Entscheidungsstichwort (Thema)
Zweitwohnungssteuer. örtliche Aufwandsteuer. Abgrenzung zur reinen Kapitalanlage. Nichtheranziehung dritter und weiterer Wohnungen in derselben Gemeinde. Typisierung. Steuerbemessung nach anteiliger Vermietung. indexierte Jahresrohmiete als Steuermaßstab
Leitsatz (amtlich)
Eine Satzungsregelung, die dritte und weitere Wohnungen eines Inhabers im Gemeindegebiet von der Zweitwohnungssteuer ausnimmt, ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
Verfassungsrecht gebietet es nicht, die nach der Jahresrohmiete bemessene Zweitwohnungssteuer bei lediglich zeitweiliger Vermietung nur anteilig zu erheben.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2a
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 3. Mai 1995 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Die Kläger wenden sich gegen ihre Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer für das Jahr 1994.
Sie sind Eigentümer eines Appartements im Gebiet der Beklagten; mit Hauptwohnung sind sie in Jever gemeldet. Die Beklagte erhebt auf der Grundlage ihrer Satzung vom 20. Juni 1984 i.d.F. der III. Nachtrags Satzung vom 17. Dezember 1993 in ihrem örtlichen Bereich eine Zweitwohnungssteuer. § 2 dieser Satzung lautet:
„Steuergegenstand
(1) Gegenstand der Steuer ist das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet.
(2) Eine Zweitwohnung ist eine Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung für seinen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf von Angehörigen innehat. Dritte und weitere Wohnungen, die der Inhaber im Stadtgebiet innehat, sind keine Zweitwohnungen im Sinne dieser Satzung. Ist jemand Inhaber mehrerer Wohnungen neben der Hauptwohnung, unterliegt diejenige Wohnung der Zweitwohnungssteuer, die der Inhaber tatsächlich für sich oder seine Angehörigen vorhält. Im Zweifel wird die Wohnung mit dem geringsten Mietwert besteuert. Eine Wohnung verliert die Eigenschaft einer Zweitwohnung nicht dadurch, daß ihr Inhaber sie zeitweilig zu anderen als den in Satz 1 genannten Zwecken nutzt.”
Mit Bescheid vom 28. Januar 1994 zog die Beklagte die Kläger zur Zweitwohnungssteuer in Höhe von 469,10 DM heran.
Den hiergegen eingelegten Wider Spruch, mit dem die ausschließliche Nutzung als Kapitalanlage geltend gemacht und die Gleichheitswidrigkeit der Satzungsregelung des § 2 Abs. 2 Satz 3 gerügt wurde, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. August 1994 zurück.
Mit Gerichtsbescheid vom 14. Februar 1995 hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben, weil die der Steuererhebung zugrundeliegende Satzung wegen der gleichheitswidrigen Besteuerung nur einer von mehreren Zweitwohnungen insgesamt unwirksam sei. Mit der Berufung hat die Beklagte die Aufhebung des Gerichtsbescheids und die Abweisung der Klage begehrt und zur Begründung ausgeführt: Die Satzung sei gültig. Schon ihr Name hebe mit der Bezeichnung „Zweitwohnungsteuer” hervor, daß nur die zweite, nicht aber die dritte oder weitere Wohnungen der Besteuerung unterlägen. Für diese Differenzierung sprächen im übrigen sachliche Gründe, weil der Inhaber mehrerer Zweitwohnungen – anders als der Besitzer nur einer Nebenwohnung – typischerweise nur eine seiner weiteren Wohnungen für seinen persönlichen Lebensbedarf nutze. Die Einfügung des Satzes 2 in § 2 Abs. 2 der Satzung habe ausschließlich deklaratorische Bedeutung. Mit Urteil vom 3. Mai 1995 hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Verwaltungsgericht habe zu Recht die Steuersatzung wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG für – insgesamt – nichtig angesehen. Denn für die die Steuerpflicht auslösende Innehabung einer Zweitwohnung genüge die Möglichkeit der Eigennutzung; eine hiervon abweichende subjektive Zweckbestimmung sei unbeachtlich. Demgemäß könnten auch Inhaber mehrerer Zweitwohnungen – etwa durch wechselseitige Benutzung – diese für ihren persönlichen Lebensbedarf innehaben, wenn keine Dauermietverträge vorlägen. Im Hinblick auf den den Satzungsgeber bindenden Grundsatz der Steuergerechtigkeit seien keine sachlichen Gründe für die Nichtbesteuerung dritter und vierter „Zweitwohnungen” ersichtlich. Ob und ggf. in welchem Umfang der Satzungsgeber auf der Rechtsfolgenseite die Besteuerung von Dritt- und Viert Wohnungen durch Ermäßigungstatbestände bei dem Steuersatz oder über Befreiungstatbestände hätte beschränken dürfen, könne offen bleiben. Die daraus resultierende Nichtigkeit erfasse nicht lediglich Satz 2 und die daran anknüpfenden Sätze 3 und 4 des § 2 Abs. 2 der Satzung, sondern auch dessen Satz 1. Die dortige Aussage, eine Zweitwohnung sei „eine” Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung für seinen persönlichen Lebensbedarf innehabe, könne nämlich nach dem Willen der Beklagten nicht im Sinne eines unbestimmten Artikels, sondern müsse „in zahlenmäßig wörtlichem Sinne” verstanden werden; das habe unter anderem der Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nachdrücklich bestätigt. Eine – nach dem Wortlaut an sich mögliche – gegenteilige Auslegung sei im Hinblick darauf ausgeschlossen.
Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Die vom Oberverwaltungsgericht beanstandete Freistellung dritter und weiterer Zweitwohnungen von der Besteuerung verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz, sondern sei sogar verfassungsrechtlich geboten. Denn im Unterschied zum Inhaber einer zweiten Wohnung sei für den Inhaber einer dritten Wohnung charakteristisch, daß er diese dritte Wohnung zu einem anderen Zweck als dem seiner Erholung nutze; während die Zweitwohnung eigengenutzt sei, sei die Drittwohnung in der Regel fremdgenutzt.
Die Kläger treten der Revision entgegen. Sie halten die Steuersatzung wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG für „zumindest teilweise unwirksam”.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt mit der Annahme, die Satzung der Beklagten sei ungültig. Bundesrecht (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Ob die angefochtenen Steuerbescheide rechtmäßig sind, läßt sich auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts derzeit nicht abschließend beurteilen; das nötigt zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
1. Das Oberverwaltungsgericht geht davon aus, die angefochtenen Heranziehungsbescheide seien schon deshalb aufzuheben, weil die zugrundeliegende Zweitwohnungssteuersatzung der Beklagten wegen einer gleichheitswidrigen Bestimmung des Steuergegenstandes insgesamt nichtig sei. Diese Annahme verkennt die Bedeutung des Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 105 Abs. 2 a GG im Rahmen der durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten Gestaltungsfreiheit des kommunalen Satzungsgebers.
a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsurteils zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Erhebung einer Zweitwohnungssteuer. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluß vom 6. Dezember 1983 – 2 BvR 1275/79 – BVerfGE 65, 325 ≪349≫ sowie Beschluß der Ersten Kammer des 1. Senats vom 29. Juni 1995-1 BvR 1800/94 und 2480/94 – DStR 1995, 1270) und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. zuletzt Urteil vom 10. Oktober 1995 – BVerwG 8 C 40.93 – BVerwGE 99, 303 ff.), daß eine Zweitwohnungssteuer als örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG erhoben werden kann. Danach erfassen derartige örtliche Aufwandsteuern (nur) den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung; sie besteuern also die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (vgl. BVerfG, Beschluß vom 6. Dezember 1983, a.a.O., S. 346 f.). Das Innehaben einer weiteren Wohnung neben der Hauptwohnung zum Zwecke der persönlichen Nutzung kann danach grundsätzlich – und zwar ohne Rücksicht auf die Dauer und den konkreten Zweck des persönlichen Gebrauchs – Gegenstand einer Aufwandsteuer sein. Da aber nur der konsumtive Aufwand für den persönlichen Lebensbedarf Gegenstand der Besteuerung nach Art. 105 Abs. 2 a GG sein darf, scheiden solche Zweitwohnungen als Gegenstand einer örtlichen Aufwandsteuer aus, die diesen Zwecken persönlicher Lebensführung nicht dienen, sondern von ihrem Inhaber als reine Geld- oder Vermögensanlage in der Form des Immobiliarbesitzes – also ausschließlich zur Einkommenserzielung – gehalten werden (BVerwG, Urteile vom 26. Juli 1979 – BVerwG 7 C 53.77 – BVerwGE 58, 230 ≪235≫ und BVerwG 7 C 12.77 – Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 2 S. 13 ≪16≫ sowie Beschluß vom 21. Februar 1994 – BVerwG 8 B 22.94 – Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 7 S. 1; BFH, Beschluß vom 31. Mai 1995 – II B 126/94 – DStR 1995, 1111). Für die im Ausgangspunkt subjektive Bestimmung des Verwendungszwecks der Zweitwohnung ist nicht die – unüberprüfbare – innere Absicht des Zweitwohnungsinhabers maßgeblich. Diese innere Tatsache ist vielmehr nur auf der Grundlage objektiver, nach außen in Erscheinung tretender, verfestigter und von Dritten nachprüfbarer Umstände – ggf. auch aufgrund von Anhaltspunkten aus vergangenen Veranlagungszeiträumen – zu beurteilen (vgl. BFH, Urteil vom 25. Oktober 1989 – X R 109/87 – BFHE 159, 128 ≪132≫; Scholz, BWGZ 1990, 285 ≪297≫). In diesem Sinne kommt es für den Nachweis der subjektiven Zweckbestimmung nur auf objektive äußere Kriterien an, wobei die Annahme einer zweitwohnungssteuerfreien reinen Kapitalanlage den Abschluß eines Dauermietvertrages nicht zwingend voraussetzt.
b) Nicht mit Bundesrecht vereinbar ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Satzung der Beklagten verstoße insoweit gegen Art. 3 Abs. 1 GG, als sie in § 2 Abs. 2 Satz 2 „dritte und weitere Wohnungen” eines Inhabers im Stadtgebiet von der Besteuerung ohne weiteres ausnehme. Art. 3 Abs. 1 GG und – wie hinzuzufügen ist – Art. 105 Abs. 2 a GG stehen einer derart typisierenden Einengung des Steuergegenstandes vielmehr nicht entgegen.
Zwar ist die Besteuerung dritter und weiterer „Zweitwohnungen” entgegen der Auffassung der Beklagten nicht bereits begrifflich ausgeschlossen. Vielmehr ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, daß auch in der Vorhaltung dritter und weiterer Nebenwohnungen die Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf und die – auch gegenüber der Vorhaltung nur einer zweiten Wohnung – gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Inhabers zum Ausdruck kommen kann. Dritte und weitere „Zweitwohnungen” eines Inhabers im Gebiet einer Gemeinde scheiden deshalb nicht von vornherein als Gegenstand der Zweitwohnungssteuer aus, sondern sind im Ansatz in gleicher Weise wie „zweite” Wohnungen eines Inhabers nach den im Urteil vom 10. Oktober 1995 (a.a.O., S. 307 f.) entwickelten Kriterien daraufhin zu überprüfen, ob sie auch Zwecken der persönlichen Lebensführung oder ausschließlich als der Kapitalanlage dienen.
Das Berufungsgericht hat aber verkannt, daß diese abstrakte Steuerbarkeit dritter und weiterer „Zweitwohnungen” den Satzungsgeber nicht dazu zwingt, den Steuergegenstand umfassend zu formulieren. Der Satzungsgeber ist nämlich im Rahmen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit nicht auf die vom Oberverwaltungsgericht für allein zulässig gehaltene Einzelfallprüfung beschränkt, sondern kann sich auch – wie hier – für eine generalisierende Satzungsregelung entscheiden (vgl. zu dieser Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Besteuerung von Zweitwohnungen einheimischer Wohnungsinhaber: BVerfG, Beschluß der Ersten Kammer des 1. Senats vom 29. Juni 1995, a.a.O.). Da es sich bei der Erhebung von Steuern um ein Massengeschäft handelt, sind typisierende und generalisierende Regelungen grundsätzlich zulässig, solange die steuerlichen Vorteile der Typisierung in einem angemessenen Verhältnis zu den mit ihr notwendig verbundenen Nachteilen stehen (vgl. BVerfG, Beschluß vom 6. Dezember 1983, a.a.O., S. 354 f. m.w.N.). Das ist hier der Fall. Bei typisierender Betrachtung wird ein – einheimischer oder auswärtiger – Inhaber mehrerer Zweitwohnungen im Gebiet ein und derselben Gemeinde in der Regel allenfalls eine dieser Wohnungen für persönliche Nutzungszwecke vorhalten. Es spricht – von vernachlässigungsfähigen Ausnahmen abgesehen – wenig dafür, daß ein solcher Inhaber in vermietungsfreien Zeiten alle seine Wohnungen in dieser Gemeinde persönlich nutzt und sie für diese Zwecke vorhält. Zwar ist es nicht von der Hand zu weisen, daß ein Inhaber mehrerer („Zweit-”)Wohnungen objektiv die Möglichkeit zur persönlichen Nutzung aller seiner Wohnungen insofern hat, als er umschichtig die nahezu zwangsläufigen und in der Regel nicht völlig deckungsgleichen vermietungsfreien Zeiten seiner verschiedenen Wohnungen für sich oder seine Angehörigen nutzen kann oder auch gleichzeitig mehrere seiner Wohnungen selbst oder durch Angehörige bewohnt. Gleichwohl steht dem Satzungsgeber (der allein den Nachteil in Gestalt des Steuerausfalls zu tragen hat) die Möglichkeit der bevorzugenden Typisierung im Hinblick auf den zweifellos dadurch vermiedenen Verwaltungsaufwand offen, zumal dieser Aufwand unter Anlegung der von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien in solchen Sachverhalten regelmäßig ebenfalls zur „Steuerfreiheit” führen wird. Deshalb ist es mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, wenn eine Gemeinde diesen Erfahrungssatz im Sinne der Vereinfachung der Steuerverwaltung zum Anlaß nimmt, derartige Sachverhalte – die im konkreten Fall typischerweise den Nachweis der Nutzung als zweitwohnungssteuerfreie reine Kapitalanlage erwarten lassen – von vornherein „generalisierend” von der Besteuerung auszunehmen (vgl. auch Benne, ZKF 1983, 45 ≪46≫). Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht (vgl. Beschluß der Ersten Kammer des 1. Senats vom 29. Juni 1995, a.a.O.) für die vergleichbare Problematik der Besteuerung von Zweitwohnungen einheimischer Wohnungsinhaber ausdrücklich neben der Einzelfallregelung auch eine generalisierende Satzungsregelung für zulässig erklärt und insoweit den Beschluß vom 6. Dezember 1983 (a.a.O.) – in dem dieser Aspekt der typisierenden Abgrenzung zur reinen Kapitalanlage nicht behandelt worden war – klargestellt (vgl. zur Bindungswirkung derartiger Kammerbeschlüsse: Benda/Klein, Lehrbuch des Verfassungsprozeßrechts, § 37 Rn. 1235; Pestalozza, Verfassungsprozeßrecht, 3. Aufl., 1991, § 20 Rn. 64; Zuck, Das Recht der Verfassungsbeschwerde, 2. Aufl., 1988, Rn. 775; Winter in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Ulsamer, BVerfGG, § 93 c Anm. 3 und 5; Ulsamer, ebenda, § 15 a, Anm. 10 am Ende; Clemens/Umbach/Eichberger, BVerfGG, § 15 a Rn. 51; Clemens/Umbach, BVerfGG, § 93 b, Rn. 64). Im übrigen gibt es für die hier zu beurteilende – überdies bevorzugende – typisierende Ausklammerung dritter und weiterer „Zweitwohnungen” eines Inhabers – wie dargelegt – sachliche Rechtfertigungsgründe. Stellt der Satzungsgeber – etwa aufgrund von stichprobenartigen Überprüfungen – fest, daß die der generellen Steuerbefreiung dritter und weiterer „Zweitwohnungen” zugrundeliegende „typisierende Vermutung” tatsächlich nicht nur in Ausnahmefällen erschüttert ist, so ist es ihm unbenommen, durch Streichung dieser Einschränkung des Steuergegenstandes im Wege der Satzungsänderung zu dem konkreten Nachweis auch bei derartigen mehreren Wohnungen eines Inhabers zurückzukehren.
2. Die vom Berufungsgericht bestätigte Aufhebung der angefochtenen Steuerbescheide stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die der Heranziehung zugrundeliegende Satzung der Beklagten weist aus bundesrechtlicher Sicht ansonsten keine Mängel auf.
a) Der von den Klägern unter Hinweis auf die nur zeitweilige Vermietung zusätzlich erhobene Einwand gegen die Steuerbemessung nach der Jahresrohmiete gemäß §§ 4, 6 der Satzung greift nicht durch. Da es für die Erhebung der Zweitwohnungssteuer als einer örtlichen Aufwandsteuer genügt, wenn die Zweitwohnung auch für persönliche Zwecke vorgehalten wird, kommt es grundsätzlich weder für die Bestimmung des Steuergegenstandes noch für die Steuerbemessung auf die tatsächliche Eigennutzung an, solange die Eigennutzungsmöglichkeit von dem Wohnungsinhaber offen gehalten wird; vielmehr drückt unter diesen Umständen die theoretische Nutzungsdauer und -möglichkeit den besteuerbaren Aufwand aus (Birk in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 3 Rn. 220). Deshalb ist die Ausgestaltung der Zweitwohnungssteuer als Jahressteuer bisher zu Recht weder vom Bundesverwaltungsgericht noch vom Bundesverfassungsgericht beanstandet worden. Die bloße Andeutung der Möglichkeit einer „anteiligen Berechnung nach der jeweiligen Vermietungsdauer” als angemessener Steuerschlüssel in dem Beschluß der Ersten Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Juni 1995 (a.a.O., am Ende) nötigt zu keiner anderen Beurteilung. Im Zusammenhang mit der grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 1983 (a.a.O.) – auf die sich der Kammerbeschluß vom 29. Juni 1995 mehrfach bestätigend bezieht – kann mit dieser Bemerkung nur gemeint sein, daß es der Gemeinde obliegt, unter anderem im Hinblick auf das rechte Verhältnis zwischen Verwaltungsaufwand und Steuerertrag die zeitlichen Voraussetzungen der Steuerpflicht festzulegen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht es in erster Linie den Gemeinden zu – ist also im Ausgangspunkt eine Frage des irrevisiblen Landesrechts –, ob und ab welcher Dauer eine zeitweilige Nutzung der auch für den persönlichen Lebensbedarf vorgehaltenen Zweitwohnung zu anderen Zwecken die Steuerpflicht berührt; auch insoweit sind generalisierende Regelungen zulässig (BVerfG, Kammerbeschluß vom 29. Juni 1995, a.a.O.). Aus dem Begriff der Aufwandsteuer folgt insoweit nichts zugunsten der Auffassung der Kläger. Denn für den Zeitraum der Vermietung an Dritte treiben zwar allenfalls die Feriengäste den besteuerungsfähigen Aufwand; es ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn eine Satzung den Wohnungsinhaber steuertechnisch gleichwohl für die gesamte Zeit als Schuldner der Steuer in Anspruch nimmt, weil sich die Zweitwohnungssteuer insoweit in eine abwälzbare Aufwandsteuer wandeln könnte (vgl. Beschluß vom 20. Februar 1996 – BVerwG 8 B 20.96 – UPR 1996, 269 sowie zu dem vergleichbaren Problem der abwälzbaren Vergnügungssteuern: BVerfG, Beschluß vom 1. April 1971 – 1 BvL 22/67 – BVerfGE 31, 8 ≪20≫; BVerwG, Beschluß vom 22. März 1994 – BVerwG 8 NB 3.93 – NVwZ 1994, 902 m.w.N.; BFH, Beschluß vom 21. Februar 1990 – II B 98/89 – KStZ 1990, 111 ≪112≫). Der Charakter der Zweitwohnungssteuer als örtlicher Aufwandsteuer steht jedenfalls aus Gründen der Praktikabilität einer Steuererhebung auch für vorübergehend anders – das heißt nicht für die eigene Lebensführung – genutzte Zeiträume nicht entgegen; insoweit kann der Eigentümer die Steuerlast auf den Mieter abwälzen, wird selbst also nicht unverhältnismäßig belastet.
b) Die Bestimmung der „indexierten” Jahresrohmiete als Steuermaßstab in § 4 Abs. 2 der Satzung begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Das Bundesverwaltungsgericht hat hiergegen erhobene Einwände mit Blick auf § 3 Satz 2 des Währungsgesetzes als Ausdruck des Nominalwertprinzips, die §§ 1 und 16 Abs. 1 des Stabilitätsgesetzes und das aus Art. 109 Abs. 2 GG folgende Gebot, die Belange des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten, zurückgewiesen (vgl. Beschluß vom 10. Februar 1988 – BVerwG 8 B 162.87 – Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 3 S. 1); die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde mangels hinreichender Erfolgsaussicht nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. BVerfG, Beschluß der Dritten Kammer des 2. Senats vom 15. Dezember 1989 – 1 BvR 436/88 – NVwZ 1990, 356).
3. Ist aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Steuersatzung der Beklagten gültig, so hängt die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Heranziehungsbescheide davon ab, ob die Zweitwohnung der Kläger die Voraussetzung des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 der Satzung erfüllt, also von den Klägern zumindest auch für ihren eigenen oder ihrer Angehörigen persönlichen Lebensbedarf innegehabt wird. Die Heranziehung wäre hingegen trotz Gültigkeit der Satzung rechtswidrig, wenn die Zweitwohnung ausschließlich als Kapitalanlage diente. Ob der eine oder der andere Sachverhalt vorliegt, läßt sich auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts derzeit nicht abschließend beantworten. Die im Begriff der Aufwandsteuer angelegte Abgrenzung erfordert nämlich nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 10. Oktober 1995, a.a.O., S. 307) eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Der gesamte objektive Sachverhalt muß daraufhin überprüft werden, ob sich aus ihm mit der gebotenen Sicherheit die subjektive Zweckbestimmung der Zweitwohnung entnehmen läßt; dabei kann die Gemeinde von der tatsächlichen Vermutung der Vorhaltung einer Zweitwohnung (auch) für Zwecke der persönlichen Lebensführung ausgehen, solange der Zweitwohnungsinhaber keine Umstände vorträgt, die – wie etwa die Lage der Hauptwohnung innerhalb desselben Feriengebiets, der Abschluß eines Dauermietvertrages, die Übertragung der Vermietung an eine überregionale Agentur unter Ausschluß der Eigennutzung sowie unter Nachweis ganzjähriger Vermietungsbemühungen usw. – diese tatsächliche Vermutung erschüttern. Erhobene Einwände kann die Gemeinde ihrerseits ggf. entkräften und dadurch die ursprüngliche tatsächliche Vermutung zugunsten des Steuertatbestandes wieder herstellen. Das Berufungsgericht hat die danach maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse – von seinem rechtlichen Ausgangspunkt verständlicherweise – bisher nicht aufgeklärt; umgekehrt hatten die Kläger im Hinblick auf den Erfolg ihrer Klage keine Veranlassung, insoweit detailliert zur Sache vorzutragen. Immerhin haben sie bereits in ihrem Widerspruch auch geltend gemacht, die veranlagte Wohnung diene ausschließlich als Kapitalanlage. Bei der somit erforderlichen erneuten Verhandlung wird das Berufungsgericht dem unter Anlegung der im Urteil des Senats vom 10. Oktober 1995 (a.a.O.) dargelegten Maßstäbe im einzelnen nachzugehen haben.
Unterschriften
Dr. Kleinvogel, Prof. Dr. Driehaus, Dr. Silberkuhl, Dr. Honnacker, Sailer
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 06.12.1996 durch Grosser Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
DÖV 1997, 924 |
DVBl. 1997, 1058 |