Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortsetzungsfeststellungsklage. berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Außenprüfungsverfügung nach § 304 SGB 3. Rehabilitationsinteresse. fehlende Feststellungen zur Rechtswidrigkeit. verfassungs- und europarechtskonforme Auslegung
Leitsatz (amtlich)
Das unangekündigte Betreten ihres nicht öffentlichen Betriebsbereichs durch Mitarbeiter der BA begründet ein berechtigtes Interesse (sog Rehabilitationsinteresse) einer GmbH an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Außenprüfungsverfügung.
Orientierungssatz
Zu fehlenden Feststellungen zur Rechtmäßig- bzw Rechtswidrigkeit der Außenprüfungsverfügung nach §§ 304ff SGB 3 unter Berücksichtigung von Grund- und Menschenrechten.
Normenkette
SGG § 131 Abs. 1 S. 3; SGB 3 § 304 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 2002-07-23; SGB 3 § 305 Abs. 1 Fassung: 2002-07-23; SGB 10 § 39 Abs. 2; SGG § 103; GG Art. 13; MRK Art. 8 Abs. 2
Verfahrensgang
Nachgehend
Tatbestand
Im Streit ist die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer am 2. Oktober 2002 durchgeführten Außenprüfung der Beklagten bei der Klägerin.
Am 2. Oktober 2002 nahmen zwei Mitarbeiter des Arbeitsamtes (ArbA) N. in den Räumen der Klägerin eine Außenprüfung vor, bei der sie der Buchhalterin eine schriftliche Prüfungsverfügung vom selben Tage übergaben. Zu Grunde lag der Verdacht einer Unregelmäßigkeit betreffend die Lohnabrechnung für Juni 2002 einer bei der Klägerin mit Arbeitserlaubnis beschäftigten türkischen Putzhilfe. Den Geschäftsführern der Klägerin wurden Strafbefehle über 60 Tagessätze wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte anlässlich der Außenprüfung (rechtskräftig) erteilt. Der Widerspruch der Klägerin gegen die Prüfungsverfügung blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 11. März 2003). Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 3. Februar 2004); den Antrag auf Aufhebung der Prüfungsverfügung des ArbA vom 2. Oktober 2002 hat es als unzulässig verworfen, den Hilfsantrag, die Rechtswidrigkeit der Prüfungsverfügung festzustellen, als unbegründet abgelehnt. Weiter hat es entschieden, außergerichtliche Kosten seien nicht zu erstatten.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) die Kostenentscheidung des SG aufgehoben, die Klägerin in die "Verfahrenskosten" beider Rechtszüge verurteilt und im Übrigen die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 28. Juli 2005). Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt, das Berufungsverfahren betreffe nur noch die Fortsetzungsfeststellungsklage wegen Rechtswidrigkeit der Prüfungsverfügung vom 2. Oktober 2002. Insoweit habe das SG die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Feststellung der Rechtswidrigkeit sei zu verneinen. Die Klägerin habe ein Rehabilitationsinteresse, eine Wiederholungsgefahr und die Vorbereitung eines "gegebenenfalls nachzuschaltenden Amtshaftungsprozesses" geltend gemacht. Keiner dieser Punkte sei begründet. Die Absicht zur Erhebung einer Amtshaftungsklage begründe das Feststellungsinteresse nicht, wenn sich - wie hier - der Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt habe. Die gegen die Geschäftsführer verhängten Geldstrafen begründeten keinen der Klägerin zurechenbaren Schaden. Eine Wiederholungsgefahr sei im Blick auf die gesetzliche Neuregelung mit Wirkung ab 1. Januar 2004 zu verneinen, womit die alleinige Verfolgungszuständigkeit von der Beklagten auf den Zoll übergegangen sei. Die Außenprüfung habe auch im Blick auf das von der Klägerin primär geltend gemachte Rehabilitationsinteresse weder zu abträglichen Nachwirkungen geführt noch deren Grundrechte verletzt.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, das LSG habe die Wiederholungsgefahr zu Unrecht mit der Begründung verneint, dass sich die Prüfungsbefugnisse nunmehr statt bei der Beklagten bei den Behörden der Zollverwaltung wiederfänden. Auch auf der neuen Rechtsgrundlage bestehe weiterhin die Gefahr, dass die Bundesagentur für Arbeit (BA) einen vergleichbaren Verwaltungsakt erlasse. Das LSG habe seiner Entscheidung keine materiellrechtlichen Erwägungen im Hinblick auf die Prüfungsverfügung unterzogen, obwohl die Prüfungsverfügung ihre (der Klägerin) Rechte verletzt habe; die Prüfungsverfügung sei zu unbestimmt, berücksichtige nicht die Umstände des Einzelfalles und verletze das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Prüfungsverfügung sei nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben worden, weil sie an die Firmenbezeichnung eines Reisebüros adressiert gewesen sei. Die Außenprüfung habe den in Art 8 (Europäische) Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK) gewährleisteten Schutz von Wohnung und Geschäftsräumen verletzt; die Durchsuchung ohne richterlichen Durchsuchungsbefehl sei unverhältnismäßig gewesen, zumal konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen schwerer Straftaten nicht vorgelegen hätten. Vor dem Hintergrund der einschlägigen europarechtlichen Rechtsprechung könne auf die alte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in diesem Zusammenhang nicht mehr abgestellt werden.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 11. März 2003 aufzuheben und festzustellen, dass die Prüfungsverfügung der Beklagten vom 2. Oktober 2002 rechtswidrig gewesen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist im Sinne der Aufhebung der zweitinstanzlichen Entscheidung und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫). Der Senat folgt nicht der Auffassung des LSG, ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Prüfungsverfügung sei zu verneinen. Für eine abschließende Entscheidung durch den Senat reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG jedoch nicht aus.
Streitgegenstand ist die Rechtmäßigkeit der - der Außenprüfung bei der Klägerin am 2. Oktober 2002 zu Grunde liegenden - Prüfungsverfügung vom 2. Oktober 2002 als einem Verwaltungsakt (Verfügung) iS des § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Die Prüfungsverfügung traf die Regelung, gemäß §§ 304 ff Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) und § 107 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) sowie § 2 Arbeitnehmer-Entsendegesetz werde die Prüfung bei der "Fa T. GmbH" durchgeführt. Dieser Verwaltungsakt hat sich durch die Vollziehung der angeordneten Prüfung am selben Tage erledigt ("auf andere Weise" gem § 39 Abs 2 SGB X). Mit der tatsächlichen Durchführung dieser Regelung am 2. Oktober 2002 war die Prüfungsverfügung vollständig vollzogen (vgl grundsätzlich zur "Erledigung auf andere Weise" BSG SozR 3-4100 § 116 Nr 4 S 132 f mwN) , sodass die Anordnung weder weiter wirksam bleiben (vgl BSGE 72, 50, 56 =SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 8) noch die angeordnete Prüfung rückgängig gemacht werden konnte (vgl § 131 Abs 1 Satz 1 SGG).
Die deshalb allein rechtshängige Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig. Gemäß § 131 Abs 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht - wenn sich der Verwaltungsakt durch Zurücknahme oder anders erledigt hat - auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
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Ein für diese Feststellung vorausgesetztes schutzwürdiges Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art sein. Ein Feststellungsinteresse kommt damit in Betracht bei |
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Präjudiziabilität, dh, wenn die Entscheidung in einem anderen streitigen Rechtsverhältnis bedeutsam sein kann (vgl BSGE 42, 212, 218 mwN ≪insoweit nicht in SozR abgedruckt≫; Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl 2005, § 131 RdNr 10e), |
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Schadensinteresse, |
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Rehabilitationsinteresse sowie |
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Wiederholungsgefahr (vgl zum Vorstehenden BSGE 79, 71, 78 = SozR 3-4100 § 116 Nr 4 S 137 mwN; SozR 4100 § 91 Nr 5 S 13; SozR 3-7815 Art 1 § 3 Nr 4 S 18; Bolay in Lüdtke, SGG, 2. Aufl 2006, § 131 RdNr 17 ff). |
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Der Umstand, dass sich der Verwaltungsakt in Gestalt der Prüfungsverfügung vom 2. Oktober 2002 bereits vor der Erhebung der Klage erledigt hat, steht der Zulässigkeit dieser Klage nicht entgegen (BSG SozR 3-2500 § 109 Nr 2 S 19; Meyer-Ladewig, aaO, RdNr 10 mwN) . Das berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines vorprozessual erledigten Verwaltungsakts ist wie das berechtigte Interesse bei einer allgemeinen Feststellungsklage zu behandeln ( § 55 SGG; vgl BVerwGE 109, 203, 209 = NVwZ 2000, 63 mwN; Meyer-Ladewig, aaO, RdNr 10 mwN); es sind keine strengeren Anforderungen für die Bejahung des Feststellungsinteresses als im Falle der allgemeinen Feststellungsklage zu stellen (vgl dazu BVerwG Buchholz 310 § 113 VwGO Nr 74; danach bleiben die Anforderungen an das der Fortsetzungsfeststellungsklage vorausgesetzte rechtliche Interesse sogar hinter denen der allgemeinen Feststellungsklage ≪§ 43 VwGO≫ zurück; zum weiten Begriff des "berechtigten Interesses" vgl BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 34 S 63 f) . Auch für diese Sonderform des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses (Meyer-Ladewig, aaO, RdNr 10) reicht es aus, wenn der Kläger entsprechende Tatsachen vorträgt, ohne dass große Anforderungen an die Substantiierungspflicht zu stellen sind (vgl BSGE 68, 291, 292 = SozR 3-1500 § 54 Nr 7 S 12; BSG SozR 3-5795 § 10d Nr 1 S 4; zur weiten Auslegung des rechtlichen Interesses im Zivilrecht vgl Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl 2007, § 256 RdNr 21, 25 mwN; allgemein zur "Neujustierung der Fortsetzungsfeststellungsklage": Schenke, JuS 2007, 697 ff). Mithin hat der Rechtsuchende lediglich darzulegen, welche der oben genannten Umstände sein Feststellungsinteresse begründen (vgl BSGE 79, 71, 78 mwN = SozR 3-4100 § 116 Nr 4 S 137).
Ob der - von der Revision in den Vordergrund gestellte - Gesichtspunkt der Gefahr der Wiederholung einer auf §§ 304 ff SGB III bzw deren Folgerecht gestützten Außenprüfung ein Feststellungsinteresse der Klägerin gemäß den oben genannten Maßstäben begründet, kann offen bleiben. Jedenfalls ist ein Rehabilitationsinteresse der Klägerin zu bejahen. Sie macht als schutzwürdiges Interesse geltend, die unangekündigte Betretung ihres nicht öffentlichen Betriebsbereichs stelle eine Geschäftsschädigung und Verletzung des Hausfriedens dar. Es ist nicht auszuschließen, dass die Durchführung einer unangekündigten Außenprüfung bei Mitarbeitern der Klägerin oder dritten Personen Aufsehen erregt und damit das Geschäftsinteresse berührt (vgl zum umfassenden Begriff des rechtlich geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs: Sprau in Palandt, BGB, 66. Aufl 2007, § 823 RdNr 126; zu geschäftsschädigenden Äußerungen als Eingriff in Art 12 Abs 1 Grundgesetz ≪Berufsausübungsfreiheit≫ vgl BVerfG 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 28. Juli 2004 - 1 BvR 2566/95 -, BVerfGK 3, 337 ff = DVBl 2005, 106 ff) . Dieser von der Klägerin bezeichnete Umstand begründet ein besonders schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der Rechtslage ( vgl BVerfGE 104, 220, 233 ). Nachdem das BVerfG (BVerfGE 32, 54 ff) ein verschieden großes Schutzbedürfnis im Blick darauf angenommen hat, den Geschäfts- und Betriebsräumen "eigne" nach ihrer Zweckbestimmung eine größere Offenheit nach außen (aaO S 75 f), ist vorliegend entscheidend, dass die Mitarbeiter der Beklagten die nicht öffentlichen Betriebsräume der Klägerin ohne vorherige Ankündigung oder präsumtive Einwilligung der Klägerin betreten haben.
Ob allerdings die mithin zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage der Klägerin auch begründet ist, weil sich die Prüfungsverfügung vom 2. Oktober 2002 als rechtswidrig erweist, kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden (§ 163 SGG). Insoweit ist bereits fraglich, auf welche gesetzliche Ermächtigung die Außenprüfung gestützt werden kann. Die Beklagte beruft sich pauschal auf die §§ 304 ff SGB III, § 107 SGB IV sowie § 2 Arbeitnehmer-Entsendegesetz, ohne die konkret einschlägige Grundlage genau zu bezeichnen; das Berufungsgericht hat sich - von seinem Standpunkt aus zu Recht - mit der maßgeblichen Rechtsgrundlage nicht befasst. § 2 (iVm § 1) Arbeitnehmer-Entsendegesetz ist offensichtlich nicht einschlägig (Arbeitsbedingungen in Baubetrieben); das Gleiche gilt hinsichtlich § 107 SGB IV, der die Pflichten des Beschäftigten (Vorlage bzw Mitführung des Sozialversicherungsausweises, § 99 SGB IV) betrifft. Anhaltspunkte ergeben sich im Sachverhalt damit lediglich für eine Anwendung des § 304 Abs 1 SGB III (in der Fassung des Gesetzes zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit vom 23. Juli 2002 - BGBl I 2787; "aF"), da nach der Aktenlage die Beklagte Unregelmäßigkeiten in Bezug auf die Beschäftigung einer ausländischen Arbeitnehmerin der Klägerin nachgehen wollte; ob aber tatsächlich Prüfungsaufgaben nach § 304 Abs 1 Nr 2 und 3 SGB III aF vorliegen, bedarf noch näherer tatrichterlicher Feststellung. Die Außenprüfung ist nicht als angekündigte (anlasslose) Routineprüfung (vgl zu deren Zulässigkeit die Gesetzesmotive in BT-Drucks 13/4941, S 209 f; s auch BVerwGE 78, 251, 255 f), sondern als unangekündigte, verdachtsgestützte Außenprüfung durchgeführt worden. Dass die Beklagte von dem Betretens- und Prüfungsrecht "während der Geschäftszeit" Gebrauch gemacht hatte (§ 305 Abs 1 Satz 1 SGB III aF), erscheint offenbar. Inwieweit aber durch die Verfügung einer solchen Außenprüfung gesetzliche Bestimmungen verletzt worden sein könnten, bedarf näherer Prüfung. Dies betrifft namentlich die Anordnung der Außenprüfung zu erlaubten Zwecken und deren Erforderlichkeit im Rahmen des der Beklagten obliegenden Ermessens (vgl dazu wiederum BVerfGE 32, 54 ff, und BVerwGE 78, 251 ff; zu Grundlagen und Grenzen einer steuerrechtlichen Außenprüfung vgl nur BFH, Beschluss vom 22. Dezember 2006 - VII B 121/06 -, BFH/NV 2007, 802 ff mwN; dazu Jaeger, juris PraxisReport SteuerR 16/2007, insbesondere zu den möglichen Grenzen ≪zB "Ermittlungen ins Blaue hinein", Ausforschungsdurchsuchungen≫ sowie weiterführenden Hinweisen auf die einschlägige Rechtsprechung des BFH ). Insoweit wird das LSG zu berücksichtigen haben, dass das Gesetz eine unangekündigte Außenprüfung nicht ausschließt; im Gegenteil ist ggf nur diese Form der Außenprüfung in Verdachtsfällen das geeignete Mittel.
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Dabei wird das LSG aber davon ausgehen können, dass Art 8 Abs 2 EMRK dem nationalen Gesetzesrecht nicht per se entgegensteht. Nach Art 8 Abs 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. Gemäß Art 8 Abs 2 EMRK darf eine Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. |
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Zwar sind (Bundes-)Gesetze im Einklang mit der - als Bundesrecht geltenden - EMRK auszulegen (vgl Jarass, GG, 9. Aufl 2007, Art 25 RdNr 10 f), wobei den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) besonderes Gewicht zukommt (vgl BVerfGE 111, 307, 329) . Am Maßstab des von der Klägerin herangezogenen, Art 8 EMRK betreffenden Urteils des EGMR vom 16. April 2002 - 37971/97 - (Stés Colas SA ) lässt sich allerdings eine Rechtswidrigkeit der vorliegenden Außenprüfung kaum begründen, denn der EGMR hat die Verhältnismäßigkeit der dort in Rede stehenden Eingriffe wegen fehlender Kontrollmechanismen verneint (vgl zum Vorstehenden Hilf/Hörmann, NJW 2003, 1, 8), während gerade die vorliegende Möglichkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage vom Gegenteil zeugt. Zudem liegt auf der Hand, dass das hier in Rede stehende Außenprüfungsrecht der BA auf gesetzlicher Grundlage besteht und den in Abs 2 ausdrücklich bezeichneten Zielen dient (vgl zur Auseinandersetzung mit diesen Tatbeständen näher die Entscheidung des EGMR ≪Fünfte Sektion≫ vom 5. Februar 2007 - Nr 1628/03).
Zu Unrecht beruft sich die Klägerin auf eine "Unbestimmtheit" des Adressaten (fehlerhafte Firmenbezeichnung) der Prüfungsverfügung, die ohnehin nicht schriftlich ergehen musste; die Verfügung wurde am Geschäftssitz der Klägerin ausgestellt und dieser (nicht aber einem nicht gemeinten Reisebüro) ausgehändigt. Der Adressat der Verfügung war also trotz der fehlerhaften Bezeichnung in der schriftlichen Prüfungsverfügung erkennbar (§ 33 Abs 1 SGB X).
Soweit das LSG die Kostenentscheidung des SG zu Ungunsten der Klägerin geändert hat, stehen rechtliche Bedenken nicht entgegen (vgl dazu BSG, Urteil vom 5. Oktober 2006 - B 10 LW 5/05 R; BSGE 62, 131, 136 = SozR 4100 § 141b Nr 40 S 154).
Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben; die Kostenentscheidung wird auf der Grundlage des ab dem 2. Januar 2002 anzuwendenden Rechts des § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO zu ergehen haben.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 47 Abs 1, § 52 Abs 2 Gerichtskostengesetz.
Fundstellen
Haufe-Index 1822365 |
NZS 2008, 272 |
SGb 2007, 609 |