Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestehen einer Familienversicherung
Beteiligte
…, Kläger und Revisionsbeklagter |
Siemens-Betriebskrankenkasse,München 83, Putzbrunner Straße 93, Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Die Beteiligten streiten um das Bestehen einer Familienversicherung.
Der Kläger ist freiwilliges Mitglied der beklagten Betriebskrankenkasse. Seine Ehefrau stand in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis, war wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und ebenfalls bei der Beklagten freiwillig versichert. Nach der Geburt ihres ersten Kindes am 7. Oktober 1989 und dem Ablauf des Mutterschutzes nahm sie Erziehungsurlaub, wobei das Beschäftigungsverhältnis ohne Entgeltzahlung weiterbestand. Die Ehefrau bezog Erziehungsgeld bis zum 6. April 1990. Danach dauerte der Erziehungsurlaub an.
Während die Beklagte die Ehefrau in der Zeit des Erziehungsgeldbezuges als ihr beitragsfrei versichertes freiwilliges Mitglied behandelte, beantragte der Kläger für die Zeit danach aufgrund seiner eigenen Versicherung die beitragsfreie "Mitversicherung" seiner Ehefrau. Dieses lehnte die Beklagte in ihrem an die Ehefrau gerichteten Bescheid vom 11. Dezember 1989 ab. Sie sei nach dem Ende des Bezuges von Erziehungsgeld nicht familienversichert, weil ihr Beschäftigungsverhältnis weiterbestehe und sie auch während des Erziehungsurlaubs zu den versicherungsfreien Angestellten mit einem Einkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze gehöre. Sie könne nach Ende des Erziehungsgeldbezuges weiterhin freiwilliges Mitglied bleiben, müsse dann jedoch Beiträge entrichten. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch, den die Beklagte mit dem an ihn gerichteten Widerspruchsbescheid vom 9. April 1990 zurückwies.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) die Ehefrau beigeladen. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 24. April 1991 erklärt, daß am 1. Oktober 1990 das zweite Kind der Eheleute geboren sei und seine Ehefrau von da an erneut Erziehungsgeld bezogen habe; das Arbeitsverhältnis habe weiterbestanden, und der Erziehungsurlaub werde am 31. März 1992 enden. Sodann hat der Kläger beantragt festzustellen, daß seine Ehefrau ab 5. September 1989, hilfsweise ab Ende der freiwilligen Mitgliedschaft familienversichert ist. Das SG hat mit Urteil vom 24. April 1991 unter Abänderung des Bescheides vom 11. Dezember 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. April 1990 festgestellt, daß die Beigeladene ab Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft bei der Beklagten familienversichert ist. Die Klage sei mit dem Hauptantrag (Familienversicherung vom 5. September 1989 an) unbegründet, weil die eigene freiwillige Versicherung der Beigeladenen ihre Familienversicherung beim Kläger ausschließe. Ab deren Beendigung könne jedoch die Familienversicherung eintreten, so daß der Hilfsantrag begründet sei. Dem stehe eine Versicherungsfreiheit der Beigeladenen nicht entgegen. Ein ruhendes Beschäftigungsverhältnis begründe keine Versicherungspflicht und könne auch nicht zur Versicherungsfreiheit führen.
Mit der Sprungrevision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 10 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V).
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts München vom 24. April 1991 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. |
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Der Kläger beantragt,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Er hält das Urteil des SG, soweit es der Klage stattgegeben hat, für zutreffend.
Die Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
Im Revisionsverfahren ist, wie auch Kläger und Beklagte in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt haben, über die Familienversicherung der Beigeladenen nur für die Zeit des Erziehungsurlaubs in der Zeit vom 7. April 1990 bis zum 30. September 1990 zu entscheiden. Für die Zeit vorher bis zum Ende des Erziehungsgeldbezuges nach der Geburt des ersten Kindes, also bis zum 6. April 1990, ist die Klage vom SG sinngemäß abgewiesen worden, ohne daß der Kläger oder die Beigeladene hiergegen Revision eingelegt hat. Ob in dieser Zeit (dh vor dem 7. April 1990) eine Familienversicherung hätte bestehen können oder die von der Beklagten angenommene freiwillige Versicherung bestand und diese beitragsfrei war (vgl hierzu die zur Veröffentlichung bestimmten Urteile des Senats vom 24. November 1992, 12 RK 8/92; 12 RK 24/91; 12 RK 44/92), ist daher nicht mehr zu prüfen. Auch ist die Familienversicherung für die Zeit von der Geburt des zweiten Kindes (1. Oktober 1990) an nicht Gegenstand der vorliegenden Entscheidung.
Das SG hat in seiner Entscheidung den Klageantrag inhaltlich zutreffend als verbundene Aufhebungs- und Feststellungsklage behandelt. Diese Klage ist zulässig. Insbesondere fehlt der Klage auf Feststellung der Familienversicherung nicht deshalb das Rechtsschutzinteresse, weil der Zeitraum (7. April bis 30. September 1990) abgeschlossen in der Vergangenheit liegt. Die für solche Fälle gegen die Zulässigkeit vom 8. Senat des BSG erhobenen Bedenken (BSGE 63, 93, 95/96 = SozR 2200 § 205 Nr 65) hält der erkennende Senat jedenfalls unter der Geltung des neuen Rechts und im vorliegenden Verfahren nicht für begründet (so im Ergebnis schon der 11. Senat in BSGE 54, 173, 174 = SozR 5420 § 32 Nr 5). Der Streit um das Bestehen oder Nichtbestehen der Familienversicherung erschöpft sich nicht in der Frage, ob bezifferbare Leistungsansprüche geltend gemacht werden können oder nicht. Vielmehr kommt der Klärung des Versicherungsverhältnisses auch darüber hinaus Bedeutung zu. So hängt davon im vorliegenden Verfahren ab, ob - bei Nichtbestehen der beitragsfreien Familienversicherung - die (beitragspflichtige) freiwillige Versicherung aufrechterhalten wird; nur die eigene freiwillige Mitgliedschaft könnte ihrerseits eine (weitere) Familienversicherung auslösen. Auch kann die Klärung des Versicherungsverhältnisses uU Bedeutung gewinnen, soweit es später in anderen Zusammenhängen einmal auf die Erfüllung bestimmter Vorversicherungszeiten ankommen sollte (heute bei § 5 Abs 1 Nr 11, Abs 2, § 54 Abs 1 SGB V).
Die Klage scheitert auch nicht daran, daß nur der Widerspruchsbescheid an den Kläger gerichtet ist, während der Erstbescheid an seine Ehefrau, die Beigeladene, adressiert war. Ob dieses lediglich ein Versehen war und der Kläger den Bescheid über einen von ihm gestellten Antrag als an sich gerichtet auffassen konnte und, wofür die Einlegung des Widerspruchs durch ihn spricht, wohl auch aufgefaßt hat, kann offen bleiben. Denn der Kläger konnte sich als Stammversicherter auch gegen einen an seine Ehefrau gerichteten, die Familienversicherung ablehnenden Bescheid wenden und die Feststellung der Familienversicherung betreiben. Die Familienversicherung nach § 10 SGB V ist trotz ihrer Ausgestaltung als eigene Versicherung des Familienangehörigen zur Versicherung des Stammversicherten streng akzessorisch und hängt in ihrem Beginn und ihrem Ende von dieser ab. Ihr Bestehen oder Nichtbestehen betrifft damit zugleich die Ausgestaltung und den Umfang der Stammversicherung. Die Familienversicherung ist daher auch ein eigenes Recht des Stammversicherten, so daß ihre Feststellung oder Ablehnung seine eigene Rechtsposition unmittelbar berührt und auch er die Befugnis hat, ihr Bestehen klären zu lassen. Im Verfahren haben daher Stammversicherter und Familienangehöriger das Recht, beteiligt zu werden. Der Familienangehörige, um dessen Versicherung es geht, ist also von einem vom Stammversicherten eingeleiteten Verwaltungsverfahren nach § 12 Abs 2 Nr 2 des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren - (SGB X) zu benachrichtigen (vgl in anderem Zusammenhang BSGE 55, 160, 161 = SozR 1300 § 12 Nr 1; BSGE 64, 145, 147 = SozR 2100 § 5 Nr 3). Davon kann abgesehen werden, wenn - wie hier - durch die Erteilung des Erstbescheids an die Beigeladene feststeht, daß der Familienangehörige vom Verfahren in Kenntnis gesetzt worden ist. Er ist ferner im Prozeß nach § 75 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) notwendig beizuladen, wie das im vorliegenden Verfahren geschehen ist. Ob zu den eigenen Rechten des Stammversicherten nach neuem Recht auch die einzelnen Leistungsansprüche für einen Familienangehörigen gehören, so daß er auch diese geltend machen kann, wozu er nach früherem Recht (§ 205 der Reichsversicherungsordnung [RVO]) als Versicherter allein befugt war, ist hier nicht zu entscheiden (in der Tendenz verneinend der 1. Senat des BSG in SozR 3-2200 § 182 Nr 13, demnächst auch in BSGE Bd 72).
Das SG hat der Klage für die Zeit vom 7. April bis 30. September 1990 zu Recht stattgegeben. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist insofern rechtswidrig. Die Beigeladene war bei Aufgabe der freiwilligen Versicherung familienversichert.
Nach § 10 Abs 1 SGB V in der damals geltenden Fassung war der Ehegatte versichert, wenn er nach Nr 1 seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs (heute: im Inland) hatte, nach Nr 2 nicht nach § 5 Abs 1 Nrn 1 bis 8, 11 oder 12 SGB V oder nicht freiwillig versichert war, nach Nr 3 nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit war, wobei die Versicherungsfreiheit nach § 7 SGB V außer Betracht blieb, nach Nr 4 nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig war und nach Nr 5 kein Gesamteinkommen hatte, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) überschreitet, wobei Renten mit dem Zahlbetrag berücksichtigt wurden. Diese Voraussetzungen der Familienversicherung waren bei der Beigeladenen erfüllt. Das bedarf der näheren Begründung nur zu Nr 2 (Nichtbestehen einer freiwilligen Versicherung) und zu Nr 3 (Nichtbestehen von Versicherungsfreiheit).
Die vorsorglich aufrechterhaltene freiwillige Versicherung der Beigeladenen stand hier der Familienversicherung nicht iS des § 10 Abs 1 Nr 2 SGB V entgegen. Die Beigeladene war nach § 191 Nr 4 SGB V berechtigt, ihre zunächst bestehende freiwillige Mitgliedschaft durch Austrittserklärung zu beenden, auch wenn erst dieses zum Eintritt der Familienversicherung führte. Sie wollte dieses Recht auch ausüben und die freiwillige Versicherung nur für den Fall beibehalten, daß die Familienversicherung aus anderen Gründen scheiterte. Die Beklagte ist bereit, die Beigeladene vom 7. April 1990 an aus der freiwilligen Mitgliedschaft zu entlassen, sofern die Familienversicherung eingreift.
Die Beigeladene war in der Zeit vom 7. April bis 30. September 1990, als ihr Beschäftigungsverhältnis während des Erziehungsurlaubs ohne Entgeltzahlung fortbestand, nicht versicherungsfrei (§ 10 Abs 1 Nr 3 SGB V). Versicherungsfreiheit in diesem Sinne liegt nur vor, wenn ein entsprechender gesetzlicher Tatbestand erfüllt ist. Nur er läßt darauf schließen, daß der Betreffende von der gesetzlichen Krankenversicherung ausgenommen ist; dieser soll dann nicht auf dem Weg über die Familienversicherung wieder einbezogen werden. Unter der Versicherungsfreiheit iS des § 10 Abs 1 Nr 3 SGB V ist demgegenüber nicht lediglich das Nichtbestehen von Versicherungspflicht zu verstehen, weil anderenfalls viele Angehörige von der Familienversicherung ausgeschlossen würden, für die sie offensichtlich vorgesehen ist.
Bei der Beigeladenen war die allein in Betracht kommende Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V nicht gegeben. Ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt überstieg die dort geregelte Grenze während des Erziehungsurlaubs nicht mehr. Der Beginn des Erziehungsurlaubs machte es erforderlich, in einer neuen vorausschauenden Betrachtungsweise (stRspr, zuletzt Urteil vom 9. Februar 1993 - 12 RK 26/90, zur Veröffentlichung bestimmt) zu ermitteln, ob die Grenze weiterhin überschritten war. Das ist zu verneinen, weil die Beigeladene während des Erziehungsurlaubs kein Arbeitsentgelt mehr bezog. Ohne Bezug von Arbeitsentgelt ist die Beigeladene während des Erziehungsurlaubs dem Kreis der nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V versicherungsfreien Personen nicht mehr zuzurechnen.
Der Gesetzgeber hat wegen der regelmäßigen Änderungen der Jahresarbeitsentgeltgrenze und im Hinblick auf mögliche Schwankungen in der Höhe des Arbeitsentgelts Regelungen für die Fälle getroffen, in denen bei bisher versicherungspflichtig Beschäftigten das Entgelt die Grenze erstmals übersteigt oder in denen bei bisher versicherungsfreien Beschäftigten das Entgelt erstmals auf die Grenze herabsinkt oder sie unterschreitet. Dabei schiebt § 6 Abs 4 SGB V die Wirkung des Überschreitens der Grenze grundsätzlich auf das Ende des laufenden Kalenderjahres hinaus, so daß die Versicherungspflicht übergangsweise noch eine gewisse Zeit erhalten bleibt, obwohl ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Demgegenüber tritt bei Absinken des Entgelts auf die Grenze oder darunter sogleich Versicherungspflicht ein. Eine dem § 6 Abs 4 SGB V entsprechende Regelung fehlt insofern. Vom unmittelbaren Eintritt der Versicherungspflicht geht auch § 8 Abs 1 in seinen Nrn 1 bis 3 SGB V aus, wo bestimmten Personengruppen lediglich ein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht eingeräumt wird. Dieses gilt nach § 8 Abs 1 Nr 2 SGB V insbesondere auch für Personen, die durch Aufnahme einer nicht vollen Erwerbstätigkeit während des Erziehungsurlaubs versicherungspflichtig werden. Dabei zeigen die Gesetzesmaterialien zu § 173e RVO, der Vorgängervorschrift des § 8 Abs 1 Nr 2 SGB V, daß hiermit vor allem Arbeitnehmer gemeint waren, die vorher wegen Überschreitens der Entgeltgrenze versicherungsfrei gewesen waren (BT-Drucks 10/3792 S 22). Sinkt das Entgelt weiter auf die Geringfügigkeitsgrenze oder darunter und besteht deswegen keine Versicherungspflicht mehr (§ 7 SGB V iVm § 8 SGB IV), so kommt § 10 Abs 1 Nr 3 Halbs 2 SGB V zur Anwendung, wonach Versicherungsfreiheit nach § 7 SGB V der Familienversicherung nicht entgegensteht. Mit den genannten Regelungen ist die Annahme unvereinbar, der Versicherungsfreiheits-Tatbestand des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V wirke bei einem während des Erziehungsurlaubs ohne Entgeltbezug fortbestehenden Beschäftigungsverhältnis weiter: Wenn der Gesetzgeber schon bei einer Verringerung des Entgelts auf die Jahresarbeitsentgeltgrenze oder darunter von Versicherungspflicht und bei weiterer Verringerung des Entgelts auf oder unter die Geringfügigkeitsgrenze vom Eintritt der Familienversicherung ausgeht und damit die gesetzliche Krankenversicherung eintreten läßt, kann nicht bei vollständigem Wegfall des Entgelts eine Fortdauer der Versicherungsfreiheit anerkannt und die Einbeziehung in die gesetzliche Krankenversicherung versagt werden. Vielmehr muß dann ebenfalls die Familienversicherung eingreifen können (so im Ergebnis Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, SGB V § 10 Rz 18f; aM Breuer in Gemeinschaftskommentar zum SGB, SGB V § 10 Rz 75; Zipperer in GKV-Komm, § 10 Rz 34; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, SGB V § 10 Rz 84; Gerlach in Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch, SGB V § 10 Rz 66). Auf die ursprünglich wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfreien Beschäftigten trifft, weil eine Verringerung des Entgelts zunächst zur Versicherungspflicht und eine weitere Verringerung zur Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit führt, auch die Begründung des Entwurfs eines Gesundheits-Reformgesetzes nicht zu, wo es heißt: In § 10 Abs 1 Nrn 3 und 4 SGB V würden aus Gründen der Rechtsklarheit bestimmte Angehörige genannt, die ohne Rücksicht auf die Höhe ihres Einkommens von der Versicherungspflicht ausgeschlossen seien, weil sie nicht zu dem von der gesetzlichen Krankenversicherung geschützten Personenkreis gehörten und auch nicht als Familienversicherte einbezogen werden sollten (BT-Drucks 11/2237 = BR-Drucks 200/88, jeweils S 161).
Das Gesetz enthält keine sonstige Vorschrift, aus der sich eine Fortdauer der Versicherungsfreiheit bei Bestehen des Beschäftigungsverhältnisses ohne Entgelt während des Erziehungsurlaubs entnehmen läßt. Es regelt in § 192 Abs 1 SGB V lediglich das Fortbestehen der Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger. Dabei lassen dessen Nrn 1 und 2 erkennen, daß der Gesetzgeber auch bei versicherungspflichtigen Arbeitnehmern vom Ende der Versicherungspflicht mit dem Ende der Entgeltzahlung ausgegangen ist und eine besondere Regelung über den weiteren Erhalt der Mitgliedschaft für erforderlich gehalten hat. Demnach entsteht aufgrund eines Arbeitsverhältnisses mit einem Entgelt über der Jahresarbeitsentgeltgrenze kein gesetzlich geregelter Status, der weiterbesteht, wenn das Entgelt während des Erziehungsurlaubs entfällt (anders bei versicherungsfreien Beamten, vgl Urteil vom 29. Juni 1993 - 12 RK 91/92, zur Veröffentlichung bestimmt).
Der Familienversicherung der Beigeladenen kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß die Rechtsprechung früher die Familienhilfe nach § 205 RVO für bestimmte Personengruppen abgelehnt habe, weil sie von der Krankenversicherungspflicht ausgenommen seien und auch des Schutzes durch die Familienhilfe nicht bedürften, so die Beschäftigten mit einem Entgelt oberhalb der Jahresarbeitsverdienstgrenze des § 165 Abs 1 Nr 2 RVO (BSGE 32, 13 = SozR Nr 27 zu § 205 RVO; BSG SozR 2200 § 205 Nr 8) oder die Selbständigen (BSGE 44, 142 = SozR 2200 § 205 Nr 13; BSGE 49, 247 = SozR 2200 § 205 Nr 33). Diese Entscheidungen betrafen Beschäftigte, die eine entgeltliche Beschäftigung oberhalb der Jahresarbeitsverdienstgrenze bzw eine selbständige Tätigkeit tatsächlich ausübten, was bei der Beigeladenen in dem hier maßgeblichen Zeitraum nicht zutraf. Im übrigen sind die Urteile zum früheren § 205 RVO in Fassungen ergangen, die sich von § 10 SGB V erheblich unterscheiden, weil sie ursprünglich noch keine Gesamteinkommensgrenze (heute § 10 Abs 1 Nr 5 SGB V) und bis zuletzt (1988) keinen ausdrücklichen Ausschluß der hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen (heute § 10 Abs 1 Nr 4 SGB V) enthielten.
Die vorliegende Entscheidung führt dazu, daß die bisher wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze Versicherungsfreien für die Zeit der Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses ohne Entgeltzahlung während des Erziehungsurlaubs beitragsfrei (§ 3 Satz 3 SGB V) familienversichert sind. Dadurch entgehen den gesetzlichen Krankenkassen im Vergleich zu der von ihnen vertretenen Gegenansicht Beiträge bei denjenigen, die - wie die Beigeladene - ohne Eintritt der Familienversicherung ihre freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung fortgesetzt hätten. Ob dieses Ergebnis sozialpolitisch erwünscht ist, hat die Rechtsprechung nicht zu beurteilen. Aus dem geltenden Recht läßt sich jedenfalls im Wege der Rechtsanwendung kein Ausschluß von der Familienversicherung herleiten.
Hiernach erwies sich die Revision der Beklagten als unbegründet und war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen