Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 7. Mai 1998 sowie das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 30. Oktober 1997 und der Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 1996 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger ab 1. Dezember 1994 Bergmannsvollrente zu gewähren.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten aller drei Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand
I
Der am 15. November 1944 geborene Kläger beansprucht nach Vollendung des 50. Lebensjahres Rente wegen Alters als Bergmannsvollrente gemäß dem Übergangsrecht für Renten nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets (verkündet als Art 2 des Renten-Überleitungsgesetzes ≪RÜG≫ vom 25. Juli 1991 ≪BGBl I 1606≫).
Der Kläger war in der ehemaligen DDR (Beitrittsgebiet) stets außerhalb des Bergbaus beschäftigt. Ab 1. Mai 1976 arbeitete er als Gießer im VEB … ”…”, …, – Tetraäthylblei-Betrieb –, der nach der Wirtschafts- und Währungsunion von der N… GmbH übernommen wurde.
Im Beitrittsgebiet galten seit dem Jahre 1959 Sonderregelungen und Vereinbarungen zum Rahmenkollektivvertrag für die Chemische Industrie. Sie räumten Werktätigen in bestimmten Tetraäthylbleibetrieben (darunter dem VEB … ”…”), die mindestens 25 Jahre eine versicherungspflichtige Tätigkeit gemäß § 2 der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialversicherung (Rentenverordnung ≪RentenVO≫) und während dieser Zeit mindestens 15 Jahre eine Tätigkeit in der Beschäftigtengruppe 1, der der Kläger angehörte, ausgeübt haben, ab Erfüllung dieser Voraussetzungen, frühestens ab Vollendung des 50. Lebensjahres, Anspruch auf eine Vollrente entsprechend der Bergmannsvollrente ein.
Den Antrag des Klägers vom Juli 1994 auf die Gewährung einer Bergmannsvollrente lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, jedenfalls die Wartezeit für die Bergmannsvollrente nach Art 2 § 6 Abs 1 RÜG von 25 Jahren einer “bergbaulichen Versicherung” sei nicht erfüllt; der Kläger sei bis zur Antragstellung nur in der Zeit vom 1. Mai 1976 bis 8. Juli 1994, also lediglich während 219 Monaten bergbaulich versichert gewesen (Bescheid vom 22. Dezember 1994, Widerspruchsbescheid vom 15. April 1996). Das Sozialgericht (SG) Cottbus hat mit Urteil vom 30. Oktober 1997 die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) für das Land Brandenburg hat mit Urteil vom 7. Mai 1998 die Berufung des Klägers zurückgewiesen: Zwar sei der Kläger seit dem 1. Mai 1976 bei der heutigen N… GmbH beschäftigt, die einem bergbaulichen Betrieb gleichgestellt sei, doch würden auch bei Verschiebung des Versicherungsfalles bis spätestens 31. Dezember 1996 nicht die erforderlichen 25, sondern nur 20,7 Jahre einer bergbaulichen Versicherung erreicht. Aus den Garantien des Einigungsvertrages (EinigVtr) oder dem Verfassungsrecht könne der Kläger keine Rechte ableiten. Art 2 § 6 Abs 1 RÜG entspreche dem geschriebenen Recht der DDR. Eine davon abweichende Verwaltungs- und Rechtspraxis der DDR sei unbeachtlich. Die Vorgaben des EinigVtr (Art 30 Abs 5 Satz 2) hätten ihren Niederschlag in Art 2 RÜG gefunden. Sie bezögen sich auf einen Besitzschutz der Rentenansprüche und -anwartschaften nach dem bis 30. Juni 1990 geltenden Rentenrecht der DDR, gäben jedoch keinen Anspruch auf Überführung sonstiger arbeitsrechtlicher Regelungen in die gesetzliche Rentenversicherung.
Zur Begründung der Revision trägt der Kläger vor, das Urteil des LSG beruhe auf einer Verletzung des Art 30 Abs 5 EinigVtr in Verbindung mit der “Vereinbarung vom 24. April 1989 zum Rahmenkollektivvertrag für die Chemische Industrie”. Das LSG verkenne, daß das “geltende Rentenrecht” der DDR iS des Art 30 Abs 5 EinigVtr nicht nur auf gesetzlicher Grundlage beruhe, sondern auch auf zahlreichen Durchführungsanordnungen, Sonderregelungen und Vereinbarungen zwischen den Gewerkschaften und dem Ministerrat der DDR. Diese Rechtspraxis der DDR lasse sich nicht mit dem Tarifvertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland vergleichen. Der Entzug der durch den EinigVtr eingeräumten Rechtsposition verstoße gegen die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes (GG).
Der Kläger beantragt,
die angefochtenen Urteile und Bescheide aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Bergmannsvollrente ab 1. Dezember 1994 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie vertritt den Standpunkt, der Gesetzgeber habe mit Art 2 RÜG nur das ausgeformt und festgelegt, was die Vertragsstaaten des EinigVtr zum Schutz der “rentennahen Jahrgänge” in Art 30 Abs 5 EinigVtr vereinbart hätten. Das in Art 2 § 6 Abs 1 Nr 2 RÜG normierte Erfordernis einer bergbaulichen Versicherungszeit von 25 Jahren entspreche dem kodifizierten und allgemein zugänglichen Rentenrecht der DDR. Sondervereinbarungen hätten nicht in Art 2 RÜG aufgenommen werden sollen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne vorangegangene mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist begründet.
Der Kläger hat ab 1. Dezember 1994 einen bundesrechtlich (§ 162 SGG) begründeten Rechtsanspruch auf eine Rente wegen Alters in Gestalt einer Bergmannsvollrente. Art 2 § 6 RÜG vom 25. Juli 1991 (BGBl I 1601) ist verfassungskonform und lückenausfüllend dahingehend auszulegen, daß die Bergmannsvollrente auch Versicherten zusteht, die die Kriterien für eine Vollrente nach Nr 4 der Anlage 5 zur Vereinbarung vom 28. April 1989 (Reg Nr 54/89) zum Rahmenkollektivvertrag über die Arbeits- und Lohnbedingungen der Werktätigen in den sozialistischen Betrieben des Ministeriums für Chemische Industrie (Reg Nr 165/80) – “Vereinbarung 1989” – sowie nach den Vorgängerregelungen erfüllen.
Nach Art 2 § 1 Abs 1 RÜG haben Personen Anspruch auf eine Rente nach Maßgabe des Art 2 RÜG, die die in diesem Artikel geregelten Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatten und deren Rente in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1996 beginnt. Der Kläger, der seinen Wohnsitz am 18. Mai 1990 im Beitrittsgebiet hatte, begehrt ab 1. Dezember 1994 (dem Folgemonat nach Vollendung seines 50. Lebensjahres, vgl Art 2 § 44 Abs 1 RÜG iVm § 99 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB VI≫) eine Bergmannsvollrente nach Art 2 § 6 Abs 1 RÜG. Sie ist zu gewähren, wenn der Versicherte das 50. Lebensjahr vollendet hat, die Wartezeit einer bergbaulichen Versicherung von 25 Jahren erfüllt (Art 2 § 16 Abs 2 Nr 1 RÜG) und mindestens 15 Jahre Untertagetätigkeit ausgeübt hat.
Der Kläger hat das 50. Lebensjahr vollendet; diese gesetzliche Tatbestandsvoraussetzung liegt in einfacher Anwendung des Gesetzes vor.
Die Erfordernisse einer Untertagetätigkeit von mindestens 15 Jahren sowie einer bergbaulichen Wartezeit von 25 Jahren sind dagegen erst aufgrund einer ergänzenden und verfassungskonformen Auslegung des Art 2 § 6 RÜG erfüllt.
A.
Im Beitrittsgebiet galt für die exponierten Beschäftigten der Tetraäthylbleibetriebe und für Verbleier in benzinerzeugenden Betrieben in Verbindung mit einem Rahmenkollektivvertrag der Chemischen Industrie mit Wirkung vom 1. Juni 1970 an die “Sonderregelung zur Bildung und Festigung eines hochqualifizierten Stammpersonals im Tetraäthylblei-Betrieb des VEB Chemiefaserkombinat ‘Wilhelm Pieck’, Chemiefaserwerk ‘Friedrich Engels’ Premnitz, und Verbleier in benzinerzeugenden Betrieben” vom 10. September 1970, unterzeichnet vom Minister für Chemische Industrie für die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und dem Vorsitzenden des Zentralvorstandes der Industriegewerkschaft (IG) Chemie im Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB), registriert vom Staatlichen Amt für Arbeit und Löhne beim Ministerrat der DDR unter Nr 161a/70. Mit dieser Sonderregelung wurde zugleich die ähnliche Sonderregelung zur Bildung und Festigung eines hochqualifizierten Stammpersonals im Tetraäthylbleibetrieb des VEB Kunstseidenwerk “Friedrich Engels”, Premnitz, und Verbleier in den benzinerzeugenden Betrieben vom 1. April 1959, registriert unter Nr V/1, 3 – 5/59 beim Staatlichen Amt für Arbeit und Löhne sowie die dazu herausgegebene erste Ergänzung vom 18. Dezember 1959 außer Kraft gesetzt. Die Sonderregelung 1970 wurde in der Fassung des ersten Nachtrags vom 5. Februar 1975 (Reg Nr 23/75) wie folgt eingeleitet:
“Auf Beschluß der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik wurde im VEB Kunstseidenwerk “Friedrich Engels” Premnitz (jetzt VEB Chemiefaserkombinat Schwarza “Wilhelm Pieck”, Chemiefaserwerk “Friedrich Engels” Premnitz) ein Betrieb zur Gewinnung von Tetraäthylblei errichtet. Die Herstellung von Tetraäthylblei erfolgt unter bestimmten gesundheitsschädigenden Bedingungen, die von den Arbeitsbedingungen in der Chemischen Industrie abweichen. Die Arbeit in der Anlage ist infolge der stark giftigen Stoffe mit größter Verantwortung für Leben und Gesundheit anderer verbunden. Aus diesem Grunde ist die Schaffung einer Stammbelegschaft, die durch genaue Kenntnis der Produktion und genaue Einhaltung der Bedienungsvorschriften eine reibungslose Produktion gewährleistet und die Gefahr der Gesundheitsschädigung auf ein Mindestmaß beschränkt, notwendig.
Der hohe Grad an Gefährlichkeit und die Möglichkeit von Vergiftungen in der Produktion und Verarbeitung von Tetraäthylblei erfordern für alle Beschäftigten besondere Maßnahmen zur Erhaltung ihrer Gesundheit und Arbeitsfähigkeit sowie besondere Fürsorge bei Berufsunfähigkeit, Invalidität und Alter. Es wird deshalb für die Beschäftigten im Tetraäthylblei-Betrieb des VEB Chemiefaserkombinat Schwarza “Wilhelm Pieck”, Chemiefaserwerk “Friedrich Engels” Premnitz und für Verbleier in den benzinerzeugenden Betrieben … folgende Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Chemische Industrie und dem Zentralvorstand der IG Chemie abgeschlossen:”.
Abschnitt H dieser Sonderregelung betraf die Rentengewährung nach den Rechtsvorschriften der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialversicherung (RentenVO) an die von der Sonderregelung erfaßten Beschäftigten und schrieb dafür die Berücksichtigung der besonderen in diesem Abschnitt aufgeführten Sondervorschriften vor. Sie lauten unter 1, 5 und 8 dieses Abschnitts:
“1. Personenkreis
Die Sonderregelungen gelten bei Erfüllung der nachstehend genannten Voraussetzungen für folgenden Personenkreis:
a) Beschäftigtengruppe 1
Beschäftigte des VEB Chemiefaserkombinat Schwarza “Wilhelm Pieck” Chemiefaserwerk “Friedrich Engels”
Tetraäthylbleibetrieb, die
– in der Äthylierung
– in der Mischanlage
– in der Bleirückgewinnungsanlage
– der Legierung
– in der Kläranlage
– in der Entgiftung und Gummiwäsche
– in der Schuhmacherei
– im Laboratorium für TÄB
– in der Versuchsanlage
– in den Werkstätten als Handwerker mit überwiegenden Tätigkeiten in den Gefahrenzonen III und IV
– als technisches Personal überwiegend in einer oder mehreren der o.a.Abteilungen tätig sind sowie
– TÄB-Mischer in der vergaserkraftstofferzeugenden Industrie
Die Zugehörigkeit zur Beschäftigtengruppe wird im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung jährlich mit den Eintragungen auf den Seiten 14 bis 35 durch folgenden Stempelaufdruck gekennzeichnet:
SV-Beitrag 30 %
Beschäftigtengruppe 1.”
“5. Vollrente
a) Werktätige, die mindestens 25 Jahre eine versicherungspflichtige Tätigkeit gem. § 2 der Rentenverordnung und während dieser Zeit mindestens 15 Jahre eine Tätigkeit in der Beschäftigtengruppe 1 ausgeübt haben, erhalten ab Erfüllung dieser Voraussetzungen, frühestens ab Vollendung des 50. Lebensjahres, eine Vollrente. Der Tätigkeit in der Beschäftigtengruppe 1 werden Zeiten der bergmännischen Untertagearbeit gleichgestellt.
b) Die Rechtsvorschriften des § 40 der Rentenverordnung über die Gewährung von Bergmannsvollrenten finden sinngemäß Anwendung. Dabei ist die Zeit der Tätigkeit in der Beschäftigtengruppe 1 einer Untertagearbeit gleichzustellen.
c) Für die Berechnung der Vollrente gelten die Rechtsvorschriften des § 15 der Rentenverordnung unter Beachtung der Sonderregelungen zur Berechnung des Steigerungsbetrages und zur Gewährung eines Leistungszuschlages in den Ziffern 3 und 4 dieser Vereinbarung.
d) …
f) Während des Bezuges einer Vollrente besteht Beitragspflicht zur Sozialversicherung, wenn eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt wird.
g) Die Vollrenten werden mit Vollendung des 60. Lebensjahres als Altersrenten neu festgesetzt.”
“8. SV-Beiträge
Die SV-Beiträge betragen für den in Ziffer 1 festgelegten Personenkreis 30 % des beitragspflichtigen monatlichen Arbeitsverdienstes. Der Beitrag ist zu einem Drittel vom Werktätigen und zwei Dritteln vom Betrieb zu zahlen.”
Diese Sonderregelung in der Fassung des ersten Nachtrages vom 5. Februar 1975 wurde durch die Vereinbarung vom 24. April 1989 (≪Reg Nr 54/89≫ – Vereinbarung 1989 –) zum Rahmenkollektivvertrag über die Arbeits- und Lohnbedingungen der Werktätigen in den sozialistischen Betrieben des Ministeriums für Chemische Industrie (Reg Nr 165/80) mit Wirkung vom 1. Juni 1989 ab ersetzt. Auch diese Vereinbarung ist für den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik von dem Minister für Chemische Industrie und für den FDGB vom Vorsitzenden der IG Chemie, Glas und Keramik unterschrieben und vom Staatssekretariat für Arbeit und Löhne registriert worden. Mit der neuen Vereinbarung wurden die bisherigen Regelungen über die Rentengewährung und die Beitragsentrichtung in Anlage 5 zu dieser Vereinbarung im wesentlichen übernommen. Unter Ziff 4 wurden die vorstehenden Bestimmungen der Sonderregelung über die Vollrente (Abschnitt H Ziff 5) bis auf folgende Änderungen wörtlich übernommen:
“c) Für die Berechnung der Vollrente gelten die Rechtsvorschriften der §§ 5 – 7 der Rentenverordnung unter Beachtung der Sonderregelungen zur Berechnung des Steigerungsbetrages und zur Gewährung eines Leistungszuschlages in den Ziffern 2 und 3 dieser Anlage.”
B.
Nach den für den Senat gemäß § 163 SGG verbindlichen Feststellungen des LSG arbeitete der Kläger in der Zeit vom 1. Mai 1976 bis 30. November 1994 223 Monate (ca 18 1/2 Jahre) durchgehend als Gießer der Beschäftigtengruppe 1 im Sinne der “Sonderregelung 1970” und der folgenden “Vereinbarung 1989” in einem Tetraäthylbleibetrieb. Sein Arbeitgeber führte dementsprechend nach der “Sonderregelung 1970” bzw nach der “Vereinbarung 1989” die erhöhten Sozialversicherungsbeiträge für Werktätige (30 vH) ab; (der Beitragssatz für Werktätige in bergbaulichen Betrieben und Betrieben mit gleichgestellten Werktätigen betrug 22,5 vH, vgl § 13 Abs 2 iVm § 62 Abs 4 und § 63 sowie die Anlage 2 zu § 63 der Verordnung zur Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten ≪SVO≫ vom 17. November 1977, GBl DDR I 373).
C.
Die Beschäftigungszeiten des Klägers in der Beschäftigtengruppe 1 stehen Zeiten der Untertagetätigkeit und seine übrigen Zeiten sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit stehen Zeiten der bergbaulichen Versicherung gleich. Diese Gleichstellung läßt sich allerdings weder aus Art 2 § 23 RÜG noch aus den entsprechenden Rechtsvorschriften des kodifizierten DDR-Rechts ableiten. Die Tätigkeit in der Beschäftigtengruppe 1 wurde nicht überwiegend unter Tage ausgeübt (Art 2 § 23 Abs 1 Nr 2, Abs 2 Nr 1 RÜG) und sie ist nicht im Katalog der gleichgestellten Arbeiten (Art 2 § 23 Abs 2 Nr 2 bis 6 RÜG) erwähnt. Sie stand nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit Aufschluß, Gewinnung, Aufbereitung und Verarbeitung der in Bergbaubetrieben gewonnenen Rohstoffe und ist auch nicht in der Anordnung Nr 1 über den Katalog der bergmännischen Tätigkeiten vom 29. Mai 1975, geändert durch die Ergänzung vom 12. Juni 1975 (GBl DDR, Sonderdruck Nr 739) aufgeführt (Art 2 § 23 Abs 1 Nr 2 RÜG). Die entsprechenden Rechtsvorschriften des kodifizierten DDR-Rechts (§ 41 Abs 1 Buchst a bis h der Ersten Durchführungsbestimmung zur Rentenverordnung vom 23. November 1979 ≪GBl DDR I 413≫), die Art 2 RÜG unverändert übernommen hat (BT-Drucks 12/405 S 143 zu Art 2 § 23 RÜG), enthalten ebenfalls keine Gleichstellung. Die Gleichstellung beruht allein auf der Grundlage der “Vereinbarung 1989” und ihrer Vorgängerregelungen.
Durch die “Vereinbarung 1989” sind (entsprechend den vorausgegangenen “Sonderregelungen”) die Beschäftigungszeiten von Werktätigen in der Beschäftigungsgruppe 1 für den rentenrechtlichen Anspruch auf Vollrente in Gestalt einer Bergmannsvollrente nach der RentenVO im Hinblick auf die Anspruchsvoraussetzungen des § 37 RentenVO (entspricht Art 2 § 6 Abs 1 RÜG) in zweierlei Hinsicht der Beschäftigung in einem Betrieb des Bergbaus gleichgestellt worden. Zum einen heißt es in der Nr 4a der Anlage 5, die Tätigkeit in der Beschäftigtengruppe 1 werde Zeiten der bergmännischen Untertagetätigkeit, dh im Sinne der Voraussetzung des § 37 Buchst c RentenVO, gleichgestellt. Dem entspricht es vollkommen, daß nach Nr 4 Buchst b aaO auch die Rechtsvorschriften des § 40 RentenVO über die Gewährung von Bergmannsvollrenten unter Anrechnung von Tätigkeiten außerhalb des Bergbaus auf die Mindestzeit von 25 Jahren bergbaulicher Versicherung für Bergleute, die mindestens 10 Jahre unter Tage tätig waren, sinngemäß anzuwenden sind. Auch dazu heißt es ausdrücklich in Nr 4b aaO, die Tätigkeit in der Beschäftigtengruppe 1 werde der bergmännischen Untertagetätigkeit gleichgestellt. Die Regelung erhellt zugleich die zweite Gleichstellung in Nr 4a der Anlage 5. Werktätige, die mindestens 15 Jahre eine Tätigkeit in der Beschäftigtengruppe 1 ausgeübt haben, können die Voraussetzung einer Mindestzeit von 25 Jahren bergbaulicher Versicherung (§ 37 Buchst b RentenVO) durch eine Mindestzeit von 25 Jahren versicherungspflichtiger Tätigkeit gemäß § 2 RentenVO erfüllen. Diese Gleichstellung schreibt die Nr 4a der Anlage 5 ausdrücklich für den Anspruch auf Vollrente in sinngemäßer Anwendung der Regelungen über die Bergmannsvollrente vor. Das ist die zwangsläufige Folge des den Werktätigen der Beschäftigtengruppe 1 eingeräumten Rentenanspruchs auf die Vollrente in sinngemäßer Anwendung der Regelungen über die Bergmannsvollrente. Denn bei ihnen kann es nur als Ausnahme angesehen werden, daß sie in ihrem Leben Zeiten bergbaulicher Versicherung zurückgelegt haben. Ohne diese grundlegende Gleichstellung ließe sich ein Anspruch auf Vollrente in der Regel nicht begründen.
D.
Nach den Feststellungen des LSG hat der Kläger mehr als 25 Jahre Pflichtversicherungszeiten zurückgelegt, er war allerdings niemals in einem bergbaulichen Betrieb beschäftigt. Die “Wartezeit einer bergbaulichen Versicherung von 25 Jahren” (Art 2 § 6 Abs 1 Nr 2 RÜG) könnte er allein deshalb zurückgelegt haben, weil er zu den Beschäftigten der Gruppe 1 gehörte, die diese nach Anlage 5 Ziff 4a der “Vereinbarung 1989” mit einer beliebigen versicherungspflichtigen Tätigkeit erfüllen können. Diese Vereinbarung gehörte in ihrem rentenrechtlichen Teil zu dem bis zum 30. Juni 1990 geltenden Rentenrecht des Beitrittsgebiets (DDR), jedenfalls im Sinne des EinigVtr; auch nach dem Verständnis der bundesdeutschen Rechtsordnung handelt es sich um Sozialversicherungsrecht. Als Rentenrecht ist es durch ausdrückliche Bezugnahmen auf die RentenVO in jeder Hinsicht ausgewiesen. Die Rentenregelungen der “Vereinbarung 1989” modifizieren ebenso wie die vorangegangenen “Sonderregelungen” für die betroffenen Beschäftigten der genannten Betriebe das Versicherungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung sowohl auf der Beitragsseite mit einem den Umständen angemessenen hohen Beitragssatz als auch auf der Leistungsseite mit einem Anspruch auf Vollrente in Höhe der Bergmannsvollrente. Damit ändern diese Sonderregelungen und Vereinbarungen die allgemeinen Leistungsansprüche der Versicherten gegen den Sozialversicherungsträger in den betreffenden Sonderfällen ab.
Entgegen der Rechtsauffassung des LSG handelt es sich nicht um einen kollektivvertraglichen Rechtssetzungsakt auf der Ebene des Zivilrechts, vergleichbar mit einer nach § 1 Abs 1 Tarifvertragsgesetz (TVG) vereinbarten Versorgung. Vielmehr liegt der Schwerpunkt der Regelung im (öffentlich-rechtlichen) Rentenrecht, das lediglich aus Anlaß und im Mantel eines Rahmenkollektivvertrages gesetzt wurde. Eine solche Verknüpfung war verbreitet (vgl zB die in EinigVtr Anl II Kap VIII Sachgeb H Abschn III Nr 2 genannte Versorgungsordnung der Deutschen Reichsbahn, die ebenfalls öffentlich-rechtliches Rentenversicherungsrecht enthält – BSGE 78, 41, 43 f – und die ebenfalls als Anlage zu einem Rahmenkollektivvertrag erlassen wurde) und auch nicht systemwidrig, da das Sozialversicherungsrecht der DDR zum Arbeitsrecht zählte; seine Grundzüge waren im Arbeitsgesetzbuch der DDR (AGB-DDR) vom 16. Juni 1977 (GBl DDR I 185) geregelt.
Hierbei handelt es sich nicht um eine Rechtspraxis ohne gesetzliche Grundlage, sondern um Recht der DDR, das dem Staatsrecht der DDR entsprechend gesetzt worden ist. Aufgrund des engen Kreises der Werktätigen, die von diesen Regelungen betroffen waren, hatte der Ministerrat der DDR, vertreten durch den Minister für Chemische Industrie, im Zusammenwirken mit dem FDGB als maßgebende gesellschaftliche Institution die Kompetenz, ergänzend zu den allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der RentenVO die rentenrechtlichen Regelungen der “Vereinbarung 1989” und der vorangegangenen “Sonderregelungen” zu erlassen, ohne daß eine Veröffentlichung im Gesetzblatt der DDR notwendig war (vgl hierzu Gruel in Staatsrecht der DDR, Lehrbuch, herausgegeben von der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR, 2. Auflage 1984, Kapitel 18.3 Seite 384 f, Stichwörter: Normativakt und normative Weisung; Christoph/Petzold, Zur normativen Tätigkeit der Ministerien und anderen zentralen Staatsorgane in der DDR, Staat und Recht 1976, 1137 ff; Mampel, Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, 2. Auflage 1966, RdNr 25 zu Art 78 “Die Rechtssetzungstätigkeit des Ministerrates gemeinsam mit höchsten Organen gesellschaftlicher Institutionen”).
Daran, daß die “Vereinbarung” zum “Rentenrecht” iS des Art 30 Abs 5 Satz 2 EinigVtr gehörte, ändert auch nichts, daß sie in jenem Regelungswerk in keiner Weise Erwähnung gefunden hat, insbesondere nicht – als (ggf unter Maßgaben) in Kraft gebliebenes Recht der DDR – in der Anlage II zum EinigVtr. Der Senat erachtet insoweit für ausschlaggebend, daß sich Art 30 Abs 5 Satz 2 EinigVtr generell auf das “bis dahin (30. Juni 1990) geltende(n) Rentenrecht” bezieht, ohne insoweit eine Beschränkung – etwa auf die RentenVO – vorzunehmen. Auch die Denkschrift zum EinigVtr (BT-Drucks 11/7760 S 355 ff, 371) spricht in ihrer Begründung zu jener Vorschrift allgemein davon, “daß die bis zum 30. Juni 1990 – dem Zeitpunkt vor Beginn der Rentenangleichung – erworbenen Ansprüche und Anwartschaften erhalten bleiben”. Damit wird deutlich, daß sich der Schutz jener Vorschrift auf sämtliche nach dem früheren DDR-Recht erworbenen Rechtspositionen bezieht. Daß derartige Rechtspositionen auch auf Vorschriften beruhen konnten, die in die herkömmliche Normenhierarchie der Bundesrepublik Deutschland nicht eingeordnet werden können, zeigt gerade der vorliegende Fall. Wegen der zitierten umfassenden allgemeinen Regelung in Art 30 Abs 5 Satz 2 EinigVtr vermag der Senat auch der Aufzählung der fortgeltenden “rentenrechtlichen Sonderregelungen für bestimmte Personengruppen” (BT-Drucks 11/7817 S 157 – Erläuterungen zu den Anlagen zum EinigVtr, zu Anl II Kap VIII Sachgebiet H Abschn III, Nrn 1-8) in der Anlage II zum EinigVtr (aaO) keine abschließende Bedeutung zuzumessen.
E.
Im Hinblick darauf umschreibt Art 2 § 6 Abs 1 Nr 2 RÜG die Voraussetzungen für die Bergmannsvollrente nur unvollständig. Es liegt eine Gesetzeslücke vor, weil eine der Anlage 5 Nr 4a der “Vereinbarung 1989” entsprechende Regelung fehlt (vgl Larenz, Methodenlehre, 6. Aufl 1991 S 370 ff; BGHZ 65, 300, 302). Hier hat der Gesetzgeber das Art 2 RÜG zugrundeliegende und in Art 30 Abs 5 EinigVtr vorgegebene Regelungsprogramm, allem Anschein nach ohne sich dessen bewußt zu sein und ohne daß dafür ein sachlicher Grund erkennbar wäre, nur unvollständig umgesetzt. Diese Lücke ist unter Berücksichtigung des einschlägigen Verfassungsrechts in ergänzender Auslegung dahin zu schließen, daß unter den Voraussetzungen der Anlage 5 Nr 4a der “Vereinbarung 1989” Tätigkeiten in der Beschäftigtengruppe 1 mit Untertagetätigkeiten gleichgestellt sind ebenso wie Zeiten einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung mit der Wartezeit einer bergbaulichen Versicherung.
Nach Art 30 Abs 5 Satz 2 Nr 2 EinigVtr (vom 31. August 1990 iVm Art 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 ≪BGBl II 885≫), wurde mit Blick auf das zu erlassende RÜG (vgl Art 30 Abs 5 Satz 1 und 3 EinigVtr) dem Gesetzgeber des vereinten Deutschland aufgegeben, für Personen, deren Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 30. Juni 1995 beginnt, eine Rente auch dann zu bewilligen, wenn am 30. Juni 1990 nach dem bis dahin geltenden Rentenrecht in dem in Art 3 des EinigVtr genannten Gebiet ein Rentenanspruch bestanden hätte.
Der hieraus folgende Bestandsschutz gilt nicht nur dann, wenn, wie das LSG andeutet, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Rentenanspruch (zB die Vollendung des 50. Lebensjahres) bereits am 30. Juni 1990 erfüllt waren. Vielmehr bringt der in Art 30 Abs 5 Satz 2 Nr 1 und 2 EinigVtr gleichermaßen verwendete Konjunktiv (“hätte”) zum Ausdruck, daß sowohl die Rentenhöhe (Nr 1) also auch die Voraussetzungen für die Rentenansprüche (Nr 2) bei Zugängen bis zum 30. Juni 1995 unter Fortführung des bis 30. Juni 1990 geltenden Rentenrechts der DDR festzustellen sind (vgl die Denkschrift zum EinigVtr, BT-Drucks 11/7760 S 355, 371). Der EinigVtr enthält damit in Art 30 Abs 5 für die “rentennahen” Anwartschaftsberechtigten aus der gesetzlichen Rentenversicherung der DDR eine doppelte Garantie – die des Zahlbetrags (Nr 1) und die der Rentenart (Nr 2).
Die hiernach bestehende Garantie auch der nur nach DDR-Recht möglichen Bergmannsvollrente gilt gemäß Art 45 Abs 2 EinigVtr als Bundesrecht in ihrer Kernaussage unverändert fort. Sie ist nicht nur ein Programmsatz für den Gesetzgeber des RÜG, sondern räumt bereits konkrete unter dem Schutz der Eigentumsgarantie nach Art 14 Abs 1 GG stehende öffentlich-rechtliche subjektive Rechtspositionen ein, die der Gesetzgeber des RÜG ohne Verfassungsverstoß nicht mehr oder nur unter den von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) umrissenen Voraussetzungen entziehen oder auch nur kürzen durfte. Was für die “Zahlbetragsgarantie” der Anwartschaftsberechtigten der Sonder- und Zusatzversorgungssysteme der DDR (EinigVtr Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 Buchst b) nach der Rechtsprechung des BVerfG gilt (Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95; 1 BvR 2105/95 –, Umdruck S 43 ff), gilt in gleicher Weise für die “Rentenartgarantie” des Art 30 Abs 5 Satz 2 Nr 2 EinigVtr. Alle von der Rechtsprechung des BVerfG aufgestellten Kriterien für die Schutzwürdigkeit eines solchen Anspruchs (vgl BVerfGE 69, 382, 301) sind erfüllt.
Es ist im übrigen auch nicht erkennbar, daß der Gesetzgeber des Art 2 RÜG das ”Übergangsrecht für Renten nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets” – so die amtliche Überschrift des RÜG –, das mit Art 2 RÜG gesetzt wurde, in seinen Grenzen enger als das vordem geltende Rentenrecht der DDR fassen wollte. Vielmehr “entspricht (es) in seinem materiellen Gehalt den am 30. Juni 1990 geltenden Bestimmungen des Beitrittsgebiets” (BT-Drucks 12/405 S 139 zu Art 2 § 1). Im Gegensatz zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (durch das in Art 3 RÜG normierte AAÜG) war hinsichtlich des Vertrauensschutzes nach Art 30 Abs 5 EinigVtr zu keinem Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens ein Abweichen von den Vorgaben des EinigVtr zu Lasten der Betroffenen beabsichtigt. Mehrfach weisen die Gesetzesmaterialien darauf hin, daß ohne Einschränkungen dem Auftrag des EinigVtr entsprochen werden soll (“…es ist eine Rente nach den Grundsätzen des Rentenrechts der ehemaligen DDR zu zahlen…”, BT-Drucks 12/405, Vorblatt I unter A; BT-Drucks 12/405, Vorblatt II unter B I Nr 2; ”…Ansprüche von Versicherten… sind nach dem am 30. Juni 1990 geltenden Recht des Beitrittsgebiets zu beurteilen…”, Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 20. Juni 1991, BT-Drucks 12/826 S 4 unter A II A Nr 2 – Schwerpunkte der Gesetzentwürfe –). Im Gegenteil, die Geltungsdauer des Übergangsrechts wurde zugunsten der Betroffenen auf Rentenneuzugänge bis zum 31. Dezember 1996 ausgedehnt (Art 2 § 1 Abs 1 Nr 3 RÜG) und die Rentenangleichung und -anpassung auf den Stand 31. Dezember 1991 vorgenommen (Art 2 § 39 RÜG). Soweit im Gesetzgebungsverfahren bei den Beratungen des Art 2 RÜG überhaupt eine Abkehr von den Vorgaben des EinigVtr diskutiert wurde (vgl Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 20. Juni 1991, BT-Drucks 12/826 S 10), betraf dies Details, zu denen Art 30 Abs 5 EinigVtr ohnehin keine Aussage trifft und die hier mangels Entscheidungserheblichkeit nicht weiter zu vertiefen sind, wie die fehlende Dynamisierung und Abschmelzung des Auffüllbetrages (§ 315a SGB VI) oder Folgeregelungen aus den Entgeltbegrenzungen des AAÜG (Art 2 § 31 Abs 5, § 38 Abs 4 RÜG). Die Gesetzesmaterialien enthalten auch keinen Hinweis darauf, daß nur das “gesetzte” Rentenrecht der DDR (die Beklagte meint offenbar veröffentlichte Gesetze im materiellen Sinne nach dem staatsrechtlichen Verständnis eines demokratischen Rechtsstaats mit strikter Gewaltenteilung) für die Übergangsfälle fortgeführt werden und mithin im Gesetzgebungsverfahren eine Selektion der Regelungen des DDR-Rentenrechts nach nicht festgelegten Kriterien stattfinden sollte.
Selbst wenn man eine Berechtigung oder gar Absicht des Gesetzgebers zur Leistungsbeschränkung in Ausnahmefällen aus anderen Bestimmungen des EinigVtr, die zum Teil Eingang in das AAÜG (Art 3 RÜG) und des Versorgungsruhensgesetzes (Art 4 RÜG) gefunden haben, herleiten wollte (“Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz”, Art 9 Abs 1 EinigVtr; “Prinzipien einer freiheitlichen, demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung”, Art 12 Abs 1 EinigVtr; “rechtsstaatliche Grundsätze”, Art 19 EinigVtr; “Abbau ≪politisch motivierter≫ überhöhter Leistungen und Besserstellung gegenüber anderen Versicherten”, “Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit… Mißbrauch der Stellung in schwerwiegendem Maße zum eigenen Vor- oder Nachteil”, EinigVtr Anl II Kap VIII Sachgeb H Abschn III Nr 9), kann eine solche Berechtigung für das mit der “Vereinbarung 1989” geschaffene Rentenrecht nicht zutreffen. Es handelt sich bei den oa Ausnahmefällen stets um elementare Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien, die auch bei grundsätzlicher Hinnahme und Fortführung der Rechtssetzungs- und Verwaltungsakte einer sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung nicht mehr gebilligt werden können (BSGE 76, 124, 125; BSGE 80, 119, 121 jeweils mwN). Davon kann aber bei den rentenrechtlichen Regelungen der “Vereinbarung 1989” für die exponierten und besonders gefährdeten Beschäftigten der Gruppe 1 in Tetraäthylbleibetrieben keine Rede sein. Diese Beschäftigten sind im Vertrauen auf die Gleichstellung mit Bergleuten unter Tage und den Anspruch auf eine vorgezogene Rente über Jahrzehnte hinweg besondere Gesundheitsrisiken eingegangen. Einen solchen “redlich” erworbenen Vertrauensschutz hat Art 30 Abs 5 des EinigVtr im Blick. Angesichts dessen ist eine besondere unter keinen Umständen mehr zu rechtfertigende Begünstigung gegenüber Bergleuten nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen