Leitsatz (amtlich)
Für Rechtsstreitigkeiten von dienstordnungsmäßigen Angestellten einer KK wegen Gewährung von Übergangsbezügen nach dem G131 ist der Rechtsweg zu den Gerichten gegeben, die für Streitigkeiten aus dem ursprünglichen Dienstverhältnis zuständig sind.
Für Streitigkeiten aus dem Dienstverhältnis von dienstordnungsmäßigen Angestellten einer KK sind allein die ArbG zuständig.
Normenkette
SGG § 51 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, § 204 Fassung: 1953-09-03; G131 § 52 Fassung: 1951-05-11, § 63 Fassung: 1951-05-11; G131DV 3 § 2 Nr. 3 Fassung: 1955-06-10, § 3 Fassung: 1955-06-10; RVO § 354 Abs. 1 Fassung: 1924-12-15
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts vom 20. Oktober 1954 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Der Kläger schloß am 19. August 1938 mit der beklagten Krankenkasse einen Anstellungsvertrag, durch den er mit Wirkung vom 25. März 1938 zum Leiter der beklagten Krankenkasse mit der Dienstbezeichnung Geschäftsführer bestellt wurde. Nach § 3 des Anstellungsvertrages regeln sich die aus dem Anstellungsvertrag ergebenden "Rechts- und Dienstverhältnisse" nach den Bestimmungen der Dienstordnung der beklagten Krankenkasse.
Im Jahre 1945 wurde der Kläger als politisch belastet entlassen. Sein Antrag, ihn im Dienst der Beklagten wiederzuverwenden und ihm bis zur Wiederverwendung ein Übergangsgehalt zu gewähren, wurde vom Leiter der Landesversicherungsanstalt ... durch Bescheid vom 5. August 1952 mit der Begründung abgelehnt, daß seine Anstellung als "DO-Angestellter" wegen seiner engen Verbindung zum Nationalsozialismus erfolgt sei.
Die gegen diesen Bescheid eingelegte Beschwerde wurde vom Versicherungsamt ... am 27. April 1953 als unbegründet zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Beschwerde beim Oberversicherungsamt (OVA.) ... - beschränkt auf die Frage des Übergangsgehalts - ein. Während des Beschwerdeverfahrens erklärte die Landesversicherungsanstalt ..., daß sie nach Inkrafttreten des Selbstverwaltungsgesetzes vom 13. August 1952 für die Bearbeitung der mit dem früheren Dienstverhältnis des Klägers zusammenhängenden Fragen nicht mehr zuständig sei. An die Stelle der Landesversicherungsanstalt trat nunmehr als Beschwerdegegnerin die Beklagte.
Nach Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gab das OVA. die Sache an das Sozialgericht ( SGer. ) ... ab, das durch Urteil vom 1. Juni 1954 den zum SGer. ... beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärte und die Sache auf den hilfsweise gestellten Antrag des Klägers hin an das Arbeitsgericht Wiesbaden verwies.
Die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil ist vom ... Landessozialgericht (LSGer.) durch Urteil vom 20. Oktober 1954 als unbegründet zurückgewiesen worden; die Revision wurde zugelassen.
Gegen dieses - der Beklagten am 8. Januar 1955 zugestellte - Urteil hat die Beklagte durch Schriftsätze vom 28. Januar und 5. Februar 1955 - beim Bundessozialgericht ( BSGer .) am 31. Januar bzw. 7. Februar 1955 eingegangen - die Revision eingelegt und begründet. Sie hat beantragt,
die Urteile des SGer . ... vom 1. Januar 1954 und des Hessischen LSGer. vom 20. Oktober 1954 aufzuheben und die Sache an das SGer . ... hilfsweise das LSGer. ... zur sachlichen Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Beklagte hat gerügt, daß das Berufungsgericht zu Unrecht für den vorliegenden Rechtsstreit den Rechtsweg zu den Gerichten der Arbeitsgerichtsbarkeit für gegeben erachtet habe. Nach Ansicht der Beklagten sind die Sozialgerichte für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig.
Der Kläger hat um Zurückweisung der Revision gebeten.
Entscheidungsgründe
1. Die Revision ist nicht begründet.
Der Klageanspruch - Gewährung von Übergangsgehalt - wird aus dem Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 11. Mai 1951 in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. September 1953 - BGBl. I S. 1287 - ("Gesetz 131") hergeleitet. Nach § 63 in Verbindung mit §§ 52, 37 Gesetz 131 haben Angestellte von Körperschaften des öffentlichen Rechts im Bundesgebiet, die am 8. Mai 1945 im öffentlichen Dienst standen und ihr Amt oder ihren Arbeitsplatz aus anderen als beamten- oder tarifrechtlichen Gründen verloren haben und noch nicht entsprechend ihrer früheren Rechtsstellung wiederverwendet sind, unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Übergangsgehalt. Für einen Rechtsstreit hierüber wäre der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ("Sozialgerichtsweg") nach § 51 Abs. 1 SGG gegeben, wenn es sich um eine "öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung" handeln würde. Der Anspruch auf Übergangsgehalt früherer DO-Angestellter einer Krankenkasse ist jedoch privatrechtlicher Art.
2. Ein öffentlich-rechtlicher Anspruch würde vorliegen, wenn die Ansprüche nach dem Gesetz 131 einem Rechtsverhältnis eigener Art, das dem öffentlichen Recht zuzurechnen wäre, entspringen würden. Eine solche einheitliche Beurteilung der Ansprüche aus dem Rechtsstand zur Wiederverwendung, wie sie insbesondere vom Gerichtshof für Kompetenzkonflikte beim Bayerischen Obersten Landesgericht in seinem Urteil vom 14. Januar 1954 (Bay. VerwGerH E. N. F. Bd. 7, IV. Teil S. 1 = ZBR. 1954 S. 178) vertreten wird, ist jedoch nicht begründet. Selbst wenn man mit dem Bundesverfassungsgericht (BVerfGE. 3 S. 187) davon ausgeht, daß die von der Militärregierung veranlaßten Amtsentfernungen das Angestelltenverhältnis nicht nur suspendiert, sondern rechtswirksam beendet haben, so folgt daraus nicht, daß die durch das Gesetz 131 begründeten Ansprüche notwendig dem öffentlichen Recht angehören. Wie das Bundesverwaltungsgericht ( BVerwGer .) mit Recht hervorhebt (vgl. Urteil vom 10.6.1955 in DÖV. 1955 S. 602 = ZBR. 1955 S. 242) war der Bundesgesetzgeber nicht daran gehindert, die Ansprüche der ehemaligen Bediensteten des öffentlichen Dienstes frei zu gestalten. Zwar ist das Gesetz 131 die alleinige Grundlage für die Ansprüche der nach diesem Gesetz Begünstigten, denn nach § 77 des Gesetzes stehen den Anspruchsberechtigten außer den Ansprüchen nach dem Gesetz 131 weitere Ansprüche aus dem früheren Dienst- oder Arbeitsverhältnis nicht zu. Doch zeigt die konkrete Gestaltung der Wiederverwendungsverhältnisse, daß das Gesetz an die alte Rechtsstellung der Begünstigten anknüpft und nach ihr die Rechtsnatur der durch das Gesetz 131 begründeten Ansprüche bestimmt. Wo es sich darum handelt, den Rechtsstand zur Wiederverwendung von Angestellten und Arbeitern festzulegen, verlangt das Gesetz eine differenzierende, den Besonderheiten der Rechtsstellung dieser Personen Rechnung tragende Anwendung der Vorschriften, auf die verwiesen wird; die in Bezug genommenen beamtenrechtlichen Vorschriften gelten nur "entsprechend" oder "sinngemäß" (vgl. §§ 52 Satz 1, 52 a Abs. 1 Satz 2 und 5, 52 b Abs. 2 Satz 2 Gesetz 131). Weiterhin ist von Bedeutung, daß § 52 a Gesetz 131 bei den Angestellten und Arbeitern zur Wiederverwendung anstelle der Tatbestandselemente, die einen öffentlich-rechtlichen Beamtenstatus voraussetzen, solche Begriffsmerkmale verwendet, die einen privatrechtlichen Rechtsstand kennzeichnen: Nach Abs. 1 Satz 3 treten für die Anwendung des § 20 a Gesetz 131 - Umzugskosten und Trennungsentschädigung - an die Stelle der dort bezeichneten Vorschriften "die entsprechenden Vorschriften für Angestellte und Arbeiter"; in Abs. 1 Satz 4, 2. Halbs. ist festgelegt, daß an die Stelle des Ruhegehalts "die Hälfte des ungekürzten Arbeitseinkommens" tritt. Ferner erscheint unter diesem Blickwinkel bedeutsam, daß § 2 der 3. DurchfVO. zum Gesetz 131 in der Fassung vom 10. Juni 1955 (BGBl. I S. 283) die Artverschiedenheit der Ansprüche erkennen läßt: An die Stelle des Ruhegehalts der Beamten tritt bei Angestellten mit Bezügen nach Tarifrecht die "Ruhevergütung", bei Arbeitern der "Ruhelohn" (a. a. O. Nr. 5 Abs. 1), an die Stelle des Übergangsgehalts die "Übergangsvergütung" und der "Übergangslohn" (a. a. O. Nr. 7 Satz 1).
Folgerichtig im Sinne dieser differenzierenden gesetzlichen Regelung der Wiederverwendungsverhältnisse ist in § 2 Nr. 3 und 4 der 3. DurchfVO. bestimmt, daß für Klagen der anspruchsberechtigten Angestellten und Arbeiter bei Streitfällen nach §§ 7 und 9 Gesetz 131 an die Stelle des für Beamte vorgesehenen Verwaltungsrechtswegs der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten tritt. Das Gesetz 131 hat im Hinblick darauf, daß sich in der Regel aus der Rechtsnatur der Ansprüche der Rechtsweg ergibt, im allgemeinen auf eine ausdrückliche Bestimmung des Rechtswegs verzichtet. In § 7 Abs. 2 Gesetz 131 ist jedoch für Klagen gegen bestimmte Entscheidungen der obersten Dienstbehörde der Verwaltungsrechtsweg für zulässig erklärt worden, weil in diesen Fällen eine Klarstellung zur Vermeidung von Zweifeln geboten erschien (vgl. hierzu Sitzungsberichte des Bundesrats 1952 S. 144; Bundesrats-Drucks. Prot. In. 3/52 v. 10.1.1952 S. 3); ähnlich hat § 9 Gesetz 131 durch seinen Hinweis auf das förmliche Disziplinarverfahren nach den Vorschriften der Bundesdisziplinarordnung den Rechtsweg festgelegt. Gerade aus dem Umstand, daß §§ 7 und 9 Gesetz 131 den Rechtsweg ausdrücklich regeln, erklärt sich die Bestimmung des § 2 Nr. 3 und 4 der 3. DurchfVO. zum Gesetz 131, wonach für Streitigkeiten der Angestellten und Arbeiter mit vertraglichem Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder auf Ruhelohn aus §§ 7, 9 Gesetz 131 der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben ist. Es hätte nicht der Gesetzessystematik entsprochen, dies auch für die übrigen Ansprüche der Angestellten und Arbeiter vorzuschreiben; für diese Ansprüche ist also aus der Tatsache, daß § 2 der 3. DurchfVO. nur für bestimmte Fälle den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten vorsieht und Gesetz und DurchfVO. im übrigen zu dieser Frage schweigen, nicht etwa ein Umkehrschluß dahin gerechtfertigt, daß in diesen Fällen der Arbeitsrechtsweg nicht gegeben ist. Vielmehr stellt § 2 Nr. 3 und 4 der 3. DurchfVO. nur zur Vermeidung von Zweifeln fest, was sich ohnehin aus der in §§ 63, 52 Gesetz 131 vorgeschriebenen "entsprechenden" Anwendung der Bestimmungen des Gesetzes 131 für die Ansprüche der Angestellten und Arbeiter ergibt. In diesem Sinne sind die Ausführungen von Anders in seinem Kommentar zum Gesetz 131, 3. Aufl. Anm. 4 zu § 2 der 3. DurchfVO. zutreffend, daß die Bestimmung des § 2 Nr. 3 der 3. DurchfVO. keine "konstitutive Bedeutung" hat (ihm folgend BayKompKonflGH . a. a. O.; a. A. LSGer. Bremen im Urteil vom 10.11.1954 in DOK. 1955 S. 19 = Sozialgerichtsbarkeit 1955 S. 52 = Breithaupt 1955 S. 346). Der Verordnungsgeber kann im Rahmen der durch Art. 80 GG gezogenen Grenzen durch Rechtsverordnung nur eine Regelung treffen, die durch die Ermächtigung des Gesetzes gedeckt ist; er kann nicht eine bereits gesetzlich begründete Zuständigkeit ändern. Die Regelung des Rechtswegs durch Gesetz (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 AGG, § 51 SGG) erlaubte dem Verordnungsgeber nur klarzustellen, was ohnehin schon Rechtens war (vgl. Plog in "Recht im Amt" 1955 S. 163). Kann demnach auch § 2 Nr. 3 und 4 der 3. DurchfVO. die Gerichte nicht von der Nachprüfung entbinden, ob der Arbeitsrechtsweg nach gesetzlicher Vorschrift gegeben ist, so erhärtet diese Bestimmung doch die Auslegung des Gesetzes, daß die durch das Wiederverwendungsverhältnis nach Gesetz 131 begründeten Ansprüche nicht schlechthin dem öffentlichen Recht zuzurechnen sind. Die Ansprüche der nach §§ 63, 52 Gesetz 131 in Verbindung mit § 1 der 3. DurchfVO. berechtigten Angestellten und Arbeiter können vielmehr auch privatrechtlicher Natur sein (vgl. BVerw. im Urteil vom 10.6.1955 a. a. O. und BAG. im Urteil vom 16.12.1954 in NJW. 1955 S. 359 = DVBl. 1955 S. 368 = ZBR. S. 57).
3. Da das Gesetz 131, wie dargelegt, bei der Gestaltung der einzelnen Ansprüche an die alte Rechtsstellung der Begünstigten anknüpft, muß zur Bestimmung des Rechtswegs auf das ursprüngliche Rechtsverhältnis der Bediensteten zurückgegangen und im vorliegenden Streitfall untersucht werden, ob das Dienstverhältnis der DO-Angestellten öffentlich-rechtlicher oder bürgerlich-rechtlicher Natur ist.
Unbestritten waren die DO-Angestellten im Zeitpunkt der Begründung des DO-Dienstverhältnisses des Klägers und auch noch zur Zeit seiner Entlassung im Jahre 1945 keine Beamten im staatsrechtlichen Sinn, weil die für die Begründung des Beamtenverhältnisses schon damals notwendigen Formerfordernisse - Aushändigung einer Ernennungsurkunde, in der die Worte "unter Berufung in das Beamtenverhältnis" enthalten sind - nicht gewahrt sind (§ 27 DBG, vgl. für das jetzige Recht § 6 BBG). Da es bei der Frage nach der Natur des Dienstverhältnisses der DO-Angestellten nur auf den staatsrechtlichen Beamtenbegriff ankommt, braucht hier nicht erörtert zu werden, unter welchen Voraussetzungen DO-Angestellte Beamte im Sinne des Strafrechts oder des Amtshaftungsrechts sind. Auch kann die rechtliche Möglichkeit, daß das Beamtenverhältnis nach 1945 infolge der besonderen Verhältnisse der Nachkriegszeit vorübergehend und ausnahmsweise auch ohne Wahrung der für die Berufung in das Beamtenverhältnis vorgesehenen Formerfordernisse begründet werden konnte, hier außer Betracht bleiben, da ein solcher Ausnahmetatbestand im vorliegenden Streitfall nicht gegeben ist.
Die DO-Angestellten der Krankenkassen sind nach den dienstrechtlichen Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) Angestellte. Die RVO unterscheidet im Unterabschnitt IV (Überschrift: "Angestellte und Beamte") des Abschnitts IV des Ersten Buches zwischen Angestellten und Beamten. Die von der Krankenkasse aufzustellende Dienstordnung gilt ausdrücklich nur für die Angestellten, die nicht nach Landesrecht staatliche oder gemeindliche Beamte sind (§ 351 Abs. 1 RVO). Wacke (ZBR. 1955 S. 229) weist zutreffend darauf hin, daß die RVO dort, wo sie von den DO-Angestellten spricht, bewußt von der Verwendung des öffentlich-rechtlichen Beamtenverhältnisses abgesehen und als Zugeständnis an die Auffassungen der Organisationen der Versicherten und ihrer Arbeitgeber ein damals neuartiges Dienstrecht geschaffen hat.
Bei der Würdigung der Rechtsnatur des Dienstverhältnisses der DO-Angestellten kann nicht außer Betracht bleiben, daß dieses der Sozialversicherung eigentümliche Dienstverhältnis der DO-Angestellten wesentlich durch das "Amt", das von den DO-Angestellten wahrgenommen wird, sein Gepräge erhält. Die Sozialversicherungsträger erfüllen Aufgaben, die zu den Hoheitsaufgaben des Staats gehören. Im Hinblick auf die Wahrnehmung solcher Aufgaben, die sich aus der Staatsgewalt ableiten, gehören die Sozialversicherungsträger zur mittelbaren Staatsverwaltung (so der BGH. in Fortführung einer älteren Rechtsprechung in BGHStr. Bd. 6 S. 17 = NJW. 1954 S. 891 und NJW. 1954 S. 1454). Für den Bereich der Krankenversicherung ist diese Auffassung auch in dem Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 27. Juni 1938 (Reichsversicherung 1938 S. 204), der zur Vorbereitung der in der 16. AufbauVO vom 9. Juni 1938 (RGBl. I S. 622) vorgesehenen Maßnahmen erging, ausdrücklich bestätigt worden: Ausgehend von der Feststellung, daß die bei der Durchführung der reichsgesetzlichen Krankenversicherung notwendig erwachsenden und ihr eigentümlichen Aufgaben obrigkeitliche Aufgaben sind, werden in diesem Erlaß die Tätigkeiten aufgezählt, die wegen ihrer hoheitsrechtlichen Natur die Einrichtung von Beamtenstellen ermöglichen sollen.
Indessen hat die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse nicht notwendig zur Folge, daß das Dienstverhältnis des mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Bediensteten öffentlich-rechtlicher Art ist. Es ist eine bekannte Erscheinung im öffentlichen Dienst - man denke etwa an die kommunalen Dauerangestellten -, daß Angestellte, deren Dienstverhältnis unbestritten bürgerlich-rechtlicher Natur ist, obrigkeitliche Funktionen wahrnehmen. Im Hinblick auf diese Übung ist die Weisung in Art. 33 Abs. 4 GG verständlich, daß die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, zu übertragen ist. Hieraus ergibt sich, daß hoheitsrechtliche Befugnisse als nicht ständige Aufgabe oder in Ausnahmefällen auch Angehörigen des öffentlichen Dienstes übertragen werden dürfen, die nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Das LSGer. Schleswig hat in seinem Urteil vom 24. September 1954 (Breithaupt 1954 S. 1105 - 1109) aus Art. 33 Abs. 4 GG gefolgert, daß es unmöglich sei, hoheitsrechtliche Aufgaben einer Körperschaft zu übertragen, die ausschließlich und bis in die Spitze ihrer Verwaltung hinein nur Angestellte im Privatdienstvertrag beschäftigen könne (gleicher Ansicht Werner Weber in ZBR. 1955 S. 129 - S. 132). In der Tat mag ein Dauerzustand der geschilderten Art mit der von Art. 33 Abs. 4 GG geforderten Regelung der Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse nicht vereinbar sein. Doch ließe sich aus einer etwa festzustellenden Nichtbeachtung der allgemeinen, primär an den Gesetzgeber gerichteten Weisung des GG nicht der Schluß ziehen, daß solche entgegen der Weisung des GG privatrechtlich begründeten Dienstverhältnisse im Hinblick auf die Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse als öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse anzusehen sind (vgl. auch Urteil des BAG vom 16. Mai 1955, AP Nr. 7 zu § 2 ArbGG 1953 = NJW. 1955 S. 1614 = DOK 1955 S. 536). Eine solche Folgerung würde im Ergebnis eine Rückkehr zu früheren Auffassungen bedeuten, wie sie insbesondere vom Reichsgericht (RG.) vertreten wurden (vgl. RGZ. Bd. 106 S. 19; Bd. 125 S. 421, Bd. 132 S. 68; Bd. 134 S. 17). Nach dieser Rechtsprechung genügte die Übertragung hoheitsrechtlicher Befugnisse auf Angehörige des öffentlichen Dienstes zur Begründung des öffentlich-rechtlichen Beamtenverhältnisses. § 3 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des allgemeinen Beamten-, des Besoldungs- und des Versorgungsrechts vom 30. Juni 1933 (RGBl. I S. 433) hat mit dem Ziel, dieser Rechtsprechung zu begegnen und das Recht des öffentlichen Dienstes auf eine klare Grundlage zu stellen (vgl. Reichstags-Drucks. VII. Wahlp. Nr. 278 S. 2), durch Änderung des § 1 des Reichsbeamtengesetzes vom 17. Mai 1907 (RGBl. I S. 245) die ausdrückliche, förmliche Berufung zum Wesensmerkmal der Begründung des Beamtenverhältnisses erhoben. Seit dieser Gesetzgebung, deren Grundgedanke auch in den späteren Gestaltungen des Beamtenrechts nicht verlassen wurde, kann für den öffentlichen Dienst nicht mehr die Auffassung vertreten werden, daß die Übertragung hoheitsrechtlicher Aufgaben ohne Rücksicht auf die Natur des zugrunde liegenden Anstellungsverhältnisses einen öffentlich-rechtlichen Status des Amtsträgers begründe.
Für die Zuordnung des DO-Dienstverhältnisses zum öffentlichen oder privaten Recht kann auch nicht allein der Umstand bestimmend sein, daß es nach § 354 RVO durch Vertrag begründet wird. Abgesehen davon, daß der Begründungsakt eines Rechtsverhältnisses nicht schlechthin seine Rechtsnatur bestimmt (vgl. auch Werner Weber a. a. O.), gibt es auch Verträge öffentlichen Rechts, und ein öffentlich-rechtlicher Vertrag kann auch zwischen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und einer Privatperson geschlossen werden.
Entscheidend für die Beurteilung der Rechtsstellung der DO-Angestellten ist vielmehr, ob das Rechtsverhältnis, das durch den schriftlichen Vertragsschluß (§ 354 Abs. 1 RVO) entstanden ist, seiner gesamten Gestaltung nach dem öffentlichen Recht zuzurechnen ist (vgl. Hans Peters, Lehrbuch d. Verw. 1949 S. 154; Forsthoff, Lehrb. d. Verwaltungsrechts 5. Aufl. Bd. I S. 227; Apelt, Der verwaltungsrechtliche Vertrag 1920 S. 25). Peters sieht das DO-Dienstverhältnis vornehmlich deswegen als öffentlich-rechtlich an, weil sich der DO-Angestellte durch den Dienstvertrag der Dienstordnung unterwerfe, die autonome Satzung, also objektives Recht sei (vgl. Peters Handbuch der KV 1954, Anm. vor § 359; DOK. 1955 S. 28 f, ferner Peters-Sautter-Wolff, Komm. z. SGG, Stand: März 1956, Anm. 9 b zu § 51; auch Weber a. a. O. S. 133). Er verweist dabei auf das Postbenutzungsverhältnis, das das RG. wiederholt (vgl. RGZ. 155 S. 333 - 335; 161 S 174 - 180) als öffentlich-rechtlichen Vertrag gekennzeichnet hat. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die Postbenutzungsverhältnisse überhaupt Vertragsverhältnisse oder nicht reine, die Zulassung der Postbenutzer zum Postverkehr regelnde Anstaltsverhältnisse sind (vgl. hierzu die kritischen Bemerkungen von Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht 2. Aufl. Bd. 1 S. 503). In jedem Falle gewinnt das Postbenutzungsverhältnis, auch wenn man es als Vertrag ansieht, seinen öffentlich-rechtlichen Charakter "aus der Beteiligung an der Ausübung eines Staatsmonopols" (so Hans Peters, Lehrbuch der Verwaltung 1949, S. 154). Nur weil die Post hier nicht als privatwirtschaftliches Unternehmen, sondern als öffentliche Anstalt, deren Wirtschaftstätigkeit hoheitsrechtlichen Charakter hat, dem Zulassungsinteressenten gegenübertritt, kann dieses Verhältnis als "Unterwerfung" (RGZ. 155 S. 335) gekennzeichnet werden. Bei einem solchen Unterwerfungsverhältnis ersetzt der öffentlich-rechtliche Vertrag nur den an sich zulässigen Verwaltungsakt (so mit Recht Bay. LSGer. v. 26.7.1954 - Breithaupt 1954 S. 993 - und LSGer. Bremen vom 10.11.1954 a. a. O.). Die Möglichkeit, die gleiche Rechtsbeziehung zwischen der Privatperson und dem Hoheitsträger auch durch Verwaltungsakt zu ordnen, deutet auf den öffentlich-rechtlichen Charakter des Vertrages, der anstelle des Verwaltungsakts zur Begründung des Rechtsverhältnisses gewählt wird.
Eine solche Befugnis, das Dienstverhältnis des DO-Angestellten auch hoheitsrechtlich, d. h. einseitig durch Verwaltungsakt zu begründen, ist der Krankenkasse jedoch versagt. Die Dienstherrnfähigkeit, die den Sozialversicherungsträgern durch die 16. VO zum Aufbau der Sozialversicherung vom 9. Juni 1938 (RGBl. I S. 622) zustehen sollte, ist mangels der in § 2 dieser VO vorgesehenen Ausführungsbestimmungen ohne praktische Bedeutung geblieben. Stellte der Erlaß des RAM. vom 8. Januar 1940 (Amtl. Nachr. S. 1914) zunächst nur fest, daß unter den Kriegsverhältnissen mit der Durchführung der 16. AufbauVO nicht zu rechnen sei, so setzte § 18 Abs. 3 Nr. 9 des Selbstverwaltungsgesetzes vom 13. August 1952 (BGBl. I S. 427) durch Aufhebung der 16. Aufbau-VO den Schlußpunkt hinter diese Entwicklung. Deshalb stand und steht der Krankenkasse für die Gewinnung qualifizierter Amtsträger nur der durch § 354 RVO vorgezeichnete Weg zur Verfügung, auf der Ebene der Gleichberechtigung mit dem Anstellungsbewerber einen Vertrag zu schließen, der - anders als die Ernennung eines Beamten - keine "Unterwerfung" im Sinne der zitierten Rechtsprechung darstellt.
Für die Zuordnung des Dienstverhältnisses des DO-Angestellten zum öffentlichen oder privaten Recht kann auch nicht als ausschlaggebend angesehen werden, daß der Inhalt des Dienstverhältnisses weitgehend durch die Dienstordnung der Krankenkasse, deren Bestimmungen für das Vertragsverhältnis zwingend sind (§ 357 Abs. 3 RVO), festgelegt ist. Es mag dahingestellt bleiben, ob die Annahme gerechtfertigt ist, der schriftliche Vertrag, den § 354 Abs. 1 RVO für die Anstellung eines DO-Angestellten erfordert, sei "auf nichts anderes als die Begründung eines Dienstverhältnisses unter Auslösung des konkreten Wirksamwerdens zwingender objektiver Normen" gerichtet (so Werner Weber a. a. O. S. 133). Die Dienstordnung gestaltet - ebenso wie Tarifvertrag oder Tarifordnung - den Inhalt der Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, ohne daß dadurch der Arbeitsvertrag seine Bedeutung als Grundlage der Rechtsbeziehungen zwischen ihnen verliert.
Auch Verweisungen, die die Dienstordnung auf das Beamtenrecht weitgehend vornimmt, vermögen nicht den öffentlich-rechtlichen Charakter des Dienstverhältnisses der DO-Angestellten zu begründen. Wie Wacke (a. a. O. S. 230) hierzu mit Recht anmerkt, kennt man im öffentlichen Dienstrecht die Anwendung beamtenrechtlicher Vorschriften in vielen Rechtsformen und in allen denkbaren Stärkegraden (Dienstvertrag, Tarifvertrag, Dienstordnung, Rechtsverordnung, Gesetz). Eine solche Verweisung bewirkt, daß zum Inhalt des privatrechtlichen Dienstverhältnisses gemacht wird, was primär für einen anderen - öffentlich-rechtlichen - Rechtsbereich normiert ist. Es darf auch nicht verkannt werden, daß die "entsprechende" Anwendung des Beamtenrechts ohnehin nur eine sinngemäße, den Eigentümlichkeiten des DO-Dienstverhältnisses angepaßte Übertragung der beamtenrechtlichen Vorschriften zuläßt.
Überdies unterscheidet sich das Beamtenverhältnis in seiner Gesamtgestaltung in wesentlichen Punkten von dem durch Dienstordnung geregelten Dienstverhältnis. Abgesehen von den schon gewürdigten Unterschieden bei der Begründung des Dienstverhältnisses ist hervorzuheben, daß das Dienstverhältnis des DO-Angestellten außer durch die auch beim Beamtenverhältnis gegebenen Endigungsgründe auch durch Kündigung aus wichtigem Grunde aufgelöst werden kann, wie auch der DO-Angestellte berechtigt ist, sein Dienstverhältnis zu kündigen. Es ist weiter darauf hinzuweisen, daß der DO-Angestellte in Ansehung der über ihn verhängten Dienststrafen nicht einem förmlichen Dienststrafverfahren der Art unterliegt, wie es für Beamte vor besonderen Dienststrafgerichten vorgesehen ist.
Nach alledem ist festzustellen, daß sich die Dienstverhältnisse der DO-Angestellten von denen der sonstigen Angestellten des öffentlichen Dienstes nur dem Grad nach, in dem für sie durch Bezugnahme in der Dienstordnung Bestimmungen des Beamtenrechts entsprechende Anwendung finden, nicht aber im Wesen unterscheiden. Es ist demnach nach geltendem Recht nicht möglich, das Dienstverhältnis der DO-Angestellten aus dem größeren Bereich des Dienstrechts der Vertragsangestellten im öffentlichen Dienst zu lösen und ihm einen grundsätzlich anderen, nämlich öffentlich-rechtlichen Rang zu geben. Das DO-Dienstverhältnis ist nur eine Sonderform des bürgerlich-rechtlichen Dienstvertrags im öffentlichen Dienst, dem nach geltendem Recht als öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zur Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Funktionen im Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG das Beamtenverhältnis gegenübersteht. Daß es zur Erfüllung anderer als der in Art. 33 Abs. 4 GG genannten Aufgaben öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse anderer Art - z. B. das richterliche oder das Wehrdienstverhältnis - gibt, berührt den hier zu erörternden Sachverhalt nicht.
Da somit das Dienstverhältnis der DO-Angestellten nicht öffentlich-rechtlicher Natur ist und schon aus diesem Grunde für den vorliegenden Streitfall der Sozialgerichtsweg nach § 51 Abs. 1 SGG nicht gegeben ist, kann der Senat die Frage unerörtert lassen, ob es sich im vorliegenden Fall um eine Streitigkeit "in Angelegenheiten der Sozialversicherung" im Sinne des § 51 Abs. 1 SGG handelt.
4. Für den vorliegenden Rechtsstreit ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben.
Das Reichsarbeitsgericht hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. ARS. Bd. 6 S. 66; Bd. 15 S. 282, 298; Bd. 16 S. 410; Bd. 19 S. 55) daran festgehalten, daß für die Austragung von vermögensrechtlichen Streitigkeiten aus dem Dienstverhältnis der DO-Angestellten der Versicherungsträger die Arbeitsgerichte zuständig sind. Wie das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 16. Mai 1955 a. a. O. entschieden hat, ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten auch dann gegeben, wenn ein ehemaliger DO-Angestellter Ansprüche nach dem Gesetz 131 geltend macht. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung des BAG. an. Er kann dahingestellt lassen, ob die erörterte Frage anders zu beurteilen wäre, wenn die Klage nicht gegen den früheren Arbeitgeber oder seinen Rechtsnachfolger gerichtet ist (vgl. zu dieser Einschränkung Plog in "Recht im Amt" 1955 S. 163). Im vorliegenden Streitfall hat der DO-Angestellte seinen früheren Arbeitgeber in Anspruch genommen, so daß dieser Rechtsstreit jedenfalls eine "Nachwirkung" des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 3. September 1953 (AGG) betrifft.
(Zustimmend: - außer BAG. im Urteil vom 16.5.1955 a. a. O. - LSGer. Bremen a. a. O.; Bayer. LSGer. a. a. O.; Wacke a. a. O.; Gebauer in Sozialgerichtsbarkeit 1955 S. 33; Schieckel in Sozialgerichtsbarkeit 1954 S. 156; Schmidt in Sozialgerichtsbarkeit 1954 S. 143; Brackmann, Handb. d. Sozialvers., Stand: 15.8.1954 S. 174 b; Eckert-Schraft, Selbstverwaltungsrecht der Sozialversicherung, Stand: September 1955, Bd. 1 Teil A Einl. Bl. 62; Miesbach-Ankenbrank, Stand: November 1955, SGG 1954, Anm. 1 zu § 224.
Anderer Ansicht:
LSGer. Schleswig in Breithaupt 1954 S. 1105; Werner Weber in ZBR. 1955 S. 129 (für Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte); Schieren in DOK. 1954 S. 104; Peters in DOK. 1955 S. 25; Peters-Sautter-Wolff, SGG, Stand: August 1955 Anm. 9 b zu § 51; Peters, Handb. der Krankenversicherung, Teil II 1954, Erl. zu § 358 RVO).
Um Zweifel über die durch § 2 AGG begründete ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Arbeitssachen im Hinblick auf ältere Bestimmungen, die eine Kompetenz anderer Stellen begründeten, auszuschließen, schreibt § 111 Abs. 1 Satz 1 AGG ausdrücklich vor, daß die Entscheidungszuständigkeit der anderen Stellen bis auf bestimmte - in diesem Zusammenhang nicht in Betracht kommende - Ausnahmen wegfällt (vgl. Dersch-Volkmar, AGG 6. Aufl. Anm. 1 zu § 111; Dietz-Nikisch, AGG 1954 Anm. 1 zu § 111). Damit war auch am 1. Oktober 1953 (§ 123 AGG) die Zuständigkeit der Versicherungsbehörden für Streitigkeiten aus dem Dienstverhältnis der DO-Angestellten nach § 358 RVO beseitigt. § 3 der 3. DurchfVO zum Gesetz 131 vom 7. April 1952 (BGBl. I S. 230), der die besonderen Verfahrensvorschriften der RVO - damit auch § 358 RVO - für Bedienstete der Sozialversicherungsträger für weiterhin anwendbar erklärte, wurde gegenstandslos. Die VO zur Änderung und Ergänzung der 3. DurchfVO vom 7. Juni 1955 (BGBl. I S. 273 - 277) hat deshalb den bisherigen § 3 der 3. DurchfVO (Art. II Nr. 8) gestrichen.
Dieser Feststellung, daß § 358 RVO bereits nach § 111 Abs. 1 Satz 1 AGG nicht mehr anzuwenden war, steht nicht entgegen, daß § 358 RVO erst durch § 224 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausdrücklich aufgehoben worden ist. Da diese Wirkung schon durch § 111 Abs. 1 Satz 1 AGG herbeigeführt worden war, kommt § 224 Abs. 3 Nr. 1 SGG in Ansehung des § 358 RVO nur eine deklaratorische - gesetzesbereinigende - Bedeutung zu.
In Ergänzung des § 111 Abs. 1 Satz 1 AGG bestimmt § 118 Abs. 3 AGG, daß Verfahren in Arbeitssachen, die beim Inkrafttreten des AGG bei anderen Behörden oder Stellen anhängig waren, auf das zuständige Arbeitsgericht übergegangen sind. Somit ist der schon am 1. Oktober 1953 beim OVA. ... anhängig gewesene Rechtsstreit zum gleichen Zeitpunkt kraft Gesetzes auf das Arbeitsgericht ... übergegangen (im Grundsatz zustimmend Schieckel in Sozialgerichtsbarkeit 1955 S. 57; vgl. auch Gebauer in Sozialgerichtsbarkeit 1955 S. 33 unter IV).
Aus diesem Grund ist für einen Übergang der Sache auf das SGer . nach § 215 Abs. 2 und 4 SGG, den das Berufungsgericht angenommen hat, kein Raum. Die Auffassung des LSGer ist aber auch deswegen nicht haltbar, weil sie den Zweck dieser Überleitungsregelung verkennt, einen Rechtsstreit aus einem durch die neue Gesetzgebung beseitigten Verfahren an die nunmehr zur Entscheidung berufene Stelle zu bringen. Hiernach erscheint es ausgeschlossen, daß ein Rechtsstreit nach § 215 Abs. 2 SGG auf das SGer . nur zu dem Zweck übergeht, daß dieses Gericht nach § 52 Abs. 3 SGG den Rechtsweg vor den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und die Sache auf Antrag des Klägers an das Gericht des ersten Rechtszugs verweist, zu dem es den Rechtsweg für gegeben hält. Vielmehr muß die Vorschrift des § 215 Abs. 2 SGG im Zusammenhang mit § 213 Abs. 2 SGG gesehen werden. Angesichts der schwierigen Abgrenzung zwischen verwaltender und rechtsprechender Tätigkeit der Versicherungsbehörden bestimmt § 213 Abs. 2 SGG zur Klarstellung, daß die bisherige rechtsprechende Tätigkeit der Versicherungsbehörden wegfällt, soweit durch das SGG der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet ist; soweit also durch das SGG der Sozialgerichtsweg eröffnet wird, ist rechtsprechende Tätigkeit, andernfalls Verwaltungstätigkeit anzunehmen (vgl. Peters-Sautter-Wolff a. a. O. Anm. 3 zu § 213). Nur im Rahmen einer solchen rechtsprechenden Tätigkeit konnte auch "Rechtshängigkeit" einer Sache als Voraussetzung des Übergangs auf das SGer . nach § 215 Abs. 2 SGG vorliegen. Ein Rechtsstreit war somit nur dann im Sinn der hier maßgebenden Übergangsregelung übergangsfähig, wenn das SGG den Sozialgerichtsweg für ihn eröffnet hat. Da aber der Sozialgerichtsweg für den vorliegenden Rechtsstreit nicht gegeben ist, hätte ein Übergang der Sache nach § 215 Abs. 2 SGG auch dann nicht stattfinden können, wenn sie noch am 1. Januar 1954 beim OVA. anhängig gewesen wäre. Die vom SGer . ausgesprochene und vom LSGer. gebilligte "Verweisung" der Sache an das Arbeitsgericht ... bedeutet in Wirklichkeit nur die Feststellung, daß der Rechtsstreit kraft Gesetzes (§ 118 Abs. 3 AGG) auf das Arbeitsgericht übergegangen ist. Doch ändert diese Richtigstellung nichts an dem Ergebnis, daß das Arbeitsgericht ... für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig ist.
Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen