LSF Sachsen v. 12.10.2015, S 7168 - 51/4-213
Diese Verfügung ersetzt die Verfügungen vom 9.10.1992, S 7168-9-St34 sowie die Kurzinformationen zur Umsatzsteuer vom 3.7.1996, S 2506-1-St31, vom 9.12.1998, S 2506-2/8-St31 und die Verfügung vom 18.7.2006, S 7168-40/5-St23, die hiermit aufgehoben werden.
1. Allgemeines
Zur Unterbringung von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern mieten Gemeinden, Städte und Landratsämter (öffentliche Hand) vermehrt Unterkünfte an, schalten Unternehmer in die Beherbergung ein oder beauftragen Unternehmer mit dem Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften.
Insoweit werden unterschiedliche Verträge geschlossen, wie z.B. Mietverträge, Beherbergungsverträge, Betreiberverträge.
Zunächst ist zu prüfen, ob Räumlichkeiten vermietet werden oder ob Betreiberleistungen erbracht werden.
2. Unterbringung von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern
2.1 Kurz- oder langfristige Wohnraumüberlassung
Nach § 4 Nr. 12a UStG ist die (langfristige) Vermietung von Grundstücken bzw. Grundstücksteilen (Wohnungen, einzelne Räume) steuerfrei. Eine Option gem. § 9 Abs. 1 UStG ist nicht möglich, weil die Verwendung des Wohnraums – Unterbringung von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern – im hoheitlichen (nichtunternehmerischen) Bereich erfolgt.
Nicht befreit ist nach § 4 Nr. 12a Satz 2 UStG die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Diese ist gem. § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern.
Ob eine kurzfristige oder eine langfristige Beherbergung vorliegt, ist nicht von der tatsächlichen Dauer der Raumüberlassung abhängig, sondern hängt von der – aus den äußeren Umständen ableitbaren – Absicht des Vermieters ab. Bei der Beurteilung der dafür maßgeblichen Gesamtumstände, die sich in einer Gewichtung der einzelnen Sachverhaltsmomente manifestiert, wird der Abschluss eines langfristigen Mietvertrages auf die Absicht der langfristigen Raumüberlassung hindeuten. Aber auch bei Abschluss von Mietverträgen mit kurzer Kündigungsfrist kann in Wirklichkeit eine langfristige Raumüberlassung vorliegen, wenn nämlich die öffentliche Hand erklärt hat, die Räume langfristig für mehrere Jahre zu benötigen, und des Weiteren davon auszugehen war, dass sie von ihrem vertraglichen Kündigungsrecht keinen Gebrauch machen werde (vgl. BFH-Urteil vom 25.1.1996, V R 6/95).
Die kurzfristige Beherbergung setzt kein gaststättenähnliches Verhältnis voraus. Entscheidend ist vielmehr die Absicht des Unternehmers, die Räume nicht auf Dauer und damit nicht für einen dauernden Aufenthalt im Sinne der §§ 8 und 9 AO zur Verfügung zu stellen (Abschn. 4.12.9. Abs. 1 UStAE). Steuerfrei ist die Vermietung nur insoweit, als der Unternehmer die Räume eindeutig und leicht nachprüfbar zur nicht nur vorübergehenden Beherbergung von Fremden bereithält. Bietet ein Unternehmer dieselben Räume wahlweise zur langfristigen oder kurzfristigen Beherbergung an, sind sämtliche Umsätze steuerpflichtig (Abschn. 4.12.9 Abs. 2 UStAE). Bei einer Vertragsdauer von mehr als sechs Monaten wird aus Vereinfachungsgründen eine langfristige Unterbringung angenommen.
2.2 Wohnraumüberlassung und Erbringung weiterer Dienstleistungen
Unabhängig von der Frage einer kurz- oder langfristigen Wohnraumüberlassung ist zu prüfen, ob zusätzlich erbrachte Leistungen ggf. als Nebenleistungen zur steuerfreien Wohnraumüberlassung zu beurteilen sind (vgl. Abschn. 4.12.1. Abs. 5 und 6 UStAE). Die Steuerbefreiung erstreckt sich zwar in der Regel nicht auf mitvermietete Einrichtungsgegenstände. Jedoch ist eine einfache Möblierung, wie z.B. Bett, Stuhl, Schrank Tisch, Küche als Nebenleistung zur Wohnraumüberlassung anzusehen.
Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes umfasst auch unselbständige Nebenleistungen, die unmittelbar der Beherbergung dienen (§ 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG). Diese Voraussetzung ist z.B. bei der
- Überlassung von möblierten und mit Einrichtungsgegenständen ausgestatteten Räumen,
- Überlassung von Bettwäsche, Handtüchern
- Reinigung der gemieteten Räume
erfüllt. Zusätzliche Dienstleistungen, die nicht unmittelbar der Beherbergung dienen, unterliegen dem Regelsteuersatz. Verpflegungsleistungen unterliegen als eigenständige Leistungen dem Regelsteuersatz, soweit diese in einem pauschalen Entgelt enthalten sind, ist dieses aufzuteilen.
2.3 Vertrag besonderer Art
Werden von den Unternehmern weitere Dienstleistungen zur Wohnraumüberlassung erbracht (z.B. Einteilung der Zimmer, Bereitstellung der Einrichtungsgegenstände sowie der Wäsche, Verpflegung der Flüchtlinge, Waschdienst, Raumpflege, ggf. Sicherheitsdienst/Anwesenheitskontrolle) und tritt die Gebrauchsüberlassung des Grundstücks (Wohnraumüberlassung) gegenüber den anderen wesentlicheren Leistungen zurücktritt, liegt ein Vertrag besonderer Art vor (vgl. Abschn. 4.12.6. Abs. 1 Satz 1 UStAE).
2.4 Zuweisung von Investitionspauschalen
Für die Instandsetzung, Erneuerung und Erstellung von eigenen Einrichtungen und eigenen Anlagen zur Unterbri...