Leitsatz
Wird ein Wirtschaftsgut durch den an einer KG zu 100 % beteiligten Kommanditisten eingebracht (Situation der sog. Einmann-GmbH & Co. KG), so wird die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG 1997 n. F./2002 nicht dadurch rückwirkend aufgehoben, dass die KG – bei unveränderten Beteiligungsverhältnissen – das Wirtschaftsgut innerhalb der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG 1997 n. F./2002 veräußert. Dies gilt auch dann, wenn das Wirtschaftsgut in der Gesamthandsbilanz der KG mit dem bisherigen Buchwert ausgewiesen und deshalb für den Einbringenden keine negative Ergänzungsbilanz erstellt worden ist.
Normenkette
§ 6 Abs. 5 Sätze 3 und 4 EStG 1997 n.F./2002
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, ist im Jahr 2004 durch formwechselnde Umwandlung aus einer AG hervorgegangen. Mit Wirkung zum 31.12.2001, dem Streitjahr, brachte die AG ein Grundstück im Wege einer Sacheinlage in eine neu gegründete GmbH & Co. KG, die Beigeladene, ein. Deren Komplementärin war die weder am Vermögen noch am Gewinn und Verlust beteiligte GmbH; alleinige Kommanditistin war die AG.
Die AG ging im Rahmen ihrer Körperschaftsteuererklärung von einer Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG 1997 n. F./2002 i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35) aus und setzte das eingebrachte Grundstück dementsprechend – ebenso wie die Beigeladene in ihrer auf den 31.12.2001 erstellten Eröffnungsbilanz – mit seinem Buchwert (rd. 29 Mio. DM) an; die Steuererklärung wurde beim FA am 6.11.2003 eingereicht. Das FA folgte dem zunächst, änderte seine Auffassung aber, nachdem bekannt geworden war, dass die Beigeladene das Grundstück aufgrund Vertrags vom 7.10.2005 mit Wirkung zum 31.12.2005 an einen fremden Dritten zum Kaufpreis von rd. 25 Mio. EUR veräußert hatte. Das FA sah darin eine Verletzung der Sperrfristregelung des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG 1997 n. F./2002. Es setzte deshalb für die Sacheinlage rückwirkend den Grundstücksteilwert i.H.v. rd. 40,5 Mio. DM an und erließ für das Streitjahr einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten KSt-Bescheid, dem ein um die stillen Reserven (rd. 11,5 Mio. DM) erhöhter Gewinn zugrunde lag.
Die anschließende Klage war erfolgreich (FG des Saarlandes, Urteil vom 19.4.2012, 1 K 1318/10, Haufe-Index 3015989, EFG 2012, 1535).
Entscheidung
Der BFH hat das FG-Urteil bestätigt und die Buchwertfortführung für das übertragene Grundstück ebenfalls und uneingeschränkt zugelassen.
Hinweis
1. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG ist bei Überführung eines einzelnen Wirtschaftsguts von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen der Wert anzusetzen, der sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergibt, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist.
Gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG gilt Satz 1 – und damit die in dieser Vorschrift angeordnete Buchwertfortführung – u.a. dann entsprechend, soweit ein Wirtschaftsgut unentgeltlich oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft übertragen wird.
Wird allerdings das nach Satz 3 übertragene Wirtschaftsgut innerhalb einer Sperrfrist veräußert oder entnommen, so ist nach § 6 Abs. 5 Satz 4 Halbs. 1 EStG rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung der Teilwert anzusetzen, es sei denn, die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven sind durch Erstellung einer Ergänzungsbilanz dem übertragenden Gesellschafter zugeordnet worden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung des Übertragenden für den VZ, in dem die in Satz 3 bezeichnete Übertragung erfolgt ist (§ 6 Abs. 5 Satz 4 Halbs. 2 EStG).
2. Über die "richtige" Auslegung der Vorschriften und der dadurch ermöglichten Buchwertverknüpfung trotz "formalen" Rechtsträgerwechsels wird nun auf das heftigste gestritten, wenn es darum geht, ob sie auch für eine mitunternehmerisch beteiligte GmbH (oder eine Kapitalgesellschaft anderer Rechtsform) gilt, die zu 100 % an der Personengesellschaft beteiligt ist. Der "Sache nach" kann daran eigentlich kein vernünftiger Zweifel bestehen, bleiben doch gerade in Situationen wie jener der Einmann-GmbH-Beteiligung, in denen der Einbringende am Vermögen der Personengesellschaft beteiligt ist, die stillen Reserven durch den Vermögenstransfer unter Wahrung des Subjektsteuerprinzips zugeordnet.
Ausgehend vom Regelungszweck, Umstrukturierungen zu erleichtern, gibt es hier also "erst recht" keinen Grund, Argwohn zu hegen und den Gesetzesvorteil zu versagen. Dazu mag allenfalls Anlass bestehen, wenn das Steuersubjekt uno actu wechselt; auch solche Situationen werden im Ergebnis von § 6 Abs. 5 EStG ja begünstigt.
3. Allerdings mag auch eine engere Lesart des Gesetzes ihre Rechtfertigung finden:
Der letztlich ja ohnehin als Ausnahme konzipierten Buchwertfortführung nach Sätzen 1 und 3 der Vorschrift steht die Rückausnahme nach dessen Abs. 4 – die Sperrfristenregelung –...