Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsschutz bei Schwangerschaft. Anforderungen an einen Vorlegungsbeschluß an das BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG
Leitsatz (amtlich)
Zur Unzulässigkeit einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG.
Leitsatz (redaktionell)
Das Bestehen einer Schwangerschaft im Zeitpunkt der Kündigung ist Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 9 MuSchG und damit für die Erheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage. Es fehlt ferner an der Entscheidungserheblichkeit der zu prüfenden Norm, wenn der Kündigungsschutzklage bereits wegen Sozialwidrigkeit der Kündigung hätte stattgegeben werden können.
Orientierungssatz
1. Nach Art. 100 GG, § 80 Abs. 2 S. 1 BVerfGG muß das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Vorschrift abhängt und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist (vgl BVerfG 1974-06-25 1 BvL 13/69 = BVerfGE 37, 328, 333 f). Dabei muß das vorlegende Gericht den Sachverhalt so weit aufklären, daß die Entscheidungserheblichkeit der zu prüfenden Vorschrift feststeht (vgl BVerfG 1969-02-26 1 BvL 15/68 = BVerfGE 25, 269, 276 mwN) und die Vorlage deshalb unerläßlich ist (vgl BVerfG 1976-03-24 1 BvL 7/74 = BVerfGE 42, 42, 50).
2. Solange die Möglichkeit besteht, daß das vorlegende Gericht den Rechtsstreit in dem von ihm gewünschten Sinne entscheiden kann, ohne die für verfassungswidrig gehaltene Rechtsnorm anzuwenden, fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit der zu prüfenden Norm. Das gilt auch dann, wenn eine solche Entscheidung erst nach Durchführung einer noch nicht erfolgten Beweisaufnahme möglich wird (vgl BVerfG 1960-10-25 1 BvL 8/56 = BVerfGE 11, 330, 335).
Normenkette
GG Art. 100 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Vorlage ist unzulässig.
Tatbestand
A.
Die Vorlage betrifft die Frage, ob es mit Art 6 Abs 4 GG vereinbar ist, daß einer schwangeren Arbeitnehmerin der besondere Kündigungsschutz des § 9 des Mutterschutzgesetzes – MuSchG – auch dann entzogen wird, wenn die Arbeitnehmerin zwar innerhalb der Anzeigefrist des § 9 Abs 1 Satz 1 MuSchG Kenntnis ihre Schwangerschaft erhält, die Anzeigefrist jedoch schuldlos versäumt und die Anzeige nach Fristablauf unverzüglich nachholt.
I.
1. § 9 Abs 1 Satz 1 MuSchG in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. April 1968 (BGBl I S 315) bestimmt:
Die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.
2. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschlüssen vom 13. November 1979 (BVerfGE 52, 357) und vom 22. Oktober 1980 (BVerfGE 55, 154) entschieden, daß es mit Art 6 Abs 4 GG nicht vereinbar ist, einer im Zeitpunkt der Kündigung schwangeren Arbeitnehmerin den besonderen Kündigungsschutz des § 9 Abs 1 MuSchG zu entziehen, wenn diese die Anzeigefrist des § 9 Abs 1 Satz 1 MuSchG unverschuldet versäumt, die Anzeige an den Arbeitgeber aber unverzüglich nachholt. Diesen Entscheidungen lagen Fälle zugrunde, in denen die Arbeitnehmerinnen ihre Schwangerschaft bis zum Ablauf der Anzeigefrist unverschuldet selbst noch nicht kannten.
II.
Die 1945 geborene Klägerin des Ausgangsverfahrens ist türkische Staatsangehörige, Mutter von fünf Kindern und der deutschen Sprache nur wenig mächtig. Seit August 1978 ist sie bei dem beklagten Unternehmen als Arbeiterin tätig. Dieses beschäftigt etwa fünfzig Arbeitnehmer, darunter eine Reihe türkischer Frauen. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hatte die Aufgabe, im Akkord die einzelnen Bestandteile von Schaschlikspießen auf Holzstäbchen aufzureihen. Hierfür erhielt sie eine Vergütung von 8,00 DM pro Stunde, wenn sie in 90 Minuten mindestens 200 Spieße fertigte. Erreichte sie diese Vorgabe nicht, betrug die Vergütung nur 7,50 DM je Stunde.
Am 19. Februar 1980 wies die Vorarbeiterin die Klägerin an, ihren Arbeitsplatz neben einer neuen türkischen Arbeitnehmerin einzunehmen, um dieser bei der Einarbeitung behilflich zu sein. Wie die Arbeitgeberin im Ausgangsverfahren vortrug, ist ein solches Verfahren in ihrem Betrieb üblich, weil neue Arbeitnehmerinnen vielfach noch nicht wissen, welche Mengen Fleisch und welche anderen Zutaten auf die Schaschlikspieße aufzustecken sind und welche Mengen und Inhalte für die ebenfalls hergestellten Rouladen verwendet werden.
Nach dem Vorbringen der Klägerin vor dem Arbeitsgericht erklärte sich diese mit der Umsetzung und Einarbeitung der neuen Kollegin nur unter der Voraussetzung einverstanden, daß sie den höheren Stundenlohn von 8,00 DM je Stunde auch dann erhielte, wenn sie innerhalb des Zeitraums von 90 Minuten weniger als 200 Spieße fertigstellen könnte. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die Vorarbeiterin diese Zusage nicht machte. Deshalb weigerte sich die Klägerin, ihren Arbeitsplatz zu wechseln und die neue Arbeitnehmerin einzuarbeiten. Diese Vorgänge wiederholten sich am nächsten Tage. Daraufhin kündigte die Arbeitgeberin des Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 20. Februar 1980 wegen des Verhaltens der Klägerin zum nächstmöglichen Termin.
Hiergegen erhob die Klägerin am 4. März 1980 fristgerecht Kündigungsschutzklage und machte geltend, die Kündigung sei sozialwidrig. Die Arbeitgeberin könne aus dem Verhalten der Klägerin keine persönlichen Kündigungsgründe im Sinne des § 1 Abs 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes herleiten. Mit Schriftsatz vom 11. März 1980 reichte die Klägerin die Bescheinigung einer Apotheke vom 4. März 1980 über einen positiv verlaufenden Schwangerschaftstest nach, kündigte die Konsultation eines Arztes am 14. März 1980 an und stützte die Kündigungsschutzklage nunmehr auch auf § 9 MuSchG. Am 18. März 1980 gab die Klägerin des Ausgangsverfahrens sodann ein Attest einer Frauenärztin zu den Gerichtsakten, in dem das Bestehen einer Frühschwangerschaft bescheinigt wird.
Die Arbeitgeberin trug im Ausgangsverfahren vor, das Verhalten der Klägerin berechtige zur Kündigung aus persönlichen Gründen. Außerdem müsse bestritten werden, daß die Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigung bereits schwanger gewesen sei. Aufgrund der Konsultation der Ärztin sei am 14. März 1980 lediglich eine Frühschwangerschaft bescheinigt worden. Wenn erst vier Wochen nach Zugang der Kündigung eine Frühschwangerschaft vorgelegen habe, müsse zwangsläufig davon ausgegangen werden, daß im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 21. Februar 1980 noch keine Schwangerschaft bestanden habe.
Das Arbeitsgericht hat über die Frage Beweis erhoben, zu welchem Zeitpunkt die Klägerin die Bescheinigung der Apotheke vom 4. März 1980 über den positiven Verlauf des Schwangerschaftstests ihrer Arbeitgeberin zur Kenntnis gebracht hat. Aufgrund dieser Beweisaufnahme ist das Arbeitsgericht zu der Überzeugung gekommen, daß die Klägerin ihrer Arbeitgeberin die Möglichkeit des Bestehens einer Schwangerschaft erst nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 9 Abs 1 Satz 1 MuSchG mitgeteilt hat.
III.
Das Arbeitsgericht Köln hat sein Verfahren ausgesetzt und die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Es steht auf dem Standpunkt, die durch § 9 Abs 1 Satz 1 MuSchG vorgesehene zweiwöchige Ausschlußfrist zur Anzeige einer bestehenden Schwangerschaft verstoße auch dann gegen Art 6 Abs 4 GG, wenn die Arbeitnehmerin über ihren Zustand innerhalb dieser Frist Kenntnis erlange, aber unverschuldet erst nach Ablauf dieser Frist ihrem Arbeitgeber hiervon Mitteilung machen könne. In diesem Falle müßten die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts in der Entscheidung vom 13. November 1979 (BVerfGE 52, 357 (366ff)) ebenfalls gelten. Die genannte Entscheidung beziehe sich dagegen nur auf Fälle, in denen die Arbeitnehmerin schuldlos innerhalb der Zweiwochenfrist ihre Schwangerschaft selbst nicht kenne. Da die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts den vorliegenden Fall nicht treffe, müsse die Klage wegen Versäumung der Anzeigefrist abgewiesen werden. Das Arbeitsgericht wolle der Klage jedoch stattgeben. Hieran sei es durch die von § 9 Abs 1 Satz 1 MuSchG vorgeschriebene zweiwöchige Anzeigefrist, die vom Bundesarbeitsgericht als Ausschlußfrist angesehen werde, gehindert. Damit sei die vorgelegte Rechtsfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich. Die vom Bundesverfassungsgericht im genannten Beschluß geforderte weitere Voraussetzung, daß die Arbeitnehmerin ihren Arbeitgeber unverzüglich nach Kenntnis der Schwangerschaft zu unterrichten habe, sei ebenfalls erfüllt. Der Klägerin sei die Möglichkeit des Bestehens einer Schwangerschaft erstmals durch das Ergebnis des Schwangerschaftstests vom 4. März 1980 bekanntgeworden. Am 5. oder 6. März – also innerhalb der zweiwöchigen Anzeigefrist – habe die Klägerin jedoch ihren Arbeitgeber von ihrem Zustand ohne ihr Verschulden nicht unterrichten können. Hierbei sei zu bedenken, daß die Klägerin seinerzeit arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Angesichts fehlender Deutschkenntnisse sei ihr auch nicht zumutbar gewesen, ihren Arbeitgeber telefonisch ins Bild zu setzen. Das Arbeitsgericht vertrete ferner in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht Kassel (Urteil vom 22. Februar 1980, DB 1980 S 790) die Auffassung, daß einer Arbeitnehmerin zur Mitteilung ihrer Schwangerschaft eine Schonfrist eingeräumt werden müsse, innerhalb derer sie mit sich und ihren persönlichen Verhältnissen ins reine kommen könne. Die hier in Anspruch genommene Frist von weniger als einer Woche erscheine der Kammer insoweit angemessen. Das vom Bundesverfassungsgericht im Beschluß vom 13. November 1979 für die Anzeige der Schwangerschaft wieder eingeführte Merkmal der „Unverzüglichkeit” sei darüber hinaus so zu interpretieren, daß die Arbeitnehmerin ihren Arbeitgeber so lange unverzüglich über die Schwangerschaft unterrichte, als sie vom Zeitpunkt der eigenen Kenntnis an keine längere Frist als zwei Wochen hierfür in Anspruch nehme. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Falle gegeben.
Entscheidungsgründe
A.
Die Vorlage betrifft die Frage, ob es mit Art. 6 Abs. 4 GG vereinbar ist, daß einer schwangeren Arbeitnehmerin der besondere Kündigungsschutz des § 9 des Mutterschutzgesetzes – MuSchG – auch dann entzogen wird, wenn die Arbeitnehmerin zwar innerhalb der Anzeigefrist des § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG Kenntnis ihrer Schwangerschaft erhält, die Anzeigefrist jedoch schuldlos versäumt und die Anzeige nach Fristablauf unverzüglich nachholt.
I.
1. § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. April 1968 (BGBl. I S. 315) bestimmt:
Die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.
2. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschlüssen vom 13. November 1979 (BVerfGE 52, 357) und vom 22. Oktober 1980 (BVerfGE 55, 154) entschieden, daß es mit Art. 6 Abs. 4 GG nicht vereinbar ist, einer im Zeitpunkt der Kündigung schwangeren Arbeitnehmerin den besonderen Kündigungsschutz des § 9 Abs. 1 MuSchG zu entziehen, wenn diese die Anzeigefrist des § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG unverschuldet versäumt, die Anzeige an den Arbeitgeber aber unverzüglich nachholt. Diesen Entscheidungen lagen Fälle zugrunde, in denen die Arbeitnehmerinnen ihre Schwangerschaft bis zum Ablauf der Anzeigefrist unverschuldet selbst noch nicht kannten.
II.
Die 1945 geborene Klägerin des Ausgangsverfahrens ist türkische Staatsangehörige, Mutter von fünf Kindern und der deutschen Sprache nur wenig mächtig. Seit August 1978 ist sie bei dem beklagten Unternehmen als Arbeiterin tätig. Dieses beschäftigt etwa fünfzig Arbeitnehmer, darunter eine Reihe türkischer Frauen. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hatte die Aufgabe, im Akkord die einzelnen Bestandteile von Schaschlikspießen auf Holzstäbchen aufzureihen. Hierfür erhielt sie eine Vergütung von 8,00 DM pro Stunde, wenn sie in 90 Minuten mindestens 200 Spieße fertigte. Erreichte sie diese Vorgabe nicht, betrug die Vergütung nur 7,50 DM je Stunde.
Am 19. Februar 1980 wies die Vorarbeiterin die Klägerin an, ihren Arbeitsplatz neben einer neuen türkischen Arbeitnehmerin einzunehmen, um dieser bei der Einarbeitung behilflich zu sein. Wie die Arbeitgeberin im Ausgangsverfahren vortrug, ist ein solches Verfahren in ihrem Betrieb üblich, weil neue Arbeitnehmerinnen vielfach noch nicht wissen, welche Mengen Fleisch und welche anderen Zutaten auf die Schaschlikspieße aufzustecken sind und welche Mengen und Inhalte für die ebenfalls hergestellten Rouladen verwendet werden.
Nach dem Vorbringen der Klägerin vor dem Arbeitsgericht erklärte sich diese mit der Umsetzung und Einarbeitung der neuen Kollegin nur unter der Voraussetzung einverstanden, daß sie den höheren Stundenlohn von 8,00 DM je Stunde auch dann erhielte, wenn sie innerhalb des Zeitraums von 90 Minuten weniger als 200 Spieße fertigstellen könnte. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die Vorarbeiterin diese Zusage nicht machte. Deshalb weigerte sich die Klägerin, ihren Arbeitsplatz zu wechseln und die neue Arbeitnehmerin einzuarbeiten. Diese Vorgänge wiederholten sich am nächsten Tage. Daraufhin kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 20. Februar 1980 wegen des Verhaltens der Klägerin zum nächstmöglichen Termin.
Hiergegen erhob die Klägerin am 4. März 1980 fristgerecht Kündigungsschutzklage und machte geltend, die Kündigung sei sozialwidrig. Die Arbeitgeberin könne aus dem Verhalten der Klägerin keine persönlichen Kündigungsgründe im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes herleiten. Mit Schriftsatz vom 11. März 1980 reichte die Klägerin die Bescheinigung einer Apotheke vom 4. März 1980 über einen positiv verlaufenen Schwangerschaftstest nach, kündigte die Konsultation eines Arztes am 14. März 1980 an und stützte die Kündigungsschutzklage nunmehr auch auf § 9 MuSchG. Am 18. März 1980 gab die Klägerin des Ausgangsverfahrens sodann ein Attest einer Frauenärztin zu den Gerichtsakten, in dem das Bestehen einer Frühschwangerschaft bescheinigt wird.
Die Arbeitgeberin trug im Ausgangsverfahren vor, das Verhalten der Klägerin berechtige zur Kündigung aus persönlichen Gründen. Außerdem müsse bestritten werden, daß die Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigung bereits schwanger gewesen sei. Aufgrund der Konsultation der Ärztin sei am 14. März 1980 lediglich eine Frühschwangerschaft bescheinigt worden. Wenn erst vier Wochen nach Zugang der Kündigung eine Frühschwangerschaft vorgelegen habe, müsse zwangsläufig davon ausgegangen werden, daß im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 21. Februar 1980 noch keine Schwangerschaft bestanden habe.
Das Arbeitsgericht hat über die Frage Beweis erhoben, zu welchem Zeitpunkt die Klägerin die Bescheinigung der Apotheke vom 4. März 1980 über den positiven Verlauf des Schwangerschaftstests ihrer Arbeitgeberin zur Kenntnis gebracht hat. Aufgrund dieser Beweisaufnahme ist das Arbeitsgericht zu der Überzeugung gekommen, daß die Klägerin ihrer Arbeitgeberin die Möglichkeit des Bestehens einer Schwangerschaft erst nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG mitgeteilt hat.
III.
Das Arbeitsgericht Köln hat sein Verfahren ausgesetzt und die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Es steht auf dem Standpunkt, die durch § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG vorgesehene zweiwöchige Ausschlußfrist zur Anzeige einer bestehenden Schwangerschaft verstoße auch dann gegen Art. 6 Abs. 4 GG, wenn die Arbeitnehmerin über ihren Zustand innerhalb dieser Frist Kenntnis erlange, aber unverschuldet erst nach Ablauf dieser Frist ihrem Arbeitgeber hiervon Mitteilung machen könne. In diesem Falle müßten die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts in der Entscheidung vom 13. November 1979 (BVerfGE 52, 357 (366 ff.)) ebenfalls gelten. Die genannte Entscheidung beziehe sich dagegen nur auf Fälle, in denen die Arbeitnehmerin schuldlos innerhalb der Zweiwochenfrist ihre Schwangerschaft selbst nicht kenne. Da die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts den vorliegenden Fall nicht treffe, müsse die Klage wegen Versäumung der Anzeigefrist abgewiesen werden. Das Arbeitsgericht wolle der Klage jedoch stattgeben. Hieran sei es durch die von § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG vorgeschriebene zweiwöchige Anzeigefrist, die vom Bundesarbeitsgericht als Ausschlußfrist angesehen werde, gehindert. Damit sei die vorgelegte Rechtsfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich. Die vom Bundesverfassungsgericht im genannten Beschluß geforderte weitere Voraussetzung, daß die Arbeitnehmerin ihren Arbeitgeber unverzüglich nach Kenntnis der Schwangerschaft zu unterrichten habe, sei ebenfalls erfüllt. Der Klägerin sei die Möglichkeit des Bestehens einer Schwangerschaft erstmals durch das Ergebnis des Schwangerschaftstests vom 4. März 1980 bekanntgeworden. Am 5. oder 6. März – also innerhalb der zweiwöchigen Anzeigefrist – habe die Klägerin jedoch ihren Arbeitgeber von ihrem Zustand ohne ihr Verschulden nicht unterrichten können. Hierbei sei zu bedenken, daß die Klägerin seinerzeit arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Angesichts fehlender Deutschkenntnisse sei ihr auch nicht zumutbar gewesen, ihren Arbeitgeber telefonisch ins Bild zu setzen. Das Arbeitsgericht vertrete ferner in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht Kassel (Urteil vom 22. Februar 1980, DB 1980 S. 790) die Auffassung, daß einer Arbeitnehmerin zur Mitteilung ihrer Schwangerschaft eine Schonfrist eingeräumt werden müsse, innerhalb derer sie mit sich und ihren persönlichen Verhältnissen ins reine kommen könne. Die hier in Anspruch genommene Frist von weniger als einer Woche erscheine der Kammer insoweit angemessen. Das vom Bundesverfassungsgericht im Beschluß vom 13. November 1979 für die Anzeige der Schwangerschaft wieder eingeführte Merkmal der „Unverzüglichkeit” sei darüber hinaus so zu interpretieren, daß die Arbeitnehmerin ihren Arbeitgeber so lange unverzüglich über die Schwangerschaft unterrichte, als sie vom Zeitpunkt der eigenen Kenntnis an keine längere Frist als zwei Wochen hierfür in Anspruch nehme. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Falle gegeben.
B.
Die Vorlage ist unzulässig.
I.
Nach Art. 100 GG, § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muß das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Vorschrift abhängt und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist (BVerfGE 37, 328 (333 f.)). Dabei muß das vorlegende Gericht den Sachverhalt so weit aufklären, daß die Entscheidungserheblichkeit der zu prüfenden Vorschrift feststeht (BVerfGE 25, 269 (276 m. w. N.)) und die Vorlage deshalb unerläßlich ist (BVerfGE 42, 42 (50)). Solange die Möglichkeit besteht, daß das vorlegende Gericht den Rechtsstreit in dem von ihm gewünschten Sinne entscheiden kann, ohne die für verfassungswidrig gehaltene Rechtsnorm anzuwenden, fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit der zu prüfenden Norm. Das gilt auch dann, wenn eine solche Entscheidung erst nach Durchführung einer noch nicht erfolgten Beweisaufnahme möglich wird (BVerfGE 11, 330 (335)).
II.
Diesen Anforderungen genügt die Vorlage nicht.
1. Das vorlegende Gericht hat nicht hinreichend begründet, inwiefern die beabsichtigte Entscheidung von der vorgelegten verfassungsrechtlichen Frage abhängt. Das Arbeitsgericht muß der Kündigungsschutzklage unabhängig vom Eingreifen des besonderen Kündigungsschutzes für schwangere Arbeitnehmerinnen auch dann stattgeben, wenn die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist. Das ist der Fall, wenn das Verhalten der Klägerin die Arbeitgeberin zur Kündigung aus persönlichen Gründen nicht berechtigte. Hierzu fehlt es an näheren Darlegungen des Arbeitsgerichts, so daß das Bundesverfassungsgericht nicht überprüfen kann, ob und aus welchen Gründen das Arbeitsgericht die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung für sozial gerechtfertigt hält. Damit genügt der Vorlagebeschluß nicht dem Erfordernis, daß das vorlegende Gericht unter Abwägung des Für und Wider in einer für das Bundesverfassungsgericht nachprüfbaren Weise im einzelnen die Tatsachen und Erwägungen angeben muß, die für seine Überzeugung maßgebend gewesen sind (BVerfGE 17, 135 (139)).
2. Unabhängig davon ist die Entscheidungserheblichkeit des § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG auch aus einem anderen Grund nicht hinreichend dargetan. Selbst wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ausschließlich von dieser Vorschrift abhinge, müßte das Arbeitsgericht vorab klären, ob die Klägerin im Zeitpunkt der Kündigung überhaupt schwanger war. Die Arbeitgeberin hat das Bestehen einer Schwangerschaft im Zeitpunkt der Kündigung bestritten und darauf verwiesen, daß die Ärztin aufgrund der einige Wochen nach erfolgter Kündigung vorgenommenen Untersuchung lediglich eine Frühschwangerschaft bescheinigt habe. Die Klägerin hat hierzu Beweis durch Vernehmung der untersuchenden Ärztin angeboten. Diesen Beweis hat das vorlegende Gericht nicht erhoben. Aus dem Vorlagebeschluß ist auch nicht ersichtlich, ob und aus welchen Gründen das Arbeitsgericht vom Bestehen einer Schwangerschaft im Zeitpunkt der Kündigung ausgeht. Das aber ist Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 9 MuSchG und damit für die Erheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage.
Entscheidungsgründe
B.
Die Vorlage ist unzulässig.
I.
Nach Art 100 GG, § 80 Abs 2 Satz 1 BVerfGG muß das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Vorschrift abhängt und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist (BVerfGE 37, 328 (333f)). Dabei muß das vorlegende Gericht den Sachverhalt so weit aufklären, daß die Entscheidungserheblichkeit der zu prüfenden Vorschrift feststeht (BVerfGE 25, 269 (276 mwN)) und die Vorlage deshalb unerläßlich ist (BVerfGE 42, 42 (50)). Solange die Möglichkeit besteht, daß das vorlegende Gericht den Rechtsstreit in dem von ihm gewünschten Sinne entscheiden kann, ohne die für verfassungswidrig gehaltene Rechtsnorm anzuwenden, fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit der zu prüfenden Norm. Das gilt auch dann, wenn eine solche Entscheidung erst nach Durchführung einer noch nicht erfolgten Beweisaufnahme möglich wird (BVerfGE 11, 330 (335)).
II.
Diesen Anforderungen genügt die Vorlage nicht.
1. Das vorlegende Gericht hat nicht hinreichend begründet, inwiefern die beabsichtigte Entscheidung von der vorgelegten verfassungsrechtlichen Frage abhängt. Das Arbeitsgericht muß der Kündigungsschutzklage unabhängig vom Eingreifen des besonderen Kündigungsschutzes für schwangere Arbeitnehmerinnen auch dann stattgeben, wenn die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist. Das ist der Fall, wenn das Verhalten der Klägerin die Arbeitgeberin zur Kündigung aus persönlichen Gründen nicht berechtigte. Hierzu fehlt es an näheren Darlegungen des Arbeitsgerichts, so daß das Bundesverfassungsgericht nicht überprüfen kann, ob und aus welchen Gründen das Arbeitsgericht die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung für sozial gerechtfertigt hält. Damit genügt der Vorlagebeschluß nicht dem Erfordernis, daß das vorlegende Gericht unter Abwägung des Für und Wider in einer für das Bundesverfassungsgericht nachprüfbaren Weise im einzelnen die Tatsachen und Erwägungen angeben muß, die für seine Überzeugung maßgebend gewesen sind (BVerfGE 17, 135 (139)).
2. Unabhängig davon ist die Entscheidungserheblichkeit des § 9 Abs 1 Satz 1 MuSchG auch aus einem anderen Grund nicht hinreichend dargetan. Selbst wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ausschließlich von dieser Vorschrift abhinge, müßte das Arbeitsgericht vorab klären, ob die Klägerin im Zeitpunkt der Kündigung überhaupt schwanger war. Die Arbeitgeberin hat das Bestehen einer Schwangerschaft im Zeitpunkt der Kündigung bestritten und darauf verwiesen, daß die Ärztin aufgrund der einige Wochen nach erfolgter Kündigung vorgenommenen Untersuchung lediglich eine Frühschwangerschaft bescheinigt habe. Die Klägerin hat hierzu Beweis durch Vernehmung der untersuchenden Ärztin angeboten. Diesen Beweis hat das vorlegende Gericht nicht erhoben. Aus dem Vorlagebeschluß ist auch nicht ersichtlich, ob und aus welchen Gründen das Arbeitsgericht vom Bestehen einer Schwangerschaft im Zeitpunkt der Kündigung ausgeht. Das aber ist Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 9 MuSchG und damit für die Erheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage.
Fundstellen
BVerfGE 58, 153-159 (LT1) |
BVerfGE, 153 |
BB 1983, 443-444 (KT) |
DB 1981, 1939-1939 (ST1, LT1) |
MDR 1981, 900-900 (LT1) |