Beteiligte
Kläger und Revisionsbeklagter |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Die Beklagte gewährte dem Kläger wegen der Folgen eines am 17. Dezember 1974 erlittenen Arbeitsunfalls, bei dem es zu einem Bruch des linken Außenknöchels gekommen war, durch Bescheid vom 15. Juli 1975 ab 20. Mai 1975 eine vorläufige Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H.. Am 25. August 1976 veranlaßte die Beklagte eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers zur Feststellung der Dauerrente. Im Gutachten vom 27. September 1976, das am 4. Oktober 1976 bei der Beklagten einging, schätzte der Facharzt für Chirurgie Dr. Hübner von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallbehandlungsstelle in Bremen die noch verbliebene unfallbedingte MdE auf 10 v.H.. Daraufhin entzog die Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 13. Oktober 1976 die vorläufige Rente mit Ablauf des Monats November 1976 und lehnte die Gewährung einer Dauerrente ab. Die ärztliche Begutachtung habe ergeben, daß als Unfallfolgen nur noch eine Schwellung des linken Unterschenkels sowie eine Bewegungsbehinderung des oberen und unteren Sprunggelenkes vorliegen. Hierdurch werde die Erwerbsunfähigkeit des Klägers nicht mehr in rentenberechtigendem Grade gemindert. In der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides ist u.a. ausgeführt, daß der Berechtigte, falls er mit dem Bescheid nicht einverstanden ist, nach seiner Wahl Widerspruch einlegen oder Klage erheben kann. Über den Widerspruch entscheide die von der Vertreterversammlung der Berufsgenossenschaft (BG) bestimmte Widerspruchsstelle. Die Entscheidung über die Klage stehe dem Sozialgericht (SG) zu.
Der Kläger hat gegen den Bescheid beim SG Bremen Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, ihm über den Monat November 1976 hinaus Rente nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren. Er hat geltend gemacht, daß in den Unfallfolgen keine Besserung eingetreten sei. Er habe in dem geschädigten Bein ständige Schmerzen; der Unterschenkel und der Fuß seien geschwollen. Die Beklagte stütze sich im Streitverfahren auf ein Gutachten der Berufsgenossenschaftlichen Untersuchungsstelle in Bremen vom 27. September 1976, das ihm selbst nicht vorliege. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 29. August 1977). Dagegen hat der Kläger beim Landessozialgericht (LSG) Bremen Berufung eingelegt. Der Berichterstatter hat dem Kläger anheimgegeben, das Gutachten vom 27. September 1976 auf der Geschäftsstelle einzusehen oder sich eine Abschrift machen zu lassen. Auf Antrag des Klägers hat das LSG m 24. Januar 1978 eine Fotokopie des Gutachtens der Arbeiterkammer Bremen übersandt, an die der Kläger sich um Rechtsberatung gewandt hatte. Der Kläger hat über seinen unfallbedingten Gesundheitszustand einen Bericht des Facharztes für Orthopädie Dr. H … in Bremen vom 19. Dezember 1977 vorgelegt. Der Berichterstatter hat die Beklagte auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28. Juli 1977 - 2 RU 31/77 - zur Frage der Anhörung nach § 34 SGB I hingewiesen und sie gebeten zu prüfen, ob sie angesichts des Urteils noch an dem Bescheid vom 13. Oktober 1976 festhalten wolle. Die Beklagte hat dazu vorgetragen, daß sie von einer Anhörung gemäß § 34 Abs. 2 SGB I habe absehen dürfen, da andernfalls die Frist für die erstmalige Feststellung der Dauerrente in Frage gestellt worden wäre. Zudem sei sie der Auffassung, daß auch ein etwaiger Verfahrensmangel nicht dazu führen dürfe, daß ein materiell ungerechtfertigter Anspruch zementiert werde. Das LSG hat dem Antrag des Klägers entsprechend, das erstinstanzliche Urteil und den Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 1976 aufgehoben. Die Revision hat es zugelassen (Urteil vom 3. März 1978). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Die Beklagte sei ihrer auf § 34 Abs. 1 SGB I beruhenden Verpflichtung, dem Kläger vor Erlaß des Entziehungsbescheides Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, nicht nachgekommen. Eine Anhörung durch den Versicherungsträger sei nicht darin zu sehen, daß der Kläger bei der dem Rentenentzug vorausgehenden ärztlichen Untersuchung dem das Gutachten erstattenden Arzt seine Beschwerden habe vortragen können. Denn der Arzt sei nicht mit dem Versicherungsträger gleichzusetzen. Das auf der ärztlichen Untersuchung beruhende Gutachten habe erst die "für die Entscheidung erheblichen Tatsachen" ergeben, zu denen dem Kläger nach dem Sinn und Zweck des § 34 Abs. 1 SGB I Gelegenheit zur Äußerung zu geben sei (BSG, Urteile vom 28. Juli 1977 - 2 RU 30/77 - und - 2 RU 31/77 -). Von einer Anhörung habe auch nicht nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 SGB I etwa deshalb abgesehen werden können, weil durch die Anhörung die Einhaltung einer Frist in Frage gestellt worden wäre. Als eine für die Entscheidung maßgebliche Frist komme der frühestmögliche Zeitpunkt, zu dem ein Träger der Unfallversicherung eine Verletztenrente entziehen bzw. die Entziehung wirksam werden lassen könne, nicht in Betracht. Denn das würde in der Regel zu einem Verzicht auf die Anhörung führen. Der Gesetzgeber habe die mit der Anhörung der Betroffenen zwangsläufig verbundene Verzögerung bei der Entziehung oder Herabsetzung einer bislang laufend gewährten Rente bewußt in Kauf genommen. Die Erweiterung des Schutzes der Betroffenen sei nicht ohne Belastung der Verwaltung denkbar. Es spreche viel dafür, daß der Ablauf von zwei Jahren nach dem Unfall, der die vorläufige Rente zur Dauerrente werden lasse (§ 622 Abs. 2 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung -RVO-), eine für die Entziehung oder Herabsetzung der bisher nur vorläufig gewährten Rente maßgebliche Frist i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 2 SGB I sei, so daß, falls diese Frist durch die Anhörung in Frage gestellt werde, der Versicherungsträger berechtigt sei, von der Anhörung abzusehen. Diese Frage bedürfe jedoch keiner Entscheidung, da eine Anhörung des Klägers die Einhaltung der Zweijahresfrist hier nicht in Frage gestellt haben würde. Da der Kläger den Arbeitsunfall am 17. Dezember 1974 erlitten hatte, wäre die vorläufige Rente mit Ablauf des 17. Dezember 1976 zur Dauerrente geworden. Um dies zu verhindern, hätte es ausgereicht, dem Kläger den Entziehungsbescheid am 17. Dezember 1976 zuzustellen. Als das Gutachten des Dr. H … Anfang Oktober 1976 bei der Beklagten eingegangen sei, habe sie demnach ausreichend Zeit gehabt, dem Kläger Gelegenheit zur Äußerung zu geben. In aller Regel dürfte dafür eine Frist von zwei Wochen ausreichend sein. Werde ein Verwaltungsakt unter Verletzung des rechtlichen Gehörs erlassen, leide das Verwaltungsverfahren an einem so wesentlichen Mangel, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig sei. Die unterbliebene Anhörung könne zwar im Widerspruchsverfahren, aber nicht im Klageverfahren nachgeholt werden (BSG a.a.O.). Da der Kläger das Widerspruchsverfahren, was das Sozialgerichtsgesetz (SGG) in sein Belieben stelle, nicht eingeschlagen, sondern sofort Klage erhoben habe, komme eine Heilung hier nicht in Betracht. Der Bescheid vom 13. Oktober 1976 sei daher ohne Prüfung der Frage aufzuheben, ob im übrigen die Voraussetzungen für die Entziehung der Verletztenrente gegeben gewesen seien. Es bedürfe auch nicht der Prüfung, ob die Anhörung, wäre sie durchgeführt worden, zu einer anderen Entscheidung geführt hätte oder hätte führen können. Durch die Anhörung nach § 34 Abs. 1 SGB I solle dem Betroffenen nicht nur die Möglichkeit eröffnet werden, schon im Verwaltungsverfahren alle ihm günstigen Umstände vorzubringen, sondern es solle dadurch auch das Vertrauen des Bürgers in die Sozialverwaltung gestärkt werden (BSG, Urteil vom 28. Juli 1977 - 2 RU 31/77 -). Dieses letztgenannte Ziel, das den Gesetzgeber veranlaßt habe, die Vorschrift nicht für den Teil des SGB vorzusehen, der sich mit dem Verwaltungsverfahren befaßt, sondern sie schon in den Allgemeinen Teil aufzunehmen, wie im Gesetzgebungsverfahren gegenüber den Bedenken des Bundesrats von der Bundesregierung betont worden sei, sowie die gegenüber dem für die allgemeine Verwaltung geltenden Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) bewußt andere Regelung des Anhörungsverfahrens verböten es, bei der Versäumung der Anhörung eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes nur dann anzunehmen, wenn die Anhörung zu einer anderen Entscheidung der Verwaltung geführt haben würde.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt und wie folgt begründet: Sie sei sich darüber klar, daß der 2. Senat des BSG in seiner bisherigen Rechtsprechung die Unterlassung der Anhörung nach § 34 Abs. 1 SGB I als so schwerwiegend erachte, daß diese die Nichtigkeit des ohne vorherige Anhörung ergangenen Verwaltungsaktes nach sich ziehe, es sei denn, daß der Leistungsempfänger statt der ihm gegebenen Klagemöglichkeit den ihm ebenfalls offenstehenden Weg des Widerspruchs beschritten habe. Wähle der Leistungsempfänger sofort den Klageweg, sei eine Heilung des Verstoßes gegen die Anhörungspflicht nicht möglich, während die Wahl des Widerspruchsverfahrens den Verstoß gegen die Anhörungspflicht selbst dann heile, wenn die Widerspruchsstelle keinen Widerspruchsbescheid erlasse, sondern den Widerspruch als Klage an das SG weiterleite. Diese Rechtsprechung habe der 2. Senat des BSG in den Urteilen vom 28. Juli 1977 (2 RU 30/77 und 2 RU 31/77) und vom 9. März 1978 (2 RU 99/77 und 2 RU 105/77) entwickelt. Das Unbehagen der Träger der Unfallversicherung gegen diese Rechtsprechung gründe sich vornehmlich auf die sich daraus ergebenden Folgen. Werde die erste Dauerrentenfestsetzung wegen Verstoßes gegen die Anhörungspflicht beseitigt, so daß die bisherige Rente nach einer MdE von 20 v.H. Über den Ablauf des zweiten Jahres nach dem Arbeitsunfall als Dauerrente weiterzugewähren sei, obwohl die unfallbedingte MdE nur noch 10 v.H. betrage, so könne die Rente, wenn überhaupt, erst ein Jahr später entzogen werden, falls eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten sei, während es sonst bei der ersten Feststellung der Dauerrente auf eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nicht ankomme. Die ihr wegen des praktischen Ergebnisses so wenig einleuchtende Rechtsauffassung habe der 2. Senat des BSG u.a. damit begründet , daß durch die Anhörung den Betroffenen Gelegenheit gegeben werden soll, auf das Verfahren der Sozialversicherung und auf die Entscheidung der Versicherungsträger Einfluß zu nehmen. Im Verwaltungsverfahren sei eine umfassende, auch die Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes einbeziehende, über die Nachprüfung durch die Gerichte hinausgehende Überprüfung möglich, denn es gebe zahlreiche mögliche Fallgestaltungen, bei denen die Verwaltung einen weiteren Entscheidungsspielraum habe als das die Entscheidung überprüfende Gericht. Entgegen der Auffassung des 2. Senats des BSG könne sie sich solche Entscheidungen nicht vorstellen. Das könne alles auch im Gerichtsverfahren nachgeprüft werden. Nach ihrer Meinung verzichte ein Leistungsempfänger auf die Anhörung, wenn er gegen einen unter Verletzung des § 34 Abs. 1 SGB I ergangenen Verwaltungsakt keinen Widerspruch einlege, sondern dagegen mit der Klage vorgehe. Er habe dort ausreichend Gelegenheit, seine Einwendungen, Auffassungen und Beanstandungen vorzutragen. Die Anhörungspflicht in § 34 Abs. 1 SGB I erscheine ihr deshalb als eine rein formale Maßnahme, der die Träger der Unfallversicherung gewiß grundsätzlich soweit wie möglich Rechnung tragen und nachkommen sollten. Sie halte jedoch eine Verletzung der Anhörungspflicht nicht für derart einschneidend, daß sie grundsätzlich zur Nichtigkeit des Verwaltungsaktes führe. Inzwischen habe sich auch die Rechtslage oder zumindest die Absicht des Bundesgesetzgebers gewandelt. Das Bundeskabinett habe nunmehr den Entwurf des 10. Buches des SGB (SGB X) betreffend das Verwaltungsverfahren genehmigt, nach dessen § 40 die Aufhebung eines Verwaltungsaktes nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er u.a. unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen sei, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können (BR-Drucksache 170/78). Die Folgerungen, die der 2. Senat des BSG für den Bereich der Unfallversicherung aus Verstößen gegen die Anhörungspflicht gezogen habe, würden spätestens mit dem Inkrafttreten des § 40 SGB X beseitigt und gegenstandslos. Der Bundesgesetzgeber rücke von seiner ursprünglichen Auffassung über die Bedeutung, Wichtigkeit und Notwendigkeit vorheriger Anhörung der Betroffenen nach § 34 Abs. 1 SGB I ab. Man könne heute nicht mehr von dem auf die Stärkung des Vertrauens der Bürger in die Sozialverwaltung gerichteten Ziel des Gesetzgebers sprechen. Die Absichtserklärungen im Allgemeinen Teil des SGB würden erst in den Bestimmungen des SGB X reguliert und geordnet. Vom praktischen Standpunkt aus sei es auch schwer zu verstehen, weshalb die Entscheidung eines Versicherungsträgers, die sachlich richtig sei, allein und ausschließlich wegen eines formellen Verfahrensverstoßes in Gestalt der Verletzung der Anhörungspflicht nichtig sein soll, zumindest wenn die Anhörung zu keinem anderen Ergebnis geführt haben würde.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung bzw. entsprechender Abänderung des angefochtenen Urteils nach den Anträgen in der Vorinstanz, insbesondere im Ergebnis auf Klageabweisung, hilfsweise auf Zurückverweisung an die Vorinstanz zu erkennen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er trägt vor, die Beklagte gehe in der Revisionsbegründung davon aus, daß es sich bei § 34 Abs. 1 SGB I nur um eine Sollvorschrift und nicht um eine Mußvorschrift handele. Der Gesetzeswortlaut gebe für diese Auffassung nichts her. Es widerspreche auch allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die Verpflichtung zur Anhörung als keine einschneidende Bestimmung anzusehen. Das ergebe sich schon aus Art 103 des Grundgesetzes (GG). Jeder Verstoß gegen die Vorschriften, die eine Anhörung des Betroffenen oder Beteiligten voraussetzten, sei ausnahmslos als gravierend anzusehen, so daß nur Nichtigkeit die Folge sein könne. Die Differenzierung zwischen dem, was hier möglich gewesen wäre, und dem, wozu er im gerichtlichen Verfahren noch ausreichend Zeit zur Äußerung gehabt hätte, müßten als verfehlt zurückgewiesen werden. Das Widerspruchsverfahren sei dem Klageverfahren nicht deswegen vorgeordnet worden, damit es lediglich das Verfahren verlängere, sondern um den Betroffenen und der Behörde unabhängig voneinander die Möglichkeit zu geben, ihren Standpunkt noch einmal zu überdenken. Es könne nicht Sinn einer Anhörungsvorschrift sein, daß ein Teil des Verfahrens mit der Begründung weggelassen werde, der Betroffene habe später noch Gelegenheit genug, sich zu äußern.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
Das LSG hat den Bescheid über die Entziehung der vorläufigen Rente und die Versagung der Dauerrente vom 13. Oktober 1976 zu Recht aufgehoben.
Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem nach § 34 Abs. 1 SGB I Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, greift ein Bescheid, der die vorläufige Rente entzieht und die Gewährung einer Dauerrente ablehnt, in die Rechte des Beteiligten ein (BSG Urteil vom 9. März 1978 - 2 RU 105/77 -), was seine vorherige Anhörung zwingend erforderlich macht.
Von einer Anhörung durfte die Beklagte im vorliegenden Fall nicht etwa deshalb nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 SGB I absehen, weil durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt worden wäre. Ob die Frist von zwei Jahren nach dem Unfall, mit deren Ablauf eine vorläufige Rente gemäß § 622 Abs. 2 Satz 1 RVO spätestens zur Dauerrente wird, eine maßgebliche Frist i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 2 SGBI ist, kann dahingestellt bleiben, denn wie das LSG dargelegt hat, hätte eine Anhörung des Klägers die Einhaltung der Zweijahresfrist ohnehin nicht in Frage gestellt. Um zu verhindern, daß eine vorläufige Rente nach § 622 Abs. 2 Satz 1 RVO kraft Gesetzes zur Dauerrente wird, genügt es, daß der Versicherungsträger den Bescheid über die (negative) Feststellung der Dauerrente vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Unfall dem Verletzten zustellt (BSGE 29, 73). Da der Kläger den Arbeitsunfall am 17. Dezember 1974 erlitten hatte, Wäre eine Zustellung am 17. Dezember 1976 noch rechtzeitig gewesen (zur Fristberechnung vgl. Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl. § 622 Anm. 4a und 6bb). Das für die Feststellung der Dauerrente maßgebliche medizinische Gutachten ist bei der Beklagten am 4. Oktober 1976 eingegangen. Von diesem Zeitpunkt an wäre die Anhörung des Klägers möglich gewesen. Selbst bei einer Frist für die Anhörung von einem Monat hätte die Beklagte dem Kläger einen Bescheid über die erste (negative) Feststellung der Dauerrente noch bis zum 17. Dezember 1976 zustellen können. Mit dem LSG ist der Senat der Auffassung, daß den frühestmögliche Zeitpunkt, zu dem die Beklagte die vorläufige Rente des Klägers hätte entziehen können, keine für die Entscheidung maßgebliche Frist i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 2 SGB I ist. Die in diesem Zusammenhang vertretene Auffassung, § 623 Abs. 2 RVO enthalte eine solche Frist (Gruehn BG 1978, 438, 439), trifft nicht zu. Nach dieser Vorschrift wird eine Herabsetzung oder Entziehung der Rente erst mit Ablauf des auf die Zustellung des Bescheides folgenden Monats wirksam. Damit ist nicht bestimmt, daß der Träger der Unfallversicherung bis zum Ablauf des Monats, in dem ihm ein die Herabsetzung oder Entziehung der Rente rechtfertigendes medizinisches Gutachten zugegangen ist, die Entscheidung über die Herabsetzung oder Entziehung der Rente treffen (und dem Verletzten zustellen) muß. Für die Frage, wann ein Herabsetzungs- oder Entziehungsbescheid zu ergehen hat, kann § 623 Abs. 2 RVO nichts entnommen werden. Diese Vorschrift gibt dem Verletzten lediglich noch für eine Übergangszeit einen Anspruch auf eine vom Stammrecht der Rente losgelöste selbständige Einzelleistung (vgl. BSGE 29, 73e 75 f.). Den Zeitpunkt für die Entscheidung über die Herabsetzung oder Entziehung der Rente bestimmt der Versicherungsträger selbst, sobald er zu der Auffassung gelangt ist, daß in den für die Feststellung der Rente maßgebenden Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Damit hat er es in der Hand, den Zeitpunkt des Fristablaufs in jedem Fall so festzusetzen, daß bei einer vorherigen Anhörung des Beteiligten die Einhaltung der selbstgesetzten Frist in Frage gestellt werden würde, zumal da auch die Frist für die Anhörung des Beteiligten von ihm selbst festgesetzt wird. Wie der Senat bereits entschieden hat (BSG SozR 1200 § 34 Nr. 3), besteht in Fällen der hier vorliegenden Art regelmäßig kein öffentliches Interesse an einer sofortigen Entscheidung des Versicherungsträgers, das nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 SGB 1 dazu berechtigen würde, von der Anhörung abzusehen (a.A. Gruehn a.a.O. 439).
Der Kläger hat auf sein Recht, vor Erlaß des Bescheides vom 13. Oktober 1976 gehört zu werden, auch nicht verzichtet. Da ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs als einem Grundprinzip des Verfahrensrechts grundsätzlich nicht heilbar ist (vgl. Stein/Jonas, ZPO, 19. Aufl. § 295 Anm. II 3.a), kommt allenfalls ein Verzicht auf die Geltendmachung des Verstoßes in Betracht, der ausdrücklich oder durch schlüssige Handlung erklärt werden kam (Stein/Jonas a.a.O. Anm. III. 1). Der Wille zum Verzicht ist jedoch nicht schon darin zu sehen, daß der Kläger gegen den Bescheid vom 13. Oktober 1976 unmittelbar Klage erhoben und damit der Beklagten keine Gelegenheit gegeben hat, die Anhörung im Widerspruchsverfahren nachzuholen (BSG Urteil vom 28. Juli 1977 - 2 RU 30/77 - SozR 1200 § 34 Nr. 1). Dem Kläger stand es nach § 78 Abs. 2 SGG frei, gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen oder unmittelbar Klage zu erheben. Es lag daher im Risikobereich der Beklagten, ob der Kläger den Widerspruch als Rechtsbehelf wählen und damit der Beklagten ermöglichen würde, die bisher versäumte Anhörung noch vor der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens nach zu holen. Auch wenn davon ausgegangen wird, daß der Beteiligte dem Sinn und Zweck des § 34 SGB I entsprechend seinerseits ebenfalls allgemein zur Stärkung des Vertrauensverhältnisses zwischen Bürger und Sozialverwaltung beitragen muß, kann dem Kläger jedenfalls im vorliegenden Fall, in dem die Beklagte ihre Anhörungspflicht verletzt hat, nicht entgegengehalten werden, er hätte unter Verzicht auf die ihm verfahrensrechtlich eingeräumte Wahlmöglichkeit zunächst Widerspruch einlegen müssen, um der Beklagten Gelegenheit zur Heilung des Mangels zu geben (BSG Urteil vom 9. März 1978 - 2 RU 105/77 -). Der Kläger durfte vielmehr den allein schon wegen der unterbliebenen Anhörung rechtswidrigen Bescheid vom 13. Oktober 1976 unmittelbar mit der Klage anfechten, ohne daß darin ein Verzicht auf die Geltendmachung des Verstoßes gegen § 34 Abs. 1 SGB I gesehen werden kam. Es ist grundsätzlich nicht Sache eines Beteiligten, der einen rechtswidrigen Bescheid erhalten hat, bei der Wahl des einzulegenden Rechtsbehelfs die Interessen des Versicherungsträgers, zu berücksichtigen und damit sein eigenes auf Beseitigung des ihn beschwerenden Bescheides und auf Weitergewährung der Rente gerichtetes Interesse hintenan zu stellen.
Wird ein Verwaltungsakt - wie hier - unter Verletzung des rechtlichen Gehörs erlassen, leidet das Verwaltungsverfahren an einem wesentlichen Mangel; der Verwaltungsakt ist zwar nicht nichtig, aber rechtswidrig und anfechtbar (BSG Urteil vom 28. Juli 1977 - 2 RU 31/77 - BSGE 44, 207 und vom 9. März 1978 - 2 RU 105/77 - jeweils mit Nachweisen). Die Anhörung kann im Klageverfahren nicht nachgeholt werden.
Mit der gesetzlichen Festlegung des zum Grundrecht erhobenen Grundsatzes des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs. 1 GG) im Verfahren der Sozialverwaltungen ist der in Rechtsprechung und Rechtslehre vertretenen Auffassung Rechnung getragen, daß es mit Rücksicht auf das auch die Verwaltung verpflichtende Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs. 3 GG) und damit im Kern zur Wahrung der Menschwürde (Art 1 Abs. 1 GG) geboten ist, das rechtliche Gehör im Verwaltungsverfahren jedenfalls dann zu gewähren, wenn in die Rechte eines Beteiligten eingegriffen werden soll (BVerfGE 9, 89, 95; 27, 88, 103; Maunz/Dürig/Herzog, Grundgesetz, Art 103 RU 4, 92, 93; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 8. Aufl. S 79 z mN). Der Einzelne darf nicht bloßes Objekt des Verwaltungsverfahrens werden. Da der Grundsatz des rechtlichen Gehörs im Prinzip zwar bejaht wurde, nach Voraussetzungen und Umfang jedoch umstritten war (vgl. Brackmann a.a.O.), dient die gesetzliche Regelung insbesondere der Abgrenzung, aber auch der Betonung des Grundsatzes (Hauck/Haines, SGB I, Kommentar, § 34 Rdn. 1). Die Regelung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Allgemeinen Teil des SGB und nicht in den noch zu erlassenden Vorschriften für das Verfahren der Sozialverwaltungen macht deutlich, daß § 34 Abs. 1 SGB I nicht eine bloße Verfahrensvorschrift ist, sondern zugleich für die Auslegung des vom Gesetzgeber noch zu verabschiedenden Verfahrensgesetzes für die Sozialverwaltungen heranzuziehen ist (vgl. BVerfGE 9, 89, 96; Hauck/Haines a.a.O. Rdnr. 2).
Dem Wortlaut des § 34 As 1 SGB I ist zu entnehmen, daß die Anhörung im Bereich der Sozialverwaltung gewährleistet sein soll; die Vorschrift will den dargelegten rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechend sicherstellen, daß dem Beteiligten Gelegenheit gegeben wird, auf das Verfahren der Sozialverwaltung und auf deren Entscheidung Einfluß zu nehmen(Hauck/Haines a.a.O.). Neben der auch im gerichtlichen Verfahren dem Betroffenen offenstehenden Möglichkeit, alle ihm günstigen Umstände vorzubringen, hat der Gesetzgeber allgemein das Vertrauensverhältnis zwischen dem Bürger und der Sozialverwaltung stärken und die Stellung des Bürgers insbesondere durch den Schutz vor "Überraschungsentscheidungen" verbessern wollen (BT-Drucksache 7/868 S 28 und 45). Wie der Senat bereits ausgeführt hat (BSG SozR 1200 § 34 Nr. 1), kam das Vertrauensverhältnis zwar insoweit gewährt werden, als der Sozialversicherungsträger das rechtliche Gehör noch auf den Widerspruch des Beteiligten gewährt. Da das zum Organisationsbereich des Versicherungsträgers gehörende Widerspruchsverfahren eine umfassende, auch die Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes einbeziehende und zum Teil auch in Einzelfragen über die Nachprüfung durch die Gerichte hinausgehende Überprüfung ermöglicht, erscheint es mit dem Sinn und Zweck des § 34 SGB I vereinbar, das Nachholen der Anhörung für zulässig zu erachten, solange das Verfahren noch im Verantwortungsbereich des Versicherungsträgers anhängig ist. Der mit der gesetzlichen Festlegung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Verfahren der Sozialverwaltung verfolgte Zweck, das Vertrauensverhältnis zwischen Bürger und Verwaltung zu stärken, kann jedoch nicht mehr verwirklicht werden, wenn das Verwaltungsverfahren - durch Einleitung des gerichtlichen Verfahrens - bereits abgeschlossen ist. Es entspricht überdies dem Sinn einer vor Erlaß des belastenden Verwaltungsaktes gebotenen Anhörung, daß die Verwaltung auch bei nicht in ihr Ermessen gestellten Entscheidungen nicht nur die Voraussetzungen für den belastenden Verwaltungsakt, sondern dabei im Rahmen des geltenden Rechts auch prüft, ob sie den Verwaltungsakt unter Berücksichtigung aller Umstände überhaupt oder gegebenenfalls erst in einem späteren Zeitpunkt erlassen will. Es gibt vornehmlich im Sozialleistungsbereich zahlreiche mögliche Fallgestaltungen, bei denen der Verwaltung ein weiterer Entscheidungsspielraum zusteht als dem die Entscheidung überprüfenden Gericht (s z.B. BSGE 41, 99). Auch vom Ergebnis her erscheint die Ansicht nicht gerechtfertigt, daß die Verletzung der Anhörungspflicht durch den Versicherungsträger generell ohne rechtliche Auswirkungen bleiben sollte, sobald der Beteiligte den Klageweg beschreitet und damit zwangsläufig die Gelegenheit erhält, sich Gehör zu verschaffen. Es ist nicht ersichtlich, daß der Gesetzgeber mit der nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte zwingenden Regelung in § 34 SGB I über die Anhörung des Beteiligten keine - wie einige Unfallversicherungsträger meinen - "schematische" Anwendung der Vorschrift bezweckt, sondern hingenommen haben soll, daß gegen die Anhörungspflicht ohne Rechtsfolgen verstoßen werden kam. Die nach der vom Senat vertretenen Auffassung erforderliche Aufhebung des Verwaltungsaktes aus formellen Gründen kam der Versicherungsträger demgegenüber schon allein durch die Beachtung der zwingend vorgeschriebenen Anhörung vermeiden.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat zu § 23 Abs. 2 des Wehrpflichtgesetzes (WehrpflG) entschieden (BVerwGE 27, 295), die Unterlassung der vor der Entscheidung über die Einberufung gebotenen Anhörung (und Untersuchung) des Wehrpflichtigen führe nicht notwendig zu einem im Widerspruchsverfahren oder anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr korrigierbaren Einfluß auf den Einberufungsbescheid. Das BVerwG hat die rechtliche Bedeutung eines Verstoßes gegen Vorschriften über das Verwaltungsverfahren und damit auch die Bedeutung, die ihm für die rechtliche Beurteilung des auf ihm beruhenden Verwaltungsaktes beizumessen ist, aus dem der Verfahrensvorschrift zugedachten Zweck, insbesondere aus ihrer Schutzfunktion für den Betroffenen, hergeleitet. Den Zweck der in § 23 Abs. 1 Satz 2 des WehrpflG angeordneten Anhörung hat es darin gesehen, dem Wehrpflichtigen die Möglichkeit zu geben, im Rahmen der Verfügbarkeitsprüfung von sich aus auf Umstände hinzuweisen, die seiner Heranziehung derzeit oder auf Dauer entgegenstehen könnten. Es hat dementsprechend angenommen, die Anhörung könne vor dem Einberufungszeitpunkt nachgeholt werden, der Bescheid sei jedoch aus Verfahrensgründen rechtswidrig und damit vernichtbar, wenn der Mangel der unterlassenen Anhörung bis zu diesem Zeitpunkt nicht abgestellt sei. Das BVerwG stellt somit darauf ab, ob der vom Gesetzgeber jeweils beabsichtigte Zweck der Anhörung sich in dem späteren Verfahrensstadium noch uneingeschränkt auszuwirken vermag (s auch BVerwGE 17, 279, 283; 27, 295, 299; 44, 17, 21). Die hier vertretene Auffassung des erkennenden Senats stimmt demnach insoweit mit der Auffassung des BVerwG überein. Die Anhörung nach § 34 SGB I dient, wie ihrer Entstehungsgeschichte zu entnehmen ist, nicht nur dazu, in Erfüllung des schon aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Anspruchs auf rechtliches Gehör dem Beteiligten zu ermöglichen, alle Umstände vorzutragen, die seiner Ansicht nach dem Erlaß des belastenden Verwaltungsaktes entgegenstehen. Diese Vorschrift will auch die Anhörung des Beteiligten im Verwaltungsverfahren selbst sichern, wie vor allem die abschließende Regelung in Abs. 2 der Vorschrift zeigt, um neben der vom BVerwG betonten Möglichkeit für den Beteiligten, alle ihm günstigen Umstände vor Eintritt der Wirksamkeit des Verwaltungsaktes vorzubringen, allgemein das Vertrauen des Bürgers in die Sozialverwaltung zu stärken; in § 34 SGB I verdichtet sich das Verfassungsrecht besonders intensiv. Dieser Gesetzeszweck wird jedoch durch die Nachholung der Anhörung erst im Klageverfahren, nachdem etwa die Rente bereits entzogen ist, nicht mehr verwirklicht. Eine Abweichung von der Rechtsprechung des BVerwG i.S. des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Juni 1968 (BGBl I 661) liegt hier im übrigen schon deshalb nicht vor, weil diese Rechtsprechung noch auf dem Recht vor der Kodifizierung der Pflicht zur Anhörung im Verwaltungsverfahren beruht und für die Zeit danach unterschiedliche Regelungen für das Verfahren nach dem VwVfG vom 25. Mai 1976 (BGBI I 1253) und für das Verfahren der Sozialleistungsträger bestehen.
Ein Vergleich mit dem VwVfG rechtfertigt keine andere Entscheidung. Nach § 46 VwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Eine entsprechende Vorschrift ist im SGB I nicht enthalten. Daraus ist nicht etwa zu schließen, daß eine Gesetzeslücke besteht, die durch Analogie mit dem VwVfG zu schließen ist. Gegen eine solche Analogie spricht schon, daß das VwVfG ausdrücklich nicht für das Verwaltungsverfahren der Sozialleistungsträger anzuwenden ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG). Zudem enthält § 28 VwVfG, der die Anhörung Beteiligter regelt und als dessen Ergänzung § 46 VwVfG anzusehen ist, eine in das SGB I nicht aufgenommene Generalklausel, nach der von der Anhörung abgesehen werden kann, während in § 34 Abs. 2 SGB I in dieser Hinsicht eine abschließende Regelung getroffen worden ist. Der Gesetzgeber hat, wie bereits dargelegt, dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs eine aus seiner Stellung im SGB und dem Gesetzeswortlaut ersichtliche sowie durch die Entstehungsgeschichte bestätigte stärkere Bedeutung und weitergehende Sinngebung beigemessen; § 34 SGB I ist, anders als § 28 VwVfG, betont sozialstaatlich ("bürgerfreundlich") eingefärbt (vgl. Haeberle in "Verwaltungsverfahren", Festschrift zum 50jährigen Bestehen des Richard Boorberg Verlages, herausgegeben von Glaeser, S 47, 65). Hat der Gesetzgeber sich hinsichtlich der Begrenzung des Gebots der Anhörung des Beteiligten zu dessen Gunsten der - damals - für das allgemeine Verwaltungsverfahren vorgesehenen Lösung absichtlich nicht angeschlossen, so ist für eine Gesetzesanalogie nicht ausreichend sicher, daß er inhaltlich die Regelung des § 46 VwVfG übernehmen würde. Zwar enthält § 40 des Entwurfs der Bundesregierung eines Zehnten Buches des SGB - Verwaltungsverfahren - (BT-Drucksache 8/2034) eine dem § 46 VwVfG entsprechende Vorschrift. Jedoch wurde bereits der Regierungsentwurf des SGB I hinsichtlich der Anhörungspflicht vom Gesetzgeber wesentlich verstärkt. Es ist daher offen, ob der Gesetzgeber dem nunmehr vorliegenden Regierungsentwurf hinsichtlich der Folgen einer unterlassenen Anhörung folgen wird. Eine neue Lage ist entgegen der Ansicht der Beklagten insoweit nicht eingetreten. Es muß abgewartet werden, ob der Gesetzgeber, wie die Beklagte meint, von seiner ursprünglichen Auffassung über die Wichtigkeit und Notwendigkeit der vorherigen Anhörung der Beteiligten nach § 34 Abs. 1 SGB I im SGB X abrücken wird. Dies gilt um so mehr, als gegen den Entwurf des Gesetzes für das allgemeine Verwaltungsverfahren und § 46 VwVfG erhebliche Kritik vorgebracht worden ist. Sie wird auch Gegenstand der Beratung des Entwurfs des SGB X sein. Die gelegentlich vertretene Auffassung, in § 46 VwVfG sei lediglich festgelegt, daß der Staatsbürger keinen Rechtsanspruch auf die Aufhebung des Verwaltungsakts habe, der unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, die Behörde oder das Gericht dies aber gleichwohl tun könne (Eichler, VwVfG, § 46 Anm. II; Götz NJW 1976, 1425, 1429), ist nicht diskutabel (Bettermann, Hamburg, Deutschland, Europa, Festschrift für Hans Peter Ipsen, S 275, 288). Es überzeugt auch nicht, daß nach § 46 VwVfG wie auch nach § 40 des Entwurfs SGB X die Verletzung der Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit schlechthin unbeachtlich ist, wenn nur der Verwaltungsakt mit dem materiellen Recht im Einklang steht, dagegen bei anderen Mängeln, wie etwa bei der Verletzung der sachlichen, funktionellen oder instanziellen Zuständigkeit die Aufhebung selbst materiell rechtmäßiger Verwaltungsakte verlangt werden kann. Für die Zulassung solcher "absoluter" Anfechtungsgründe fehlt es an jeder Begründung (vgl. Bettermann a.a.O. S 283). Gewichtiger ist jedoch die Kritik, die sich dagegen wendet, daß nach § 46 VwVfG die Verletzung von Verfahrensvorschriften ohne wirksame Sanktion bleibt. Zutreffend wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß ein Verfahrensgesetz, welches dies zuläßt, nicht geeignet ist, die Beachtung rechtsstaatlicher Verfahrensgrundsätze zu sichern (Kopp, Verwaltungsarchiv, 61. Band 1970, S 219, 222; Ule, Recht im Wandel, S 33, 71; Haueisen, DOK 1972, 611, 614; Weyreuther, DVBl 1972, 93, 95). Ein solches Verfahrensgesetz verliert seine Bedeutung als Garant für ein gesetzmäßiges Verwaltungshandeln und damit überhaupt, wie die Erfahrung zeigt, als wirksames Recht. Wenn Sanktionen, die zu befürchten wären, fehlen, wird die Verwaltung den formellen Vorschriften kaum besondere Beachtung schenken (Ossenbühl, DÖV 1964, 511, 516). Sanktionslose Verfahrensvorschriften bedeuten einen unerträglichen Einbruch in die Berechenbarkeit der Rechtsanwendung, wodurch der Rechtsfriede in Gefahr geraten könnte mit Folgen für die Einstellung des Bürgers zum Staat. Der Schicksalsschlag eines ungünstigen Verfahrensausganges trägt sich leichter, wenn er nicht noch von dem Verdacht begleitet wird, daß nicht einmal im Verfahren alles mit rechten Dingen zugegangen ist (Weyreuther a.a.O. 95) Die Beachtung der rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätze kam nur dann gesichert werden, wenn verfahrensfehlerhaft zustande gekommene Verwaltungsakte nichtig oder vernichtbar sind. Deshalb muß auch bei rechtlich gebundenen materiell rechtmäßigen Verwaltungsakten die Anfechtungsklage allein auf einen Verfahrensfehler gestützt werden können mit der Folge, daß das Gericht den Verwaltungsakt aufhebt und dadurch die Verwaltung Gelegenheit erhält, sich unter Beachtung des maßgeblichen Verfahrensrechts erneut mit der Sache zu befassen (Kopp a.a.O. S 222; Ule a.a.O. S 73). Falls die Regelung des Verwaltungsverfahrens für den Bereich des SGB mit dem vorgeschlagenen Inhalt Gesetz werden sollte, würde zugelassen, daß über Rechte des Bürgers kurzerhand von Obrigkeits wegen verfügt wird und der Einzelne weiterhin nur Objekt verwaltungsrechtlicher Entscheidungen ist (vgl. BVerfGE 9, 89, 95; 39e 156, 168).
Es bedarf aus Anlaß dieses Falles keiner Entscheidung, ob eine auf § 34 Abs. 1 SGB I gestützte Klage außerdem voraussetzt, daß in dem für die Anhörung maßgebenden Zeitpunkt vor Erlaß des Verwaltungsaktes zumindest die Möglichkeit einer anderen Entscheidung bei einer vorherigen Anhörung des Betroffenen bestanden haben muß, da diese Möglichkeit hier jedenfalls nicht auszuschließen ist. Da die Anhörung, wie dargelegt, nur im Verwaltungsverfahren nachgeholt werden kam, ist der angefochtene Bescheid schon wegen des schwerwiegenden Verfahrensmangels aufzuheben. Darin ist keine nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich unzulässige "Zurückverweisung" an den Versicherungsträger zu sehen (vgl. BSGE 36, 181, 184).
Die durch die Unterlassung der Anhörung aufgrund der Rechtsprechung des BSG sich ergebenden Folgen, daß nämlich die entzogene Rente weiterzuzahlen ist, müssen die Versicherungsträger in Kauf nehmen, solange sie keine entsprechenden Vorkehrungen für die Anhörung treffen. Die Versicherungsträger beachten dabei nicht ausreichend, daß § 34 SGB I ihnen ganz allgemein die Anhörung des Beteiligten vor Erlaß eines in seine Rechte eingreifenden Verwaltungsaktes vorschreibt und Abs. 2 dieser Vorschrift ihnen lediglich gestattet, in Einzelfällen nach pflichtmäßigem Ermessen von der Anhörung abzusehen. Der darin zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers erfordert geradezu eine großzügige Anhörungspraxis durch die Versicherungsträger, und dieser deutlich normierte Wille kann daher nicht ihre Erwartungen rechtfertigen, das BSG werde die Verpflichtung zur Anhörung möglichst eng auslegen.
Die Revision der Beklagten mußte daher zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen