestellten Rentenantrag ab (Bescheid vom 29. Dezember 1975).
Das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen hat die Beklagte verpflichtet, Berufsunfähigkeitsrente zu gewähren (Urteil vom 13. Dezember 1976). Das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat das Urteil des SG aufgehoben, die Klage abgewiesen und im Urteil vom 13. September 1977 angeführt: Der Kläger sei noch fähig, körperlich leichte und kurzdauernde mittelschwere Arbeiten unter Ausschluß von Nässe, Kälte, vermehrter Staub- und Hitzeeinwirkung zu verrichten; die Anforderungen an geistige Beanspruchung sowie Verantwortung könnten der Ausbildung des Klägers entsprechen, das Konzentrationsvermögen sei normal. Der Kläger rechne zu den "schlichten Vorarbeitern", nicht zu en Vorarbeitern mit Vorgesetztenfunktion. Seine Tätigkeit als Führer einer Kolonne von 3 bis 4 Mann habe sich der Auskunft seines Arbeitgebers zufolge nicht wesentlich von derjenigen anderer Facharbeiter unterschieden. Ausgehend vom Berufsbild des Facharbeiters könne der Kläger beispielsweise auf die Tätigkeiten eines Instrumentenablesers, Maschinisten, Pumpenwärters, Materialprüfers und Betriebspförtners verwiesen werden, darüber hinaus auch auf Tätigkeiten in der Material- und Lagerverwaltung oder Werkzeugausgabe, die in der Metallindustrie tarifvertraglich wie andere Tätigkeiten der kaufmännischen und technischen Angestellten eingestuft seien.
Mit der vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 128 Sozialgerichtsgesetz (SGG): Die Feststellung, er gehöre zur Gruppe der schlichten Vorarbeiter, sei verfahrensfehlerhaft zustandegekommen. Die Arbeitgeberauskunft sei unvollständig; das LSG habe nicht seinen gesamten Sachvortrag über seine Tätigkeit als Vorarbeiter zugrunde gelegt. Unabhängig hiervon sei der Anspruch bereits deshalb begründet, weil er in die Gruppe II des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe - Fachvorarbeiter - eingestuft gewesen sei. Bei der Feststellung zumutbarer Verweisungstätigkeiten habe das LSG §§ 62, 103, 128 SGG verletzt. Es fehle der Hinweis, welche Tarifverträge bezüglich der tariflichen Bewertung der zumutbaren Tätigkeiten zugrunde gelegt worden seien; gerichtskundige Tatsachen hätten in das Verfahren eingeführt werden müssen.
Der Kläger beantragt,das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Dezember 1976 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bringt vor, für die unter die Tarifgruppe II fallenden Fachvorarbeiter werde eine Ernennungsbescheinigung des Arbeitgebers mit Gegenzeichnung des Betriebsrats gefordert; eine solche Bescheinigung habe der Kläger nicht vorgelegt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 SGG).
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Klägers ist insoweit begründet, als das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zurückverwiesen werden muß. Die Feststellungen des LSG genügen, soweit rechtsfehlerfrei zustande gekommen, für eine abschließende Entscheidung nicht.
Der Kläger ist gesundheitlich nicht mehr den Anforderungen seines erlernten, überwiegend und zuletzt ausgeübten Maurerberufs gewachsen. Das hat zwar das LSG nicht ausdrücklich festgestellt, es ist aber dem Gesamtinhalt seiner Urteilsgründe zu entnehmen. Ob der Kläger berufsunfähig ist, hängt daher davon ab, welche seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechenden "Tätigkeiten ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können" (§ 1246 Abs. 2 Satz 2 Reichsversicherungsordnung - RVO -). Welche dieser sogenannten Verweisungstätigkeiten als zumutbar in Betracht kommen können, bestimmt sich nach der Qualität des bisherigen Berufs (Hauptberufs); dieser muß deshalb zunächst nicht nur ermittelt, sondern auch nach vorgenannten Kriterien bewertet werden. Das hierzu von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entwickelte Dreistufenschema unterteilt die Arbeiterberufe in eine obere Gruppe (Leitberuf: Facharbeiter), eine mittlere Gruppe (Leitberuf: sonstiger Ausbildungsberuf) und die untere Gruppe der ungelernten Arbeiter (z.B. BSGE 38, 153; 41, 129, 131); dabei darf grundsätzlich auf die nächstniedrigere Gruppe und unter bestimmten Voraussetzungen auf die untere Gruppe verwiesen werden (u.a. SozR Nr. 103 zu § 1246 RVO; SozR 2200 § 1246 Nrn. 17, 21).
Der 5. Senat des BSG hat mit Urteil vom 30. März 1977 (BSGE 43, 243 = SozR 2200 § 1246 Nr. 16) unter dem Leitberuf "Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion" eine neue besondere Gruppe für Versicherte mit Leitungsfunktion gebildet und darunter z.B. Meister und Hilfsmeister im "Arbeitsverhältnis" (hier i.S. von Arbeiterverhältnis anstatt Angestelltenverhältnis), Hilfspoliere und bestimmte Vorarbeiter verstanden, deren Berufstätigkeit qualitativ infolge besonderer geistiger und persönlicher Anforderungen die des Facharbeiters noch deutlich überragt - dies im Unterschied zu "schlichten Vorarbeiter", die keine wesentlich anderen Arbeiten als Facharbeiter verrichten; er hat die Verweisbarkeit von Versicherten dieser Gruppe auf Tätigkeiten beschränkt, die tariflich wie Facharbeitertätigkeiten eingestuft sind.
Der erkennende Senat ist dieser Rechtsauffassung im Ergebnis beigetreten. Er bezweifelt allerdings, ob es der Erweiterung des Schemas um eine weitere Gruppe bedarf, zumal es - da auch der Vorarbeiter mit Leitungsfunktion Facharbeiter bleibt - an dem das Verhältnis zwischen den bisherigen Gruppen kennzeichnenden, an den Berufsausbildungsvorschriften orientierten berufssystematischen Unterscheidungsmerkmal fehlt und überdies ein derartig herausgehobener Vorarbeiter wegen der besonderen Qualität seiner Facharbeitertätigkeit schon unter Berücksichtigung der "besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit" i.S. des § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO auch besonders eng - beschränkt auf Facharbeitertätigkeiten - verweisbar sein kann (vgl. Urteile des Senats vom 19. Januar 1978 - 4 RJ 81/77 - = BSGE 45, 276, 278, vom 31. August 1978 - 4 RJ 113/77 - und 28. März 1979 - 4 RJ 7/78; Schmeiduch in Mitt LVA Rheinprovinz 1978, Seiten 322, 324, 325). Darüberhinaus richtet sich das Bedenken des Senats dagegen, daß durch die Subsumierung unter den "Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion" innerhalb der Gruppe der Facharbeiter Differenzierungen mit weitreichenden Folgen geschaffen werden können, ohne daß dies hinreichend sachlich berechtigt erscheint. In diesem Zusammenhang verdient der unterschiedliche und in manchen Bereichen - wie Bauwirtschaft und Bergbau - stärkere Anteil von "Vorarbeitern" Beachtung (vgl. Urteil des Senats vom 31. August 1978 - 4 RJ 113/77 -). Der Senat hat es daher, auch um die Bevorzugung bestimmter Berufsgruppen möglichst zu vermeiden, für angebracht gehalten; durch strenge Anforderungen den Ausnahmecharakter der engeren Verweisbarkeit bestimmter Facharbeiter zu betonen und zu sichern. Infolgedessen hat er neben den vom 5. Senat (BSGE 43, 243) aufgestellten Kriterien verlangt, der "Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion" müsse außer der Zugehörigkeit zur Spitzengruppe in der Lohnskala der Arbeiter Weisungsbefugnisse gegenüber mehreren Facharbeitern - bei Stufenausbildung im Sinn der obersten Stufe - haben; andererseits sind - ebenfalls in dem Bestreben, die Auslegungsregel möglichst ausgewogen zu gestalten - den "Vorarbeitern mit Vorgesetztenfunktion" die "besonders hoch qualifizierten Facharbeiter" gleichgestellt worden (vgl. BSGE 45, 276, 278 und die dort beispielhaft wiedergegebene tarifliche Tätigkeitsgruppendefinition), sofern die Tätigkeit tatsächlich verrichtet und die tarifliche Einstufung in die Spitzengruppe nicht in erster Linie wegen des Alters oder langjähriger Betriebszugehörigkeit vorgenommen worden ist.
Das LSG hat unter Berücksichtigung vorgenannter Auslegungsgrundsätze den Kläger zu Recht nicht als "Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion", sondern nur als "schlichten Vorarbeiter" angesehen und ihn dem Leitberuf des (Maurer-) Facharbeiters zugeordnet. Die Richtigkeit dieser Wertung ergibt sich zunächst aus der fehlenden Zugehörigkeit des Klägers zur Spitzengruppe der Lohnskala der Arbeiter (vgl. Urteile des Senats vom 19. Januar 1978 = BSGE 45, 276, 278, vom 31. August 1978 - 4 RJ 113/77 - und vom 28. März 1979 - 4 RJ 7/78 -). Der Kläger war als Fachvorarbeiter lediglich in die Gruppe II nach § 5 Abschn. 2.1 und 2.2 i.V.m. Anhang 3 des Bundesrahmentarifs für das Baugewerbe (BRTVBau) vom 1. April 1971 (i.d.F. der Änderungsverträge vom 16. Oktober 1972 und 8. April 1974) eingestuft. Das Erfordernis der Zugehörigkeit zur Spitzengruppe der einschlägigen Berufsgruppeneinteilung - von Ausnahmefällen, wie sie möglicherweise im Bergbau bestehen, "gesehen - ist unter dem bereits erwähnten Gesichtspunkt einer möglichst ausgewogenen Chancenverteilung für die aus den verschiedensten Berufsbereichen kommenden Versicherten gerechtfertigt. Dieser Bestrebung liefe zuwider, wollte man in der Bauwirtschaft die Zugehörigkeit zur Berufsgruppe II genügen lassen, während beispielsweise im Lohntarifvertrag für die Volkswagenwerk AG vom 16. Februar 1977 unter § 2 Abschn. 2.9. "Gruppenführer in Facharbeiterabteilungen" erst in der dort höchsten Lohngruppe 9 aufgeführt sind; in jenem differenzierteren System ist also ein "Vorarbeiterstatus" in niedrigeren Lohngruppen gar nicht möglich. Auch die "Vereinbarung zum Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeiter und die Angestellten in den Betrieben des Kraftfahrzeuggewerbes in Hessen" vom 21. Dezember 1977 mit sieben Beschäftigungsgruppen (davon fünf für Kfz-Mechaniker und Gesellen) erfaßt "Gruppenführer und Vorarbeiter" nur in der höchsten Gruppe VII (vgl. Urteil des Senats vom 28. März 1979 - 4 RJ 7/78 -); sie stellt somit vom System der Berufsgruppenunterteilung her strengere Anforderungen, selbst wenn in Rechnung gezogen wird, daß der inzwischen in Kraft befindliche BRTVBau vom 5. Juni 1978 - dem augenscheinlichen Trend zu stärkerer Differenzierung folgend - ebenfalls sieben Berufsgruppen unterscheidet. Wenn es auch im Verhältnis zwischen Tarifwerken verschiedener Fachbereiche keine Übereinstimmung geben kann und soll, so muß doch für die Verweisbarkeit im Rahmen des § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO und die möglicherweise davon abhängige Rentengewährung schon im Ansatz eine Koordinierung angestrebt werden. Dazu dient - vorbehaltlich der Erfüllung weiterer Voraussetzungen - die Begrenzung auf die Spitzengruppe des jeweiligen tariflichen Berufsgruppensystems. Die Besonderheit der jeweiligen obersten Berufsgruppe spiegelt sich zudem häufig in der Entlohnung wider; das gilt auch für die Bauwirtschaft, wo der Lohnunterschied zwischen den Gruppen I und II größer als zwischen anderen aufeinanderfolgenden Gruppen ist.
Das Berufungsgericht hat, gestützt auf die von ihm eingeholte, gezielte Fragen beantwortende Arbeitgeberauskunft, festgestellt, daß der Kläger keine wesentlich anderen Arbeiten als die der Gruppe der Facharbeiter angehörenden Arbeitskollegen verrichtete, insbesondere keine Vorgesetztenfunktion wahrnahm, sondern nur "Erster unter Gleichen" war. Schon deshalb fällt er als sogenannter "schlichter Vorarbeiter" nach den Urteilen des 5. Senats vom 30. März 1977 (BSGE 43, 243, 246) und vom 15. Februar 1979 - 5 RJ 112/77 - (S. 5) nicht unter die besondere Gruppe. Aufgrund derselben Feststellung des LSG scheidet im übrigen die Möglichkeit aus, der Kläger sei wegen der von ihm ausgeübten Tätigkeiten "besonders hoch qualifizierter Facharbeiter" i.S. von BSGE 45, 276, 278 gewesen.
Der vorliegende Rechtsstreit gibt dem Senat darüber hinaus Veranlassung, seine Rechtsprechung in der Richtung negativ abgrenzend zu konkretisieren, daß ein Versicherter dann nicht der besonderen Gruppe der enger verweisbaren Facharbeiter zuzuordnen ist, wenn er selbst Weisungen eines anderen Beschäftigten im Arbeiterverhältnis befolgen muß. Denn in diesem Fall läßt sich nicht mit Fug schlußfolgern, was die Rechtsprechung (z.B. BSGE 43, 243, 246) verlangt, nämlich daß die Berufsposition infolge geistiger sowie persönlicher Anforderungen diejenige des "normalen" Facharbeiters deutlich überragt. Vorliegend hat das LSG unwidersprochen ausgeführt, "ein Vorarbeiter wie der Kläger (habe) nach der Arbeitgeberauskunft die Weisungen eines Hilfspoliers (also des in der tariflichen Berufsgruppe I befindlichen Arbeiters) auszuführen".
Die vom Kläger zu diesem Komplex geltend gemachte Verfahrensrüge ist unbegründet. Sein (in der Berufungsinstanz mit einem Beweisantrag verbunden gewesenes) Vorbringen, für die personelle Einsatzplanung und die Arbeitsausführung der von ihm geführten Kolonne verantwortlich und gegenüber den Mitgliedern dieser Kolonne weisungsbefugt gewesen zu sein, enthält die Behauptung, innerhalb und gegenüber seiner Kolonne auch Aufsichtsfunktionen ausgeübt zu haben. Indessen ist dies, wie das LSG bereits zutreffend erörtert hat, auch beim sogenannten schlichten Vorarbeiter der Fall. Nicht entkräftet werden die Feststellungen des LSG, daß der Kläger im wesentlichen Tätigkeiten eines Maurerfacharbeiters ausübte und selbst Weisungsempfänger gegenüber dem Hilfspolier war. Ergänzend hat das LSG ausgeführt, das vom Kläger noch erwähnte Führen von Schichtenbüchern sowie die Arbeit nach vorgegebenen Bauplänen werde bereits von einem Facharbeiter mit abgeschlossener Lehre nach zweijähriger Berufsausübung verlangt.
Soweit das LSG jedoch Tätigkeiten genannt hat, auf die der Kläger zumutbar verwiesen werden könne, sind die hierfür getroffenen Feststellungen verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, oder sie reichen für die Entscheidung nicht aus. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, für den Kläger kämen beispielsweise Arbeiten als Instrumentenableser, Maschinist, Pumpenwärter, Materialprüfer oder Betriebspförtner in Betracht, diese Tätigkeiten erforderten Verantwortungsbewußtsein, Genauigkeit und Umsicht und seien sämtlich leicht, sie könnten in staubfreien und witterungsgeschützten Räumen ausgeübt werden, lassen nicht erkennen, woher das Gericht sein Wissen hat und welche Möglichkeit zur Stellungnahme den Beteiligten offenstand. Das gleiche gilt für die erwähnten Tätigkeiten in der Material- oder Lagerverwaltung. Gegen den Hinweis im Urteil des LSG, die Anforderungen an die genannten Verweisungstätigkeiten seien in den mit dem Arbeitsleben vertrauten Kreisen allgemein bekannt, macht der Kläger begründet die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend (§ 62 SGG), indem er die Richtigkeit dieser Tatsachen mit substantiiertem Vorbringen bezweifelt und gleichzeitig vorträgt, daß er im Verfahren vor dem LSG sich hierzu nicht habe äußern können. Denn gerichtskundige Tatsachen, also solche, die der Richter kraft seines Amtes kennt, können vom Gericht nur verwertet werden, wenn sie in den Prozeß eingeführt und zum Gegenstand der Verhandlung gemacht worden sind (vgl. Urteil des Senats vom 20. Dezember 1978 - 4 RJ 23/78 - unter Hinweis auf BVerfGE 10, 177, 183; BSGE 22, 19, 20; SozR Nr. 91 zu § 128 SGG; SozR 1500 § 128 Nr. 4 und § 62 Nr. 3; Urteil des 5. Senats vom 25. Mai 1976 - 5/12 RJ 162/75 -; Beschluß des erkennenden Senats vom 31. Oktober 1978 - 4 RJ 149/78 = SozR 1500 § 128 Nr. 15). Sofern das Berufungsgericht hat sagen wollen, es handele sich hierbei um allgemeinkundige Tatsachen, trifft dies im wesentlichen nicht zu (vgl. hierzu Beschluß des Senats vom 31. Oktober 1978 = SozR 1500 § 128 Nr. 15). Allgemeinkundige Tatsachen sind solche, von denen verständige und erfahrene Menschen regelmäßig ohne weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich durch Benutzung allgemein zugänglicher, zuverlässiger Quellen unschwer überzeugen können (BVerfGE 10, 177, 183), oder solche, die in einem größeren oder kleineren Bezirk einer beliebig großen Menge bekannt sind und über die man sich aus zuverlässigen Quellen ohne besondere Fachkunde sicher unterrichten kann (Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 12. Aufl., § 117 I 3a). Die Tatsachen, mit denen sich das LSG befaßt hat, sind dagegen komplexer Natur und setzen zumindest ein gewisses Sach- oder Fachwissen voraus.
Allerdings wird man - für sich allein gesehen - von den Tätigkeitsmerkmalen eines Betriebspförtners annehmen müssen, daß dies allgemeinkundige Tatsachen sind. Auch insoweit fehlt es aber an einer konkreten Bezeichnung derjenigen Umstände, die für die soziale Zumutbarkeit wesentlich sind. Nach der Rechtsprechung ist ein Facharbeiter auf Tätigkeiten eines "angelernten" Arbeiters sowie auf solche ungelernten Arbeiten verweisbar, die sich aufgrund besonderer Merkmale - etwa durch eine Vertrauensstellung oder besondere Verantwortung - aus dem Kreis sonstiger Arbeiten herausheben (z.B. BSGE 19, 57; 41, 129; Urteile des Senats vom 29. April 1976 - 4 RJ 87/75 - und vom 19. Oktober 1977 - 4 RJ 141/76 -; SozR 2200 § 1246 Nr. 21) bzw. wegen ihrer Qualität tariflich wie sonstige Ausbildungsberufe eingestuft sind (vgl. Urteil des Senats vom 19. Januar 1978 = SozR 2200 § 1246 Nr. 25 S. 69 und Urteil des 1. Senats vom 15. März 1978 = SozR 2200 § 1246 Nr. 29 S. 89). Ob die Tätigkeit des Betriebspförtners stets oder unter bestimmten Voraussetzungen eine in diesem Sinne entsprechend höhere berufliche Qualität aufweist, kann nicht als allgemein bekannt gelten. Dies hätte vielmehr vom LSG, etwa durch Hinweis auf tarifliche Lohngruppen, dargelegt und in den Prozeß eingeführt werden müssen.
Der Rechtsstreit war zurückzuverweisen, damit das LSG die noch erforderlichen Ermittlungen und Feststellungen nachholen kann.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen