Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeits- und Rechtsverhältnisse zwischen Angehörigen. Verzicht auf mündliche Verhandlung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung eines betrieblich veranlaßten Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen gelten nicht nur, wenn ein Kind Arbeitnehmer im Betrieb seines Vaters ist, sondern auch umgekehrt, wenn der Vater im Betrieb seines Sohnes mitarbeitet.
2. Die Mitarbeit eines nahen Angehörigen kann sich auch im Rahmen einer gesellschaftsrechtlich vereinbarten Mitunternehmerschaft oder eines stillen Beteiligungsverhältnisses oder eines Unternehmensführungsverhältnisses vollziehen. Doch gehört zur steuerrechtlichen Anerkennung auch insoweit eine angemessene, klare und eindeutige Vereinbarung und deren tatsächliche Durchführung.
3. Das Grundrecht auf rechtliches Gehör gewährleistet keine bestimmte Verfahrensart, insbesondere keine obligatorische mündliche Verhandlung.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 7
Verfahrensgang
BFH (Beschluss vom 20.12.1982; Aktenzeichen VIII R 175/80) |
FG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.06.1980; Aktenzeichen XI (II) 139/75) |
Gründe
Betrieblich veranlaßte Arbeitsverhältnisse mit nahen Angehörigen sind von Verfassungs wegen der Einkommensbesteuerung zugrunde zu legen, wenn klare und eindeutige vertragliche Regelungen, wie zwischen Fremden üblich, getroffen sind und die Vereinbarungen auch tatsächlich durchgeführt werden (vgl. BVerfGE 29, 104 ≪113≫). Dies gilt nicht nur, wenn ein Kind Arbeitnehmer im Betrieb seines Vaters ist, sondern auch umgekehrt, wenn ein Vater im Betrieb seines Sohnes mitarbeitet (Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum Einkommensteuergesetz und Körperschaftsteuergesetz, § 4 EStG Anm. 53). Die tatsächliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses hängt einerseits von der Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung und andererseits von der monatlichen Auszahlung des Gehalts ab.
Nach den im finanzgerichtlichen Verfahren getroffenen Feststellungen, die das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht zu überprüfen hat (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92≫), fehlte es im vorliegenden Fall an der regelmäßigen Auszahlung des angeblich mündlich vereinbarten Gehalts. Wenn das Finanzgericht demnach das Arbeitsverhältnis der Besteuerung nicht zugrunde gelegt hat, läßt dies eine Verletzung von Grundrechten des Beschwerdeführers nicht erkennen.
Es verletzt auch keine Grundrechte des Beschwerdeführers, wenn das Finanzgericht anstelle eines Arbeitsverhältnisses nicht ein anderes Rechtsverhältnis der Besteuerung zugrunde gelegt hat. Freilich kann sich die Mitarbeit eines nahen Angehörigen auch im Rahmen einer gesellschaftsrechtlich vereinbarten Mitunternehmerschaft oder eines stillen Beteiligungsverhältnisses oder eines Unternehmensführungsverhältnisses vollziehen. Doch gehört zur steuerrechtlichen Anerkennung auch insoweit eine angemessene, klare und eindeutige Vereinbarung und deren tatsächliche Durchführung. Daran fehlt es jeweils.
Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, daß der Bundesfinanzhof über die Revision nach Art. 1 Nr. 7 BFHEntlG entsprechend vorheriger Ankündigung ohne mündliche Verhandlung entschieden hat. Auf die Ankündigung hin konnte sich der Beschwerdeführer durch seinen Prozeßbevollmächtigten nochmals schriftsätzlich äußern. Dadurch blieb der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gewahrt. Das Grundrecht auf rechtliches Gehör gewährleistet keine bestimmte Verfahrensart, insbesondere keine obligatorische mündliche Verhandlung (BVerfGE 5, 9 ≪11≫ und st.Rspr.).
Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, daß nach Art. 1 Nr. 7 BFHEntlG von der Mitteilung der Entscheidungsgründe abgesehen werden kann und im vorliegenden Fall von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht worden ist. Dem Verfassungsrecht ist nicht zu entnehmen, daß eine oberstgerichtliche Entscheidung, die mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbar ist, in jedem Falle begründet werden müßte.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen